19. Kapitel Eine Vision und Krabbelvieh
,,Vielen Dank für die Bewirtung." sagte ich, als der Hautwechsler mir wieder fast die Hand brach.
,, Es war mir eine Freude, Lyra. Auf eurem Rückweg zögert ja nicht einfach anzuklopfen."
Ich nickte, als ich mich umdrehte und zu dem Pferd ging das schon für mich gesattelt worden war.
Rückweg. Stimmt. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Den ganzen Weg über das Nebelgebirge und über Bruchtal. Die weiten Ebenen. Wie sollten Bilbo und ich das alleine alles schaffen? Nie im Leben würden wir genug zu Essen haben. Die Orkscharren könnten wir zu zweit nie und nimmer bekämpfen.
Andererseits, würde es überhaupt so weit kommen? Zu einer Rückreise?
Wir haben immer noch ein gutes Stück vor uns und das wird kein Kinderspiel werden.
Und wenn wir es wirklich schaffen sollten diesen Berg zu erreichen, müssten wir uns immerhin einer verdammt großen Echse stellen. Die nebenbei auch noch Feuerspucken konnte.
Wie hatte Bofur es beschrieben? Ein geflügelter Ofen, Krallen wie Speere und Zähne wie Klingen.
Wie es sich wohl anfühlte? Von Drachenfeuer verbrannt zu werden?
Bofur hatte sich auch dazu geäußert, damals in Beutelsend.
Ein gleißendes Licht, ein brennender Schmerz und man ist nur noch ein Häufchen Asche, dass mit etwas Glück vom Wind verweht wird.
,,Meine Süße. Was machen wir hier nur?" Ich hatte angefangen die Stute zu streicheln. Ich strich ihr über die Nüstern und redete ihr sanft zu.
Ich brauchte echt ne Weile Urlaub nach dem Scheiß hier.
,,Lyra, jetzt komm schon! Steh nicht nur da und texte dein Pferd zu. Steig auf!" Thorin, natürlich, jetzt wo alle eine wohlverdiente Pause eingelegt hatten konnte er uns wieder vollen Druck machen.
Verständlich. Die Tage wurden kürzer und auch kälter, der Herbst stand vor der Tür. Der Durinstag, unsere Deadline.
Dann hätten wir unsere Chance vertan. Der einzige Weg in diesen Berg, versperrt. Ich verstand Thorins drang zur Eile nur zu gut und konnte nun nicht schnell genug auf den Rücken der schwarz-weiß gescheckten Stute kommen, die anscheinend keinen Namen hatte.
Den Fuß stellte ich in den Steigbügel und zog mich mit meiner ganzen Kraft auf das Pferd, das immerhin für einen Zwerg gerade klein genug war, um darauf reiten zu können.
Die Gemeinschaft setzte sich in Bewegung. Zuerst nur im Trab, aber Fili und Kili beschleunigten ihre Pferde schon nach einiger Zeit und rasten an mir vorbei. Ein verschwörerisches Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus. Ich war zwar keine Hobby- keinesfalls eine gute Reiterin, aber das Galoppieren würde ich doch noch hinbekommen. Ich nahm die Zügel fest in die Hand und trieb das Pony an. Als mir der Wind Tränen in die Augen trieb entkam ein fast kindliches Lachen meiner Kehle. Ich war auf gleicher Höhe mit den Zwergenprinzen als ich das Tempo wieder zügelte und dem Pferd die Flanke tätschelte. Ich lächelte die Zwei an, als ich so neben ihnen hertrottete.
Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah die anderen Zwerge, Gandalf und meinen Bruder. Balin lächelte auf seinem Pferd in der vordersten Reihe neben Thorin. Dieser schien nicht ganz so begeistert von dem kindischen Verhalten seiner Neffen.
Viel zu früh erreichten wir den Waldrand und stiegen ab.
Das Pferd noch an den Zügeln betrachtete ich das, was man als Düsterwald bezeichnen würde.
Der Name war mehr als passend.
Die Baumstämme waren grau und vermoost, die Blätter aber, waren dafür herbstlich gefärbt, nicht knallig, sie wirkten welk.
Alles in allem wirkte dieser Wald krank und schon halb tot.
Die Pferde scheuten auch vor dessen Anblick. Was uns da drinnen wohl erwartet? Monster? Sicher. Der ultimative Wahnsinn? Vielleicht. Irgendein kranker Scheiß der uns ganz sicher umbringen wird. Hundertprozentig!
,,Bleibt ja auf dem Weg! Dieser Wald macht etwas mit eurem Geist. Er zeigt euch das, was ihr am meisten begehrt. Er lockt euch.
Wer den Weg verlässt, findet ihn nie wieder", sagte der graubärtige Zauberer.
Auf dem Weg bleiben, okay, das sollten wir hinbekommen. Obwohl es mir schon sehr komisch vorkommt, wenn ein Wald mich locken will.
Warte...
,,Heißt das, du kommst nicht mit?"
Wieso sollte er es uns sagen, wenn er sowieso mitkommen würde um uns allen wiedermal den Arsch zu retten.
Die restlichen Zwerge hielten inne indem was sie gerade taten.
Alle blickten Gandalf an. Dieser seufzte und blickte mich mitleidig an.
,, Ja, ich komme nicht mit. Ich muss etwas herausfinden! Mein Pferd, gebt mir mein Pferd. Ich werde es brauchen."
Er sitzt auf und so sahen wir zu wie unsere größte Hoffnung diesen verdammten Wald jemals wieder heil zu verlassen am Horizont immer kleiner wurde und dann endgültig hinter einem Hügel verschwand.
Ich strich der Stute über die Nüstern unnd entlang ihrer Flanke, sattelte sie ab und befreite sie auch von dem Zaumzeug. ,,Machs gut meine Kleine." flüsterte ich ihr ins Ohr als ich ihr ein letztes Mal den Hals tätschelte.
Die Pferde machten sich nun auf den Weg zurück zu ihrem Herren und ich rüstete mich mental davor in diesen verseuchten Wald zu gehen.
Auf den zweiten Blick sahen die Bäume aus als wären die Zweige und Blätter von einer Krankheit befallen.
,, Kommst du?", fragte mich Kili, der als einziger noch bei mir stand und auf mich wartete. Ich holte tief Luft und nickte. Schon bald traten wir in den 'Schutz' der Bäume. Sobald ich auf dem Elbenweg war, der in den Wald hineinführte, bekam ich auch schon ein bedrückendes Gefühl. Es fühlte sich so an als würde die Luft schwerer werden und mein Kopf müder.
,,Passt auf!", hörte ich Thorin rufen. ,,Die Luft in diesem Wald ist irgendwie verseucht. Wir dürfen uns nicht beirren lassen und müssen auf dem Weg bleiben!"
Mir wurde ganz mulmig zumute. Dies war wohl der gefährlichste Teil der Reise und dementsprechend fühlte ich mich hier auch überhaupt nicht wohl. Der Pfad war eng und schmal und ich konzentrierte meinen Blick auf Kilis Rücken und versuchte nicht darüber nachzudenken was es hier alles für Viecher gab. Kein Sonnenlicht viel durch das dichte Geäst zu uns herunter und überall an den Seiten des Weges wuchsen Pilze oder vermodertes Holz lag überall herum.
Schon nach ein paar Minuten drehte sich alles in meinem Kopf und ich fühlte mich benebelt. Ich vertiefte meinen Blick auf seine braunen Haare die mit einer silbernen Haarperle, die typisch für Zwerge sind, zusammengefasst. Ich versuchte die plötzlich aufkeimende Müdigkeit auszublenden um nicht abzudriften. Je tiefer wir in den Wald kamen, desto düsterer wurde es. Auch die Luft wurde immer schwerer. Genauso wie die allgemeine Stimmung. Die sank mit jedem Schritt der uns tiefer in den Wald führte.
Wir gingen Ewigkeiten und das Dröhnen in meinem Kopf, dass vorher so wunderbar unbemerkbar blieb, nahm nun wieder zu. Irgendwann sah ich alles doppelt und dreifach und hatte den Orientierungssinn und das Zeitgefühl verloren. Tag-Nacht, Nord-Süd, es war alles dasselbe. Alle redeten wild durcheinander und brabbelten irgendetwas unverständliches vor sich hin.
,, Lyra.." eine säuselnde Stimme drang an mein Ohr. Ich blickte mich um und mein Kopf dröhnte. Es klang wie ein Mann, die Stimme so sanft wie Honig. Kili. Was zur Hölle konnte er jetzt wollen?
,,Kili." er hörte mich nicht. ,,Kili!" Er drehte sich zu mir um. ,,Lyra... Was?"
Was, was?
,,Du hast meinen Namen gesagt."
,,Nein." war seine einzige Antwort.
Noch Einmal. Diese Honigweiche Stimme und dann Lachen. Mein Lachen. Ich schob ihn sanft beiseite und dann sah ich etwas im Gestrüpp. Etwas wie eine Vision. Es war verschwommen, aber was ich erkannte reichte mir.
,, Lyra? Was ist los?" der 'echte' Kili war neben mich getrennten und ich spürte förmlich wie er neben mir erstarrte. Kinderlachen erfüllte meine Ohren. Tränen füllten meine Augen.
,, Siehst du...?" fragte er. Seine Stimme klang belegt. Ich konnte nicht denken, konnte nicht antworten. 'Der Wald zeigt euch das, was ihr am meisten begehrt' Gandalfs Stimme hallte in meinem Kopf wieder.
Sah er es auch? Diese Vision zeigte es doch deutlicher, ich konnte mir nicht mehr Vormachen, dass ich nichts empfände.
,, Was siehst du?" Brachte ich zaghaft hervor.
,, Ich sehe dich und..."
Ein Kampfschrei unterbrach uns. Riesige Spinnen ließen sich von ihren Netzen herrunter gleiten. Wie konnte ich das nicht merken?
Ich konnte schwören meine Haut war um 10 Töne bleicher geworden. Mein Herz begann unglaublich zu rasen.
Ich hatte unglaubliche Panik vor kleinen Hausspinnen und das war definitiv größer. Sie waren rießengroß und hässlich. Ich konnte nicht sagen wieviele es waren.
Eine ließ sich nun genau vor mir fallen der ich in einer Panikreaktion direkt in ihr hässliches Gesicht trat und meinen kleinen Dolch zückte.
Ich stand mitten im Gefecht und überlegte fieberhaft was nun das Beste wäre.
Dann vernahm ich auch schon den stechenden Schmerz unter meiner linken Rippe. Ich schnappte nach Luft und stieß meinen Dolch in das Fleisch der Spinne. Schwarzes Blut spritzte auf meine Kleider.
Nachdem ich meinen Dolch aus dem schmatzendem Fleisch ziehen konnte, spürte ich auch schon die betäubende Wirkung des Spinnengiftes. Ich fiel auf die Knie und das letzte was ich hörte, bevor ich endgültig auf dem Boden aufschlug und mir Schwarz vor Augen wurde war Kili der panisch meinen Namen rief.
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