Kapitel 35
Ich erhob mich also etwas schwankend von meinem Platz, schnappte mir am Vorbeigehen Jasons Hand und zog ihn mit mir. „Scheint als verbindet uns der Alkohol miteinander", meinte dieser und als wir weit genug von den anderen weg waren, drückte er mich sanft gegen einen Baum. „Ja, dieses Mal scheint es aber besser anzufangen wie letztes Mal.", gab ich zurück und vertiefte mich in das vom schwachen Schein des Feuer beleuchtete Grau seiner Augen. Er legte die Hände auf meine Hüfte und senkte seine Lippen auf meine. Eine Hand vergrub sich in seinen Haaren während die andere langsam unter sein Shirt wanderte und die Konturen seiner Muskeln nachfuhr. Ich spürte wie er sanft auf meiner Unterlippe biss, bevor seine Lippen hinunter an meine Halsbeuge wanderte, was mir ein leises Aufstöhnen entlockte.
Er war gerade mit der Hand unter mein Shirt gefahren, als er sich urplötzlich von mir abwendete und einen Schritt zur Seite machte. Verwirrt über das plötzliche Fehlen seiner Wärme stammelte ich kurz seinen Namen, bis ich schließlich seltsame Geräusche aus seiner Richtung hörte. Nach wenigen Momenten konnte ich sie als Würgen identifizieren, und der beißende Geruch der soeben aufgekommen war bestätigte mir, dass Jason sich gerade übergab.
Im selben Augenblick spürte ich eine Hand an meinem Arm, die mich sogleich von da weg zog. Überwältigt stolperte ich meinem Entführer hinterher, der sich als Samuel entpuppte. „Ey, was soll die scheiße?", fragte ich vielleicht eine Spur zu laut. „Oh, wärst du lieber bei einem kotzenden Großmaul geblieben der dich eh nur für Sex ausnutzen will?", gab Samuel giftig zurück. „Vielleicht wäre ich das, ja! Was mischst du dich da überhaupt ein?"
Er hielt plötzlich an, packte mich an den Schultern und sah mich eindringlich an. „Hör mal Gwendolyn, ich sehe doch nicht tatenlos dabei zu wie jemand wie Jason dich ausnutzt nur um an Sex zu kommen! Du kennst ihn jetzt lange genug, wieso lässt du dich darauf ein?" „Na vielleicht weil sich jemand anderes nicht darauf einlässt!" Er wusste genau wovon ich sprach, das verriet mir der plötzlich wechselnde Ausdruck in seinen Augen.
Wutentbrannt stapfte er weiter, steuerte zielstrebig auf eines der Zelte zu und rief den anderen im vorbeigehen zu: „Schaut mal einer nach Jason, der kotzt sich da hinten die Seele aus dem Leib!"
Als er den Reißverschluss des Zelts öffnete war ich kurz entschlossen wieder wegzulaufen, aber Samuel unterbrach meine Gedanken. „Ich will einfach nur in Ruhe mit dir reden.", sagte er und schaute mich an. Ich dachte noch einmal über meinen Fluchtplan nach, bis mir einfiel, dass hier alle um mich herum schneller waren als ich, weshalb ich schließlich ein entnervtes Stöhnen von mir gab und in das Zelt stieg.
Dort drin fiel mir erst auf, dass mein Shirt hochgerutscht und der Knopf meiner Hose geöffnet war, was ich schließlich peinlich berührt korrigierte. Kurze Zeit später reichte Samuel mir eine Flasche, deren Inhalt zwar wie Wasser aussah, aber definitiv nicht danach roch. „Was ist das?", fragte ich deshalb. „Es löst den Alkohol der noch in deinem Körper ist auf." „Ach ja, und wieso?" „Weil ich mit dir reden will während du nicht total besoffen bist."
Ich warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, dann trank ich den Inhalt der Flasche in einem Zug aus. Tatsächlich spürte ich ein warmes Kribbeln in meinem Körper und wenige Minuten später war ich wieder bei klarem Verstand, was meine Wut auf Samuel allerdings nur noch verstärkte. „Also gut, was willst du?", fragte ich schließlich genervt. „Reden." „Schön, das hast du schon gesagt, also fang an."
Kurz folgte schweigen, dann sagte er einfach: „Wieso?" „Das musst du schon ein bisschen ausführen." „Wieso hast du das eben gemacht?" „Wieso ich..? Ich wollte einfach etwas Spaß haben! Und hätte Jason sich nicht übergeben müssen, hätte ich den wohl auch gehabt." Er gab ein verachtendes Schnauben von sich. „Spaß, ja klar. Ist dir überhaupt bewusst was hätte passieren können? Zum zehnten Mal, Jungs wie Jason meinen das nicht ernst!" „Dessen bin ich mir durchaus bewusst!" Verwundert schaute Samuel mich an. „Denkst du wirklich ich würde auf sowas reinfallen, wenn ich es nicht freiwillig gemacht hätte?" „Und wieso hast du es dann getan, verdammt nochmal!" „Weil du mich anscheinend ja nicht willst!", sprach ich es nun endlich aus.
Urplötzlich verschwand alle Wut aus seinen Augen. „Weil ich... warte, was?" „Du verwirrst mich des Todes, verdammt! Alles an dir wirkt.. anziehend auf mich, aber je länger wir uns kennen desto mehr gehen mir deine Stimmungsschwankungen auf den Sack! Angefangen bei der Nacht im Observatorium, oder die -" „Im Observatorium?" Kurz stockte ich, überwältigt von seiner Unterbrechung, dann fuhr ich fort. „Das war eine der schönsten Nächte meines Lebens, aber scheinbar sehe auch nur ich das so." „Wieso denkst du das?" „Oh bitte, das weißt du genau." Er schien kurz nachzudenken. „Gwendolyn, ich -" Kurz war ich versucht, ihn in meinem Namen zu korrigieren, aber ich ließ es. „Ich fand es auch schön, wirklich. Aber -" „Und wieso zum Teufel wolltest du mich dann nicht küssen?"
Geschockt schaute er mich an. „Wieso ich nicht – Wynn, glaub mir, ich hätte damals nichts lieber getan!" „Wieso hast du es dann nicht?" „Weil ich es nicht kann!" Irritiert schaute ich ihn an. „Was soll das heißen?" „Ich kann es einfach nicht! Es gibt gewisse...Gerüchte über Feuer und Wasser – selbst der Direktor, der ein paar Stunden nach deiner Ankunft hier mit mir geredet hat, bat mich, mich von dir fern zu halten, das es sonst wohl Probleme oder so geben sollte. Denkst du wirklich, dass nicht auch alles an dir anziehend auf mich wirkt?"
Wieder folgte Stille. „Okay, schön, lass mich dich etwas fragen." Er nickte.
Ich holte tief Luft, dann fragte ich: „Wenn diese ganze Sache mit den Elementen nicht da wäre, und wir uns einfach so kennen gelernt hätten, als normale Menschen – was hättest du dann gemacht?" „Wir sind aber keine normale Menschen, und wir werden es auch nie sein." „Es geht ums Prinzip, Samuel! Bitte, stell es dir einfach vor." Er presste die Zähne aufeinander, dann nickte er und schaute mich wieder an. „Ich -" Er stockte, holte tief Luft, fuhr fort: „Wenn wir normale Menschen wären, dann hätte ich wohl das gemacht."
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