30. Kapitel - Orks
Hektik und Chaos herrschten in dem kleinen, beengten Wohnzimmer von Bards Familie. Kili lag von den Schmerzen gekrümmt auf dem Küchentisch von dem in aller Eile alles geräumt worden war. Nur ein Sack Nüsse auf den sein Kopf gebettet wurde
. Wahrscheinlich irgendein altbewährtes Zwergenheilmittel.
Bard hastete mit einem Korb voller Kräuter zu Oin und hielt ihm die Gräßer unter die Nase. ,,Nein, Nein, Nein. Das ist alles unnütz, zu schwach. Habt ihr kein Königskraut?"
Königskraut? Das Gewächs kannte ich irgendwoher.
,,Das Unkraut? Das verfüttern wir an die Schweine."
Ich horchte auf, sonst war ich hier immer nur im Weg gestanden und hatte den Raum verschönert.
Endlich konnte ich mal etwas nützliches für Kili tun. Ich hasste es nämlich unnütz herumzustehen.
Bofur horchte auch auf, ich wusste was er dachte, ich hatte vor einer Sekunde den selben Gedanken gehabt.
,,Schweine." wiederholte er langsam, und ich nickte. Er hatte mich verstanden. Wir rasten beide fast gleichzeitig zur Tür. Aber er öffnete sie und ließ mich zuerst in die Kälte treten. ,,Ich schlage vor wir teilen uns auf. Ich gehe Richtung Stadtzentrum und du Richtung -davon weg- halt."
Er nickte wieder und ich war schon davongeeilt. Aber wo sind Schweine?
Ich rannte durch die Straßen und lauschte auf irgendwelches gequieke oder gegrunze. Aber nichts war zu hören, ein verschlafenes kleines Städtchen. Das einzige Geräusch waren meine Schritte auf dem Holz und mein keuchender Atem der in Nebelwölkchen sichtbar wurde.
In meinem Augenwinkel errhaschte ich eine schemenhafte Figur, die über eine Lücke zwischen zwei Dächern sprang. Kein Elb, ausgeschlossen, die Person, oder das Wesen war zu schwerfällig, zu massiv gebaut. Ein Mensch vielleicht. Aber nein, welcher Mensch würde denn über die Dächer hüpfen wie ein Verrückter? Keiner, nehme ich an.
Nur ein Gedanke der mir durch den Kopf schoss. Orks. Verdammt, diese Dinger konnten wirklich nerven. Aber solange sie keinen Ärger machen ist doch alles Gut. Aber was zur Hölle sollten sie sonst hier machen, außer Ärger? Solange sie mir nicht über den Weg laufen, können sie mir doch eigentlich egal sein. Diese Menschen hätten es nicht anders verdient. Obwohl, ich blieb stehen, was hatten uns diese Menschen eigentlich angetan? Gar nichts.
Ich hörte auch schon einen Schrei. War ja klar, dass diese Monster nicht unbemerkt bleiben würden. Gewissensbisse. Sollte ich den Menschen helfen oder weiter nach Schweinen suchen, von denen es in dieser Stadt sowieso keine zu geben scheint. Ein weiterer Schrei, von einer Frau, und einem weinendem und schreiendem Baby. Scheiß drauf, alle Hoffnungen für Kili liegen nun bei Bofur, er kriegt das schon hin. Ich rannte in die Seitengasse, von welcher die Schreie herkamen.
Eine Sackgasse, in der eine junge Mutter mit einem Baby im Arm am Boden kauerte und um Mitleid flehte. Von dem Monster, das dort breitschultrig mit einer Waffe in seiner Hand vor ihr stand, war aber keines zu erwarten.
Ein einzelner Ork, schon komisch. Normalerweise tauchten die doch immer in Gruppen auf, alleine trauen die sich normalerweise nicht, diese feigen Hunde.
Wahrscheinlich kriechen die irgendwo in der Nähe herum, aber bei dieser Theorie stellte sich wieder die Frage was die hier wollen. Der Gedanke kam wie ein Schlag ins Gesicht, mit einer Pfanne. Arzog.
,,Hey! Prügle dich mit jemandem in deiner Größe!"
Der Ork drehte sich um und er wunderte sich mindestens genauso wie ich, fasste sich aber schneller.
Die Mütter flüchtete in der Zeit in der ihr Angreifer auf mich konzentriert war, vielen Dank auch.
Ich erkannte dieses Gesicht. Damals hatte ich nicht darauf geachtet, aber es hatte mich in Träumen verfolgt, ich konnte es nicht aus meinem Kopf bekommen.
,,So sieht man sich wieder, kleiner Hobbit. Ich hoffe du kannst dich noch an mich erinnern."
Ich schluckte und griff dorthin, wo die Narbe mein ganzes Leben lang bleiben würde, nicht nur die, auch die Erinnerung daran wie ich sie bekam. Vielleicht wäre ich in Bruchtal damals an dieser Wunde sogar gestorben hätte ich kein elbisches Blut in mir, oder es war pures Glück. Fragt sich nur, ob ich noch einmal so viel Glück haben werde. Der Ork war größer als ich, und nun bemerkte ich auch meine Dummheit mit der Bemerkung von vorhin. Es hatte sich in dem Moment einfach nur passend angefühlt.
Er war ein Typ von einem Schrank, stark, Muskeln und das Schwert in seiner Hand mit dem er mich umgebracht hat und noch einmal umbringen wird, diesmal aber richtig. Ich ging mit einer sehr negativen Einstellung in diesen Kampf und verabschiedete mich innerlich schon mal von allen die ich liebte. Es sah nämlich gar nicht gut aus für mich. Es würde nicht einmal schnell gehen, so vieles hatte ich über Orks schon gelernt, denn wenn sie nicht gerade in Schlachten kämpften mochten sie es, ihre Opfer langsam hinzurichten und zu quälen. Aber so weit durfte ich es nicht kommen lassen, einen Kampf würde ich auf keinen Fall überleben.
Ich ging Schritt für Schritt rückwärts, ich musste hier weg. Trotzdem ich wusste wie nutzlos es sein würde, so weich wie meine Knie jetzt schon waren packte mich die Panik nun endgültig und ich rannte zur offenen Straße. Der Ork packte mich aber noch rechtzeitig am Kragen und hielt mich zurück. Ich würgte als ich zurückgezogen wurde und kurz in der Luft gehalten wurde, bevor ich gegen die nächste Häuserwand geschleudert wurde und alle Luft aus meiner Lunge entweicht. Ich versuchte ruhig weiter zu atmen, aber mein Brustkorb schmerzte höllisch bei dem Versuch. Ich rutschte auf den Boden und mein Kopf klappte zur Seite, ich hatte keine Kontrolle über meine Muskeln mehr. Ich kauerte auf dem Boden wie eine Marionette deren Fäden durchgeschnitten wurde.
Erst Sekunden später hatte ich wieder die Macht über meinen Körper zurückerlangt. Die Panik packte mich, als ich nicht wusste wo mein Gegner war.
Ich zog den Dolch aus der Scheide die auf meiner rechten Seite an meinem Gürtel baumelte. Alles passierte in Sekundenschnelle, ich blickte herum und erblickte den Ork, als er fast schleichend auf mich zukam mit einem derart breiten Grinsen, dass die fauligen Zähne fast komplett zum Vorschein kamen. Wie eine Schlange. Er genoss dieses Allmächtige Gefühl, ich sah es an dem irren Ausdruck in seinen Augen und es machte mir Angst.
Ich kämpfte mich auf meine Beine, obwohl sich alle meine Muskeln dagegen strebten, und meine Gliedmaßen waren unvorstellbar schwer, aber mein Lebenswille war stärker. Ich musste weiterkämpfen, ich konnte mein Leben nicht einfach wegwerfen, Fili hatte recht. Für den Erebor, für die Gemeinschaft, für meinen Bruder, für Kili.
Der Ork war überrascht als ich mich dazu entschied doch wieder aufzustehen und nicht kampflos aufzugeben. Er fasste sich für meinen Geschmack doch etwas zu schnell, denn ich musste meine schlotternden Knie unter Kontrolle bringen, und schon stürmte er mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf mich zu, viel zu schnell für mich, um auch nur irgendetwas zu unternehmen. Ich startete einen verzweifelten Versuch mit einem Hechtsprung auf die Seite auszuweichen. Das Schwert erwischte mich nicht. Ich war auf die andere Seite ausgewichen. Ein vernichtender Schlag traf meine Brust - ich flog rückwärts auf den Boden und blieb still liegen.
Den Schmerz erahnte ich nur, bevor ich ihn fühlte, aber dann kam er und ich konnte den qualvollen Schrei nicht unterdrücken. Es tat so weh, ich wollte aber nicht um den Tod betteln, diesen Triumpf wollte ich ihm nicht schenken.
Könnte ich doch nur meine Augen schließen, dann wäre es vorbei. Der Schmerz hielt mich aber bei Bewusstsein, dieser pochende Schmerz machte das Atmen fast unmöglich. Ein einzelner, plötzlicher Schmerz der sich für den Bruchteil einer Sekunde wie eine Schwertschneide in meiner Brustgegend anfühlte, der aber sofort abebbte und in ein weiteres dumpfes Pochen überging. Mein Kopf brummte von dem Aufschlag und meine Gliedmaßen schmerzten, alles in allem war mein Körper geschunden.
Der hässliche Ork kam mit seinem Schwert siegessicher in mein Blickfeld, aber es war mir egal. Immer noch hielt ich verzweifelt den Dolch in der einen Hand und mir kam eine letzte Idee, falls mein Angreifer sich vielleicht doch zu siegessicher wurde. Er leckte sich genüsslich die Lippen als er sein Schwert fest mit beiden Händen ergriff, kurz davor es mir in den Magen zu rammen. Ich musste schnell vorgehen und durfte den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen, wenn ich wirklich überleben wollte.
,, Verabschiede dich von deinem Leben, kleiner Halbling!"
,,Ganz sicher nicht", presste ich unter Schmerzen hervor, bevor ich mich unter seinem Schlag hindurchbückte und meinen Dolch in sein Fleisch stieß. Ich sah nicht wo ich ihn traf, aber es konnte nichts Lebenswichtiges gewesen sein. Alles was darauf hin deutete, dass ich ihn überhaupt verletzt hatte war ein wütendes und dumpfes Grummeln. Der Ork kauerte noch am Boden, als ich schon wieder über ihm Stand. Es war also doch etwas fataleres.
Ich würde ihn nicht als Hilflos bezeichnen, aber trotzdem zögerte ich trotzdem kurz. Hatten Orks Familien? Er hatte auch nicht gezögert als er mich umbringen wollte, wieso dann ich. Orks waren für den Krieg und fürs kämpfen geboren und gezüchtet, oder? Eine weitere Falscheinschätzung meinerseits?
Wenn ich ihm nicht ein Ende bereiten, wie viele würde er noch blutrünstig abschlachten? Ich dachte an das Baby und die Mutter.
Ich rannte auf ihm zu, bevor er sich wieder aufrichten konnte und rammte ihn meinen Dolch geschickt in den Hinterschädel. Er versuchte für Fünf weitere Sekunden sich zu währen, dann zuckte er nur noch kurz und kippte endgültig vorn über. Ich atmete erleichtert aus, was nicht ganz ohne Schmerzen passierte. Ein erneuter Schmerz durchzuckte meine Brust.
Auf einmal begann alles zu beben. Der Boden, die Häuser, alles. Ein Brüllen von gewaltiger Lautstarke.
Nur eine Erklärung. Smaug ist erwacht. Mein Herz wurde schwer. Bilbo, die Zwerge. Der Drache wird sie fressen. Wenn er es nicht schon getan hat.
Ich musste ganz schnell zurück zu Bard. Zu Kili. Wahrscheinlich waren die Zwerge auch zu dem Schluss gekommen und würden ganz schnell aufbrechen wollen. Ganz egal, ob ich bei ihnen bin, oder nicht.
Das gewackele hörte auf und ich blickte noch ein letztes Mal auf die Leiche des Orks bevor ich den verzierten Dolch wieder in die Scheide steckte und mich auf den Weg machte. Es war schmerzvoller als Gedacht, meine Muskeln widerstrebten und fühlten sich an wie Blei.
Trotzdem versuchte ich zu rennen, getieben von der Panik und der nackten Angst im Nacken.
Wimmern und verzweifelte Schluchzer entwichen meiner Kehle. Jetzt wurde mir auch bewusst was Arzog hier verloren hatte. Ich könnte mich selbst dafür Schellen, dass mir das nicht vorher eingefallen ist. Arzog hatte wahrscheinlich eine ganze Armee mitgenommen um Thorins Kopf zu bekommen.
Nur der war leider nicht hier und dafür müsste vermutlich die restliche Gemeinschaft bezahlen.
Die in Bards Haus versteckt war. Ich musste an die Liebwürdigkeit der kleinen Tilda denken und mein Herz schmerzte kurz.
Aber es war irgendetwas anders in diesen Gassen, komisch. Es könnte vielleicht an den Orkleichen und verwesenden Kadavern liegen die auf der Straße verteilt waren und im See schwammen. Nein, es war sicher etwas anderes.
Die Zwerge konnten aber nie im Leben diese Menge an Orks alleine besiegt haben, nicht mit Kilis Verletzung. Wehe Pissnelke und Elbenprinzesschen sind da, dann springe ich freiwillig in den See oder gebe öffentlich bekannt, dass ich eine Hexe bin.
Ich rannte die Treppe hinauf zu der altbekannten Eingangstür und blieb davor stehen um kurz zu Atem zu kommen.
Ich wappnete mich seelisch für das was da drinnen in meiner Abwesenheit wohl passiert sein könnte.
Kili könnte schon in den Hallen seiner Vorfahren ruhen oder Bofur hätte das Kraut finden können. Mit diesem ermutigenden Gedanken öffnete ich die Eingangstür, aber das was ich dahinter sah, bestätigte noch einmal alles, was ich ohnehin schon wusste.
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