27. Kapitel Was wäre wenn?
Mit dem Handtuch rubbelte ich mir die Haare trocken. Die kleine Tochter von Bard, Tilda wurde sie genannt, brachte mir eine warme Decke und lächelte mich selig an. Sie war einfach ein kleiner Engel. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich ihre ältere Schwester, Sigrid. Sie blickte mich verächtlich an, sie würde sich super mit der Pissnelke Thauriel verstehen, wenn sich die zwei jemals treffen würden.
,,Tilda, komm her." Die kleine blickte zu ihrer älteren Schwester und dann noch einmal zu ihr. Ich war müde und gereizt, trotzdem lächelte sie an, dann rannte sie zu Thauriels Pissnelkenkollegin.
Bard's Sohn Bain verteilte gerade ein paar Decken an Balin und Thorin.
Das Handtuch legte ich auf den Tisch und ließ mich wieder auf die Couch plumpsen und schloss meine Augen.
Erholung, Stille. Nur leise gemurmelte Gespräche war zu hören. Irgendetwas wegen Zwergenwindlanzen, oder wie das heißt. Ich war viel zu Müde und erledigt und in diese warme Decke eingekuschelt um mich gerade um irgendetwas zu kümmern außer meinem Schlaf.
Jemand rüttelte mich am Arm wach. Ich öffnete schlagartig meine Augen, in Erwartung eines Orkangriffes. In Gedanken packte ich schon meinen Dolch und schon würde Blut aus einer Kehle sprudeln.
Aber es war nichts dergleichen, die kleine Tina hatte mich aufgeweckt und hielt eine dampfende Tasse in ihren Händen. Tee?
Ich blickte sie mit großen Augen an, dankte ihr herzlich und nahm die Tasse entgegen. Sie wärmte angenehm meine Hände und die Finger, die vor Kälte schon ganz klamm geworden waren.
Obwohl es eigentlich logisch war, dass es das Getränk nicht eher auskühlen würde blies ich in die Tasse, aber kommt schon, macht das nicht jeder?
Ich trank den ersten Schluck und ungewollt schüttelte es mich durch. Es war hauptsächlich heißes Wasser und nicht mal gutes, vermutlich aus dem See, und einfach nur abgekocht. Diese Leute waren sehr arm und sie taten mir leid, aber wenigstens war es warm.
Als ich das Wasser mit dem Hauch von Beerenaroma trank, fragte ich mich, wie lange ich wohl geschlafen hatte. War in der Zwischenzeit irgendetwas spannendes passiert?
Ich blickte mich um. Die Zwerge tuschelten leise miteinander.
Wo war Bard? Keine Ahnung. Sollte ich Bilbo fragen? Ach Nein, was interessiert es mich denn? Mir konnte er sowieso gestohlen bleiben. Wie geht es Kili mit seinem Bein eigentlich?
Ein klirrendes Geräusch ließ mich aufschrecken und ich hätte beinahe die Tasse mit dem 'Tee' fallen gelassen. Bard war zurück. Er hatte ein Bündel unter dem Arm gehabt, dass in ein Segeltuch gewickelt war. Er hatte es mit einem lauten, klirrendem Geräusch auf den Tisch knallen lassen. Thorin öffnete das Stoffbündel und Eisenstücke kamen zum Vorschein. Waffen?
Ich trank noch einen Schluck und stellte die Tasse dann auf den kleinen Hocker neben der Bank ab. Ich ließ die wärmende Decke zurück und begab mich zu den anderen Zwergen und starrte auch auf die 'Waffen'.
Es waren einfach nur alte rostige, aus irgendwelchen komischen Dingern, hergestellte Eisenstücke. Sie waren es nicht einmal wert als Waffen bezeichnet zu werden. Natürlich ließen die Zwerge das nicht unkommentiert. Zugegebenermaßen hatte ich mir, als das Wort Waffen fiel, auch etwas anderes vorgestellt als rostige Eisenspieße und Schmiedehammer. Da war ich dann doch ganz zufrieden mit meinem Dolch.
,, Wir haben für richtige Waffen aus gutem Stahl bezahlt, Äxte, Schwerter!" Dwalin hatte eine Harpune wieder auf den Tisch geworfen, sodass es nur klirrte. Ich zuckte zusammen, als die anderen Zwerge seinem Beispiel folgten und sich lauthals beschwerten.
,,Man findet außerhalb der Waffenkammer nichts Besseres! Alle geschmiedeten Waffen sind dort!"
Oh Nein, ich weiß auf was das hinausführen wird. Thorins Blick bestätigte meine Vermutung. Er hat wirklich vor dort einzubrechen.
,,Thorin, nehmen wir das was wir haben und brechen auf.", sagte Balin eindringlich mit bittendem Unterton. ,, Ich bin schon mit weniger ausgekommen und du auch. Ich bin dafür wir nehmen was hier liegt und brechen auf. Durinstag ist schon übermorgen und du weißt besser als alle anderen, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein müssen."
Meine Meinung! Gerade wollte ich auch noch meinen Senf zur Diskussion dazu geben, aber wurde grob von Bard unterbrochen.
,, Ihr geht nirgendwo hin!"
,,Ach ja? Und wer will das bestimmen?" baute Dwalin sich vor ihm auf, obwohl er ihm mit seiner, im Gegensatz zu dem Seemenschen, geringer Größe nur bis zur Nase ging.
,,Spione beobachten unser Haus und vermutlich jeden Steg und Anleger in dieser Stadt! Ihr wartet verdammt noch mal bis es dunkel wird!" Mir wurde flau im Magen, Spione. Wir haben sie also nicht abgehängt bei unserer waghalsigen Flucht durch Bards Toilette.
Ich ließ mich verzweifelt auf meine übliche Stelle auf der Bank fallen, auf der ich zuerst auch eingeschlafen war, aber nun war ich viel zu unruhig dazu. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen.
Suchte ich etwas? Ja. Seinen Blick, ich suchte Kilis braune Augen. Und ich fand sie. Und ich erschrak. Er keuchte schmerzerfüllt und ich konnte von hier seine durch Schweiß glänzende Haut sehen. Seine Bleiche Haut. Seine Augen waren trüb, er sah aus wie eine wandelnde Leiche. Und ich verfluchte mich. Ich wäre nun an seiner Stelle, ich würde aussehen wie eine Leiche, vielleicht wäre ich sogar schon eine echte.
Er hatte mich vor diesem Schicksal bewahrt, hatte keine Sekunde gezögert um sein Leben für mich zu opfern. Hätte er gezögert, was wäre dann passiert?
Was wäre wenn? Was wäre wenn ich mich nicht verliebt hätte? Was wäre passiert, wenn ich daheim geblieben wäre? Was wäre passiert, wenn ich damals in Bruchtal geblieben wäre? Wenn ich dort gestorben wäre?
,, Hört mal alle her! Wir brechen heute Nacht in die Waffenkammer ein und besorgen uns die Waffen, die uns zustehen." Thorin hatte sich in der Mitte des Raumes aufgestellt und es sah so aus als blickte er auf uns alle herab. Wie ein richtiger König. Ich betete stark, dass ihm die Macht noch nicht zu Kopf gestiegen ist. Ich befürchtete, dass es dafür aber schon zu spät war. Ich schloss meine Augen und stellte mir Zuhause vor, die Pflanzen, die ohne meiner Pflege sicher schon eingegangen sind. Die ganze Höhle musste sicher vor lauter Staub und Spinnenweben untergehen.
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, wenn ich auf dieser Reise sterbe wird sich das auch nicht mehr ändern.
Ich spürte wie sich jemand neben mich setzte. Ich blickte auf und blickte in Balins lächelndes Gesicht. ,,Was beschäftigt dich?" fragte er. Ich schüttelte den Kopf. ,,Alles." Ich konnte förmlich spüren wie er lächelte.
,, Das war nicht das, was ich wissen wollte."
,, Was willst du denn wissen?" fragte ich ihn, als ich sein Profil ansah. Er bedachte mich mit einem wissendem Blick. Ich blickte wieder in den Raum. Natürlich.
,, Na gut... Ja, ich mache mir Sorgen wegen Kili."
Er lächelte wieder und es war auch ein kurzes Lachen zu hören. Es war nicht lustig, er könnte sterben. Er würde sterben. Es gab keine Möglichkeit für mich ihm zu helfen.
Ich fühlte wie meine Augen feucht wurden. ,,Balin? Wieso hast du das eigentlich getan?"
Er blickte mich planlos an. ,, Du weißt schon, die Lüge, dass ich mit Kili verheiratet wäre und... Schwanger." es war schwer es auszusprechen.
,,Nun ja, ich hatte die Ansicht, dass es zwischen euch ein paar Differenzen gab und wir brauchten immerhin auch einen Weg dich in die Stadt zu bekommen."
,,Balin. Sehr nett, dass du dich um mich kümmerst und sorgst, aber das hat nur noch einmal bestätigt, dass er nichts von mir will."
,,Wieso denkst du das? Weil du es dir immer einredest?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, weil er es selbst zugegeben hat." Die Tränen bahnten sich erneut ihren Weg zu meinen Augen.
Jetzt schien Balin endgültig verwirrt.
Sein Kopf schnellte zu der Tür. ,,Ich denke wir brechen auf."
Ich nickte und ging nun auch auf die Traube von Zwergen zu, die sich bei der Tür angesammelt hat. Und kurz darauf waren wir alle auch schon im Schutz der Dunkelheit untergetaucht. Leise schlichen wir alle, in geduckter Haltung, durch die Stadt bis wir am Turm der Waffenkammer angelangt waren. Die Zwerge errichteten eine Art Zwergentreppe, indem sie sich in irgendeiner komischen Art aufeinanderknieten, sodass der Rest mit Anlauf durch das offene Fenster kam. Einer nach dem anderen schafften es so die Zwerge ins innere des Turmes. Geduldig wartete ich, bis Kili es auch irgendwie geschafft hatte, bis ich dann auch Anlauf nahm. Ich schaffte es sogar mit einem recht eleganten Sprung durch das Fenster zu fliegen und auf den Beiden zu landen. ,,Wow" ein gehauchtes Kompliment. Ich blickte mich um und fand die Durinbrüder in stillem Staunen. Ich schwang provokant meine Hüften und konnte mir nur ganz schwer ein Lachen verkneifen, woraufhin Fili sich ein Pfeifen nicht verkneifen konnte.
,,Helft mit Leute!" Die Zwerge waren schon eifrig dabei Waffen zusammenzusuchen. Viel zu viele meiner Meinung, es würde doch reichen, wenn jeder sich eine, von mir aus, auch zwei Waffen nimmt. So drückte mir Thorin eine ganze Ladung schwerer Eisenschwerter in die Hand. Meine Knie zitterten unter der Last und ich biss meine Zähne zusammen. Kili war im nächsten Moment vor mir und wollte mir die Waffen abnehmen. Er kann doch sowieso nicht laufen, das würde nur in Unglück enden. Er blickte mir eindringlich in die Augen und meine Knie wurden weich, dieses Braun brachte mich um den Verstand. ,,Lyra. Lass die Schwerter los!" Ich gehorchte und stolperte zwei Schritte zurück, als er sich dem Gewicht annahm. Er steuerte auf die Holztreppe nach unten zu und stieg auf die erste Stufe. Die Zweite. Ich wollte schon erleichtert ausatmen, als ein ohrenbetäubendes Klirren zu hören war. Es musste ja dazu kommen. Kili war gestürzt und hatte die Waffen fallen gelassen. Die Wachen mussten gleich hier auftauchen, dachte ichs mir doch, so etwas konnte man doch nicht überhören. Ein dutzend Waffen kamen durch das Eingangsportal gestürmt. Sie brüllten wie verrückt, dass wir die Waffen fallen lassen sollen. Ich stand einfach nur wie paralysiert oben und beobachtete wie manche Zwerge brutal festgenommen wurden. Erst jetzt realisierte ich, in welcher Situation ich mich befand. Sie würden mich nicht nur gefangen nehmen, sie würden nicht lange fackeln und mich direkt in den See werfen.
Ich musste mich irgendwie verstecken. Die Wachen kümmerten sich zuerst um die Zwerge und so hatte ich es irgendwie geschafft mich die Treppe hinauf zu retten, in den dritten Stock des Gebäudes. Verdammt!
Ich bekam Panik, kein Ausweg. Hektisch blickte ich mich um und das schlechte Gewissen packte mich. Sollte ich mich stellen? Die Zwerge im Stich lassen? Ach was, es hilft keinem, wenn ich mich jetzt ausliefere.
Mein Blick blieb beim Fenster hängen. Ich lauschte, die Wachen waren immer noch unten, bald würden sie heraufkommen. Ich rannte zu dem kleinen Fenster und blickte hinunter. Wasser.
Ich atmete tief ein und noch einmal aus. Kniff die Augen zusammen bevor ich auf das Fensterbrett kletterte. Ich zitterte am ganzen Leib. Das könnte alles ganz schön schief laufen. Ich blickte nochmal in das Turmzimmer, das mit Waffen vollgeräumt ist, und bevor die Wachen das Zimmer stürmten, sprang ich.
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