Kapitel XXX
Maxims Sicht
Ich hatte etwas Angst vor dem Essen mit Nicks Großeltern. Mir machten alte Menschen immer Angst. Und die Sachen, die Nick mir erzählt hatte, machten es nicht besser. Es machte es auch nicht besser, dass ich während des Essens neben Tessa sitzen musste. Sie regte mich einfach auf.
Wir waren gerade mitten beim Essen, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Oberschenkel spürte, die immer weiter nach oben wanderte. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn es Nicks Hand gewesen wäre, aber Tessa sollte mir ja vom Leib bleiben.
Als sie dann bei meinem besten Stück angelangt war, sprang ich ein kleines Stück in die Höhe. Wie konnte sie das nur in der Anwesenheit ihrer Familie machen? Einfach unglaublich. Ich packte ihre Hand und legte sie zurück, wo sie hingehörte; auf ihren Oberschenkel.
Doch plötzlich sprang sie auf und schmiss dabei ihren Stuhl um. "MAXIM! Nein heißt nein, also hör auf, mich anzugrapschen!", schrie sie. Was war da denn jetzt los? Ich schaute sie mit großen Augen an.Ich konnte in ihnen ein Funkeln sehen. Diese kleine Schlampe!
"Ich-ich hab doch gar nichts gemacht!", versuchte ich, mich zu verteidigen. Diese Blick von den Leuten hier im Raum bohrten sich in mich. "Du hast nichts gemacht? Du hast mir am Oberschenkel gepackt und bist immer höher gewandert! Wie kannst du nur?"WAS?! Sie hatte das doch eben bei mir gemacht!
"Maxim, stimmt das?", fragte Uwe mich. Wie konnte er nur so was denken?Okay, ich war ein Jugendlicher und kannte Tessa nicht besonders gut und sie war seine Tochter. Aber warum immer auf die Unschuldigen?!"Was? Nein, natürlich nicht! Ich hab keinerlei Interesse an ihr! Sie ist nicht mal mein Typ!", rief ich aufgebracht.
Oh Shit. Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen. Was, wenn jemand fragte, wer mein Typ war? Heute Morgen hatte ich bei Nicolas ja schon klar gemacht, wer mein Typ war. Schon allein bei dem Gedanken reagierte mein Körper drauf. Aber das konnte ich in dieser Situation nun ganz und gar nicht gebrauchen.
"Und was ist dann dein Typ?", fragte Tessa. Diese hinterfotzige Schlampe! Wusste sie es etwa und wollte es so herauslocken? War das ihre Rache für die Sache im Kino gestern? Wie verzweifelt musste sie sein, dass sie so etwas Erbärmliches abzog?
Ich wusste, dass ich jetzt eigentlich aufpassen musste, mit dem, was ich sagte. Nicks Großeltern waren streng religiös, was ich eben schon mitbekommen habe. Nick hatte mir heute Morgen auch erzählt, dass sie einen riesigen Hass gegen Homosexuelle hatten. Dazu gehörte ich ja jetzt schließlich.
Ich schaute zu Nicolas, der mich nur mit seinem Blick bat, nicht zu tun, was ich jetzt vorhatte. Ich dagegen warf ihm nur einen entschuldigenden Blick zu. Wenn ich nicht als fast Vergewaltiger oder so dargestellt werden wollte, dann musste ich mit der Wahrheit rausrücken.
"Männer. Mein Typ sind Männer. Besonders der heiße Kerl neben mir und damit meine ich nicht Tessa.", gab ich zu. Ich konnte nicht anders,als Tessa mit meinem letzten Satz zu provozieren. Nur Jannik konnte darüber lachen, was ich gesagt hatte. Er gefiel mir wirklich immer besser.
"Sünder!",rief Nicks Oma plötzlich, "Raus aus meinem Haus!" Wow, diese Frau war unglaublich! Erst begrüßte sie mich, als wäre ich eines ihrer engelsgleichen Enkel und jetzt war ich für sie der Teufel in Person oder was?
"Mutter!", rief Marielle entsetzt. "Nichts da! Dieser Junge hat nichts in diesem Haus zu suchen!" Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.Sollte ich rausgehen? Das wäre wohl das Beste. Ich wendete mich zum Gehen ab, doch Nicolas hielt mich am Arm fest.
"Wenn er geht, gehe ich auch.", entgegnete er. Seine Oma schaute ihn bestürzt an. "Wenn dein ach so toller Gott Homosexuelle nicht will, warum gibt es uns dann? Warum bin ich nicht schon längst verbrannt, wenn ich den Teufel in mir trage, sobald ich über die Schwelle einer Kirche trete? Wir werden immerhin so geboren!"
Nick ließ alles raus und merkte scheinbar nicht mal, dass er sich damit gerade selber geoutet hatte. "Es ist falsch, uns zu hassen, nur weil wir auf dasselbe Geschlecht stehen. Du hast mich vorher auch geliebt, wie es scheint, warum sollte es denn jetzt anders sein, wo du weißt, dass ich auf Männer stehe."
Nicolas machte eine Atempause. Er schaute kurz zu mir und dann wieder zu seinen Großeltern. "Oder besser gesagt, dass ich auf diesen ausgesprochen gut aussehenden, heißen Kerl mit dem Namen Maxim stehe. Ihr seid alles Heuchler, wenn ihr behauptet, dass Gott jeden liebt und dann sagt, dass Homosexualität etwas Schlimmes sei."
Es war alles leise. Man hörte keinen lauten Atem der Anderen oder das Vogelgezwitscher draußen. Man hörte nur Nicolas und seinen schweren Atem, weil er sich so aufregte. "Wenn ihr meint, dass Maxim, ich und alle anderen Homosexuellen auf dieser Welt etwas Böses sind,dann verkündige ich hiermit, dass ich kein Teil dieser Familie mehr sein will."
Susi hielt sich die Hand vor den Mund und musste ihre Tränen unterdrücken. Keiner wusste, was er sagen sollte. Nick drehte sichzu Tessa. "Ich danke dir, Tessa, dass du es mir einfacher gemacht hast, uns zu outen. Jetzt kann ich das hier wenigstens machen, wann immer ich will."
Nicolas packte mein Gesicht in seine Hände und zog mich zu sich. Ich hörte jemanden nach Luft schnappen, doch das war mir in diesem Moment völlig egal. Das Einzige, was in diesem Moment zählte, war, dass Nicolas mich vor den Augen seiner Familie küsste, als gäbe es keinen Morgen mehr.
"AUFHÖREN!",schrie Nicks Opa und wir trennten uns voneinander. Ich hatte die Welt um mich herum so sehr ausgeblendet, dass ich es nicht mitbekommen hatte, das Nicks Oma bewusstlos in den Armen von Martin lag. Da hat es sie doch glatt umgehauen.
"Ich denke, es wäre am Besten, wenn ihr zwei kurz nach draußen geht.",schlug Susi vor. Nick nahm meine Hand und zog mich nach draußen. Wir setzten uns auf die Treppe vor der Haustür.
"Wow.",murmelte Nick, "Ich hab meine Oma in die Ohnmacht getrieben."Er starrte in die Luft, ohne etwas genau zu betrachten. "Ich hab dich vor meiner ganzen Familie geküsst." Mein Herz zog sich schmerzlich zusammen, als ich das hörte.
"Bereust du es?", fragte ich. Bitte nicht., flehte ich. Wenn er es bereuen würde, dann wäre ich am Boden zerstört. Er hatte all meine Hoffnungen aufgebaut, um sie dann wieder zu zerstören. Wie konnte ich nur so naiv sein und denken, dass er genauso empfand, wie ich?
"Was?" Er schaute mich entsetzt an. "Natürlich bereue ich es nicht.Ich wollte das schon den ganzen Tag tun." Zum Glück! Ich hatte solche Angst, er würde mich abweisen. "Mein Vater wusste es sowieso schon. Ich hätte mir nur gewünscht, dass ich es ihnen anders hätte beibringen können."
Das war eigentlich die perfekte Chance, mit Nicolas drüber zu reden, was das zwischen uns eigentlich war. Wir schienen, uns ja zu mögen. Wir hatten uns schon geküsst und heute Morgen konnte ich deutlich spüren, dass er mich attraktiv fand.
"Was ist das zwischen uns eigentlich, Nicolas?" Nicolas drehte sich zu mir und schaute mir in die Augen. "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich vor deiner Familie gerade zugegeben habe, dass ich schwul bin und auf dich stehe. Ich weiß auch, dass ich gerne jeden Morgen aufwachen würde, so wie heute." Es war so eine Erleichterung, das zu hören.
"Ich mag dich, Maxim. Sehr sogar. Ich hätte das vor wenigen Wochen noch für unmöglich gehalten." Ich schaute ihn mit großen Augen an.Meinte er das wohl wirklich ernst? Warum sollte er das denn nicht ernst meinen?, redete mir mein Verstand ein. Würde er wirklich so etwas machen, nur um mich bloßzustellen oder mich zu verletzten? Das würde der Nicolas, den ich kannte, nicht tun. Etwas Besseres konnte mir in diesem Augenblick nicht passieren. "Aber du hast eine Freundin. Es ist falsch." Wie bitte?
Ich hatte mich schon einige Mal geprügelt und - auch wenn ich es nicht gerne zugab - ich hab schon einige Schläge einstecken müssen. Die Sachen, die meine Eltern mir gesagt haben, war auch nicht ohne. Aber Nicolas' Worte verletzten mich mehr, als alle Schläge oder Worte meiner Eltern es konnten. Aber er hatte recht.
"Ich weiß. Sobald wir wieder zu Hause sind, mach ich mit Kimberly Schluss. Sie nervt sowieso die meiste Zeit." Ich hatte es schon seit Langerem vor, aber jetzt hatte ich einen gescheiten Grund dafür.Wenn ich mit Nicolas zusammen sein wollte, dann musste ich mich von Kimberly trennen.
"Ich will nicht, dass du wegen mir mit ihr Schluss machst.", bemerkte Nick. Ich drehte mich zu ihm und nahm seine Hände in meine. "Ich mache das, weil ich dich auch sehr mag, Nick. Ich wäre gerne mit dir zusammen und wenn das Einzige, was dem im Wege steht, Kim ist, dann ist es das Richtige."
Es fühlte sich unglaublich gut, seine Gefühle freien Lauf zu lassen.Ich brauchte sie nicht mehr für mich behalten, weil ich jetzt wusste, dass Nick genauso für mich empfand, wie ich für ihn.
Wir saßen ein paar Minuten still auf der Treppe. Unsere Hände waren immer noch ineinander verschränkt und Nicks Kopf lag auf meiner Schulter. Es fühlte sich so perfekt an. Kaum zu glauben, dass das alles nur so war, wegen seiner Großeltern, die uns genau deswegen nicht mochten.
"Wer hätte gedacht, dass wir beiden hier mal so sitzen würden.",lachte ich, "Ich hab dich immer geärgert, beneidet und gehasst.Und jetzt sitzen wir hier so vertraut." Nicolas konnte nichts erwidern, da die Haustür aufging und Jannik raus kam.
"Ich wollte euch zwar nicht stören, aber da drinnen hält man es einfach nicht aus.", seufzte er und setzte sich neben seinen Bruder."Wie nehmen sie es auf?", fragte Nick. "Naja, Dad nimmt's gut wie immer. Mum ist etwas irritiert. Marielle und Uwe wissen auch nicht so ganz, was sie sagen sollen. Tessa ist fassungslos. Theo ist es egal. Und ja, Oma und Opa sind außer sich."
Klang irgendwie besser, als ich gedacht hätte. "Dad versucht, mit Oma und Opa zu reden, aber es schaut eher schlecht aus.", meinte Jannik. "Was sagst du dazu, Jannik?", wollte Nicolas wissen. Er war immerhin sein kleiner Bruder. Er schaute zu Nicolas auf.
"Ich find es nicht schlimm. Du bleibst immer noch mein Bruder, auch wenn du auf Maxim stehst. Und Maxim ist echt cool drauf.", grinste Jannik. Wie gerne hätte ich doch auch so einen kleinen Bruder wie Jannik einer war. Nicolas umarmte seinen Bruder mit einem Arm, weil der andere von mir beschlagnahmt war.
Plötzlich ging die Tür wieder auf. Wir drehten uns alle dahin und Nicks Eltern kamen raus. "Wir fahren zu Marielle und morgen fahren wir wieder nach Hause.", meinte Martin und lief an uns vorbei. Auch wenn er nichts gegen Nicolas und mich hatte, klang er nicht sonderlich froh.
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GIF von Nicolas an der Seite *-* Dieses Grinsen o.o Zum Dahinschmelzen. Und der Körper erst!
Noch mehr DRAAAAAAAMAAAAAAAAAA!
Wie fandet ihr das Kapitel? Nicht ganz so lang wie das davor, aber mehr Drama, wie ich finde.
Lots of love, Joe ❤
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