「34. Kapitel - Nachwirkungen」
Schlecht gelaunt starrte ich auf das Glas Wasser vor mir, in dem feine Bläschen, ausgelöst von der sich darin befindenden Tablette, aufstiegen. Dabei massierte ich mir kontinuierlich die Schläfen und achtete peinlich darauf, den wissenden Blick meines Vaters auszuweichen. Letzterer saß mir grinsend gegenüber, schlürfte seinen morgendlichen Kaffee und ließ sich ein Brötchen schmecken, welches er sich erst vor kurzem vom reichhaltigen Buffet geholt hatte.
Er schien meines Erachtens nach überaus gut gelaunt zu sein und das um halb neun morgens! Diese Vermutung bestätigte sich, als er tatsächlich damit begann leise vor sich hinzupfeifen, was für mich ungefähr die Lautstärke eines Presslufthammers imitierte. Gequält verzog ich die Lippen und ließ meinen Kopf kraftlos auf die Tischplatte fallen. Ich war todmüde, da wir erst gegen ein Uhr wieder im Hotel angekommen waren und wäre somit lieber noch im Bett geblieben. Am liebsten wäre ich heute überhaupt nicht aufgestanden. Doch Adrian hatte mich gnadenlos geweckt und mich zu einem gemeinsamen Frühstück mit meinem Dad genötigt. Dieser elende Tyrann!
»Aufwachen!«, riss mich besagter Unmensch aus dem meditativen Zustand in dem ich mich gerade befunden hatte und in dem das verhemmte Pochen in meinem Schädel tatsächlich etwas erträglicher geworden war. Doch nun kehrte der Schmerz mit doppelter Kraft zurück, sodass sich ein flaues Gefühl in meinem Magen breitmachte, was nicht besser wurde, als er mir einen Teller mit Croissant und Pfannkuchen vorsetzte. »Du musst etwas essen, dann wird es besser«, erklärte er mir, was ich mit einem Kopfschütteln kommentierte. Mein Bauch grummelte zustimmend.
»Nach gestern esse ich, glaube ich, nie wieder etwas.«
»Quatsch! Jetzt stell dich nicht so an und iss«, widersprach er mir energisch und schob mir den Teller wieder vor die Nase. Ich unterdrückte ein Würgen und trank gierig mein Wasser mit der aufgelösten Schmerztablette. Glücklicherweise ließ die Übelkeit dadurch wieder etwas nach. Trotzdem wollte ich noch nichts zu mir nehmen. Nicht das das noch schief ging, so wie gestern Abend, als ich mich an den bereitgestellten Häppchen vergriffen hatte ...
»Ich glaube, ich muss dann kotzen. Mir ist noch immer schlecht.«
»Musst du nicht. Und nun iss endlich etwas, um die Übelkeit zu vertreiben. Heute halte ich dir nämlich bestimmt nicht die Haare aus dem Gesicht!«, entgegnete Adrian verstimmt, wobei er die Augen zu Schlitzen verengte. Schuldbewusst senkte ich den Blick, aß aber trotzdem nichts. Dieser Mann schüchterne mich nicht mehr ein. Als er eine Augenbraue in die Höhe zog, verschränkte ich lediglich die Arme und starrte herausfordernd zurück. Dabei ignorierte ich verbissen die Bauarbeiter in meinem Kopf, die mir gerade lachend die Schädeldecke zertrümmerten.
»Claire!«, knurrte er verärgert.
»Du kannst mich nicht zwingen!«
»Und wie ich das kann!« Ich lachte trocken. »Ach ja? Und wie?«
»Sobald du meine Frau bist, gehörst du vollends mir. Und dann zwinge ich dich zum essen!«
»Was?!«
»Tja, ich bin aber nicht deine Frau! Und dazu wird es in nächster Zeit auch nicht kommen!«, zischte ich und schob den Teller provokant von mir.
»Das werden wir schon sehen!«, blaffte er mich wütend an und beförderte den Teller zurück an seinen Ausgangsplatz.
»Was um himmels ...«
»Und wie wir das sehen werden!«, fauchte ich Adrian an.
»Darauf bin ich gespannt!«
»Und ich erst!«
»Na dann!« Er grinste.
»Glaub ja nicht, dass ich mich nicht traue. Von mir aus, können wir sofort zum nächsten Standesamt gehen! Ring hin oder her!«, bellte ich, was Adrians Wut ebenfalls wieder anstachelte.
»Gut, auf den müsstest du nämlich verzichten!«
»Fein! Dann eben ohne!«
»RUHE! ALLE BEIDE!«, brauste mein Dad plötzlich auf und sorgte dafür, dass wir beide verstummten. Gott sei Dank, saßen wir in einem separaten Raum, sodass wir mit unserem Gebrüll keine Gaffer anzogen.
»Niemand heiratet hier! Du«, er zeigte auf mich, »bist noch viel zu jung und unreif für so eine feste Bindung.« Empört verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte beleidigt auf den Teller vor mir.
»Und du«, nun richtete er sein Wort an Adrian, »wirst sicherlich nicht so leichtfertig meine Tochter heiraten, so lange ich dich nicht richtig kenne! Wir beide unterhalten uns jetzt!«
Verschlagen blickte ich Adrian an, der erstaunlicherweise völlig gelassen schien, obwohl mein Vater ihm seinen schönsten Killerblick schenkte. Außerdem schien es ihm nicht zu stören, dass mein Dad zum Du übergegangen war.
»Wenn du uns bitte allein lassen würdest«, wandte sich mein Vater wieder an mich. Zunächst wollte ich protestieren, doch seine Augen glühten förmlich vor Zorn, sodass ich lieber schnell den Rückzug antrat. So viel zum Thema Gnadenfrist, Dad ...
Außerdem konnte ich mich so vor dem Essen drücken. Ich grinste Adrian breit an, der meinen Blick eiskalt erwiderte, bevor ich den Verhörraum verließ.
Draußen im Hauptrestaurant angekommen und von zahlreichen Hotelgästen umringt, die meinen Kater mit ihrem Gequatsche und Gekicher in ungeahnte Höhen trieben, flüchtete ich förmlich zu den Fahrstühlen. Durch meine Eile oder meinem verkaterten Erscheinungsbild aufmerksam geworden, hefteten sich neugierige Blicke auf mich, was mich prompt einen Apfel vom Buffet schmeißen ließ, den ich beim Ausweichen eines älteren Mannes mit der Hüfte gestreift hatte. Ich fluchte leise, klaubte die Frucht kurzerhand auf und verschwand dann zügig aus dem überfüllten Raum.
Erst als ich vor meinem Zimmer stand, fiel mir auf, dass ich gar keine Schlüsselkarte besaß. Da ich bisher immer gemeinsam mit Adrian hier gewesen war, hatte ich auch keine benötigt. Er hatte mich die letzten zwei Wochen zur Uni gefahren und auch wieder abgeholt. Seine Termine, die größtenteils aus Autogrammkarten schreiben und aus seinem Bestseller vorlesen bestanden hatten, waren immer vor meinen Vorlesungen beendet gewesen, sodass wir stets gemeinsam zum Hotel gefahren waren.
Probehalber drückte ich die Klinke herunter, doch natürlich öffnete sich die Tür nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen. Entmutigt ließ ich mich am Türblatt heruntergleiten und starrte missmutig die nächste Wand an. Ich würde wohl oder übel warten müssen, bis Adrian kam um mir aufzusperren. Natürlich hätte ich an die Rezeption gehen, die Situation schildern und eine weitere Karte verlangen können, doch dazu hatte ich momentan einfach keine Lust. Mein Kater ebenfalls nicht. Und in welchem Zimmer Rachel untergekommen war, wusste ich erst recht nicht.
Aus diesen Gründen lehnte ich mich zurück, schloss die Augen und dachte an die kommenden Wochen. Ich würde in drei Tagen wieder zurück nach New York fliegen. Ich würde meine alten Freunde wiedersehen können, die ich so sehr vermisste, musste aber gleichzeitig Lee und Julian zurücklassen. Diese hatten aber fest versprochen, das Weihnachtsfest mit mir in Amerika zu verbringen. Julian wollte unbedingt das Rockefeller Center sehen und Lee hatte ich schon fest versprochen ihm einmal Nick vorzustellen, der einst nackt U-Bahn gefahren war. Sein großes Vorbild.
Mein Vater würde ebenfalls nicht länger in London verweilen, sondern zurück an seine Arbeit gehen, bis er für die Weihnachtsfeiertage wieder in New York vorbeischauen würde.
Was Adrian betraf, so hatte er ebenfalls unzählige Termine in der Heimat wahrzunehmen und Pflichten, um die er sich kümmern musste. Das lag vor allem an seinem derzeitigen Erfolg. Dieser brachte ihm zwar viel Geld ein, sodass er sich für meinen Dad sogar den Firmenjet seines Vaters hatte ausleihen können (eine genaue Summe wollte er mir dazu nicht nennen, nur das die Ausleihgebühr sündhaft teuer war), aber ebenso viel Zeit raubte.
Und ich? Tja, was mich betraf, so hatte ich dutzende Bewerbungen an verschiedene Verlage fortgeschickt, wobei ich bereits einige Rückmeldungen bekommen hatte. Im Januar müsste ich dann ein paar Vorstellungsgespräche absolvieren und mit etwas Glück hätte ich dann sogar einen Job vorzuweisen. Außerdem war da ja noch mein eigenes Buch, bei dem ich schon so einige Vortschritte zu verzeichnen hatte und was kurz vor seinem Abschluss stand. Kurzum meine Zukunft sah gar nicht mal so schlecht aus. Sie schien sogar einmal recht normal und ohne größere Hürden zu nehmen sein.
Lächelnd blickte ich auf den grünen Apfel in meiner Hand, den ich vom Buffet hatte mitgehen lassen und von dem ich schließlich einen Bissen nahm. Er schmeckte gar nicht mal schlecht und ich bemerkte erst jetzt, wie ausgehungert ich eigentlich war und das Adrian womöglich gar nicht mal so daneben gelegen hatte, was die Übelkeit im Zusammenhang mit einem leeren Magen betraf.
»Wie ich sehe, kannst du auch durchaus vernünftig sein«, drang Adrians Stimme zu mir durch, der auf das übrig geblieben Gehäuse der Frucht in meiner Hand blickte. Ich seufzte.
»Ja, kann ich. Wie war eure Unterhaltung? Darfst du mich noch sehen?«
»Das Wochenende muss genügen. Mehr konnte ich bei dem Verhandlungspartner leider nicht rausschlagen.«
Er lächelte, während ich den Kopf schief legte.
»Glück hast du. Immerhin ist heute Samstag. Da bleiben uns noch ein paar gemeinsame Stunden.« Er lachte und fuhr sich einmal durch das wilde Durcheinander seiner Haare.
»Wie ich sehe ist deine Laune schon deutlich besser als vorhin«, schmunzelte er. »Obwohl ich noch immer nicht ganz verstehe, weshalb du hier auf dem Boden hockst.«
Ich lächelte milde und zuckte die Achseln.
»Ist ganz bequem. Hab schon mit dem Gedanken gespielt mich hinzulegen.«
»Was hat dich davon abgehalten?«, entgegnete der Braunhaarige belustigt und setzte sich kurzerhand einfach ebenfalls auf den Boden. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Dieses Verhalten entsprach normalerweise nicht seiner Natur, dafür verhielt er sich immer viel zu kultiviert und erwachsen. Eventuell entdeckte er durch mich aber auch seine kindliche Seite, die er früher hatte nicht ausleben können. Dafür war er viel zu schnell selbstständig und unabhängig geworden. Ich lächelte.
»Sagen wir es mal so: vermutlich wäre ich dann eingeschlafen. Diesen Anblick wollte ich den Zimmermädchen dann doch ersparen. Nicht, dass sie noch zu deinem Vater rennen und sich über lebende Hindernisse an ihrem Arbeitsplatz beschweren«, scherzte ich, doch das vermutete Lachen von Adrian blieb aus. Stattdessen erstarb seine Fröhlichkeit und er wurde ernst.
»Das hat ihn nicht zu interessieren. Er hat ohnehin wichtigeres zu tun, als sich um seine Mitarbeiter zu kümmern«, bemerkte er säuerlich, stand auf und ging in unser Zimmer. Vollkommen perplex folgte ich ihm.
»Das war doch nur ein Scherz! Ich weiß selbst, dass dein Dad sich nicht um alles kümmern kann«, rief ich Adrian hinterher und beobachtete, wie er in einer Schublade nach seinen Sportklamotten kramte. Seine Muskeln und die athletische Figur kamen nämlich nicht von irgendwoher. Jeden Morgen ging er, so viel ich wusste, joggen. Hinzu kam vier mal in der Woche ein Besuch im Fitnessstudio.
»Allerdings. Um seine Mitarbeiter kümmert er sich überhaupt nicht. Alles was ihn interessiert ist Geld«, knurrte er erbost, was mich völlig verwirrte. Ich wusste, dass er nicht gut auf seinen Vater zu sprechen war, doch dieser offensichtliche Zorn war eindeutig neu. Ansonsten hatte er immer mit Bitterkeit in der Stimme reagiert.
»Was regst du dich denn so auf? Was ist los? Habe ich etwas falsches gesagt?« Was zum Teufel soll das?
Ich erstarrte, als er sich mit wütendem Blick zu mir umdrehte und die Klamotten achtlos zu Boden fallen ließ. Dann durchquerte er den halben Raum und ehe ich mich versah, fand ich mich an der nächsten Wand wider, wobei sich seine Lippen hart und unnachgiebig auf meine legten.
»Adrian«, stöhnte ich leise und ließ den Apfelrest einfach fallen, damit ich meine Arme um seinen Nacken schlingen und ihn noch näher ziehen konnte.
Ein tiefes Knurren verließ seine Kehle, als er den Kuss intensivierte und mit seiner Zunge in mich drang. Grob umspielte er die meine, feuerte meine Lust an und schürte somit ein unbändiges Verlangen, welches nur er zu befriedigen wusste. Ich keuchte und riss die Augen auf, als er sein Knie zielsicher zwischen meine Beine schob und auf meinen empfindlichsten Punkt Druck ausübte.
»Ich brauche dich«, hörte ich Adrian flüstern, wobei noch immer unterdrückter Zorn herauszuhören war. Seine Augen waren dunkel vor Lust, als ich ihn genauer betrachtete und ich spürte nur allzu deutlich seine eigene Erregung.
Ich nickte schlicht, da ich unfähig war auch nur ein Wort hervor zu bringen.
Doch Worte waren vollkommen überflüssig. Alles was zählte waren die Empfindungen und Gefühle, die mir Adrian entlocken konnte, als er sich in mir versenkte und mich in Rekordzeit zum Höhepunkt trieb, bevor auch er sich seiner Lust hingeben konnte und meinen Namen stöhnend kam.
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