「23. Kapitel - Wenn Herzen brechen」
Meine Augen füllten sich erneut mit heißen Tränen, während mein Herz schmerzte. Adrians gefühlvolle Worte hatten mich vollkommen aus dem Konzept gebracht. Niemals hätte ich damit gerechnet, so etwas jemals aus seinem Mund zu hören. Schon gar nicht, wenn ich an unsere erste Begegnung im Regen zurückdachte. Es erschien mir wie eine Ewigkeit, die seit dem vergangen war.
Mittlerweile hatte sich so viel verändert. So viele verschiedene Menschen waren in mein Leben getreten. Kian, um nur einen zu nennen, der mir so fest ans Herz gewachsen war. Doch auch meine Lebensumstände waren anders.
Mein Dad arbeitete hart an seinem neuen Projekt, ich machte getrennt von meinen Freunden meinen Studienabschluss und ich war umgezogen. Zwei Mal.
Außerdem hatte ich beinahe meine gesamten Semesterferien mit dem Mann verbracht, der mich nun hoffnungsvoll und gleichzeitig vollkommen zerknirscht betrachtete.
»Du liebst mich?«, hauchte ich leise und betrachtete ihn durch einen dichten Schleier aus Tränen, welcher sein Gesicht verschwimmen ließ. Dennoch bemerkte ich, wie er sich erhob und schlussendlich vor mir in die Hocke ging. Dieses Bild schnürte mir regelrecht die Kehle zu. Noch nie hatte sich dieser starke Mann so unterwürfig gezeigt. Mir wurde erst jetzt so richtig bewusst, wie sehr er sich doch verändert hatte, seit dem ich ihn kannte.
»Ich liebe dich nicht nur, ich brauche dich auch so sehr, wie niemanden vor dir. Erst als ich dich nicht mehr sah, nicht mehr jeden Tag in meinen Armen halten konnte, wusste ich, was ich verloren hatte. Was ich mit meinem störrischen Verhalten aufs Spiel gesetzt hatte. Welchen schwerwiegenden Fehler ich begangen hatte.« Er sah mir tief in die Augen, wobei sich sein Mund zu einem gequälten Lächeln verzog. Dieses Lächeln ging mir bis ins Mark und am liebsten hätte ich jetzt meine Hand nach ihm ausgestreckt und ihn berührt. Doch ich tat es nicht. Stattdessen wischte ich mir die Tränen aus den Augen und atmete tief durch.
»Manchmal braucht es Fehler, um zu erkennen, wie viel man durch eben jene erst verliert. Doch eine Lüge gilt nicht als einfacher Fehler, da sie durch Absicht und nicht durch Unwissen hervorgerufen wurde.« Ich sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an, wobei meine Stimme schneidend wurde.
»Du hast mich mit Absicht verletzt. Du wusstest, was du mit deinen Worten bewirken konntest oder hättest es zumindest im Ansatz ahnen müssen, als du mich ansahst. Du hast mir mein Herz gebrochen und lächelnd dabei zugesehen. Und daran kannst du nun nichts mehr ändern.«
Augenblicklich erschlafften seine Schultern, wobei er die Lider schloss und den Kopf senkte. Wie ein geschlagener Krieger, der seiner Königin eine Niederlage beichten musste, kniete er vor mir. Normalerweise hätte ich von Genugtuung, wenn nicht gar von Freude erfüllt sein sollen, ihn jemals so zu sehen. Doch ich war es nicht. Dafür bedeutete er mir einfach zu viel.
»Richtig, ich kann es nicht mehr ungeschehen machen«, seufzte er und blickte mich wieder direkt an. »Dafür gibt es keine Entschuldigung. Das was ich dir gesagt habe war unverzeihlich. Ich habe deine Gefühle nicht berücksichtig und meine eigenen verleugnet. Ich habe dein Herz in Scherben zerbrochen und meins in die ewige Dunkelheit gesperrt.« Während er sprach, veränderte sich seine Körperhaltung und die Stimmlage merklich. Er schüttelte nun wütend den Kopf und stand auf, um sich von mir abzuwenden.
Mit Rücken zu mir trat er an das Fenster und legte eine Hand auf das kühle Glas. Dann lachte er trocken, was mich erschaudern ließ. In seinem Tonfall stand deutlich Hoffnungslosigkeit geschrieben.
»Weißt du, Claire, es hat schon etwas ironisches an sich, wenn ich die wichtigsten Menschen in meinem Leben verletze. Zuerst bei Marcus, als ich meinen Vater um Hilfe bat, obwohl ich es mir doch geschworen hatte, eben jenes niemals zu tun.
Und bei dir habe ich auch schon wieder eine Regel gebrochen.«
Die kurze Stille die daraufhin einkehrte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Mein Herz pochte in einem viel zu schnellen Rhythmus, während ich dabei zusah, wie Adrians Hand kraftlos herunterfiel, um sich dann an seiner Seite zu einer geballten Faust zu verwandeln. Sie zitterte.
»Ich habe das getan, was ich nie tun wollte und was ich zutiefst verabscheute. An diesem Abend, war ich eiskalt und gnadenlos zu dir, Claire. An diesem Abend bin ich zu dem Monster geworden, was ich nie hatte sein wollen. Ich bin zu dem perfekten Abbild meines herzlosen Vaters geworden. Ich habe meine Seele an den Teufel verkauft.«
Mein erster Impuls war aufzuspringen und Adrian in den Arm zu nehmen. Beständig auf ihn einzureden und ihm zu versichern, dass er keinesfalls wie sein Vater war. Dass er niemals dazu fähig sein könnte, seine Karriere der Familie vorzuziehen. Dass er niemals einer dieser herzlosen und geldgierigen Schnösel werden würde.
Aber ich hielt den Mund und sagte nichts dazu. Der Grund lag darin begründet, dass ich es einfach nicht wusste. Nicht wissen konnte. Ich hatte keine Ahnung davon, wie sein Vater wirklich war, da ich mir noch nie ein eigenes Bild von ihm hatte machen können oder geschweige denn, wie ähnlich Adrian seinem Dad an diesem Abend gewesen war. Deshalb wechselte ich das Thema.
»Warum bist du hier?«
Meine Frage schien ihn sichtlich zu irritieren, da seine Augen vor Erstaunen geweitet waren, als er mich wieder fokussierte.
»Ich verstehe nicht ganz ...«
»Warum, Adrian?«, fragte ich ihn ein weiteres Mal, wobei ich absichtlich gereizter klang.
»Um dir alles zu erklären«, kam die wahrheitsgemäße Antwort zurück, ohne, dass er eine Sekunde gezögert hatte.
»Und warum wolltest du mir das erklären? Du hättest es nicht tun müssen!«, schoss ich sofort zurück, was ihn fahrig sein Haar zurück streichen ließ. Die braunen Strähnen waren erneut ein einziges Durcheinander. Die Spitzen vom Duschen noch feucht.
»Weil ich mich schuldig fühle, den vielleicht schlimmsten Fehler meines Lebens begangen habe und mich fürchte, in meiner verblieben Zeit niemals wieder so glücklich zu werden, wie ich es an deiner Seite war.« Ich schluckte merklich, bei der Aufrichtigkeit, die er mir momentan entgegenbrachte und von der ich mit Bestimmtheit sagen konnte, dass sie real war. Der Ausdruck in seinen Augen hätte ihn sonst verraten.
Und diese Situation nutzte ich, da ich nun endlich wissen musste, was Lüge und was real gewesen war. Ich ließ ihn keine Zeit zum Nachdenken und stellte ihm die nächste Frage.
»Wie kannst du an meiner Seite jemals glücklich gewesen sein, wenn du mich doch permanent nur angelogen hast?«
»Ich habe dich nicht belogen, Claire! Verdammt, ich war noch nie so ehrlich, wie ich es zu dir gewesen bin!«, gestand er mir in der Schnelle, was mich tatsächlich überraschte und kurzzeitig aus dem Konzept brachte. Schnell bekam ich mich wieder in den Griff und versuchte unbekümmert bei meinem nächsten Satz zu klingen. Ich scheiterte.
»Da war niemand vor mir?«
»Nein«, er schüttelte entschieden den Kopf, »nicht auf emotionaler Ebene. In dieser Beziehung bist du die Erste, die ich jemals so an mich herangelassen habe.« Ich stockte und hörte das Blut überdeutlich in meinen Ohren rauschen, was auf meinen erhöhten Pulsschlag zurückzuführen war.
»Wieso ich? Weshalb nicht eine der Frauen vor mir?«
»Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Und das macht mir eine Scheißangst. Meine Gefühle für dich machen mir eine Scheißangst, da ich noch nie so gefühlt habe! Ich habe mich noch nie so nach einer Frau gesehnt, wie nach dir! In jeglicher Hinsicht!«
Adrians Brust hob und senkte sich hektisch, nachdem er ausgesprochen hatte und womöglich erst jetzt zu registrieren schien, was genau er mir da gerade gesagt hatte. Er sehnte sich nach mir und er hatte vor diesem Gefühl Angst. Mir kam ein Gedanke in den Sinn, der alles vorher Gesagte noch einmal in ein anderes Licht rücken konnte, wenn er denn der Wahrheit entsprach.
»Wann hast du dir deine Gefühle das erste Mal eingestanden?«, erkundigte ich mich und brauchte eigentlich keine Antwort darauf. Der Ausdruck der in seinen goldenen Augen kurz darauf aufblitzte, reichte mir vollkommen. »Du hattest Panik«, schlussfolgerte ich und sah, wie er mir beschämt mit seinem Blick auswich. »Deshalb hast du mir all diese Dinge an den Kopf geworfen. Du konntest damit nicht umgehen.«
Das frustrierte Brummen, welches seine Kehle verließ, erklärte mir sein damaliges Verhalten noch einmal und bestätigte mich in meiner Annahme.
»Ich war verwirrt und habe noch nie jemanden richtig geliebt«, gestand er mir erst nach längerem Zögern. » In meiner Vergangenheit, hatte Liebe keinen hohen Stellenwert. Ich war größtenteils ein Einzelgänger, der seine Gefühle permanent versteckte. Bis auf Sex, war nie mehr zwischen mir und einer Frau. Ich glaube, dass ich damals schon damit abgeschlossen hatte, je jemanden richtig zu Lieben. Ganz schön dumm von mir, so zu reagieren, als ich eines Besseren belehrt wurde stimmt's?«
Es war überdeutlich, wie sehr er sich dafür schämte.
Schließlich seufzte der braunhaarige Mann, kam auf mich zu und lächelte mich dann schief an. Er reichte mir eine kleine Plastikkarte. Der Schlüssel für die Tür.
»Danke für die Unterhaltung. Ich werde dich nun nicht mehr aufhalten.«
»Du lässt mich einfach gehen?«, fragte ich verwirrt über das plötzliche Ende unserer Unterhaltung.
»So ist es. Ich habe keinen Grund dich länger festzuhalten.«
Ich nickte automatisch, nahm mir meine Tasche und ging wie fremdgesteuert zur Tür. An einem Haken, fand ich fein säuberlich aufgehängt meine Jacke. Weshalb ich sie vorher nicht gesehen hatte, wusste ich nicht.
Das Lämpchen leuchtete Grün, sobald ich die Karte einsetzte und die Tür schwang ohne Probleme auf. Ich hielt mitten in der Bewegung inne und drehte mich noch einmal zu Adrian um, der mir gefolgt war. Seine Augen schienen mich intensiv zu mustern.
»Wenn ich jetzt gehe, wirst du dich dann von mir fern halten?«, erkundigte ich mich noch einmal. Er nickte und mein Herz setzte einen Stich aus.
»Ich habe dir ein Versprechen gegeben und daran werde ich mich auch halten.«
»Also werde ich dich nie wieder sehen?« Weshalb ich ihm diese Fragen stellte und nicht einfach ging, blieb mir ein Rätsel. Meine Beine schienen fest mit dem Boden verwoben zu sein.
»Ja, sofern das dein Wunsch ist. Ich bin nicht gekommen, um dich um jeden Preis zurückzugewinnen oder umzustimmen. Du allein musst wissen, wem du dein Herz anvertrauen möchtest. Ich wollte nur das Ende unserer gemeinsamen Geschichte verändern, da ich es einfach nicht ertragen konnte. Aber du liebst ihn und ich werde eurem Glück nicht im Wege stehen, auch, wenn das bedeutet, dich an seiner Seite zu wissen. Du hast nur das Beste verdient.«
»Kian.« Mein Herz wurde schwer, bei dem Gedanken an den jungen Anwalt, der so herzensgut zu mir war und den ich nun schon wieder wegen Adrian belogen hatte. Kurzzeitig sah ich seine blauen Augen vor mir, dann waren es wieder die von Adrian, in die ich blickte.
»Er liebt dich, Claire und er wird dich mit sicherheit niemals so verletzten, wie ich es getan habe. Ich bin nicht gut genug für dich. Währen er dir stetig ein Lächeln ins Gesicht zaubert, bringe ich dich lediglich zum Weinen. Und ich möchte nicht länger deine Tränen sehen, mögen sie auch noch so schön sein.«
Mir schnürte es regelrecht die Kehle zu, als er das zu mir sagte. Seine Hand berührte unendlich sanft meine Wange, wobei er über die dortige Nässe fuhr.
»Geh zu ihm«, wisperte er und lächelte leicht, obwohl ihm zum Weinen zu mute sein musste. »Bitte.« Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte schließlich. Er hatte recht. Kian war die denkbar sichere Option. Er hatte mir noch nie wehgetan und die Vernunft riet mir, mich für ihn zu entscheiden.
»Adrian«, hauchte ich leise und sah dieses schüchterne Lächeln in seinem Gesicht, in welches ich mich so verliebt hatte. Ich würde es nun nie wieder zu Gesicht bekommen.
»Claire«, antwortete er mir schwach, was ich kaum noch hörte, da ich das Hotelzimmer und somit auch ihn hinter mir ließ. Meine langsamen Schritte wurden von dem dicken Hotelteppich gedämpft, als ich zu den Aufzügen lief und den Rufknopf betätigte.
Die Türen sprangen mit einem leisen Pling auf und offenbarten mir mein eigenes Spiegelbild. Ich stand meinem verquollenen Selbst gegenüber, wobei mein Blick automatisch über mein Gesicht glitt. Nasse Wangen, fahle Haut und gerötete Augen sprangen mir entgegen. Ich sah beschissen aus und ich fühlte mich taub.
»Sei vernünftig«, versuchte ich mir selbst Verstand einzubläuen, als sich die Türen zu schließen begannen und ich kurzzeitig die Lider schloss.
»Was sich einmal ändert, ändert sich für immer«, hörte ich die Stimme meiner Tante im Kopf, welche sie mir stets zu sagen pflegte. »Sei dir darüber im Klaren, wenn du deine Entscheidungen triffst.«
»Fuck!« Bevor es zu spät war, hielt ich meine Hand in den kleinen Spalt, zwischen Stahl und Luft. Sobald der Lift sich wieder vollständig geöffnet hatte, fuhr ich herum und rannte den Weg zurück zu dem Hotelzimmer. Mein Herz schlug mir wild gegen die Rippen, als ich anklopfte. Bereits nach wenigen Sekunden öffnete er mir, wobei sich seine Augen verwundert auf meine hefteten.
»Scheiß auf den Verstand!«, hauchte ich, bevor ich ihn zu mir herunterzog, stürmisch küsste und die Taubheit aus meinen Gliedern vertrieb.
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