5 - Andere Seiten?
Zitternd sitzt du in Revalis Kabine und schlingst deine Arme um deinen schlampig bekleideten Körper. Nachdem ihr beide mit eurem unvorhersehbaren „Zusammentreffen" fertigwart, hast du dir deine Klamotten rasch übergeworfen und bist in die schützende Wärme von Revalis Hütte geflüchtet. Doch leider hast du schnell festgestellt, dass die zugige Behausung auch nicht die beste Lösung war, um dich zu wärmen. Zu deiner Überraschung jedoch ist dir Revali in seine Hütte gefolgt und hat dir geholfen ein Feuer unter der Kochstelle zu entzünden.
Nun siehst du dabei zu, wie der dunkelblaue Orni, der sich ebenfalls seine Rüstung wieder angelegt hat, Teewasser aufsetzt und es zum Kochen bringt. Deine Aufmerksamkeit ist unbeugsam auf Revali geheftet, der sich von dem Kessel entfernt und sich zu seiner Hängematte hinüberbewegt, um etwas zu holen. Blinzelnd ziehst du die Augenbrauen hoch, als er plötzlich eine Decke mit Orni-Stickerei in dem Flügel hält. Auf den Weg zurück legt er die Decke kurz ab, um den Tee zu ende zuzubereiten und eine Tasse von dem herrlich duftenden Getränk abzuschöpfen.
Während du vor Kälte ununterbrochen mit den Zähnen klapperst, fragst du dich, was wohl in Revalis Kopf vorgeht. Seit du, die Leiter hochgeklettert bist, habt ihr kein Wort mehr miteinander gewechselt. Du deutest dieses Schweigen nicht unbedingt als schlechtes Zeichen, allerdings würdest du schon gerne wissen, ob Revali seine Meinung inzwischen geändert hat. Vielleicht ist ihm ja euer kleiner „Zwischenfall" mittlerweile peinlich geworden.
Die spitzen Enden deiner Ohren zucken, als sich Revali plötzlich mit einer dampfenden Tasse Tee im einen Flügel und mit der Decke im anderen zu dir zurückkehrt. Argwöhnisch siehst du zu ihm auf, als er direkt vor dir stehenbleibt.
»Hier!«, hörst du den Orni sagen, als er die Decke neben dir ablegt und dir die Tasse überreicht.
Dankend nimmst du den Tee an dich, bevor du eilig die flauschig warme Decke umständlich mit der Tasse in der Hand um dich schlingst. Bebend ziehst du den offenbar mit Orni-Federn gefütterten Stoff an dich heran und umklammerst die Tasse mit deinen vibrierenden Fingern. Während du auf Revalis flauschige Oberschenkel starrst, nimmst du vorsichtig einen Schluck von der heißen Flüssigkeit und stellst fest, dass sie angenehm nach getrockneten Frostbeeren und einer harmonischen Mischung aus Kräutern schmeckt.
Nachdem du zwei weitere, kleine Schlucke zu dir genommen hast und verzweifelt versuchst, dich zu wärmen, fällt dir auf, dass Revali sich nicht rührt. Er steht immer noch da und starrt dich an. Als du schließlich den Blick hebst, erkennst du, dass Revali mit verschränkten Flügeln auf dich hinabblickt. Du versuchst seinen Gesichtsausdruck zu deuten, aber du weißt nicht so recht, was sich da hinter seinen leuchtend grünen Jadesteinen verbirgt.
Derweil ist es so, dass sich Reval nicht sicher ist, wie er nun mit dir verfahren soll. Vielleicht wäre ja ein nettes Wort, nachdem was ihr vorhin getan habt, angebracht. Aber der Orni weiß nicht so recht, ob dies wirklich so eine gute Idee wäre.
»Du erfrierst ja schon fast,« merkt Revali unter einem herablassenden Ton an, als er deinem Blick ausweicht und irgendwo anders hinsieht. »Du hättest dich wirklich nicht im Schnee wälzen müssen.«
Vorsichtig pustest du über die heiße Flüssigkeit. Deine Augen sind auf den Orni vor dir gerichtet. »Für den Moment war ich eigentlich ganz zufrieden. Die temperaturbedingten Konsequenzen haben mich bis vor kurzem nicht gekümmert,« bemerkst du mit einem zarten Lächeln, das deine Mundwinkel umspielt.
Es wundert dich, als Revali leise vor sich hinlacht, während er seinen Flügel dreht und ihn betrachtet. »Mir ist nicht entgangen, dass du mehr damit beschäftigt warst, dich um meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu bemühen.«
»Verstehe, so nennst du das!«, erwiderst du ihm mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. »Und ich dachte, es wäre anderes herum gewesen.«
Prompt lacht Revali auf. Dein Blick trifft den deinen. »Tch! Nun mach dich nicht albern,« sagt dieser selbstverliebte Vogel, ehe er sich mit dem Flügel großspurig an die Platte greift, die nun wieder seine Brust bedeckt. »Als wenn ich es nötig hätte, mich um irgendjemandes Aufmerksamkeit zu bemühen. Ich würde sagen, es liegt ganz allein an meiner unvergleichlichen Ausstrahlung, dass mir das Interesse der anderen einfach so zufliegt.«
»Ach, stimmt ja! Wie konnte ich nur vergessen, dass ich es mit der Legende der Orni zu tun habe, jenem Orni-Krieger, der das Sinnbild von Männlichkeit und Attraktivität verkörpert,« scherzt du über Revalis übertriebenem Selbstbewusstsein.
»Auch wenn alles davon zutreffen mag, so musst du mir nicht übereifrig huldigen.« Revali stemmt seinen Flügel an seine Hüfte und bedenkt dich mit einem selbstgefälligen Blick, der für ihn spricht. »Wie geschäftig du dich mir vorhin hingegeben hast, ist mir durchaus Beweis genug, wie sehr um deine Bewunderung mir gegenüber bestimmt ist.«
In der Erinnerung eurer heißen Begegnung versunken, schleckst du dir über die Lippen. Während du Revali ansiehst, fallen dir die Spuren von eurem Liebesspiel auf. Sein Schaal ist schlampig um seinen Hals geschlungen, seine Federn sind an manchen Stellen zerzaust und an seinen gebogenen Schulterplatten befindet sich noch etwas halb geschmolzener Schnee. Allerdings bist du nicht der Meinung, dass du diejenige warst, die euer Spielchen ins Rollen gebracht hat. Eher bist du der Auffassung, dass Revali damit angefangen hat. Natürlich machst du keinen Hehl draus, den gnädigen Herrn darauf aufmerksam zu machen.
»Hmhm...«, grummelst du amüsiert vor dich hin, während du an deinem Orni-Tee nippst. »Darf ich Herrn Hochwohlgeboren daran erinnern, dass er es war, der mich vor triebhaftem Verlangen in den Schnee gedrückt hat.«
»Das?« Revali runzelt die Stirn, während er dich geräuschlos mustert. Als ihm eine passende Erwiderung eingefallen ist, öffnet Revali seine verschränkten Flügel und vollzieht eine wegwerfende Bewegung mit seiner rechten Schwinge. »Ich wollte lediglich sicher gehen, dass du dir deiner Niederlage bewusst geworden bist.«
»Du willst mir also weismachen, dass du dich gegenüber deinen Kriegern genauso verhältst, wenn du sie im Trainingskampf besiegst. Eine ziemlich ungewöhnliche Art seinen Sieg zu genießen, findest du nicht, Revali?«, neckst du den Recken, während du anzüglich mit den Augen klimperst.
Ein triumphierendes Lächeln huscht dir über die Lippen, als du bemerkst, wie sich einzelne Gefiederpartien des Champions erheben, während die Oberseite seines Schnabels sich leicht errötet.
Obwohl Revali auf dich verlegen wirkt, ist es in Wahrheit so, dass ihn deine kesse Gegenbemerkung irritiert. Damit du aber davon nicht Wind bekommst, tut er so, als wäre er genervt von dir.
»Sind alle Shiekah so nervtötend, wie du?« stöhnt Revali entrüstet.
»So nervtötend kann ich ja wohl kaum sein, sonst hättest du vorhin kaum...«
Doch inzwischen kennst du Revali gut genug, um zu wissen, dass seine abneigende Haltung dir gegenüber, nur Fassade ist. Auch wenn es für dich noch Vieles über den dunkelblauen Orni zu lernen gibt, so reicht deine Charakterkenntnis so weit, dass dir klar ist, dass Revali seine wahren Gefühle ständig zu verstecken versucht. Über den Grund dafür weißt du zwar noch nicht Bescheid, aber dir ist bewusst, dass auch Wesenszüge irgendwo ihre Wurzeln haben.
Gerade fällt dir auf, dass Revali immer noch vor dir steht. Du fragst dich, warum er es sich nicht einfach neben dir gemütlich macht. Da kommst du zu dem Entschluss, dass er es vielleicht möchte, aber sich nicht traut, auf dich zuzugehen und womöglich auf eine Einladung wartet.
Da du nichts dagegen hättest, ein wenig mit Revali zu kuscheln, lädst du ihn ein. »Willst du dich nicht zu mir setzen?«
Irritiert und zugleich etwas überfordert sieht Revali zu dir zurück. »Warum... sollte ich das tun?«
Seufzend verdrehst du die Augen. Allmählich fängst du an zu verstehen, warum sich Revali so distanziert verhält. Er weiß nicht, wie er nach alldem mit dir umgehen soll. Du schätzt den Orni so ein, dass es für ihn nicht alle Tage vorkommt, dass er einfach so mit jemandem schläft. Vielleicht ist es ja sogar so, dass Revali außerhalb der Paarungszeit mit gar niemanden Sex hat. Bestimmt war der Orni noch nie in einer solchen Situation. Aus diesem Grund hat er dir auch die Decke gegeben und dir Tee gekocht, weil er sich zwar um dich kümmern will, aber sich unsicher ist. Auch wenn du Revalis Reaktion ermüdet findest, empfindest du seine Zurückhaltung süß. Außerdem ist es ja so, dass auch dir eine solche Situation fremd ist. Du würdest ihm gerne zeigen, dass er sich bei dir wohlfühlen kann und nicht so steif sein muss. Allerdings weißt du auch, dass es einige Zeit dauern wird, dass Revali dir gegenüber zutraulicher wird. Orni-Krieger sind eben dafür bekannt, dass sie ziemlich stolz sind und da Revali seines Zeichens ein ziemlich unzugänglicher Orni-Krieger zu sein scheint, stellst du dich darauf ein, dass es für dich nicht leicht wird, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Doch du magst Revali eben einfach und du hast den Sex zwischen euch sehr genossen.
»Weil ich wegen dir beinahe erfriere und der Tee und die Decke, so warm sie auch sein mögen, mich nicht richtig aufwärmen,« erklärst du Revali und klopfst neben dich, um deinem Geheiß mehr Ausdruck zu verleihen.
Ein spöttisches Funkeln glitzert da plötzlich in Revalis Jadesteinen, als er dir ein vielsagendes Lächeln schenkt. »Du denkst wohl ich durchschaue deinen gerissen Plan nicht, mich zu dir zu locken, weil du dich nach meiner Nähe sehnst. So ist es doch, oder?«
Ja, du willst, dass er herkommt und sich an dich schmiegt. Das ist allerdings kein Geheimnis.
»Mist, ich bin entlarvt worden!«, amüsierst du dich über Revali ironischer Weise. »So etwas Dummes aber auch!«
Revali wirkt wie ein süßer, kleiner Sperrling, als er dich interessiert taxiert. Auch wenn Revali es nicht zugeben will, dämmert dir allmählich, dass er Gefallen an deinem Humor gefunden hat.
»Na schön!«, seufzt Revali abgeneigt, als er die Flügel senkt und vorgibt, dass es ihm zuwider ist, dich zu dir zu setzen. »Du gibst ja doch keine Ruhe.«
Ein Schluck von dem fantastischen Orni-Tee nehmend beobachtest du Revali dabei, wie er um dich herumgeht. Als er hinter dir steht, spürst du für einen gewissen Augenblick eine gewisse Anspannung von dem Recken ausgehen. Offenbar ist das auch der Grund dafür, warum er einen Moment lang zögert. Es kommt dir eine halbe Ewigkeit vor, bis es Revali endlich in den Sinn kommt, sich hinzusetzen. Und dann dauert es noch eine schöne Weile, bis er sich dazu entschließt an dich heranzurücken. Du schmunzelst spottend, weil Revali sich so anstellt. Irgendwie kannst du es auch gar nicht so richtig nachvollziehen, dass der Orni plötzlich so steif ist, vorhin, als ihr euch im Schnee geliebt habt, war er doch auch so schmusebedürftig. Jetzt allerdings fürchtet sich wohl Revali davor, er könne sich an dir verbrennen, wenn er dich auf irgendeine Art und Weise berührt.
Doch mit einem Mal spürst du Revalis Brust an deinem Rücken. Seine flauschigen Schenkel erscheinen links und rechts von dir, als dessen Federn deine Hose streifen. Du spürst zwar, dass Revali sich hinter dir versteift, dennoch bringt er es irgendwie fertig, seine Flügel um dich zu legen und dich in seine dunkelblauen Federn einzuhüllen.
Eigentlich wolltest du ja nur, dass sich der Recke neben dich setzt, dass er sich nun allerdings dazu entschieden hat, sich von hinten an dich zu kuscheln, ist mehr, als du je erwartet hättest.
»Besser?«, fragt dich Revali nach einer Weile grummelnd, als wäre er dazu gezwungen worden, dich zu umklammern.
Lächelnd blickst du auf die Federn hinab, die nun deinen gesamten Körper von Hals hinunter, bedecken. Wieder wirst du Zeuge davon, wie wohlig weich Orni-Federn sind. »Ein wenig...«, murmelst du abwesend, da du schon längst dabei bist, Revalis Flügelfedern gründlich mit den Augen zu inspizieren.
Du hast ja schon viele Orni in deinem Leben gesehen, doch niemand hat je ein so besonderes Gefieder besessen, wie Revali, stellst du gerade fest. Obwohl du nun schon einige Wochen gemeinsam mit dem Recken verbracht hast, ist dir nie aufgefallen, dass seine Flügelfedern in einem azurfarbenen Glanz schimmern. Die Spitzen seiner Flügel hingegen gleichen der Reinheit des Schnees. So wirken Revalis Flügel wie ein tiefblauer See, aus dem fingerförmige Eisberge ragen.
»Hast du dir die da selbst reingemacht?«, fragt dich plötzlich und reißt dich aus deiner stillen Bewunderung.
Verwirrt blickst du hinter dich. Du verstehst nicht ganz, was der Orni meint, bis er schließlich deine roten Strähnen mit dem Schnabel anstupst.
Umgehend fragst du dich, warum sich Revali plötzlich für deine Haare interessiert. Derweil ist es eigentlich so, dass dem Orni dein auffälliges Haar im selben Augenblick imponiert hat, als er dich zum ersten Mal sah. Da du das allerdings nicht weißt, gehst du davon aus, dass Revali nur ein Thema sucht, um sich zu beschäftigen und das Schweigen zwischen euch zu beseitigen, das du persönlich eigentlich als ganz angenehm empfunden hast.
»Äh, nein!«, antwortest du dem gefiederten Champion etwas beirrt. » Ich bin so auf die Welt gekommen.«
In einem Moment noch so distanziert und im nächsten Augenblick ganz anders, fängt Revali an, nach deinen Strähnen zu picken und verspielt daran zu knabbern. Zwar bist du von dem Gemütsumschwung des Recken irritiert, aber du lässt ihn machen, weil du seine spielerische, verschmuste Art faszinierend findest und mehr über ihre Häufigkeit und ihre Intensität erfahren möchtest, da du glaubst, dass du vielleicht die Einzige bist, die diese andere Seite an Revali entdecken darf.
»Sieht... nicht abschreckend aus,« bemerkt Revali bedachtsam, während er seinen Schnabel an deinen Haaren reibt.
Da du fürchtest, Revali könnte damit aufhören, mit deinen Haaren zu schmusen, verkneifst du dir ein schrilles Auflachen und amüsierst dich daher lieber in Worten über Revalis mangelhafte Begabung, dich mit Schmeicheleien zu umgarnen. »Danke, aber... Im Komplimente machen bist du wirklich grottenschlecht.«
»Wer sagt, dass es meine Absicht war, dir ein Kompliment zu bescheren,« meint Revali unberührt, als er eine weiß-rote Strähne von dir zwischen seine Schnabelhälften nimmt und zärtlich daran zieht.
Du schmunzelst und genießt das zarte Ziepen auf deiner Kopfhaut. »Ich hatte das Gefühl, du hättest es zumindest versucht.«
Nun machst du dich daran, ganz schnell den Tee auszutrinken, damit Revali sich besser mit deinen Haaren beschäftigen kann und du währenddessen nichts von deinem kostbaren Getränk verschüttest.
Klirrend stellst du die Tasse auf dem Boden ab. Zunächst zierst du dich noch, da du dich fragst, ob diese Geste Revali verschrecken könnte, doch letztendlich entschließt du dich dazu, deine Hände auf die flauschigen Schenkel deines Liebhabers zu legen. Verstohlen linst du nach hinten, doch nichts geschieht. Falls Revali überhaupt bemerkt hat, dass du ihn berührst, scheint es ihn nicht zu stören.
Für dich liegt es auf der Hand, dass der Orni einfach zu beschäftigt mit deinen Haaren ist, um sich um sich darum zu kümmern. Doch Revali ist es durchaus nicht entgangen, dass deine Hände auf seinen Schenkeln ruhen. Und tatsächlich ist es so, dass er es nicht als störend empfindet.
»Rote Strähnen bei einer Shiekah scheinen nichts Gewöhnliches zu sein,« nuschelt Revali plötzlich, während er genüsslich an deiner Strähne knabbert, als wäre sie eine äußerst lange Udon-Nudel. »Hast du die von deiner Mutter geerbt?«
Deine Ohrenspitzen beginnen zu vibrieren, als Revali plötzlich bei dir den Eindruck macht, als würde er sich ernsthaft für deine Herkunft interessieren. Für einen Augenblick lang weißt du tatsächlich nicht, wie du damit umgehen sollst. Schließlich bist du nicht gerade der offenste Typ. Du hast zwar ein paar Freunde, so wie Impa, Purah und Robelo, denen du dich anvertraust, aber darüber hinaus gefällt es dir nicht, wenn andere zu viel über dich wissen, da sie jederzeit ihr Wissen gegen dich verwenden und über dich urteilen könnten. Außerdem bist du der Auffassung, dass deine Vergangenheit allein deine Sache ist. Zudem magst du das Thema Familie nicht so gern, denn deine familiären Verhältnisse sind schwierig. Deine Mutter ist gestorben, nachdem du dein Amt als Botschafterin eingetreten bist und dein Vater ist eine pikante Sache für sich. Selbst wenn du dich dazu entschließen würdest, Revali eines Tages von deinem Vater zu erzählen, weißt du jetzt schon, dass der Orni nicht damit umgehen könnte und euer Verhältnis somit schneller beendet wäre, als es begonnen hat. Daher kommst du zu dem Entschluss, dass es besser ist, wenn der Recke so wenig wie möglich über deine Vergangenheit erfährt. Obwohl du durchaus zugeben musst, dass er dir schmeichelt, dass Revali an dir Interesse zu zeigt, auch wenn er es so gut es, zu verstecken versucht.
»Nein, von meinem Vater... Aber über den reden wir nicht,« stellst du mit krausgezogener Nase klar.
Ein flaues Gefühl bleibt in deiner Bauchgegend zurück, als der angenehme Druck an deinen Haaren verschwindet. Du wagst einen Blick hinter dich, nur um zu deinem Bedauern festzustellen, dass Revali aufgehört hat, mit deinen Haaren zu agieren.
Der Recke sieht dich an. In seinen Augen schimmert eine bestimmte Auffassung, die du nicht deuten kannst. Wenn du Gedanken lesen könntest, dann würdest du nun wissen, dass Revali an seinen eigenen Bezug zu seiner Familie denken muss, die genauso wenig rosig aussieht, wie die deine. Es ist nicht in dem Interesse des Orni, dich von seiner freudlosen Kindheit wissen zu lassen.
Da Revali diese heikle Thematik in keiner Weise vertiefen will, weder aus seiner noch aus deiner Sicht, macht er einfach das, was er am besten kann und zwar spotten. »Lass mich raten, er hat dich und deine Mutter verlassen, als du ein kleines Mädchen warst.«
»So ähnlich...«, grummelst du lediglich vor dich hin und erinnerst dich an die wenigen Male, an denen du deinen Vater gesehen hat.
Hin und wieder hat er heimlich im Schutze der Nacht dein Heimatdorf besucht, um dich zu sehen. Die Leute in Kakariko durften nie mitbekommen, dass er da war. Als Kind fandst du das total spannend, aber später waren diese heimlichen Treffen nur ermüdend für dich. Deine Mutter hat von Anfang an kein Geheimnis daraus gemacht, wer dein Vater ist und welchem Clan er angehört. Er selbst war immer nett zu dir, aber du hast etliche Male schlechte Erfahrungen mit seinen Leuten gemacht. Streng genommen hat dir dein Vater ohne großes Zutun eine schwierige Kindheit beschert, denn leider wussten die anderen Kinder ebenso von dem anderen Teil deiner Wurzeln und haben dich deswegen gehänselt oder dich gemieden wie die Pest. Du hattest nur wenig Freunde. Das einzige Mädchen, das sich mit dir damals abgegeben hat, war die kleine Impa und ihre Schwester Purah. Wenn jemand treu ist und die Personen nicht nach ihrer Herkunft verurteilt, dann die beiden. Die königliche Beraterin und die hippelige Shiekah-Forscherin beweisen beide auf ihre Art, dass sie genauso weise sind, wie ihre Mutter, die ehemalige Stammesführerin der Shiekah, die ebenso vor vielen Jahren in Hylias Obhut gegeben wurde. Du hast den dreien viel zu verdanken, denn sie haben dir den Weg zu deiner Zukunft geebnet, in der die meisten zu dir aufsehen und von dir begeistert sind.
Um die bitterschmeckenden Erinnerungen an deiner Kindheit zu ersticken, schüttelst du den Kopf und versuchst zum ursprünglichen Thema zurückzukehren. »Mir ist übrigens nicht entgangen, dass du auch Strähnen hast. Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dir vier Zöpfe zu flechten?«
»Ich musste einen Weg finden, meine Haarpracht zu zähmen,« antwortet dir Revali kurz angebunden, bevor er zu deiner Freude sein Spiel mit deinen Haaren wieder aufnimmt.
Es stört dich auch nicht, als der Orni manchmal ein bisschen zu emsig an deinen Haaren zerrt, denn das, was Revali durch sein verspieltes Treiben bei dir auslöst, beschert dir ein angenehm kribbeliges Gefühl, als würden tausende von Frostflügler in deinem Bauch umherflattern.
»Das ist dir gelungen,« murmelst du daher zufrieden.
Doch dann bemerkt Revali plötzlich, dass du nach wie vor bebst. Da ihn die Reaktion deines Körpers Sorgen bereitet, hält er in seinen süßen Spielereien inne. »Du zitterst ja immer noch. Sag bloß, dass dir trotz allem immer noch kalt ist!« Der geflügelte Champion klingt sogar ein wenig eingeschnappt, weil er einfach nicht verstehen kann, dass du trotz seiner Nähe immer noch frieren kannst.
»Tut mir leid, ich bin kein Orni und ich habe keine Federn, die mich warmhalten,« lügst du, denn eigentlich ist dir gar nicht mehr kalt. Schuld an deinem Zittern ist lediglich Revalis Anwesenheit.
»Und so etwas schimpft sich Botschafterin zwischen Shiekah und Orni,« neckt dich der Recke, als er heimlich an deinen Haaren schnuppert, die so betörend nach Honig, Mandeln und süßer Frische duften.
»Bis jetzt ist es mir auch noch nicht im Sinn gekommen, mich mit einem Orni so nah an den Hebra-Bergen im Schnee zu rollen.«
»Hmpf!«, gluckst Revali amüsiert. »Wie bist du eigentlich Botschafterin geworden?«
Schon wieder eine persönliche Frage! Du kannst dir nicht erklären wieso, aber dein Herz fängt plötzlich wild zu hämmern an.
Nun drehst du dich halb zu Revali um, um sein Gesichtsausdruck sehen zu können, wenn du dich erkundigst, wieso er das wissen will. »Interessiert dich das wirklich oder willst du nur höflich sein?«
Ein wenig beleidigt von deiner Gegenfrage lässt Revali deine Haarsträhne los, die er gerade im Schnabel hatte. »Ich würde kaum fragen, um irgendwelche Höflichkeitsformeln einzuhalten, die bei dir sowieso nicht angebracht wären,« schnaubt er, als er empört den Schnabel erhebt.
»Na, vielen Dank auch!«, bedankst du dich bei dem Vogel ironischer Weise, bist aber in Wahrheit kein bisschen gekränkt.
Als du nach deiner Bemerkung jedoch schweigst, hebt Revali seine markanten, gelben Augenbrauen und sieht dich streng an. »Also bekomme ich nun keine Antwort auf meine Frage?«
»Okay, also, wenn du es wirklich wissen willst, es war schon immer ein Wunsch von mir zwischen den Völkern zu schlichten und für ein besseres Verständnis zu sorgen, also habe ich mein halbes Leben darauf hingearbeitet.«
»Musstest du dafür ein paar Orni „bestechen",« versucht dich Revali aufzuziehen.
»Mindestens ein halbes Dutzend,« antwortest du ihm scherzend in einem ziemlich unbeeindruckten Ton.
»Also war es Faszination, die dich dazu gebracht hat, ausgerechnet die Orni als jenes Volk auszusuchen, zwischen dem du vermitteln wolltest?«, hakt Revali nach, während ein schelmisches Leuchten in seinen grünen Weiten aufblitzt. »Hat dich dieser einzige Orni darauf gebracht, der dir angeblich als Einziger neben einem Shiekah-Jungen verfallen sein soll?«
Belustigt strahlst du, während du Revali von der seine Seite einen neckischen Blick zuwirfst. »Ich könnte dir ja den wahren Grund für meine Faszination für Orni verraten. Leider gibst du mir zu verstehen, dass du mir sowieso nicht glaubst, also wieso sollte ich meine Kraft daran verschwenden, dir es zu erklären.«
Du willst dich spaßeshalber von dem Vogel wegdrehen und das angeschlagene Thema einfach so stehenlassen, als du plötzlich Revalis Schnabel auf deiner Schulter spürst. Überrascht wendest du dich seinem Gesicht zu.
»Es ist nicht so, dass ich dir keinen Glauben schenke,« raunt Revali, während er mit seinem Schnabel über deine bedeckte Schulter kratzt. »Nur veranlassen mich die gegebenen Umstände, mir Fragen über deine Glaubwürdigkeit zu stellen.«
»Oh, Mann, Revali!«, prustest du bespaßt. »Das ist doch das Gleiche, nur ziemlich umständlich formuliert.« Dann machst du eine kleine Pause und starrst Revali einfach an, dabei fällt dir ein, dass es noch so vieles gibt, dass du noch nicht über ihn weißt. »Was hat eigentlich in dir den Wunsch erweckt, Orni-Krieger zu werden? Weil fast alle männlichen Orni Krieger sind?«
»Netter Versuch!« Hämisch lachend reibt Revali seinen Schnabel an dir. »Aber so funktioniert das nicht. Ich werde dir keine Frage beantworten, bevor du mir nicht auf meine eine Antwort schenkst.«
»Na ja, ich muss zugeben, dass ist keine so schlechte Abmachung. Also...« Geschlagen lässt du dich auf Revalis Forderung ein und gibst ihm seine Antwort. »Ich bewundere Orni schon seit meiner Kindheit. Meine Mutter hat mal ein Taubenküken aufgezogen und seitdem...«
Liebend gerne würdest du deine Erklärung zu Ende bringen, doch leider kann der Vogel es nicht lassen, einen abfälligen Kommentar über deine Mutter zu machen, den er witziger findet, als du. »Ah! Also ist es so, dass deine Mutter ihre Neigung zu Orni-Männern weitergereicht hat. Verstehe!«
»Erstens, hatte meine Mutter nie etwas mit Orni-Männern zu schaffen und zweitens, wenn du mich noch einmal unterbrichst, sage ich dir gar nichts mehr,« ermahnst du den selbsternannten Spaßvogel mit ruhiger Stimme.
Allerdings beeindruckt es Revali wenig, dass dir sein Witz kein bisschen gefallen hat. Er schmunzelt einfach nur, als er an dem Stück Stoff knappert, der deine Schulter bedeckt. »Es gibt keinen Grund für dich verstimmt zu werden, kleine Shiekah!«
Auch wenn Revali es aus deiner Sicht nicht verdient hat, deiner Erklärung zu lauschen, warum du so fasziniert von den Orni bist, fährst du fort. »Seitdem ich gemeinsam mit meiner Mutter die kleine Taube aufgezogen habe, liebe ich Vögel. Ich habe meine ganze Kindheit damit zugetan, sie vor Jägern oder Katzen zu retten. Außerdem habe ich die verletzten Exemplare gesund gepflegt und arme, verwaiste Küken aufgezogen. Deswegen finde ich auch an Orni Gefallen und nicht weil meine sexuellen Triebe mich dazu drängen, mich mit ihnen fortzupflanzen.«
»Das hast du ja eben wunderbar unter Beweis gestellt,« verhöhnt dich Revali unter einem verräterischen Grinsen, als er gezielt dein Techtelmechtel mit ihm andeutet.
Ein langes ausgedehntes Seufzen kommt aus deinem Mund, bevor du dramatisch die Augen verdrehst. »Warum rede ich überhaupt mit dir?«
Auch wenn du das Gefühl von Revalis wärmenden Federn um deinen Körper genießt, geht dir sein Geschwätz langsam auf den Keks. Deshalb entscheidest du dich dafür, aufzustehen und langsam Revalis Hütte zu verlassen. Doch verwunderlicher Weise lässt dich der Orni nicht so einfach gehen. Als er spürt, dass du seine Flügel mit deinen Armen wegdrücken willst, zieht er dich an sich. Du bist so verblüfft von seiner Reaktion, dass du erstmal da bleibst, wo du bist.
»H-Hey! Wo willst du denn hin?«, hörst du Revali krächzen. »Bleib hier! Genießt du unsere Unterhaltung denn nicht?« Auch wenn ein gewisser Hohn in Revalis Stimme zu vernehmen ist, glaubst du, dass er tatsächlich will, dass du noch ein wenig bei ihm bleibst.
»Du nimmst mich doch sowieso nicht ernst,« erwiderst du ihm unbeeindruckt, während du die Stirn runzelst.
»Es fällt mir lediglich schwer, mir vorzustellen, dass du dich als Kind um Vögel gekümmert haben sollst.«
Prompt fragst du dich, was das nun wieder heißen soll. Glaubt Revali etwa, dass du kalt und herzlos bist?
Von Revalis Kommentar ein wenig gekränkt, verziehst du das Gesicht. »Wieso?«
»Shiekah- und Hylianer-Kinder neigen nicht zu solch selbstlosen Aktionen. Die haben doch schon als kleine Quälgeister nur Unsinn im Kopf,« verkündet dir Revali sein Urteil, dass er sich schon vor langer Zeit über Hylianer und Shiekah gefällt hat.
Dein Gesicht trieft immer noch vor Skepsis, als du Revali unverändert ansiehst. »Ganz ehrlich, Revali... Wie viele Shiekah-Kinder kennst du?«
»Hm...«, bleibt das Einzige, was von ihm kommt, als er deinem Blick ausweicht und nachdenklich ins Nirgendwo blickt.
Während du den Orni betrachtest, fragst du dich, was Revali für Erfahrungen gemacht haben mag, dass er so über dein Volk denkt. Schließlich ist es so, dass die Shiekah Angehörige anderer Völker stets mit Respekt behandeln.
Im Grunde ist es allerdings so, dass der Recke tatsächlich keine schlechten Erfahrungen mit Shiekah gemacht hat. Eigentlich hat er persönlich gar nichts gegen Shiekah. Aber Hylianer empfindet er als einfältig, rücksichtslos und egoistisch.
»Und mich kennst du auch nicht,« fügst du verstimmt hinzu, als Revali dir nichts weiter erwidert. »Auch wenn du gerade erfolgslos versuchst, mich kennenzulernen.«
Weit reißt Revali die Augen auf und hebt seinen Schnabel von dir. »Erfolgslos?«
»Das klappt genauso wunderbar, wie bei dir das mit dem Komplimente machen,« erläuterst du dem Vogel.
Schief mustert dich Revali, ehe er seinen Schnabel in die Höhe reckt und vor sich hinmeckert. »Ich finde, ich war durchaus erfolgreich, denn ich habe gerade etwas in Erfahrung gebracht, dass bestimmt nicht jeder über dich weiß. Allerdings wäre es nur zutreffend, wenn ich es auch wirklich in Betracht ziehen würde, dich kennenlernen zu wollen.«
»Ja, ja!«, stöhnst du entnervt, weil du der Meinung bist, dass Revali nicht ständig den Unnahbaren markieren muss. »Ich habe schon verstanden, nur weil wir miteinander geschlafen haben, heißt das noch lange nicht, dass du mich besser kennen willst. Ist angekommen!«
Da du in eine völlig andere Richtung blickst, entgeht dir, dass Revali dir einen entgeisterten Blick zuwirft. Einerseits versteht er nicht, dass du das, was ihr vorhin getrieben habt, so offensichtlich ansprechen musst und anderseits stimmt es gar nicht, dass er nicht gerne mehr über dich in Erfahrung bringen will. Allerdings ist es auch so, dass Revali es nicht einsieht, warum er zugeben soll, dass er sich für dich interessiert.
»Das... habe ich so nicht gesagt.«
Revalis Grummeln zieht deine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Eine Augenbraue schief legend funkelst du Revali misstrauisch an, denn du wirst aus dem Vogel einfach nicht schlau. Für dich scheint es so, dass er, wenn er etwas sagt, es ganz anders meint, als es ursprünglich klingen mag. Also siehst du für dich selbst ein, dass du Revalis Logik schon mal überhaupt nicht verstehst. Allerdings ist dir gar nicht bewusst, dass du den eigensinnigen Recken besser verstehst, als es je einer getan hat. Und das wird Revali selbst ebenfalls schon bald herausfinden.
»Du bist ganz schön kompliziert,« bemerkst du mit einem Seitenblick an Revali gewandt und bedenkst ihn mit einem schiefen Lächeln.
Revali starrt dir auf einen x-beliebigen Punkt auf deinem Oberarm, als er plötzlich behauptet: »Ich schulde dir noch eine Antwort auf deine Frage.«
Einen Moment brauchst du, um dich zurück zu entsinnen, was für eine Frage du Revali eigentlich gestellt hast. Nach einer kurzen Weile erinnerst du dich dann jedoch daran, dass du von dem gefiederten Champion wissen wolltest, warum er Orni-Krieger geworden ist. Deine Augen glitzern vor Neugierde, als du Revali zunickst und gespannt auf seine Geschichte wartest. Du nimmst dir vor, die Information umgehend in dein Notizbuch zu schreiben, wenn du den Hintergrund von Revalis Wunsch, die Legende der Orni zu werden, erfahren hast.
Als der Recke sich sicher ist, dass er deine ungeteilte Aufmerksamkeit hat, sieht er dir in die Augen und erklärt dir: »Ich wollte... mich beweisen.«
Für so jemanden wie Revali ist das eine ziemlich kurzangebundene Erklärung, findest du. Eigentlich hast du ja erwartet, der selbstverliebte Orni würde dir in sorgfältigen Details schildern, wie er zum ersten Mal als Küken einen Bogen im Flügel hielt und mit großen staunenden Augen die anderen Orni-Krieger beim Schießen beobachtet hat, bevor er zu dem Entschluss kam, dass er eines Tages besser sein wird, als all die anderen.
Da du dich mit dieser sparsamen Antwort nicht zufriedengibst, hakst du nach. »Vor wem?«
»Mir...«, hörst du ihn murmeln, hast dabei aber allerdings das Gefühl, das er nicht ganz die Wahrheit sagt.
Abwesend streicht dir Revali mit seinem Flügel über die Beine. Diese Geste ist viel mehr ein Nebenprodukt von Revalis gescheiterten Versuch, nicht an denjenigen zu denken, den er eigentlich immer zufriedenstellen wollte, als eine zärtliche Berührung.
Da du dich mit dieser Antwort allerdings begnügst, um Revali nicht zu verschrecken, fragst du nicht weiter nach. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass du nicht damit fertig bist, den Orni erneut zu interviewen.
»Du musst ziemlich ehrgeizig sein, wenn du schon mit 17 Sommern zum obersten Krieger ernannt worden bist,« merkst du an. »Wann hast du mit dem Training begonnen?«
»Ich hatte schon einen Bogen in den Flügeln, da konnte ich nicht mal fliegen,« erwidert dir Revali immer noch etwas abwesend.
Fragend runzelst du die Stirn. Du findest, dass Revali sich merkwürdig verhält, irgendwie bedauernd oder gar melancholisch.
Dann willst du schon den Mund öffnen, um dem Recken weitere Informationen zu entlocken, da bemerkst du, dass er mit einem Mal den Kopf schüttelt. »Wir sollten dieses Thema nicht vertiefen. In Ordnung?«, meint er zu dir, ohne dich direkt anzusehen.
Du bist nicht dumm. Schon längst hast du gemerkt, dass die Thematik Familie und Vergangenheit nicht zu eurem zukünftigen Gesprächsstoff gehören wird. Offenbar scheint Revali von seiner Kindheit genauso wenig angetan zu sein, wie du von deiner. Tatsächlich ist es so, dass du mit deiner Vermutung recht behältst. Revali und du habt mehr gemeinsam, als euch im Moment klar ist.
»Okay, das akzeptiere ich!«, sagst du zu dem Orni, als du ihm mit einem sanften Lächeln zunickst.
»Wie außerordentlich zufriedenstellend von dir...« Als dir Revali das mit seinem für ihn typisch anmaßenden Ton erwidert, bist du dir sicher, dass er wieder ganz der Alte ist und die Melancholie, die sich flüchtig unter seinem Gefieder hervorgetan hat, verschwunden ist.
Genau in dem Moment, als du Revali ein mildes Lächeln schenkst, driftet dein Blick nach draußen ab und du erkennst, dass es inzwischen dunkel wird. Diese Erkenntnis erinnert dich daran, dass es besser wäre, zum Orni-Dorf zurückzukehren. Schließlich wirst du eine ganze Weile unterwegs sein, bis du das Schwalbennest erreicht hast. Nach diesem ereignisreichen Tag willst du nun eigentlich nur noch etwas essen und dich danach in dein Daunenbett hauen, um friedlich von dem arroganten Orni mit den grünen Augen zu träumen, der offenbar nicht so selbstbezogen zu sein scheint, wie er vorgibt.
»Ich werde dann mal gehen,« gibst du Revali Bescheid, bevor du dich aus seinem samtig weichen Federn und der kuscheligen Decke schälst.
Dieses Mal lässt Revali dich aufstehen. Zunächst sieht er dir noch dabei zu, wie du nach deiner Tasche und deinem Kodachi suchst, die du beide gegen die Wand gelehnt hast. Doch dann setzt der Orni ein skeptisches Gesicht auf, als er selbst die Dämmerung draußen vor seiner Hütte wahrnimmt.
»Die Sonne geht bereits unter, falls dir das entgangen ist,« bemerkt Revali in einem herablassenden Ton, der dich darauf hinweisen soll, dass du einer dummen Gans gleichst, wenn es tatsächlich dein Ernst sein soll, jetzt noch allein ins Orni-Dorf aufbrechen zu wollen.
Gerade wolltest du dich nach deiner Ausrüstung bücken, da hältst du inne und drehst dich zu dem dunkelblauen Orni um, der die Flügel hinter seinem Kopf verschränkt und dich in gespielter Abfälligkeit mustert. »Na, und?«, meinst du ungerührt dem Recken gegenüber. »Ich muss trotzdem ins Dorf zurück.«
Ein verächtlicher Ton kommt aus Revalis Schnabel, als er den einen Flügel sinken lässt, um mit dem anderen eine wegwerfende Bewegung zu vollziehen, die dir aufzeigen soll, dass du im Unrecht bist. »Du bebst immer noch wie ein Satz Eiszapfen und willst tatsächlich raus in die Kälte, wo dich vielleicht ein paar Bokblins in der Dunkelheit überraschen werden? Wenn du mich fragst, zeugt diese törichte Idee von deiner hölzernen Leichtfertigkeit.«
Revalis finsterer Blick, der seine Besorgnis verschleiern soll, wechselt zwischen dir und der zunehmenden Dunkelheit da draußen. Revali will es dir zwar nicht zeigen, aber ihm graut es davor, dich gehen zu lassen. Vor allem fürchtet er sich davor, dass dir etwas passieren könnte.
»Ich bin ein großes Mädchen, Revali,« entgegnest du dem Champion völlig unbekümmert, als du dich wieder deiner Ausrüstung zuwendest und nach dem Schwert greifst. »Außerdem bin ich der Auffassung, dass ich dir bereits gezeigt habe, dass ich gut auf mich aufpassen kann.«
Eigentlich bist du der Meinung, dass dieses Argument vollkommen ausreicht, um Revali davon zu überzeugen, dich beruhigt gehen lassen zu können. Also nimmst du dein Schwert an dich und machst dich daran, dir deine Tasche umzuhängen. Während du das tust, versäumst du allerdings, dass Revali sich von dem Boden erhebt und sich auf dich zubewegt. Durch das Rascheln, dass du verursachst, hörst du auch gar nicht, wie Revalis Krallen über den Dielen klackern. So kommt es, dass du in deiner Bewegung erstarrst, als du dich umdrehen willst, um zu gehen und plötzlich, einfach so, Revali vor dir steht. Völlig perplex funkelst du den Recken an, als er sanft nach deinem Kodachi greift, es dir aus der Hand nimmt und es dorthin zurücklegt, wo du es aufgegriffen hast.
Bis in die Ohrenspitzen hin verblüfft, bleibt dir nichts anderes, als Revali sprachlos anzublinzeln und dich seinem weichen Blick hinzugeben, den du noch nie an ihm gesehen hast. Niemals ist es irgendjemanden gelungen, dich so leicht zu entwaffnen. Und damit ist nicht mal dein Kodachi gemeint.
»Du wirst heute hierbleiben!«, gebietet dir Revali mit sinnlich sanftem Raunen, als er sich dir in einer andächtigen Geschwindigkeit zuwendet.
Du bist so gebannt von Revalis sensuellen Blick und dem berauschenden Klang seiner Stimme, dass du es ebenso wehrlos zulässt, dass der Orni dir die Tasche von den Schultern nimmt.
»Aber... W-Wieso?«, stotterst du völlig perplex über Revalis Fürsorge, während du deiner Tasche hinterherstarrst, die gerade von starken Flügeln auf den Boden gelegt wird.
Als Revali sich aufrichtet sieht er dir unter einem verspielt neckischen Glitzern in die Augen. Du erkennst erst, wie nah der Orni dir ist, als seine Brust die deine berührt. Ein elektrischer Schlag erfasst dich durch die Berührung und bringt dich dazu, erneut vor Aufregung zu zittern.
»Ich werde der Prinzessin bestimmt nicht in die Augen sehen und ihr sagen, dass die Shiekah, die sie zu mir geschickt hat, um an den Titanen zu forschen, nicht widerkehren wird, weil sie auf den Rückweg ins Dorf von Monstern niedergestreckt wurde,« äußerst sich Revali dir gegenüber mit einer Mischung aus kesser Lebhaftigkeit und versteckter Besorgnis.
»Das wird mir bestimmt nicht passieren,« versicherst du Revali, während du dich einen Schritt von ihm entfernst, da eure Nähe dir plötzlich ein wenig unangenehm wird.
»Ich werde kein Risiko eingehen,« beharrt der Orni und verringert den Abstand mit sofortiger Wirkung wieder. Ein anzügliches Flimmern taucht in seinen Jadesteinen auf, als er deine weiche Oberweite wieder an seiner Brustplatte spürt. »Außerdem gehört es zu deinen Aufgaben, mir als meine Assistentin Tag und Nacht zu Diensten zu sein.«
Mit geweiteten Augen starrst du Revali an, unfähig dich zu Bewegen. Plötzlich fragst du dich, ob Revali einen bestimmten Hintergedanken hegt, weil er dich patu nicht gehen lassen will. Deshalb vermutest du auch, dass der Orni dich nur hierbehält, weil euer Spielchen ihn auf den Geschmack gebracht hat.
Denn es ist so, du bist durchaus der Meinung, dass es keine große Sache ist, jetzt noch ins Dorf zurückzukehren. Schließlich ist dein Kodachi ein treuer und äußerst zuverlässiger Begleiter, der dich noch nie in Stich gelassen hat, wenn es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen mit Monstern gekommen ist.
Gerade willst du den Mund öffnen, um Protest einzulegen, da legt dir der Orni eine Feder auf deine Lippen und setzt einen Blick auf, der keine Widerrede dulden lässt. Mit Entsetzen blinzelst du Revali an, als dir bewusstwird, dass der Recke gerade still darüber triumphiert, wie leicht es ihm fällt, dich zum Schweigen zu bringen.
»Du bleibst heute Nacht hier,« flüstert Revali in einer verführerischen Nuance. »Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst.«
Für gewöhnlich hasst du es, wenn jemand der Auffassung sei, er müsse dir Befehle geben, aber Revalis still ausgesprochenes Angebot betört dich so sehr, dass du nichts mehr dagegen einzuwenden weißt.
Mit hochrotem Gesicht fixierst du Revali, während er sich an deinem überwältigten Anblick ergötzt.
»Schön, du hast gewonnen!«, seufzt du auf, während du seine Fingerfeder von deinem Mund wegstupst. »Aber ich hoffe, dass dir klar ist, dass es auffallen wird, wenn ich heute Abend nicht im Schwalbennest übernachte.«
Revali breitet die Flügel aus, als er sich schulterzuckend von dir abwendet. »Dann haben die Hennen eben etwas zu glucksen, was solls?«
Über die Aussprache des Orni erstaunt, fängst du zu prusten an. »Was?«
»Da dein Ruf ohnehin nicht gerade der Beste ist, sollte es dich nicht stören, wenn erneut über dich geredet wird. Und was mich betrifft...« Revali dreht sich zu dir um, ehe er dir ein vermessenes Lächeln schenkt. »Ich liebe es, im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen.«
»Rampensau!«, nennst du Revali scherzend, um von deiner eigenen Verwunderung abzulenken, dass der stolze Orni von der Sache, dass die anderen Orni von euerer Affäre Wind bekommen könnten, ganz unbekümmert zu sein scheint.
»Wie bitte?«, ruft der Orni empört aus.
Belustigt kringelst du dich vor Lachen wegen Revalis Gesicht.
Mit halb geschlossenen Augenlidern sieht der Orni auf dich hinab, ehe er mit dem Schnabel klappert und die Augen verdreht. »Ich hoffe sehr für dein Volk, dass du die einzige Shiekah mit einer solch obszönen Ausdrucksweise bist.«
»Offenbar hast du Impa noch nie fluchen hören,« entgegnest du Revali, während du lachend den Kopf schüttelst.
Revali bleibt nichts anderes übrig, als über dein unangebrachtes Verhalten abermals die Augen zu verdrehen und sich mit dem Gedanken abzulenken, dass dein Mund auch noch ganz Nützlichere, Angenehmere Dinge tun kann, als so dämlich zu gaggern. Und vielleicht bist du ja so gütig und wirst ihm diese Nacht die gleiche Erfahrung mit deiner geschickten Zunge bescheren, wie am Nachmittag.
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