47. Welch schöner Tag
DIE FELDER DER DUNKELHEIT
Teil III – Fallendes Recht
47. Welch schöner Tag
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"Letifer?"
"Was ist, Simon?", fragte dieser unwirsch zurück.
Er war nur vor einer Stunde bei Voldemort gewesen und saß nun hier in seinem Büro, sich mental darauf vorbereitend, ein bekanntes und sympathisches Gesicht zu sehen, und am Ende zu töten. Unterbrechungen konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.
"Es sind zwei Briefe angekommen." Simon hielt ihm die schlichten weißen Umschläge hin. "Von Oliver, unserem Botschafter bei den Nymphen und den Veelas." Letifer blinzelte und meinte dann in einem deutlich freundlicherem Ton: "Danke, Simon. Darauf habe ich schon lange gewartet."
Der Vampir nickte nur stumm, in aus seinen gelben Augen verstehend beobachtend. Er konnte nachempfinden, was in seinem jungen ehemaligen Schüler vorging und nahm ihm die harschen Worte nicht übel. Mit dem Alter sah man über so etwas hinweg. So verließ er den Raum, um Letifer wieder seine Privatssphäre zu lassen und sich innerlich darüber freuen, Letifer zumindest eine gute Nachricht in diesen Zeiten überbracht zu haben.
Der Halbvampir riss unterdessen dem Umschlag auf und las die kurzen geschriebenen Worte:
>> An Letifer, den Botschafter der Vampire
Endlich, nach all den Monaten, ist es mir gelungen alle Nymphenhorste zu überzeugen. In seltener Einigkeit stimmen sie nun dem Vertrag zu, wobei die Allianz mit Feen, Sphinxen und Zentauren sicherlich nicht schadete. Vampire und Werwölfe standen sie allerdings eher misstrauisch gegenüber, aber für solch eine friedliche Rasse verständlich.
Der Ältesten aller Nymphen wurde die Vollmacht gegeben, den Vertrag zu unterschreiben und mit zwei Beratern bei einem Treffen der Rassen die Nymphen zu vertreten.
Ich werde ebenfalls, mit eurer Erlaubnis, hier noch länger bleiben und die Beziehungen möglichst weiter verbessern.
In Hochachtung und Respekt
Oliver<<
Letifer lächelte, als er den letzten Absatz las. Nur zur Verbesserung der Beziehungen? Er wettete darauf, dass Oliver sich wieder seinem Hobby, der Erforschung der Lebensweisen der Nymphen, widmete... aber solange es allen dienlich war, würde Letifer es tolerieren.
So schrieb er kurz und knapp zurück:
>>An Oliver
Eine große und gute Tat hast du dort vollbracht und die Erlaubnis zur Weiterführung und Überwachung der Beziehungen sei dir gegeben. Du wirst erinnert werden. Letifer<<
Mit klopfenden Herzen sah er dann zum zweiten Umschlag. War das die Zustimmung oder die Ablehnung? Irgendwie gingen die Veelas ihm emotional viel näher, als die anderen Völker. Vielleicht lag dies an Kamilla.
Grob überflog er den Brief in Jafaels feiner Handschrift geschrieben, dann machte sich Erleichterung in ihm breit und er las erneut:
>>Lieber Letifer,
ich hoffe es geht dir gut.
Hier bei uns hat dein Angebot sehr viel Wirbel verursacht und viele waren zuerst sehr misstrauisch. Sicherlich erinnerst du dich an die schlechten Erfahrungen mit den Fürsten und diversen anderen Menschen.
Doch bald nahm man das Angebot ernst und wir erkundigten uns... oder genauer legte ich ihnen die Fakten vor. Sie waren sehr überrascht, dass bereits Völker wie die Feen zugestimmt hatten. Was aber wohl den entscheidenden Ausschlag für das Vertrauen in dich gab, war die Tatsache, dass du mit Kamilla verheiratet warst. Danach ging es sehr schnell und ich konnte durchweg eine positive Stimmung fühlen. Mein Volk will, dass sich etwas ändert und will kämpfen. Und somit stimmte die Triria, unsere drei Herrscher, zu.
Letifer jedoch musst du eines wissen, die Veelas setzen ihr Vertrauen in dich. Nicht in den Vertrag, in die Einigkeit der anderen Rassen, sondern nur in dich. Ich bin überzeugt, dass es bei den Alben, Vampiren, Werwölfen und Humani (sie werden zustimmen, da bin ich sicher) nicht anders ist. Und wenn die Gerüchte stimmen, dass die Zentauren sich wegen einer Voraussage angeschlossen haben, dann diese ebenfalls.
Enttäusche uns nicht! Es ist eine große Verantwortung und eine große Chance.
Wir, die Veelas und ich, sind überzeugt, dass du es schaffen kannst und uns zum Sieg und zur Veränderung leitest.
Viel Glück.
Dein Schwager Jafael<<
"Kein Erwartungsdruck, wie?", kommentierte der Halbvampir trocken, seufzte dann aber.
Im Grunde hatte der Veela nur geschrieben, was Letifer schon lange wusste. Alles stand und fiel mit ihm. Versagen war keine Option mehr. Er konnte nicht mehr ausweichen, sondern musste seine Pflichten erfüllen, egal wie schlimm sie waren.
>>Lieber Jafael,
Vielen Danke für das Vertrauen, welches ihr alle in mich setzt, ich werde mein Bestes tun, um dem gerecht zu werden. Lasst uns gemeinsam für eine neue Zukunft kämpfen, als eine neue Gemeinschaft.
Richte meine Grüsse an die Familie aus.
Letifer<<
Der Botschafter der Vampire schickte den Brief los und atmete tief durch. Er wusste, es wurde Zeit. Es lag kein Sinn darin, es noch länger aufzuschieben. So drehte er sich mit wallender Robe um und marschierte aus seinem Büro hinaus, direkt in die Kerker.
Es wurde Zeit, einen gewissen Gefangenen zu Antworten zu zwingen...
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Ein leises Stöhnen kämpfte sich die Kehle des an der Mauer geketteten Mannes hoch. Langsam öffnete er seine Augen und nahm mehrere Dinge gleichzeitig zur Kenntnis: Er war gefesselt, in einer Zelle, der Ring La Irla war weg und vor ihm stand eine verhüllte Gestalt – Letifer.
"Schön, dass du wach bist, Black.", begrüßte ihn dieser mit einer falschen Freundlichkeit. "Wo bin ich?"
"In den Zellen des Lagers von den Werwölfen und Vampiren."
Zellen? Sirius gab zu, dass er immer gedacht hatte, dass Lager wäre aus Zelten. Das hatten die meisten gedacht, warum hatte sie Remus nicht berichtigt? Remus...
"Die anderen?"
"Die zwei Kinder und Severus Snape? Snape ist tot und die Kinder sind entkommen."
Erleichterung durchflutete Sirius, wenigstens etwas. Etwas fühlte er sich schuldig, dass er keine Trauer über Snape empfand, aber er hatte den Mann noch nie gemocht. Und nun hatte der schmierige Slytherin auch noch versagt. Aber über Tote schimpfte man nicht.
"Das heißt Umbra..."
"Starb mit ihm."
"Gut." Sirius lächelte, sie hatten ihr Ziel erreicht! Zu spät fiel ihm ein, dass dies vielleicht die falsche Handlung sein könnte. "Umpf." Reflexartig beugte er sich nach vorne und er spürte wie ihm der Atem weg blieb. Schmerz raste durch seinen Körper.
Mitleidslos zog Letifer wieder seine Faust aus Sirius Magengrube und wartete, dass Sirius sich erholte. Etwas war er selber über seine starke emotionale Reaktion überrascht. Nie hatte er besonders viel zu Umbra empfunden, aber der Gedanke, dass sich Personen über sein Ableben freuten, entfachte Wut in ihm. Professionell zerstörte der Halbvampir alle störenden Gefühle in sich und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe:
"Ich denke, dir ist klar, was dich hier erwartet?", fragte der Halbvampir, um gleich fortzufahren. "Niemand wird dich retten. Die Einzigen, die es vielleicht getan hätten, wären Snape und Lupin gewesen."
"Remus?!" Sorge war über Sirius Gesicht. "Ist er tot?"
"Nein." Letifer hob seinen Zauberstab. "Aber du wirst wahrscheinlich bald wünschen, er wäre es."
"Das würde ich nie tun!"
"Wir werden sehen... wichtiger ist nun etwas anderes: LEGILIMENS!"
Sirius Black war von der puren Gewalt, mit der Letifer in ihn eindrang, überrascht. Schon flogen die ersten Erinnerungen an ihm vorbei, bevor er sich fasste und den Botschafter aus seinem Geist verbannte. Keuchend hing er in den Ketten.
"Du bist darin trainiert worden... ich habe das erwartet."
Sirius begann in diesem Moment Letifers Stimme zu hassen. Gespött, Drohung, hätte er einfach ignoriert, aber der Anführer der Vampire war so verdammt kalt und ohne Gefühle. Als wäre er nur ein weiteres Instrument ohne einen Wert.
Sieben Legilimentik-Attacken später hatte der Ex-Auror seine Grenze erreicht. Letifer war gut, brutal und brachte ihn mit seinen verwirrenden Reden immer wieder aus dem Takt, nur um ihn dann anzugreifen. Vollkommen erschöpft hörte er wieder "Legilimens" und errichtete erneut seine Verteidigung. Vergeblich.
Letifer war erleichtert, als endlich die Verteidigung brach. Selten hatten welche so lange gegen ihn standgehalten. Er gab zu, ein wenig beeindruckt zu sein. Es war schwerer als er dachte, seinen eigenen Patenonkel zu verhören. Er kannte den Mann nur wenig, aber das wenige reichte, um ihm ein schlechtes Gewissen zu geben. So hatte er bisher auf Folter verzichtet, welche den Geist sicher schneller gebrochen hätte.
Interessiert sah er, dass Sirius Blacks Geist ein einziges Labyrinth war. Gedanken, Erinnerungen und Gefühle sprangen hin und her, wandten sich über und untereinander, ohne eine bestimmte Ordnung. Er begann zu Suchen, immerhin hatte er alle Zeit der Welt...
Er fand viele Erinnerungen, aber nur einige merkte er sich. Unter ihnen waren Sirius erstes Gespräch mit Snape, diverse Gespräche mit Ron und Hermine, sowie mit den Potters...
Lily sah ihren Freund besorgt an. "Ich weiß, dass Ron und Hermine gut sind... aber die Jagd nach den Horcruxen ist gefährlich."
"Sie wissen, was sie tun.", meinte Sirius. "Und Dumbledore vertraute ihnen ebenfalls."
"Ich weiß." James seufzte. "Wir können jede Hilfe gebrauchen. Wie steht es eigentlich in der Schule?"
"Alle sind unsicher, viele Schüler wurden von ihren Eltern nachhause geholt. Aber es wird wieder besser, Alastor Moody bildet nun auch Kinder ab der sechsten Klasse aus. Unter anderem John."
"Kinder..." Lily sah unglücklich aus, sagte aber nichts dazu. "Wie viele Horcruxe habt ihr bisher gefunden?"
"Das ist das Problem.", gab Sirius zu. "Zerstört ist der Gaunt-Ring und das Slytherin Medaillion. Der Dunklen Lord, Nagini und Umbra sind dauernd von Wachen umgeben, da kommen wir nicht ran. Und Hufflepuffs Tasse..." Er seufzte. "Dort haben wir die Spur verloren."
"Und das letzte Horcrux?"
"Da kennen wir noch nicht einmal den Gegenstand, Lily." Er zuckte mit den Schultern. "Ron und Hermine suchen weiter, aber vor allem Ron ist nicht mehr sehr enthusiastisch. Beide wollen sich an Umbra rächen."
Schade, dachte Letifer. Insgeheim hatte er gehofft, neues über die Horcruxe herauszufinden, aber dem war nicht so. Die nächste Erinnerung war nur kurz:
"Das ist ein hochinteressanter Ring.", murmelte Hermine, während sie La Irla hochhielt. "Ich habe noch nie solch ein Bannkreiskonzept gesehen. Vielleicht können wir das auf unsere Dementorbannkreise übertragen."
Letifer spürte Ärger in sich. So hatten sie also ihre eigene Erfindung umgewandelt, dass es auch als Falle funktionierte! Deshalb waren ihm auch die Zeichen so bekannt vor gekommen, dass waren Vampirrunen! Aber Hermine war genial, dass musste er ihr lassen. Doch da kam schon die nächste Sequenz:
Sirius starrte den Todesser vor sich voller Wut an: "Du hast WAS getan, Snape?"
"Ihn getötet.", war die gefühlslose Antwort. "Was hast du? Wolltest du ihn selber erledigen?" Sirius ballte die Fäuste. "So meinte ich das nicht..."
"Er war unter dem Imperius-Fluch und hatte einen schwachen Willen. Es war ein leichtes, ihn den Ring von Letifer und die Liste der Angriffsziele von Umbra stehlen zu lassen." Snapes Gesichtszüge wurden härter. "Allerdings hat er beim zweiten Diebstahl viel zu viel zerstört, er wollte wohl Aufmerksamkeit erregen und sich finden lassen. Er kämpfte gegen den Fluch an und wusste zuviel, Pettigrew war ein Risiko."
Der Animagi starrte ihn nur an. Er war sich nicht sicher, ob er dies gewollt hatte oder nicht. Rückgängig machen, konnte er es nicht mehr.
Die nächsten zwei Fetzen waren völlig uninteressant, der Dritte ab war schließlich der, nachdem er gesucht hatte:
"Da kommen sie!", flüsterte Hermine. Zu Viert beobachteten sie die kleine Truppe, die durch den Wald auf sie zu kam.
"Aktiviert!", befahl Sirius. Er konzentrierte seine Energie in den Ring La Irla an seinem Finger. Neben ihm begannen Ron und Hermine den Dementor-Bannkreis zu aktivieren. Snape beobachte inzwischen und hielt die Illusion aufrecht.
"Da stimmt was nicht... Die Vampirin shiftet!", rief Snape. "Black, was machst du da?!"
"Ich musste den Ring auch erst aufladen.", zischte dieser ärgerlich zurück. "Es ging nicht schneller... sie wird Hilfe holen. Was machen wir?"
Snape sah zu den zwei Jugendlichen und wieder geradeaus. In dem Moment dehnte sich von Zentrum, Hermine und Ron, der helle weiße Bannkreis aus. Bevor Umbra oder die Dementoren reagieren konnten, waren sie getroffen. Die Dementoren wurden unter schauerlichen Schreien gereinigt, während Umbra geschwächt auf die Knie sank.
"Perfekt, er ist wirklich beeinflusst.", murmelte der Tränkemeister. "Black, du hältst den Bannkreis und passt auf, dass niemand kommt. Ich erledige Umbra."
"Moment! Du schaffst Umbra nicht alleine.", protestierte dieser leise.
"Tu es einfach, Töle." Snape auf und kletterte aus der Erdkuhle. In der Entfernung war Umbra nun aufgestanden, sah sich um und begann zu Rennen. Ohne Zweifel versuchte er den Rand des Schutzschirmes zu erreichen. "Verdammt."
Snape rannte los und Sirius blickte ihm ein wenig verloren hinterher. Für einen Moment sah ihn Hermine an: "Glaubst du, er wird den Fluch 'Venus Occasus' verwenden?"
"Ich hoffe nicht.", war Sirius Antwort.
Venus Occasus? Letifer erinnerte sich an den Fluch und seine speziellen Folgen. Er wurde selten benutzt, was leicht dadurch zu erklären war, dass auch der Sprecher dabei starb. Der Spruch war von einem Ehemann entwickelt worden, dessen Ehefrau ihn betrog. Er setzte sie unter Drogen und sprach den Spruch, welcher seine Seele von ihm nahm und damit die Seele seines Opfers aus dem Körper vertrieb und sie in den Ebenen des Todes, zusammen mit der eigenen, versiegelte. Beide starben daran.
Letifer dachte schnell nach. Die Voraussetzungen, dass der Spruch wirkte, war Körperkontakt, was die Nähe der Leichen erklärte. Auch gab es einen Lichtblitz, welche durch Seelen- und Magieexplosion entstand.
Doch warum nicht Avada Kedavra? Letifer konnte nur vermuten, dass dieser nicht bei Umbra funktioniert hatte. Entweder, weil er zu sehr ein Dementor war, oder weil er als Horcrux nicht die Voraussetzungen erfüllte. 'Venus Occasus' hätte Umbra getötet. Immerhin hatte Umbra, als Horcrux, mindestens ein Seelenteilchen vom Dunklen Lord, welches Snape mit sich nahm.
Letifer verließ die Erinnerungen seines Patenonkels und sah auf den Mann vor ihm. Obwohl dieser deutlich erschöpft war, starrte er ihn unbeugsam an. Letifer erwiderte den Blick:
"Irgendwelche letzten Wünsche, Black?"
Sirius blinzelte, Angst stieg in ihm auf. "Du wirst du mich hier töten?" "Nein, du wirst in zwei Tagen in der Winkelgasse hingerichtet werden."
Letifer sah, wie sich etwas in Blacks Blick änderte. Hatte er verstanden, dass er sterben würde? Die Stille dauerte an und schließlich kam die Antwort: "Ich möchte gerne Remus sehen..."
"Ist das alles?"
"Ich möchte freigelassen werden?", versuchte Sirius einen Scherz, der sehr an Galgenhumor erinnerte. Letifer war allerdings nicht in der Laune dazu: "Unmöglich."
Sirius hatte keine andere Antwort erwartet. Das einzige, was ihn bisher verblüfft hatte, war seine Behandlung. Bis jetzt hatte ihn kein Fluch getroffen und wenn man mal von der regelrechten Vergewaltigung seines Geistes absah, ging es ihm relativ gut. Ein Gedanke traf ihn, vielleicht konnte er noch ein Rätsel lösen...
"Kann ich auch Harry sehen?"
Letifer starrte ihn still an. "Vielleicht." Er drehte sich um und ging zur Tür. "Hey, warte! Du gehst, einfach so?"
Er drehte sich um und musterte den Animagi. "Soll ich dich noch Foltern?"
Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er die Tür und schloss sie mit einem metallenen Knallen hinter sich. Er ging eine Schritte den Gang hinunter und lehnte sich dann geistig erschöpft gegen die Wand.
Gedankenverloren holte er den schmalen und doch so wichtigen Ring aus der Tasche und ließ ihn zwischen seinen Fingern hin und her gleiten. Damals, als er ihn mitgenommen hatte, war er das Gefühl nicht losgeworden, dass der Ring ihm helfen würde. Er war richtig gewesen, der Ring hatte seinen Part gespielt und Umbra, eines der Horcruxe, war vernichtet. Nur... Letifer war alles andere als glücklich darüber.
Aber warum? Was ging ihn schon der Tod von Umbra, Snape oder Black an? ... der eine war doch nur das einzige Wesen, dass eine ebenso verdrehte Seele hatte wie er. Umbra, dass gelungene Horcrux und er... das misslungene. Und Black war sein Patenonkel, welcher immer nur nett zu ihm gewesen war, welcher ihn liebte, ihm eine Familie bot, ihm...
"War es so schwer?", fragte jemand und unterbrach damit die deprimierenden Gedankenflüsse.
"Remus...es ging." Er drückte sich wieder von der Mauer weg und steckte den Ring ein. "Was hast du aus dem Orden heraus bekommen können?"
Der braunhaarige Mann zögerte kurz, deutlich sein schlechtes Gewissen verratend. Aber dann antwortete er dennoch:
"Sie feiern mit dem Rest von England Umbras Tod, auch wenn sie nichts von dem Plan der Vier gewusst haben... Sie wollen, dass ich Sirius befreie."
"Du weißt, dass du das nicht machen kannst?" Ernst sah ihn Letifer an. "Voldemorts Zorn würde deine Leute treffen..."
"Ja, ich weiß!", schnappte Remus, nur um sich gestresst durch die Haare zufahren. Das war alles ein Albtraum, nur ein schrecklicher Albtraum! "Ich kann nichts tun. Lily und James sind die einzigen, die mir noch vertrauen."
"Rose und John?" Es war irgendwie seltsam für Letifer nach so langen Monaten wieder die Namen seiner Geschwister auszusprechen. Wieder traf ihn die Erinnerung von das, was hätte sein können... er verdränge sie rücksichtslos.
"Sind beide in Hogwarts und wissen kaum etwas. Ron und Hermine..." Er verstummte. "Was?"
"Ich glaube, sie würden mir vertrauen." Es war schlimm für Remus zu wissen, dass er eben dieses Vertrauen betrog. Vertrauen, für das er alles hergeben würde... außer eben seine Werwölfe.
"Würden?"
"Sie liegen im Koma.", verkündete der Werwolf düster. "Der Bannkreis war anscheinend zuviel und dass sie den auch noch so unvermittelt abbrechen mussten, beschädigte ihre Magiekerne."
Das war ernst. In der Zauberwelt konnte vieles geheilt werden, aber bei Magiekernen waren die besten Heiler hilflos. Es kam nur auf den Willen des Zauberers oder der Hexe an, ob sie jemals wieder Zaubern konnten, Squibs wurden oder starben.
"Werden sie wieder...?"
"Es sieht gut aus.", bestätigte er. "Was hat Sirius gesagt?"
"Er hatte so etwas wie einen letzten Wunsch..."
Der Anführer der Werwölfe versteifte sich etwas. Er konnte den Wunsch erahnen. "Und?"
"Er will Remus Lupin und Harry Potter sehen." Bittere Belustigung erfüllte ihn. "Sollen wir ihm den Wunsch erfüllen?"
Der Werwolf wollte bereits 'Nein' sagen, nickte dann aber langsam. "Ich werde... und sei es nur, um seine Beschimpfungen zu hören." "Es ist deine Entscheidung."
"Ich weiß."
"Wann willst du ihn sehen?"
"Ich bin derjenige, der ihn für die Hinrichtung abholen wird."
"Verstehe... Lord Voldemort wird ihn noch verhören lassen..." Beide wussten, was dies bedeutete und so nickte Remus auch nur. "Dann werde ich besser mal ein paar Tränke mitnehmen."
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Während Sirius Black nach dem kurzen Besuch von Letifer noch bis auf etwas Magenschmerzen unverletzt war, so konnte nun davon keine Rede mehr sein. Die Todesser hatten ihn ohne Pause verhört. Zu Beginn waren es Professionelle mit Legilimentik, Veritaserum und anderen Methoden gewesen, später ging es ihnen jedoch nicht mehr um Informationen, sondern nur darum ihm Schmerzen zu zufügen. Die Todesser waren offensichtlich mehr als wütend über Umbras Tod.
Wie viel Zeit nun vergangen war, wusste er nicht. Irgendwann hatte er sein Bewusstsein verloren und auch jetzt war er kaum ansprechbar. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er in Flammen und nur ein kleiner Teil von ihm interessierte sich noch für die Vergangenheit... oder genauer, was die Todesser mit seinem Wissen machen wollten.
Am Rande registrierte er, dass etwas leise quietschte – die Tür. Jemand hob sein Gesicht hoch und setzte etwas Kühles an seine Lippen. Ein Zaubertrank.
"Trink, Tatze."
Tatze? Das war er... sein Geheimname als Rumtreiber. Nur wenige wussten ihn... voller Vertrauen schluckte er. Wieder bekam er einen neuen Trank, und auch hier gehorchte er. Er spürte wie sich an seinem Körper die Wunden schlossen und langsam neue Kräfte zurückkamen.
Der andere Mann war indessen etwas zurückgetreten und wirkte ein paar Sprüche. Sie säuberten den Animagi und reparierten dessen zerrissene Kleidung.
Die Zaubertränke zeigten nun ihre volle Wirkung. Sirius hob hoffnungsvoll den Kopf.
"Remus?"
"Hallo, alter Freund." Der Werwolf konnte nicht anders und musste etwas lächeln. "Wir haben uns lange nicht mehr gesehen."
"Wahr." Sirius grinste. "Letifer hat so komische Bemerkungen über dich fallen gelassen. Ich befürchtete bereits, du wärst tot oder schlimmer! Also, hauen wir von hier ab?"
Remus fühlte sich, als hätte ihm jemand ins Gesicht geschlagen. Hilflos starrte er seinen besten Freund, seinen Seelenbruder, an und fragte sich, womit sie das Schicksal verdient hatten. War es so falsch gewesen, Anerkennung zu suchen und helfen zu wollen? War es so falsch, dass er sein Rudel nicht in Gefahr bringen konnte? Die Zukunft aller Werwölfe nicht riskieren wollte?
"Remus? Alles okay...?" Der schwarzhaarige Reinblut verspürte ein schmerzhaftes Ziehen im Magen, wie eine Ankündigung von etwas sehr sehr schlechtem. "Nein, Tatze. Es ist nichts okay... Wir können auch nicht abhauen.", antwortete er schließlich. "Ich bin hier, um dich in die Winkelgasse zu bringen."
Remus konnte regelrecht sehen, wie Sirius Hoffnungen zerfielen und Unverständnis sich in dem Animagi ausbreitete. "... warum?"
"Weil... " Was sollte er als Grund angeben? Es gab nur die grausame Warheit, keine Verschönerung konnte dieses Gewicht erleichtern. "Weil ich ein Verräter bin, Sirius. Ich bin derjenige der Greyback tötete, der als Moonwolf Angst und Schrecken verbreitet und die Werwölfe anführt."
Sirius starrte ihn nur an. In seinen Augen spiegelte sich absolute Fassungslosigkeit wieder. Dann zerrte er in hilflosem Tun an den Ketten und rief:
"Das glaube ich nicht! Mein Freund würde mich nie einfach so verraten!! Warum... mit was erpressen sie dich? Ist es der Imperius?"
Lupin fühlte sich als müsse er Weinen und Lachen zugleich. Nichts wünschte er sich mehr als einfach zu grinsen und Sirius zu sagen, dass alles nur ein Scherz war... Aber er konnte nicht, und so blieb er wie versteinert stehen.
Überzeugt von dem Mangel an Reaktion, dass es sich um den Imperius-Fluch handelt, redete Sirius auf ihn ein:
"Moony, komm schon. Du musst dagegen ankämpfen! Denk daran wen du alles im Orden hast... mich, die Potters... du erinnerst dich sicherlich an James und Lily! Und was ist mit deinem Patensohn? John?"
"Sirius, ich bin nicht unter dem Imperius..."
"Papperlapp. Du würdest sonst nie so handeln!" Der Animagi hörte auf die Ketten zu malträtieren und starrte ihn, unwillends die Wahrheit zu glauben, an. "Was haben diese Bastarde mit dir gemacht? Mein Freund würde nie..."
"Dein Freund hat aber...", unterbrach eine neue Stimme. Hinter sich schloss Letifer die Tür. "Ich wollte nur nachsehen, Remus, wo du bleibst. Du darfst nicht zu spät sein, der Lord wäre darüber nicht sehr erfreut."
"Ich weiß..." Der Werwolf dachte bei sich, dass die Gründe eher andere waren. Letifer wollte noch mal seinen Patenonkel sehen. "Letifer!", schrie Sirius voller Wut. "Was habt ihr mit Remus gemacht?"
"Nichts. Remus tut dies für alle Werwölfe Britanniens, deren Anführer er ist. Sowie ich es für die Vampire tue..." Der letzte Satz war fast unhörbar. "Noch Fragen, Sirius Black?"
Der Auror sah von einem zum anderen. Die Trauer und Zerrissenheit in Remus Gesicht überzeugte
ihn mehr als alles andere, dass es die Wahrheit war. Hier traf ihn keine rotglühende Raserei wie bei Harrys Verrat, nein. Er wusste, er würde sterben und das mit der Hilfe seines besten Freundes neben James, Remus. Es war wie ein tiefreichender Schock, der alles erstarren und unwirklich werden ließ. Plötzlich war die Welt eine andere und so konnte er nur die letzte Frage stellen, deren Antwort nichts zu deuten übrig ließ:
"Dann... dann ist das hier das Ende... Moony?"
Das Ende von so vielem... Seinem Leben, aber viel schlimmer ihrer Freundschaft. Wollte er das Ende? Sirius klammerte sich innerlich krampfhaft an den Glauben, dass alles irgendwie einen Sinn ergab. Ihn Remus nicht einfach so... kaltblütig und ohne Gewissen verriet.
"Ich fürchte so." Der andere Rumtreiber lächelte verzerrt. "Glaub mir, ich würde meine Seele verkaufen, um dich zu retten... aber ich kann einfach nicht alle Werwölfe ins Unglück stürzen. Ich kann einfach nicht. Verzeih mir..."
"Ich, als Opfer für die Zukunft aller Werwölfe?" Sirius lachte leicht. Es klang hohl und unecht, als es an den kahlen Wänden widerhallte. "Dann versprich mir, dass diese Zukunft eine Gute ist..." Irgendwie konnte er nicht glauben, was er hier tat. Und doch... er wollte einfach nicht, dass sein Leben und sein Tod umsonst waren. Sein Freund... der Verräter... schuldete ihm wenigstens soviel.
"Versprochen."
"Die Zeit läut ab...", erinnerte Letifer.
Sirius sah abrupt zu ihm. "Wo ist Harry? Er ist doch einer von deinen Leuten!"
Schweigen hüllte die Zelle ein und dann drehte sich Letifer plötzlich um, blieb aber noch kurz stehen. "Remus, ich warte draußen."
"Wo ist Harry!!!"
Sirius sah nur Letifers Rücken, als beinahe besiegt klingend, die Antwort kam: "In diesem Raum..."
Sirius starrte Letifer an. "Was...?" Er sah sich um. Hier war niemand mehr. Und es war zweifelhaft das jemand unter einem Unsichtbarkeitsumhang herein geschlichen war... also...?
"Leb wohl, Patenonkel. Es war eine schöne Zeit mit dir." Letifer ging ohne sich umzudrehen aus der Zelle, den fassungslosen Blick, der sich in seinen Rücken bohrte, ignorierend. Mit einem lauten metallenen Knall fiel die schwere Eisentüre wieder ins Schloss.
Der Animagi schluckte krampfhaft. "Letifer... Harry... ist es wahr?" Er klang nicht gerade intelligent, aber das war dem Ex-Auroren nun gerade egal. "Ja...", war die schwere Antwort. "Letifer sagt, Peter sei tot?"
Vollkommen mit der Ordnung seiner eigenen Gedanken beschäftigt, antwortete Sirius abwesend: "Severus Snape ermordete ihn, nach dem Diebstahl an Letifer... Harry."
"Schade, ich hätte ihn gerne selber gehabt." Nachdenklich sah er an die Decke. "Vielleicht ist es so besser. Ich werde das Blut nur eines Freundes an meinen Händen haben."
"Remus, du würdest es nicht tun, wenn es einen anderen Weg gäbe, richtig?" Sirius lächelte, doch es war ein Lächeln der Verzweiflung. "Nur... dienst du dem Dunklen Lord treu?"
"Ich bin meinen Wölfen treu und somit dem Lord."
"Wenn es hart auf hart kommt, was wirst du machen? ER oder die Wölfe?"
Remus zögerte, immerhin konnte es gut sein, dass die Zelle von Voldemort überwacht wurde. Dann lächelte er schwach. "Du kennst mich und meine Moral am Besten."
Das war keine wirkliche Antwort, aber Sirius nickte erleichtert. Er kannte Remus und traute diesem zu, immer ein Verfechter der richtigen Seite zu sein. Egal, ob sie Kinder waren, oder Jugendliche oder Erwachsene, Sirius wusste immer, dass wenn Remus an seiner Seite stand, er im Recht war. Es schmerzte ihn, Remus hier zu sehen. Als Todesser... war es soweit mit dem Orden bergab gegangen?
Er wusste, er sollte über den Verrat wütend sein. Aber er hatte gesehen, wie Remus im Orden behandelt worden war. Er hatte dessen Schwierigkeiten gesehen, auch nur halbwegs legal zu überleben... und nun sah er dessen Zweifel, Ängste und Schmerz tun zu müssen, was richtig war.
Sirius schloss die Augen.
Remus kämpfte für seine Rasse, für seine Leute. Es war ihr Fehler gewesen, dass sie den Werwölfen nicht geholfen hatten, nun waren sie alle bei ihm, dem Bastard Voldemort.
Nicht nur die Werwölfe, erinnerte sich Sirius. Auch die Vampire... Letifer, Harry... Er hatte gesagt, er täte es für die Vampire. Hatte er deswegen Dumbledore ermordet? Deswegen sie verraten?
'Ich bin nicht böse... und auch nicht gut. Ich bin nötig.'
War das nicht Harrys Erklärungssatz gewesen? Sirius hatte ihn nicht verstanden, nun aber sah er die Bedeutung. Gut und Böse waren nur Meinungen. Nötigkeit zum Überleben war immer gleich. Zum Überleben der Werwölfe, der Vampire... und all der anderen magischen Rassen.
Ja, für Wut war es jetzt einfach zu spät. Die Fehler waren getan und sein Schicksal entschieden.
"Harry... wie geht es ihm?" Es klang dumm, irgendwie und so setzte er gleich dahinter: "Bereut er, Dumbledore getötet zu haben?"
"Es geht ihm gut und er sagte mal, dass Dumbledores Mord der Einzige ist, den er bereut." Remus hob den Zauberstab. "Wir müssen gehen, Tatze. Ich werde da sein..."
"Bis zum bitteren Ende, wie?"
"Bis zum bitteren Ende.", bestätigte Remus.
"Leb wohl, Moony." Sirius sah ihn direkt an. "Ich hoffe, es ist nicht umsonst..."
"Ich weiß, dass dein Opfer nicht umsonst ist. Dafür werde ich sorgen", antwortete Remus leise. "Silencio! Du darfst nicht reden oder schreien..." Mit einem Schwenk öffnete er die Eisenketten, nur damit unsichtbare Fesseln deren Platz einnahmen. "Letifer wird bereits warten."
Der Werwolf drückte einen Portschlüssel an Sirius Stirn: "Kessel-Hinrichtung."
Bevor sich Sirius über das seltsame Passwort wundern konnte, erschienen sie vor dem Tropfenden Kessel. Da fand er bereits die Erklärung, denn genau vor dem war die Hinrichtungsstätte. Ein nüchterner Bretterbau mit zwei einsam stehenden Holzstangen. Sie waren bei einem Aufgang erschienen.
Rechts war ein langer Tisch an dem verschiedene Todesser, Voldemort und Letifer saßen. Dahinter waren ihre Leibwächter, obwohl der hinter Letifer... Sirius war sich nicht sicher, aber nach James Beschreibungen konnte dies durchaus der Meistervampir von London sein, Letifers Vampirvater.
"Passt auf ihn auf.", befahl Remus kalt.
Fast bewundernd betrachtete Sirius das veränderte Benehmen seines Freundes. So hätte er ihm sicherlich den mitleidslosen Werwolf abgenommen, hätte er nicht die leicht verkrampfte Hand um den dünnen Zauberstab bemerkt.
"Zu Befehl, Meister.", erwiderten die Männer, welche sicherlich auch Werwölfe waren.
Sirius sah zu, wie Remus einen komplizierten Zauber auf sich sprach, welcher jegliche Aufmerksamkeit von ihm ablenkte. Niemanden in der Menge würde es seltsam erscheinen, dass er nun die Treppe hoch und dann zu dem langen Tisch ging. Keiner aus dem Orden würde so Verdacht schöpfen, dass er Mondwolf, der Anführer der Werwölfe, war.
Die Menge, welche Sirius von seinem Ort aus nicht sehen konnte, wurde leiser. Mit einemmal traf Sirius die geballte Nervosität. Nein, korrigierte er sich, er war nicht nervös. Er hatte Angst, Todesangst.
Er schloss die Augen und atmete tief durch. Vielleicht würde ihn jemand vom Orden befreien? Der Animagi öffnete wieder die Augen und sah sich um. Allein die Wachen um ihn herum waren über zehn Mann... nein, keine Chance. Jeder, der hier etwas wagen würde, wäre selbstmörderisch. Lily und James konnten ihr Leben nicht riskieren und der gesamte Orden war nicht groß genug, um auch nur wenige Minuten hier zu bestehen.
Das Ministerium war sowieso keine Option mehr, sie hatten schon vor Wochen verkündet, dass sie keine Rettungsaktionen für einzelne Personen durchführen. Zitternd holte er Luft. Er würde sterben, begriff er. Tod. Danach kam nichts mehr. Nichts. Nur Leere... oder? Himmel? Hölle? Über was dachte er hier nach?
"Es beginnt.", meinte einer der Wachen. Die anderen nickten und sie legten wieder Eisenketten an Sirius an. Je eine pro Arm. Danach lösten sie Remus Zauber. Den Moment nutzte Sirius und versuchte einen verzweifelten, aber leider sinnlosen, Fluchtversuch. Er riss tatsächlich dem einen die Kette aus der Hand, der andere hielt ihn aber fest, während die übrigen Wächter mit dem Zauberstab auf ihn zielten.
"Petrificus Totalus.", rief einer und Sirius war wieder hilflos.
Er lag auf dem Boden und hörte zu, wie jemand undeutlich eine Rede hielt und die Leute immer wieder jubelten. Dann war es vorbei. Es wurde ruhiger. Etwas wurde vorgelesen, was war es?
Oh, er erkannte es, seine angeblichen Taten für die er den Tod verdiente, die Anklageschrift.
Sirius wollte nicht sterben. Er war ein Black! Blacks sterben nicht einfach so... obwohl eigentlich sehr viele seiner Vorfahren hingerichtet worden waren. Wunderbar. Nun führte er auch noch eine Tradition seiner verhassten Familie weiter. Sie wären stolz auf ihn... wäre es das Ministerium, dass ihn hinrichtet und nicht der Dunkle Lord.
Jemand riss ihn hoch und löste den Zauber. Er stolperte ein wenig und wurde die Treppe hoch gezerrt. Bevor er es sich versah, hatten sie ihn mit den Ketten auf der Bühne zwischen den zwei Holzstangen befestigt.
Vor ihm war die endlose Menge von Leuten. Er konnte nicht anders, als sie anzustarren.
Da! Gleich in der ersten Reihe. Bellatrix und Narcissa mit ihrem Sohn Draco. Er musste wegsehen. Das seine einzige lebende Familie sich über seine Hinrichtung freute... Es ahnen und es erleben, waren zwei völlig verschiedene Dinge.
Rechts am Rande sah er viele komplett schwarz gekleidete Figuren. Zuerst dachte er an Todesser, erkannte dann aber Vampire, die sich vor der Sonne schützten. Ob Harry die gleichen Probleme hatte? Wenn ja, wie umging er sie? Er würde es nie erfahren.
Sein Blick schweifte weiter, und blieb an mehreren roten Haaren hängen. Weasleys. Leider waren sie sehr weit hinten, er konnte nicht mehr ausmachen. So schloss er die Augen. Die Menge jubelte erneut über etwas Gesagtes.
Er sah zu dem Sprecher und fand, dass es Lucius Malfoy war. Dieser stand zwischen Remus und Voldemort, setzte sich aber gerade hin.
Sirius suchte den Blick von Harry, welcher an der rechten Seite von dem Dunklen Lord saß. Doch dessen Schatten unter der Kapuze machen dies ein nutzloses Unterfangen. So blickte er zu Remus und ihre Augen trafen sich kurz.
Der Werwolf war bleich, aber wirkte bemerkenswert gefasst. Sirius wurde mit einem mal klar, dass Remus das Ganze fast schwerer nahm wie er. Er war auf seinen eigenen Tod vorbereitet... Als Top-Auror war dies eine ständige Gefahr gewesen. Es war zu erwarten gewesen.
So nickte er ganz leicht.
Remus verriet ihn, ebenso Harry... aber es war verständlich. Hatte Peter die gleichen Gründe gehabt? Oder andere? War er nur ein Verräter für Macht gewesen oder war da mehr gewesen? Er hatte sich nie die Zeit genommen nachzufragen.
Irgendwie war alles so anders, wenn du wusstest, dass du nur noch Minuten zu leben hattest. Wut, Zorn, Neid, Stolz... das alles verschwand und ließ eine bemerkenswerte Klarheit zurück
Verräter waren sie, ja. Aber wer hatte sie zuerst verraten?
Die Vampire, die Werwölfe... Sie, die Zauberer, schlossen sie aus der Gesellschaft aus, verdammten sie und erwarteten dann, dass sie freudestrahlend zu ihnen hielten? Wie naiv...
Er atmete tief ein und aus. Es war falsch, dass er starb. Er sollte hier nicht sterben, dass wusste er. So vieles hatte er vor gehabt... wollte er tun. Vergebens. Träume, nicht mehr.
Jemand trat neben ihn. Er blickte auf und sah, dass rechts und links zwei Todesser standen. Zauberstab auf ihn gerichtet.
Er presste die Zähne aufeinander und verengte die Augen. Er war ein Gryffindor. Sein Stolz verbot es ihm, Angst zu zeigen. So sah er sie herausfordernd an, in einem letzten Akt von Kühnheit.
Voldemort erhob sich:
"Nun lasst uns den Verräter des Blutes, der Magie und den Mörder Umbras seiner gerechten Strafe zuweisen! Die Götter würden es so wollen und Magie verlangt den Ausgleich. In unserer Gnade geben wir ihm aber nicht den Kuss, da diese Praxis barbarisch ist...
Als Exempel soll er dienen, auf dass nie wieder Zauberer seinen irreführenden Pfad wählen."
Der Dunkle Lord hob seinen Arm. "Todesser! 3... 2... 1..." Er ließ die Hand fallen.
"Avada Kedavra.", sagten vier Stimmen in perfekter Gleichheit.
Vier grüne Blitze rasten unisono auf Sirius zu, welcher stoisch geradeaus sah, über die Menge und den Häuserdächern hinweg, zum strahlend blauen Himmel. Die Blitze trafen gleichzeitig in der Brust und schleuderten ihn nach hinten.
Das letzte was er sah, war der endlose Himmel. Das letzte was er tat, war zu Lächeln.
Welch schöner Tag heute doch war...
Welch schöner Tag zum Sterben.
Nur wenige Meter entfernt schloss Letifer in hilfloser Scham die Augen. Das war sein Patenonkel! Und nur fünf Minuten zuvor hatte er eine Rede darüber gehalten, wie außergewöhnlich Umbra gewesen war und warum sein Tod eine Schande war... warum Black sterben musste.
Hatte er wirklich keine andere Wahl gehabt?
Er hatte es nicht einmal versucht! Verdammt noch mal... alles, was er getan hatte, war, Remus davon zu überzeugen, dass es keinen anderen Weg gab. Hatte er das Richtige getan?
Erinnerungen durchzuckten ihn. Erinnerungen, wo Sirius mit ihm Schach spielte... wo sie einfach nur redeten oder im gleichen Raum waren. Damals, als er ihn das erste mal sah... nur wenige Meter von hier im Tropfenden Kessel.
Hatte der Mann wirklich sterben müssen?
Eine Hand legte sich auf seine Schulter und Meradin, welcher offiziell als sein Leibwächter fungierte, beugte sich vor. "Er lächelt."
Letifer sah verblüfft zu ihm und dann abrupt zu Sirius. Tatsächlich. Ein feines Lächeln umspielte die Mundwinkel des Toten. "Was denkst du, waren seine letzten Gedanken?"
"Wer weiß..." Meradin klang unberührt. "Es muss etwas Gutes gewesen sein... du weißt, dass du keine Wahl hattest? Jetzt ist es einfach zu früh zum Handeln." "Aber..."
"Du hättest ihn nicht befreien können, dank des Vertrages und Lupin wäre sofort erwischt worden." Der Vampir schüttelte den Kopf. "Black hat es auch verstanden und akzeptiert. Beeindruckend, für einen Mann von seinem lebenslustigen Schlag."
"Wenn du meinst..."
Unten löste sich langsam die Menge auf. Ein Kind an der Hand seiner Mutter sang ein Lied von dem Letifer nur die Hälfte verstand. Irgendetwas von der Sonne und dem Mond... hatte es die Hinrichtung beobachtet?
Die Mutter lächelte auf den kleinen Jungen hinunter.
"Ja, die Sonne ist heute da... und der Himmel hat ein einzigartiges Blau, nicht?"
"Ja, Mama.", krähte der Kleine. "Schöner Tag!!"
Sie lachte leise, beugte sich hinunter und nahm ihn auf den Arm. "Ja, welch schöner Tag heute ist, nicht? Möchtest du ein Eis?"
Die zwei verschwanden in der Menge. Letifer sah gedankenverloren zum Himmel, ihn das erste Mal richtig bemerkend. Um ihn herum bewegten sich alle, doch er nahm sich die Sekunden Zeit und sah nur noch oben. Es war Frühling und der Wind war frisch.
Jemand trug die Leiche von der Bühne und Remus befahl, sie an die Potters zu schicken. Er nahm es nur nebenbei wahr. Alles was er sah, war der blaue Himmel. Seine Sorgen wurden leichter, was waren sie schon alle im Vergleich zum ewigen Himmel?
In der Tat...
Welch schöner Tag heute doch war...
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Der Orden hatte einen weiteren schwarzen Tag. Viele von ihnen waren zur Hinrichtung gekommen, welche groß im Tagespropheten angekündigt worden war. Sie konnten es nicht fassen, dass Ministerium hatte NICHTS unternommen, um einen seiner besten ehemaligen Auroren zu retten.
Hilflos standen sie daneben und mussten der Ungerechtigkeit ihren Lauf lassen.
Natürlich wäre es Wahnsinn gewesen anzugreifen. Trotzdem konnten sie sich ihrer Frustration nicht verwehren. Zwei Kinder im Koma und zwei Männer tot... alles außerordentliche Köpfe und Talente. Das war der Preis von Umbras Vernichtung gewesen.
War er zu hoch gewesen?
Vor allem da die Dementoren immer noch Voldemort zu gehorchen schienen.
"Was jetzt...?", fragte Dadälius Diggle. "Ich meine... hätte Lupin ihn nicht retten können?"
"Vielleicht war er zu schwer bewachtet?", schlug James vor.
"Unsinn.", unterbrach Bill leise. "Remus war derjenige, der Sirius mit dem Portschlüssel brachte. Es wäre ein leichtes gewesen, diese zu vertauschen." James schüttelte den Kopf. Er war blass und sah aus, als hätte er tagelang nicht geschlafen. "Nein. Remus würde uns nicht einfach so verraten..." Eine ältere Hexe seufzte: "Was, wenn er uns falsche Informationen gab?"
"Falsch? Er gab uns bisher so gut wie keine Informationen!", brauste einer auf.
Viele nickten zustimmend und James atmete einfach nur aus. "Soll Remus etwas wie Peter...?"
"Es wäre eine Möglichkeit."
"Aber warum?!", rief Lily. "Es ergibt keinen Sinn! James, sag ihnen das..."
James starrte ins Nichts. "Remus würde es tun, wenn er die richtigen Gründe hat. Ich weiß nicht warum, aber... Lily, sie könnten Recht haben." "Was...?"
"Remus gibt kaum Fakten heraus. Er weiß zu wenig für die Position, die er offensichtlich hat. Und warum half er Sirius nicht? Warum nimmt er kaum Kontakt mit uns auf? Warum... wenn er das Richtige geboten bekommt, kann es sein, dass er..." James fuhr sich durchs Haar. "Remus will nur Vertrauen, Freunde und eine Familie. Das könnte er unter den Werwölfen finden."
"Und hier hatte er nur Misstrauen und Hass.", führte Hestia Jones den Gedankengang zu Ende.
"Ja.", bestätigte James besiegt. Er fühlte sich, als wäre ein Teil von ihm zerbrochen.
Was war nur aus der unbesiegbaren Freundschaft der Rumtreiber geworden? Einer ein Verräter, weil er Stärke sowie Anerkennung suchte. Der zweite ein Verräter, da er Vertrauen und Familie wollte. Der Erste ermordet, der Zweite nun einer der Generäle unter Voldemort und ein Dritter hingerichtet.
Wie hatte es soweit kommen können?
Er sah aus dem Fenster, nur um den leeren blauen Himmel zu sehen. Endlose Weite, er fühlte sich an Sirius erinnert. Der Himmel war leer, ohne Wolke... und so fühlte er sich. Leer, ohne Freunde, ohne Mentor und ohne seinen ältesten Sohn.
Welch ein schöner Tag heute doch war... dachte er voller Zynismus, als der Himmel sich langsam vom Sonnenuntergang rot färbte.
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Der Titel hat sich nun auch geklärt und mit ihm mehrere Rätsel aus dem Kapitel zu vor.
Übrigens Gratulation an alle, welche vermuteten, dass Hermines und Rons Ritual etwas mit dem Ring zu tun hatte.
Sirius Tod war überraschend einfach zu schreiben, allerdings wurde er einfach nicht traurig. ^^" Ein wahrer Gryffindor. Tja und Peter der Verräter... im Grunde kann man nur Mitleid mit ihm haben, finde ich.
Das nächste Kapitel heißt "Brechen der Strukturen". Es kommen etwas seltener erwähnte Personen vor, wie Percy Weasley und der Muggle Premierminister. Jeder der beiden erfreut sich gewisser Probleme.
Gruss silberstreif
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