18 - Einsamkeit
Heute Morgen, kaum als du in diesem starken Flügeln aufgewacht warst, wollte Teba nochmal, besser gesagt, zweimal hintereinander.
Und du hast es mit vollen Zügen genossen, auch wenn dir von gestern jede Faser deines Körpers wehtat. Es ist nämlich so, dass du befürchtest, dass so eine Begegnung wie diese hier zwischen euch nicht mehr vorkommen wird. Wieso auch? Teba wird sich ab sofort bei jedem weiteren seiner Schübe um sich selbst kümmern. Er braucht dich nicht mehr. Ja, der Gedanke tut dir weh! Du weißt zwar nicht, ob deine Vermutung nur eine Vermutung bleibt, aber du gehst stark davon aus. Schließlich hast du gemerkt, dass Teba Schuldgefühle gegenüber seiner Frau hat. Wieso sollte er also noch ein weiteres Mal irgendwelche Zuneigungen mit dir austauschen wollen? Weil er dich mag? Pfft, Alora, du solltest mal besser realistisch bleiben. Bestimmt wird dieser loyale Orni-Krieger kein engeres Verhältnis mit dir haben wollen? Wozu auch? Irgendwann ist er sowieso weg?
Tebas Gedanken ähneln sehr den einen, als er sich gerade die Rüstung anlegt. Von der Mitte des Raumes aus, sieht er dir dabei zu, wie auch dich wieder anziehst, nachdem du gesamte Nacht wegen ihm auf Kleidung verzichtet hast. Abwesend befestigt er die Riemen, die seine Brustpanzerung an Ort an Stelle halten soll, als er gezielt an die gestrigen Momente denkt. Teba fragt sich, ob dir eure Begegnung irgendetwas bedeutet hat und wenn ja, wie sehen diese Gefühle aus, die du hegst? Eine Form von tieferer Freundschaft? Eine Art von überschwänglicher Dankbarkeit? Oder war es tatsächlich nur deine Hilfsbereitschaft, die dich dazu trieb, die ganze Nacht über bei dem weißen Orni zu bleiben? Der Orni-Krieger vermutet, dass der Grund dafür vielleicht gar nicht bei ihm liegt, sondern bei Revali. Vielleicht war es nur Spaß für dich, eine willkommene Abwechslung, um nicht an den Recken denken zu müssen. Letzterer Gedanke sollte ihn womöglich beunruhigen, dennoch ist es so, dass er selbst nicht weiß, was er für dich empfindet. Es stimmt, Gefühle hat er für dich, aber scheinen sie wohl von kameradschaftlicher Natur zu sein, die jedoch etwas von intensiver Leidenschaft mit sich trägt. Außerdem hat Teba selbst bemerkt, dass deine Gesellschaft ihn ablenkt. Sein Kummer hat ihn diese Nacht nicht überwältigt. Mit dir fühlt der weiße Orni sich nicht einsam und Einsamkeit ist das Schlimmste für ihn.
»Was wirst du Revali sagen?«
Der Klang deiner Stimme bringt Teba in die Realität zurück. Nun stehst du neben ihn, komplett angezogen, das Kodachi auf den Rücken geschnallt und die Taschen angelegt. Offenbar scheinst du bereit zu sein, um wieder ins Lager zurückzukehren.
Dem weißgefiederten Orni-Krieger ist bewusst, dass du es einfacher haben wirst, den anderen wieder gegenüber zu treten, er dagegen wird sich erstmal dem misstrauischen Blick des Recken stellen müssen. Natürlich wird Teba ebenfalls Verantwortung für sein langes Verschwinden über Nacht übernehmen und sich rechtfertigen müssen. Teba ist sich wohl bewusst, dass Revali längst verstanden hat, dass sein Retter nie auf Bokblin-Jagd war. Für den weißen Krieger war es nahezu unmöglich, den Champion zu täuschen. Doch in Wahrheit hat sich Teba ohnehin keine Mühe gegeben, sein größtes Vorbild anzulügen. Teba war noch nie ein besonders guter Lügner, wenn er überhaupt jemals versucht hat, irgendjemand täuschen zu wollen.
»Ich werde ihm nichts von uns erzählen, doch anlügen werde ich den Recken auch nicht,« antwortet dir der großgewachsene Orni nach einer Zeit des Schweigens.
Den Kopf zu Seite neigend schielst du zweifelnd zu deinem Kameraden hinüber. Tebas Gesicht wirkt so ernst. Der weißgefiederte Ritter, der dich letzte Nacht durch die verlassene Hütte gescheucht hat und dir trotz seiner triebhaften Not mit so viel Rücksicht begegnet ist, scheint fort. Nun steht wieder dieser seriöse Orni-Krieger vor dir.
»Verstehe!« Du lächelst. Doch dein Lächeln ist nicht ehrlich. »Hab auch nichts anderes von dir erwartet, mein Freund!«
Ohne dich aus den Augen zu lassen, beugt sich Teba nach seinem Falkenbogen und hebt ihn auf. Seinen Köcher hat er sich bereits angelegt. Auch er wäre bereit aufzubrechen, doch kann Teba nicht leugnen, dass sich davor fürchtet, diese Hütte zu verlassen. Denn er ist davon überzeugt, dass sein Kummer ihn erneut geißeln wird, wenn ihr wieder getrennte Wege geht. Außerdem hat Teba gar nicht vor dich zu verlassen, bevor er so einige Unklarheiten nicht geklärt weiß.
»War das... eine einmalige Sache für dich?«, fragt dich der weiße Orni direkt und freiheraus.
Du bist wahrlich überrascht. Nie hättest du erwartet, dass Teba mit dir über das, was letzte Nacht zwischen euch passiert ist, reden will. Schließlich hat Revali es strikt gemieden, eurer Beziehung einen Namen zu geben. Doch inzwischen solltest du ja wissen, wie unterschiedlich die beiden sind.
»Ich hab's nicht so mit diesen nie widerkehrenden Dingen,« erläuterst du ihm, dass du es befürworten würdest, ihn erneut auf eine vertraute Weise zu begegnen.
Teba nickt. Er hat verstanden. Dass er von deiner Antwort überrascht ist, zeigt er dir jedoch nicht. Offenbar scheint es für dich also doch mehr gewesen zu sein, als ein intimer Beistand. Doch das reicht dem Orni aus der Zukunft noch nicht, er benötigt ein konkreteres Bild von eurer Verknüpfung.
Gelbe Augen begegnen dir in einer tiefen Bedeutsamkeit, als du die tiefe Stimme des Orni vernimmst. »Was sind wir?«
Tatsächlich kannst du Teba nicht sofort antworten, weil du nachdenken musst. Du bist noch nie aufgefordert worden, deine Beziehungen offen zu analysieren. Bei jedem anderen würdest du dich nun vermutlich auch in die Enge getrieben fühlen, aber bei Teba empfindest du es als vertrauenserregend und angenehm.
»Kameraden mit gewissen Vorzügen,« äußerst du dich Schulter zuckend, während dir ein süßes Kichern entkommt.
Doch leider regt sich auch dieses Mal kaum etwas in Tebas Gesicht. Daher hast du mal wieder keine Ahnung, was der weiße Orni wohl empfindet.
Die verborgene Wahrheit lautet jedoch, dass sich Teba gerade fragt, was er sich unter Vorzügen vorstellen soll. Schließlich kommt er zu dem Entschluss, dass es sich dabei um zwei unterschiedlich geschlechtliche Krieger halten, die sich in ihrer Not beistehen, seelisch, sowie körperlich. Dein Kamerad denkt, für dich würde es wohl einer lockeren Vereinbarung gleichen, ohne zwingende Verpflichtungen.
Der weiße Orni ist sich gerade bewusst geworden, dass dir eine weitere intime Verbindung über seine Läufigkeit hinaus nichts ausmachen würde, doch Teba befürwortet dies nicht. Er kann nach wie vor kaum leugnen, dass er an deiner Schönheit und an deiner besondere Art Gefallen findet, doch er kann es nicht weiter billigen, seine Frau weiterhin zu betrügen. Außerdem geht Teba stark davon aus, dass auch deine Beweggründe, solch private Momente zu teilen, nicht von romantischen Gefühlen her rühren. Der Orni aus der Zukunft glaubt, du benötigst ein Ventil, um über Revali hinwegzukommen.
»Hm...«, brummt der weißgefiederte Orni-Krieger, während er dich ausdruckslos betrachtet. »Hast du mir in meiner Not geholfen, um Revali zu vergessen?«
Unverzüglich zuckst du zusammen. Tebas Direktheit, mit der er dich gerade konfrontiert, erschrickt dich. Was deine Emotionen zu Revali betrifft, da hast du eine Mauer dazwischen gezogen. Du willst dich gar nicht mehr mit deinen Gefühlen zu dem Recken auseinandersetzen. Fakt ist, dass Teba dir guttut. Wenn du bei dem Orni aus der Zukunft bist, musst du nicht mehr an den aufgeplusterten Piepmatz denken, der meint, ihm gehöre die ganze Welt... zumindest denkst du nur noch ganz wenig an ihn. Und außerdem stellst du dir die Frage, ob eine gewisse Bezichtigung hinter Tebas Frage steckt. Denkt er etwa, du hast gestern nur mit ihm geschlafen, um dich auf andere Gedanken zu bringen? Das stimmt nicht! Oder vielleicht doch? Wenn dann nur ansatzweise. Und schon bist du durcheinander, weißt nicht mehr, was du denken sollst. Sofort ärgerst du dich.
Da du dich weigerst, auf Tebas Frage zu antworten, blickst du irgendwo ins Nirgendwo und verschränkst die Arme.
Sofort merkt dir Teba an, dass er dich wohl verärgert hat. Doch du brauchst Revalis Retter auch gar nicht zu antworten, der Orni versteht, dass du dir über deine Gefühle nicht sicher bist. Der Orni aus der Zukunft will auch gar nicht, dass du diese Zeit mit Teba bereust, er will, dass ihr trotz allem kameradschaftlich und respektvoll miteinander umgeht, so wie vorher auch. Doch jetzt wird es wohl das Beste sein, vorerst getrennte Wege zu gehen.
Starr wie ein Fels siehst du dabei zu, wie sich der große, weiße Orni-Krieger auf dich zubewegt. Während du dich noch fragst, was er vorhat, vergisst du zu atmen. Dein Herz pocht so verräterisch laut, dass du denkst, Teba könnte es hören. Ganz plötzlich steht der gefiederte Retter direkt vor dir. Er blickt auf dich hinab, du zu ihm hoch. Quälend langsam beugt er sich zu dir hinab. Unverzüglich spürst du, wie dein Gesicht ganz heiß wird. Freundlich schmunzelnd sieht Teba dich an, als er dir direkt in die Augen blickt. Plötzlich spürst du, wie Teba seinen Flügel anhebt. Im Nu spürst du seine Schwinge auf deinem Hinterkopf. Behutsam drückt er deine Stirn an seine.
Erst jetzt realisierst du, dass Teba sich wohl von dir verabschiedet. Natürlich gibst du dir nicht mal die Mühe zu leugnen, dass du dich eigentlich gar nicht von dem Orni-Krieger trennen willst, aber du hast die ganze Zeit geahnt, dass das mit Teba wohl eine einmalige Sache bleiben wird. Klar, irgendwie bist du schon traurig und verletzt auch, aber dieser Ausgang ist nicht überraschend. Der weiße Orni bleibt in seinem Herzen eben treu und aufrichtig.
Einen Herzschlag später trennt sich Teba wieder von dir, doch ganz langsam, ohne Eile. Sanft lächelt er dich an, ehe er es vorzieht, den Moment des vorübergehenden Abschieds nicht weiter hinauszuzögern. »Wir sehen uns dann auf dem Schlachtfeld!«
»Bis später!«, entgegnest du ihm schweren Herzens und versuchst, nicht allzu enttäuscht zu klingen.
»Wo warst denn du?«, fragt dich Impa, nachdem du zu ihr zurückgekehrt bist. Ihr Gesicht verzieht sie zu einer vorwurfsvollen Fratze, als sie dir ihren Zeigefinger vor die Nase hält. »Ich hab mir schon Sorgen gemacht!«
Ruhig mit den Knien wippend betrachtest du die Festung, die in einem Tag soweit wieder repariert wurde.
»Ich bin aufgehalten worden,« antwortest du deiner Freundin, ohne sie direkt anzusehen.
Impas braune Augen funkeln dich skeptisch an. »Die ganze Nacht?«
Jetzt blickst du ihr direkt ins Gesicht und schmunzelst geheimnisvoll. »Ich musste ne Menge Dampf rauslassen.«
Die Wahrheit zu sagen, ohne das Kind beim Namen zu nennen, gehört zu deinen Spezialitäten. Du magst es nicht zu lügen, vor allem nicht, wenn es in diesem Fall Impa betrifft. Daher umgehst du einfach die Details. Die königliche Beraterin scheint deine spärliche Erklärung allerdings anzunehmen.
»Natürlich, die Verheerung geht an niemanden einfach so spurlos vorbei,« meint Impa und lässt es dabei gut sein, allerdings nicht ohne dich noch einmal darauf hinzuweisen, dass du ihr einen großen Schrecken eingejagt hast. »Aber das nächste Mal, wenn du Zeit für dich brauchst, warnst du mich wenigstens vor, dass du die ganze Nacht weg sein wirst.«
»Schon gut, Impa! Ich schreib's mir hinter die Löffel,« versicherst du ihr mit einem Augenzwinkern.
Natürlich kannst du von Glück reden, dass Impa nicht so wie ihre Schwester ist. Purah würde sich nicht so leicht abspeisen lassen. Sie würde dir ein Loch in den Bauch fragen.
»Sieh her!« Mit einem Mal zerrt deine älteste Freundin einen Zettel aus ihrer Tasche hervor. »Den hat mir die Prinzessin gegeben, bevor sie heute Morgen mit Link abgereist ist.«
»Was ist das?«, willst du von Impa wissen, als du auch schon den Brief, der mit dem königlichen Siegel versehen ist, an dich nimmst.
»Deine Befehle!«, erklärt dir deine Artgenossin, während du das Siegel brichst und den Brief öffnest, um das Pergament herauszuholen. »Die Prinzessin will, dass du nach Hateno gehst und dich dort um die Monster-Probleme kümmerst. Also, um es kurz zu fassen, du sollst das Dorf und die umliegenden Ländereien schützen.«
Während du Impas Stimme lauscht, liest du dir deine Befehle durch. Viele Missionen sind darauf aufgelistet, Sichtungen von Monstern, bedrohte Stützpunkte der hylianischen Soldaten, die nach der Unterstützung verlangen und sogar einige Besorgungen, die du für die Prinzessin im Umland erledigen sollst, sind darauf verzeichnet. Prompt runzelst du die Stirn. In den nächsten Wochen wirst du wohl einiges zu tun haben.
»Da du eine Weile in Hateno bleiben wirst, möchte ich dich um etwas bitten.«
Kaum hast du die Stimme deiner Freundin vernommen, hebst du aufmerksam den Blick. »Ja, Impa?«
»Es ist meine Aufgabe für das Wohl meines Volkes und das der Prinzessin zu sorgen, daher ist es mir unmöglich, auch noch meine Schwester im Auge zu behalten. Bitte, pass auf sie auf und sorg dafür, dass sie nichts Dummes anstellt,« bittet dich deine Freundin.
Umgehend musst du schmunzeln. Impa hat gerade Purah und nichts Dummes anstellen in einem Satz verwendet.
»Nichts Dummes anstellen? Wir reden hier von Purah, deren Experimente gerne mal nach hinten losgehen,« kicherst du.
Ehe du dich versiehst, setzt Impa ein ernstes Gesicht auf und stemmt ihre Hände an die Hüften. »Eben darum!«
Dir ist bewusst, dass deine Freundin des Öfteren genervt ist von der übereifrigen Art ihrer Schwester ist und dennoch liebt Impa Purah sehr. Manchmal wünschst du, deine Eltern hätten dir auch ein Geschwisterchen geschenkt, aber dir ist völlig klar, dass das in ihrer Situation unmöglich gewesen wäre. Schließlich warst du bereits ein Fehler, der am besten gar nicht hätte passieren dürfen. Weder deine Mutter noch dein Vater haben dich je als solchen bezeichnet, aber manchmal bist du dir schon so vorgekommen, als wärst du ein Fehler gewesen. Schließlich kennst du diesen Zwist zwischen Shiekah und Yiga gut genug. Jeder war gegen die Liebe deiner Eltern und trotzdem konnten sie es nie lassen, selbst auch nicht, als du schon lange auf der Welt warst.
»Gut! Versprochen!«, erwiderst du deiner Freundin und nickst fröhlich.
Die Hand an die Brust fassend bedankt sich deine Freundin bei dir. »Danke, Alora!«
Vorsichtig umarmst du deine Freundin. Für einen kurzen Moment schließt du die Augen, um den kurzzeitigen Frieden zu genießen. Doch dann, als du die Augen wieder öffnest, siehst du plötzlich Revali und Teba vorbeigehen. Der Recke funkelt dich strafend an, ehe er ganz eingebildet an dir vorbeistolziert. Und Teba? Er folgt seinem Idol einfach, wirft dir jedoch einen verstohlenen Seitenblick zu, bevor er wieder ernst nach vorne blickt. Und dann breiten die beiden auch schon die Flügel aus, um sich jede auf seine Weise von der Erde abzustoßen und hinfortzufliegen. Melancholisch gestimmt blickst du den beiden nach.
Teba hat eine düstere Woche hinter sich. Die Kämpfe waren hart. Doch viel schlimmer, als diese unliebsamen Begegnungen mit den Monstern, war diese grausame Einsamkeit, die an Tebas Herzen nagt, tief verborgen vor den Augen anderer. Niemand kann wissen, welch unbarmherzige Leere der Orni-Krieger in den letzten Nächten gefühlt hat. Und jedes Mal aufs Neue, wird ihm bewusst, wie verloren er wirklich ist, ganz besonders, wenn der Recke und er das Dorf der Orni besuchen.
Erneut ist ein kräftezerrender Tag zu Ende gegangen. Revali und Teba haben sich einem Leunen entgegengestellt, der sich äußerst bestialisch zeigte. Dem Recken ist es gelungen, das Monster zu besiegen, nachdem der weiße Orni-Krieger von der scharfen Klinge des Chimären-Schwertes getroffen wurde. Teba konnte kaum nach Hause zurückfliegen, nachdem der Champion die Wunde seines Retters behelfsmäßig verbunden hatte, doch dem stolzen Orni aus der Zukunft missfiel es, Schwäche vor seinem großen Idol zu zeigen.
Jetzt sind die beiden Orni ins Dorf zurückgekehrt. Sich humpelnd den Flügel haltend schleppt sich Teba vorwärts, nachdem er gelandet ist.
Während des Fluges hat Revali durchaus bemerkt, dass seinem Retter jeder Flügelschlag einer Qual glich. Besorgt beobachtete der Recke den weißen Orni von der Seite aus, während Teba stur nach vorne sah.
Auch jetzt gefällt dem Recken der Zustand seines Kameradens kein bisschen, so wie er sich hinkend vorwärtsbewegt. Doch dem Champion ist völlig klar, dass Teba zu stolz ist, um sich über seine Verletzungen zu beschweren. Kritisch sieht Revali dem Orni-Krieger aus der Zukunft nach, bevor er ihm folgt.
Das Vorhaben der beiden Orni ist es, sich neu mit Proviant einzudecken, den sie im „frechen Spatz" bekommen werden, sowie ein paar Elixiere, und Pfeile, um ihren Köcher aufzufüllen.
Plötzlich landen vor ihnen eine Staffel aus Kriegern. Einer von ihnen wirft Revali ein Zeichen zu. Aufmerksam mustert Teba den Orni-Krieger mit dem auffälligen Kopfschmuck, das Symbol für den Rang eines Hauptmannes.
»Warte hier!«, sagt Revali zu Teba, ehe sich der Recke auf die Orni-Krieger zubewegt.
Der weiße Orni ist sich sicher, dass der Recke ihren Bericht abhören will. Während Teba auf den Champion wartet, betrachtet er die Krieger. Der Stil der Lederrüstung, den sie tragen, hat sich auch in hundert Jahren nicht geändert, stellt der Retter aus der Zukunft fest. Und dennoch kommt ihm keines dieser Gesichter, die in diesen vertrauten Rüstungen stecken, bekannt vor.
Seufzend schließt Teba für einen kurzen Moment die Augen, bevor er erneut in Ruhe das Dorf betrachtet, von den Brücken bis hin hinauf zu dem riesigen Orni-Felsen.
Wieder einmal wird sich Teba schmerzlich bewusst, dass dies wie seine Heimat aussieht, sich aber nicht wie seine Heimat anfühlt. Die Orni, die Behausungen, sogar die Gerüche und die Geräusche alles erscheint dem weißgefiederten Retter so fremd.
Brummend blickt der große Orni-Krieger nach rechts. In hundert Jahren wird genau dort sein Haus stehen. In der Tat wurde auch hier eine Behausung erbaut, aber sie sieht so anders aus, als seine Hütte, die er zusammen mit Saki und ihren gemeinsamen Sohn bewohnen wird. Wahrscheinlich wird dieses Haus bei der Verheerung zerstört werden. Seine Ahnen werden dann jene Hütte erbauen, die er dann von seiner Geburt an kennen wird. Oder... Nein, diese Behausung wird nie zerstört werden. Teba hat den Lauf der Geschichte geändert. Da Revali nun lebt, ist es wahrscheinlich, dass die Verheerung nie solche Ausmaße erreichen wird, wie in Tebas Welt. Vermutlich wird es den Recken gelingen gemeinsam mit Link und der Prinzessin diesen Ganon zu bezwingen. Das bedeutet wohl, dass die Zukunft in 100 Jahren in dieser Dimension völlig anders aussehen wird, als in dieser. Vielleicht wiederkehrt nun dieses eine Ereignis nicht, dass dazu beigetragen hat, dass Teba geboren wird. Vielleicht wird sogar bereits ein Teil seines Stammbaumes niemals schlüpfen.
Während Teba sich diesen düsteren Gedanken hingibt, landen plötzlich zwei Krieger nicht weit von ihm auf einer Landeplattform. Sie gehen ein paar Schritte, bevor sie sich einander zuwenden. Ein letzter intensiver Blick kommuniziert zwischen ihnen, ehe sie die Schnäbel aneinander kratzen, um sich für diesen Tag voneinander zu verabschieden und zu ihren Frauen zurückzukehren. Dieser Anblick erinnert den weißen Orni bedrückend an ihn und Hertis. Vielleicht wird Hertis nun auch niemals geboren werden oder Saki oder...
Teba kommt sich vor, wie verhext, als plötzlich ein kleiner Orni-Junge an ihm vorbeiläuft. Kichernd, wie einst sein Sohn, breitet er die Flügel aus, ehe er sich in die Schwingen eines Orni-Kriegers stürzt, der gerade heimgekehrt ist. Sein Vater, von der Gestalt und Farbe her eines Turmfalkens ähnlich, herzt den Kleinen, bevor er ihn Huckepack zu seiner Hütte trägt. Dort werden die beiden schon von einer Orni-Dame erwartet, die einem Rotkehlchen gleicht.
Sich an den Kopf fassend schüttelt Teba den Kopf. Als der weiße Orni von der Göttin gerufen wurde, hat er ohne zu zögern, die Reise durch die Zeit auf sich genommen, um sein größtes Vorbild zu retten. Was Teba allerdings dafür opfern müsste, das war ihm zunächst gar nicht klar. Doch jetzt ist ihm wieder einmal schmerzhaft bewusst geworden, dass er all diejenigen gelöscht hat, die er einst liebte.
»Alles... Ordnung?«, ertönt plötzlich die Stimme des Recken.
Teba dreht sich um. Er sieht, dass der Champion vor ihm steht, die gelben Augenbrauen erhoben und die Flügel verschränkt. Grummelnd wendet der weiße Orni-Krieger traurig das Gesicht von seinem Idol ab.
»Nein...«, antwortet Teba dem Recken und belässt es dabei.
Besorgt sieht Revali dabei zu, wie sich sein Retter von ihm wegdreht. Da der dunkelblaue Orni von Tebas Seelenkummer nichts weiß, geht er davon aus, dass die Verletzungen des weißgefiederten Kriegers schlimmer sind, als sie aussahen. Revali ist sich sicher, dass dem weißen Orni etwas wehtun musst. Nur ist es nicht Tebas Körper, der ihn abgrundtief schmerzt, sondern sein Herz.
Der Recke wird seinen Retter bestimmt nicht mit seinen Beschwerden alleine lassen. Sicher wird der große Orni sich stur geben, aber Revali hat seine Entscheidung bereits gefällt.
»Folge mir!« befiehlt Revali seinem Retter plötzlich, bevor der Recke sich umdreht und voranschreitet.
Mit einem fragenden Gesichtsausdruck folgt Teba seinem Idol. Die beiden bewegen sich die Promenade entlang, bis Revali schließlich stehenbleibt und mit dem Schnabel die Richtung einer unbehausten Orni-Hütte nickt.
»Hier rein!«, meint der Champion zu Teba.
Irritiert blickt der weiße Orni sein Vorbild an. »Wollten wir nicht unsere Vorräte auffüllen?«
»Das kann warten,« erwidert ihm der Recke. »Hier drinnen sollten wir ungestört sein.«
Umgehend wird Teba nervös. Die Wortwahl des Champions wirft bei dem Orni aus der Zukunft Fragen auf.
»Wieso?«, fragt der Retter des geflügelten Recken skeptisch, während er seinem großen Idol einen verdatterten Seitenblick zuwirft.
Hörbar die Luft ausstoßend verdreht Revali die Augen, bevor er den um einiges größeren Orni in die Hütte schupst. Kaum stolpert Teba ins Innere, macht sich der Recke daran die Vorhänge zuzuziehen. Verwirrt sieht in der Orni aus der Zukunft dabei zu. Unverzüglich wird dem Orni-Krieger heiß unter seinem Gefieder. Teba fragt sich eindringlich, was Revali bloß vorhat.
Als Revali schließlich fertig ist, das innere der Behausung vor neugierigen Augen zu schützen, vollzieht er eine auffordernde Bewegung mit seinem Flügel.
»Worauf wartest du noch? Setz dich endlich!«, fordert der dunkelblaue Orni seinen Retter aus.
Angespannt steht der weiße Orni-Krieger da, während seine Augen durch den Raum hetzen. »Aber...«
Von Tebas Zögern amüsiert lacht der Recke überheblich auf, ehe er die Flügel an die Hüften stemmt und leicht den Kopf zurückwirft. »Warst du tatsächlich der Meinung, du könntest vor mir verbergen, dass dir deine Wunden Unbehagen bereiten? Der Leune scheint dir offenbar schwer zugesetzt zu haben.«
Oh, jetzt versteht Teba! Es muss wohl an den letzten verbleibenden Resten seiner Läufigkeit liegen, dass der weiße Orni-Krieger einen anderen Beweggrund für Revalis Verhalten befürchtete. Allerdings findet er den wahren Anlass des Recken, ihn in die Behausung zu zerren, kaum beruhigender, da Teba nicht der Auffassung ist, dass er Hilfe von der Legende der Orni benötigt, um seinen körperlichen Zustand zu verbessern.
»Großer Revali, ich versichere euch...«, hebt der weiße Orni an, um sein Vorbild davon zu überzeugen, dass es zu keinerlei Sorge bedarf, was Tebas Verfassung betrifft, doch da bringt ihn Revali auch schon mit einem erhobenen Flügel und einem anmaßenden Blick zum Schweigen.
»Willst du dich mir etwa widersetzen, Teba?«
Dieses freche Lächeln auf Revalis Schnabel macht den Orni-Krieger erneut ganz unruhig.
»Äh... N-Nein! N-Natürlich nicht, Recke!«, stottert Teba perplex.
Von der nervösen Reaktion des weißen Orni-Kriegers vergnügt, lacht Revali leise, ehe er den Kopf zu abrupt zur Seite neigt, dass seine vier geflochtenen Zöpfe wild züngeln. Ein Anblick, der Teba beeindruckt.
»Dann solltest du jetzt den Schnabel halten und mich machen lassen. Na los, zieh deine Rüstung aus!«, verlangt Revali von ihm, als er einen auffordernden Wink mit dem Flügel vollzieht.
Teba hat verstanden, dass jeder Widerstand zwecklos ist. Also tut er, was der Recke von ihm verlangt.
»Hmn...«, brummt Teba verlegen, bevor er sich widerstrebend daran macht, sich vor den grünen Augen, die im Halbdunkel in einem aufmerksamen Schimmer leuchten, die Rüstung abzulegen.
Orni-Krieger schämen sich nicht voreinander und dennoch ist es Teba etwas unangenehm, sich vor seinem Vorbild auszuziehen. Doch im Gegensatz zu dem weißen Orni ist dem Recken die Situation so ganz und gar nicht unbehaglich. Im Gegenteil, selbstgefällig schmunzelnd, steht Revali da und betrachtet, den Körper des großen Orni-Kriegers, der sich vor ihm mehr und mehr entblättert.
Nur noch im Orni-Hemd und mit dem Tuch um die Hüften bekleidet setzt sich Teba auf den Teppich.
»Na also, geht doch!«, trillert Revali zufrieden, eher er sich vor seinem Retter auf den Boden setzt.
Zutiefst beschämt weigert sich Teba sein Vorbild anzusehen, der offenbar denkt, der weiße Orni hätte eine medizinische Behandlung nötig. Aber dem ist nicht so, die Wunden, die er durch den Leunen davongetragen hat, sind zwar spürbar, aber nicht weltbewegend. Teba kann nicht verstehen, warum der Recke so darauf besteht, sich um ihn kümmern zu müssen. Für den Orni-Krieger gleicht dieser Moment einer schweren Schande.
Als Revali sich schließlich hingekniet hat, um Tebas Schwinge zu ergreifen, erkennt er das beklommene Gesicht seines Retters. Offenbar scheint sich Teba vor ihm zu schämen. Revali versteht. Ein solch starker Krieger, wie Teba es ist, wird sich die Schwächen seines Körpers genauso wenig eingestehen, wie Revali es tut. Außerdem weiß der Recke um die unerschütterliche Ehrfurcht zu ihm.
»Stell dich nicht so an! Kaum jemand erhält das Privileg von mir behandelt werden zu dürfen. Du solltest dich glücklich schätzen, Teba,« versucht Revali seinem Retter die Scham zu nehmen.
»Meine Verletzungen sind es kaum wert, dass Ihr Euch darum kümmert, großer Revali,« hört Revali den weißen Orni murmeln, während dieser es immer noch nicht wagt, auch nur in die Nähe seines Gesichts zu blicken.
»Das werde ich selbst entscheiden,« äußert sich Revali mit einem milden Schmunzeln auf dem Schnabel, bevor er Teba befiehlt, den Flügel auszustrecken.
Obwohl es Teba widerstrebt, tut er, was sein Idol verlangt. Kaum hat der weiße Orni seinen Befehl befolgt, macht sich Revali daran den Verband um seine Schulter zu lösen, ehe der Recke den Flügel seines Retters abtastet.
Dem Recken so nahe zu sein, bereitet Teba Unbehagen. Verbissen konzentriert sich der weißgefiederte Orni-Krieger darauf, dass seine Federn sich nicht heben, um dem Recken seine Nervosität nicht auch noch offen zu zeigen. Der Moment ist bereits peinlich genug für den Orni aus der Zukunft.
Doch Revalis Fingerfedern, die für ihr Geschick im Umgang mit dem Bogen bekannt sind, fühlen sich so ganz und gar nicht unerfreulich auf Tebas Flügel an. Ganz im Gegenteil, die Federn des Recken sind so zart und weich. Kein Wunder, denkt sich Teba, schließlich ist der Champion um einiges jünger und zierlicher als der Orni aus der Zukunft. Daher ist es kaum wundernswert, dass Revalis Federn so geschmeidig sind.
»All deine Knochen scheinen noch an ihrem Platz zu sein,« meint Revali, nachdem er Tebas Schwinge, die von dem Leunen getroffen worden ist, einer ausgiebigen Untersuchung unterzogen hat.
Als Antwort brummt sein Retter lediglich.
Der weiße Orni-Krieger zuckt zusammen, als Revali anfängt, Tebas Fingerfedern zu teilen und ausführlich die starken Flügelmuskeln darunter zu massieren. Vor Überraschung weiten sich die gelben Augen des weißgefiederten Retters, während der dunkelblaue Orni schelmisch schmunzelt. Revali weiß nämlich ganz genau, dass die Berührungen seinen Kameraden leicht nervös machen. Der Recke genießt diese Gegebenheit, den sonst so beherrschten Krieger aus der Ruhe zu bringen, außerdem findet er Gefallen an der Art, wie sich diese starken Muskeln unter Revalis Fingerfedern anfühlen.
»Dein Vater scheint dich gut trainiert zu haben,« bemerkt Revali, während er diese starken Schwingen weiter seinen intensiven Berührungen unterzieht und frechen Blickes zu dem Orni-Krieger hinüberspielt.
»Hat er, er war ein ausgezeichneter Lehrmeister,« stimmt Teba ihm zu und weicht dem verspielten Blick des Recken eingeschüchtert aus.
Seinen Retter immer noch selbstbewusst musternd ertappt sich Revali dabei, wie er sich den großen Orni als Küken vorstellt. Der Recke wagt zu bezweifeln, dass er ein stiller Orni-Junge war. Bestimmt steckte der kleine Teba voller Energie und Tatendrang. Als Revali dann sich ausmalt, wie ein weißer, quirliger Orni-Junge versucht, ihm als Legende der Orni nachzueifern, wird dem Champion plötzlich ganz warm.
Revali hatte nie Freunde. Jeder im Dorf respektiert den Recken und ehrt ihn, doch eine besondere Beziehung pflegt der Champion zu niemanden. Doch was Teba angelangt, da wäre der dunkelblaue Orni bereit eine Ausnahme zu machen. Er und der weiße Orni besitzen ein gutes Verhältnis zueinander, das durch tiefes Vertrauen geprägt ist. Nun, sollte tatsächlich jemals jemand ihm ein Freund gewesen sein, dann Teba.
»Der Tag, an dem du als du dich als Orni-Krieger in die Lüfte erhoben hast, war sicher ein stolzer für ihn,« rühmt Revali seinen Retter, als er das massieren einstellt und stattdessen sich daran macht sich langsam über die Wunde seines Flügels zu beugen und die Verletzung zu begutachten.
Teba hebt seinen Blick. Sein Körper versteift sich. Die Schwanzfeder des weißen Orni zeigt pfeilgerade Richtung Himmel. Dieses Lob, das ihm gerade vom Recken persönlich zu Teil geworden ist, hat eingeschlagen, wie ein Bombenpfeil. Dass der Champion ihn tatsächlich Anerkennung schenkt, erfüllt Teba mit Stolz. Der Wind dreht sich. Der peinliche Moment wird für Teba zu einem außergewöhnlichen Augenblick.
»Bevor der Wind ihn zu sich gerufen hat, hat er mir seine Schulter-Rüstung vererbt. Sie war sein ganzer Stolz. Offenbar scheine ich viele richtig gemacht zu haben. Und wenn es soweit ist, werde ich sie meinem Sohn vermachen,« antwortet ihm Teba mit einem geehrten Lächeln auf dem Schnabel.
Vorsichtig teilt Revali die Oberflügeldecken, um sich zu vergewissern, wie schwer der Leune seinen Retter tatsächlich getroffen hat. Der Ansatz dieser herrlich weißen Federn ist mit Blut besudelt, stellt Revali fest. Es ist bereits eingetrocknet. Die Wunde blutet schon gar nicht mehr. Der Schnitt war nicht sehr tief und hat kaum Schaden angerichtet. So ist der Recke der Auffassung, dass Teba Glück gehabt hat. Der Leune hätte ihm auch die Schwinge von der Schulter trennen können.
»Und dein Bogen? Auch ein Erbstück?«, fragt Revali in seinem typisch selbstbewussten Ton, während er in seinen Taschen kramt, um nach einer Medizin zu suchen, womit er Tebas Wunde desinfizieren kann.
Als Revali besagte Phiole gefunden hat und bereits damit beginnt, den Korken zu entfernen, begegnet ihm Teba mit einem bedauernden Blick, denn der Bogen erinnert ihn schmerzlich an Hertis. Dennoch zögert der weiße Orni nicht, dem Recken eine aufrichtige Antwort zu erteilen. »Das Packt-Geschenk meines Schattengefährten.«
Nun ist es Revali dessen grüne Augen aufflimmern, während er in seiner Bewegung einfriert. Mit dieser Antwort hatte der Recke am wenigsten gerechnet.
Zwar hat Revali keinerlei Erfahrung, wenn es um eine Schattengefährten-Gemeinschaft geht und dennoch ist ihm wohlbekannt, dass ein Packt-Geschenk dem Ritual von ausgetauschten Federn bei Orni-Paaren gleicht. Wenn sich zwei unterschiedlich geschlechtliche Orni dazu entschließen ein Paar zu werden, tauschen sie Federn aus, um zu zeigen, dass sie zueinander gehören. Meistens lassen sie sich einen Kopfschmuck oder einen Anhänger aus den Federn ihres Partners fertigen. Orni-Krieger, die jedoch zu Schattengefährten werden, beschenken sich gegenseitig mit etwas Persönlichem.
»Was?«, lacht Revali, als er das Fläschchen in seinen Flügeln sinken lässt und seinen Retter ansieht. »Du hast einen Schattengefährten?«
Unverzüglich hebt Teba eine Augenbraue und bedenkt den Recken, der ihn gerade nahezu belustigt ansieht, mit einem skeptischen Blick. Der weiße Orni fragt sich, was daran so wunderlich sein soll, schließlich hat Teba bereits bemerkt, dass es auch in dieser Zeit üblich ist, einen Schattengefährten zu haben.
»Ist daran... etwas verwerflich?«, fragt Teba mit ernster Stimme.
In diesem Moment tropft Revali die desinfizierende Essenz auf seine Wunde. Augenblicklich verzieht der weißgefiederte Orni-Krieger bei dem plötzlichen Kontakt den Schnabel und unterdrückt einen gequälten Laut.
Für Revali ist es nur schwer vorzustellen, dass der ernste Orni-Krieger zusätzlich zu den Privilegien seiner Ehe, die Freuden eines Schattengefährten-Paktes teilt. Obwohl... Wenn der Recke so darüber nachdenkt, wirklich verwundern sollte ihn das eigentlich nicht. Schließlich gilt Teba als Prachtexemplar unter den männlichen Orni. Die Orni-Krieger in Tebas Zeit würden sich bestimmt darum reißen, dem weißen Orni näherkommen und diese prächtigen Muskeln, die auch er gerade berühren durfte, näher erkunden zu dürfen.
»Nun, ich bin lediglich überrascht. Für so etwas habe ich dich zu prüde gehalten,« erwidert ihm Revali unter einem anmaßenden Ton, während er amüsiert schmunzelt.
»Hm!«, brummt Teba lediglich und sieht sein Ido an.
Stumm beobachtet der weiße Orni, wie der Recke Tebas Wunde säubert. Allmählich ist dieses Brennen erträglicher geworden. Wahrscheinlich liegt es auch daran, weil sich der Orni-Krieger aus der Zukunft mit dem Gedanken ablenkt, dass Revali ebenfalls einen Schattengefährten haben könnte. Natürlich hat Teba nie bemerkt, dass sein Vorbild zu irgendeinem Orni-Krieger eine tiefere Verbindung hegt, aber vielleicht gab es ja in der Vergangenheit jemand Besonderes. Allerdings zweifelt Teba diese Theorie auch an, da der Champion viel zu beschäftigt und reserviert wirkt.
Eigentlich gehen ihn die Beziehungen des Recken nichts an, dennoch nutzt Teba den Moment, um mehr Persönliches über sein Vorbild in Erfahrung zu bringen. »Großer Revali, gibt es in Eurem Leben niemand, mit dem ihr eine große Zuneigung teilt?«
Die Bewegungen von Revalis Fingerfedern werden langsamer.
Der Recke erinnert sich. In der Vergangenheit, als Revali jünger war, gab es einige, die sich zu einem solchen Pakt bereiterklärt hätten, doch der dunkelblaue Orni hat jeden abgelehnt. Niemand war in seinen Augen würdig, sich seinen Schattengefährten nennen zu dürfen. Doch hätte es da jemanden gegeben, der Teba geähnelt hätte, wäre es vielleicht anderes gelaufen, denkt sich Revali.
Da der Recke zunächst gar nicht reagiert, ist Teba der Auffassung er sei mit dieser Frage zu forsch gewesen zu sein. Doch kaum nimmt der weiße Orni Luft, um sich bei seinem Idol zu entschuldigen, bekommt er plötzlich eine Antwort.
»Ich erlaube mir diesen Luxus nicht,« entgegnet ihm der Recke, während er unentwegt auf Tebas Verletzung starrt.
»Nicht mal einen Schattengefährten?«, hakt Teba vorsichtig nach.
»Nein,« lautet Revali kurz angebundene Antwort.
»Und im Frühling?«
Teba erwartet nicht, dass er eine auch dieses Mal eine Antwort bekommt, umso überraschter ist er, als er doch eine erhält.
»Früher einmal waren es kurzweilige Begegnungen. Später habe ich mich nur noch selbst um diese Bürde gekümmert.« Als Revali ihm diese Tatsache erläutert, fällt dem Recken auf, dass er noch nie zuvor mit jemanden über diese persönliche Angelegenheit gesprochen hat.
Zufrieden sieht sich der Champion das Ergebnis an. Tebas Wunde ist nun gesäubert. Nun steckt Revali die leere Flasche weg und macht sich daran, seinem Retter einen frischen Verband anzulegen.
Währenddessen lässt Teba seinen unschlüssigen Blick durch die Gegend schweifen. Die Angelegenheit zwischen dir und Revali liegt ihm schwer auf dem Herzen. Da du dich in jener Nacht so gut um Teba gekümmert hast, würde er dir gerne etwas Gutes tun und dir helfen. Bestimmt würde es dir viel bedeuten, wenn du dich wieder mit dem Recken vertragen könntest. Doch der weiße Orni kann sich bereits denken, dass er mit diesem Thema nicht viel Freude bei seinem Idol bewirken wird. Und dennoch entschließt sich Teba es zu wagen, da er das Gefühl hat, dir etwas zu schulden.
»Und wie war das mit Alora?«
Tebas Frage bringt Revalis Nacken-Federn dazu, sich abrupt zu erheben. Vor Schreck lässt er das aufgerollte Ende des Verbands fallen. Geräuschlos sieht der weiße Orni dabei zu, wie sich der Verband von selbst abrollt und eine Spur aus taupe-farbenen Stoff hinterlegt. Als Teba im Anschluss zu Revali hinüberschielt, wartet bereits ein böser Blick auf ihn.
»Ein unbedeutender Fehler!«, antwortet ihm der Recke patzig, ehe er sich mit der Aufgabe beschäftigt, den Verband wieder aufzurollen, ein überflüssiges Unterfangen, das nicht nötig gewesen wäre, wenn Teba ihn nicht mit so einer grotesken Frage behelligt hätte.
Während Revali den Verband um seinen Flügel wickelt, während der Rest an Tebas Schwinge hängt, hofft der dunkelblaue Orni inbrünstig auf den Anstand des weißgefiederten Orni-Kriegers. Vielleicht hilft Tebas Respekt, dass er keine weiteren Fragen bezüglich zu dir stellt. Doch leider geht Revalis Wunsch nicht in Erfüllung.
»Ihr wirkt nicht wie jemand, der leichtfertig Fehler begeht. Irgendetwas müsst Ihr doch in Alora gesehen haben, da Ihr Euch auf sie eingelassen habt?«
Frustriert ächzt Revali, als er hochwirbelt und seinen Retter strafend ansieht. »Sie war eine willkommene Abwechslung. Nichts weiter!«
Eine willkommene Abwechslung? Teba bezweifelt, dass du das gerne hören würdest. Allerdings wagt der weiße Orni zu bezweifeln, dass Revali sich selbst belügt. Auch wenn du es gegenüber deinem Kameraden aus der Zukunft nie zugegeben hast, Teba hat gespürt, dass das zwischen dir und Revali mehr für dich war, als eine annehmbare Begegnung.
»Sie... würde Euer schweres Urteil sehr bedauern,« bemerkt Teba zögerlich, da er weiß, dass er sich auf dünnem Eis bewegt.
Aufgebracht blickt Revali hinauf zur Decke und betet zu Hylia, dass Teba dieses lästige Gespräch bitte beenden möge. Der Recke will nicht über dich reden. Am liebsten wäre ihm, jegliche Spuren, die auf deine Existenz hindeuten, würden wie Fußabdrücke nach gefallenem Schnee verschwinden.
»Teba,« fängt der Champion an. Sein Ton klingt dabei, wie eine Mahnung. »Diese Shiekah ist eine zügellose Hexe. Sie lässt dich glauben, sie sei etwas Besonderes, aber das ist sie nicht. Was sie dir auch gesagt haben mag, sie ist nicht das, was sie vorgibt zu sein.«
Überrascht funkelt Teba sein Vorbild an. »Sie war also etwas Besonderes für Euch?«
Revali erschrickt so sehr, dass er den Verband beinahe ein zweites Mal fallen lässt, jetzt, wo er beinahe fertig ist, den letzten Rest aufzurollen. Erstarrt schaut der Recke seinen Retter an, der seelenruhig dasitzt und ihn betrachtet. Der dunkelblaue Orni hätte wohl besser auf seine Wortwahl achten sollen, nun hat er sich mehr oder weniger selbst offenbar.
»Das habe ich nicht gesagt, sie...« Deprimiert und angesäuert wirft Revali die Flügel über den Kopf. »Hngh! Teba, ich verbiete dir hiermit, über sie zu sprechen!«
Der weiße Orni ist sehr davon überzeugt, dass er auf etwas gestoßen ist, ein Geheimnis, das Revali wie seinen größten Schatz hütet. So wie es für Teba aussieht, scheint der Recke sich in dich verliebt zu haben und eure Trennung hat den Champion tief verletzt.
»Seid ihr tatsächlich überzeugt davon, sie habe mit Eurem Herzen gespielt?«, hakt Teba nach. Aufgrund seiner Verblüffung nimmt der Revalis Retter in Kauf, sein Vorbild nur noch mehr zu verärgern.
Vor Wut und Beschämung ist Revalis Schnabel inzwischen tief rot geworden, seine Federn haben sich aufgestellt und selbst seine roten Kreise an seinen Wangen scheinen in ihrer Farbe an Intensität zugenommen zu haben.
»Habe ich nicht gerade betont, dass du aufhören sollst?!?«, schimpft Revali aufgebracht, während er auf den Dielen kleine Kratzer hinterlässt, da er mit den Krallen unruhig auf dem Holz scharrt.
So ist es also. Nicht der Stolz des Recken ist gebrochen, sondern sein Herz. Über diese Erkenntnis verwundert, zieht Teba seine Augenbrauen zusammen.
»Verstehe, deshalb äußert ihr Euch also so abwertend über sie,« sagt Teba zu dem Recken, während dieser sich vor Frustration beinahe mausert. »Aber sie ist keine schlechte Person, sie hat Euch nur nichts über ihre Kräfte erzählt.«
Keine schlechte Person... Revali ist da inzwischen anderer Meinung. Du hast ihn das Herz herausgerissen und ihn belogen. Natürlich bist du schlecht! Teba hat es nur noch nicht begriffen, weil du ihm schöne Augen machst. Da der Recke keinen blassen Schimmer hat, was ihr in jener Nacht getan habt, als Teba so plötzlich in Hitze fiel, beschließt Revali dem weißen Orni Krieger seinen Irrtum zu verzeihen, jedoch nicht ohne ihn noch ein letztes Mal vor dir zu warnen.
»Du bist ein Spatzenhirn, Teba!«, meint Revali milde, als er mit dem aufgerollten Verband zu Teba zurückkehrt und sich daran macht, seinen Flügel weiter zu verbinden. »Lass dich nicht von ihr täuschen! Du solltest nicht zulassen, dass deine Federn Teil ihrer Sammlung werden. Und nun... Kein weiteres Wort über sie oder ich sorge dafür, dass du keine Federn mehr trägst, die sie sammeln könnte.«
Teba hat verstanden. Nun hat er sich weit genug aus dem Fenster hinausgelehnt. Er sollte die Nerven des Recken nicht weiter strapazieren und seine Grenzen akzeptieren, auch wenn der weiße Orni-Krieger bedauert, in der Sache zwischen euch nicht viel bewegen konnte.
Also brummt Teba lediglich zustimmend und belässt es dabei.
Schließlich liegt der weiße Orni nachts alleine auf seinem Bett im „Schwalbennest". Wie jede Nacht wird er von Albträumen geplagt und wacht mit vor Schweiß verklebten Gefieder auf. Seitdem Teba weiß, dass er nur eine Kopie ist und wahrscheinlich nie wieder die Gesichter seiner Liebsten je wiedersehen wird, gelingt es ihm nicht mehr, richtig zu schlafen. Wie sehr der Orni aus der Zukunft es auch genoss, seinem Idol wahrhaftig gegenüberstehen zu dürfen, diese Ehre hat nun einen bitteren Beigeschmack erhalten. Teba hat das Gefühl, all diejenigen, die ihm einst am Herzen lagen, verraten zu haben, indem er sich dazu bereiterklärte, den Recken zu retten. Es ist nicht so, dass der weiße Orni-Krieger die Sicherstellung des Champions bereuen würde, aber Teba hat dabei unbeabsichtigt die Geschichte verändert. So kommt es nun dazu, dass Revalis Retter alles verloren hat. Das Opfer, das er gebracht hat, ist zu groß. Teba wird wahrscheinlich nie darüber hinweggekommen, dass er Tulin nie aufwachsen sehen, seine Frau nie wieder in die Flügel schließen und mit seinem Schattengefährten niemals mehr eine Hängematte teilen wird.
Brummend wälzt sich Teba auf seinem Bett. Er kann nicht mehr. Sein Gewissen quält ihn so sehr, dass sein Herz vor Unrast blutet. Tief greifen seine Krallen vor Wut und Verzweiflung in die Matratze, schlitzen den Stoff auf. Von seinen dunklen Gedanken so gepeinigt, bekommt Teba nicht mal mit, dass bereits Daunen aus dem Riss in der Matratze hervorquellen.
Plötzlich sehnt sich Teba nach einem warmen Körper, der ihn hält und ihn das Gefühl gibt, nicht allein zu sein. Der weiße Orni spricht nie über seine Gefühle, schließlich war er stets der Auffassung mit seinem Seelenkummer allein fertig zu werden, doch er benötigt auch keine Worte, er braucht Zuneigung, eine seelische Stütze.
Dann denkt der gebrochene Orni-Krieger abrupt an dich. Du hast ihm bereits in einer letzten Not beigestanden. Bestimmt wirst du es wieder tun. Inzwischen hast du bereits bewiesen, dass du nicht über den Orni aus der Zukunft urteilst. Zu Revali kann er nicht gehen und ihm seinen Kummer offenlegen, denn vor seinem größten Idol schämt er sich zu sehr. Doch du richtest nicht über Teba, du würdest ihm zuhören, ihn trösten, ihn einfach trauern lassen. Bei dir hätte er die Möglichkeit schwach sein zu dürfen. Und niemand würde es je mitbekommen.
Zaghaft hebt Teba den Blick und sieht nach draußen. Er kann den Anblick seines Dorfes, das nicht das seine ist, nicht mehr länger ertragen. Er muss weg von hier. Sein Herz braucht jemanden, der es wieder zusammenflickt und ihn von seinem Kummer ablenkt. Natürlich ist sich der weiße Orni bewusst, dass er auf die Gefahr zufliegt bei Revali in Ungnade zu fallen, aber Teba kann diesen Seelenschmerz nicht mehr länger ertragen. Deshalb fällt er heute Nacht einen Entscheidung...
Gerade bist du bei Purah. Da sie nun gezwungen ist von hier aus zu arbeiten, weil das königliche Institut von den Yiga zerstört wurde, hat sie keine besonders gute Laune, aber sie gibt sich Mühe, trotzdem bei ihren Forschungen voranzukommen.
»Woran arbeitest du?«, fragst du Impas Schwester.
Ihre Antwort fällt zwar etwas patzig aus, denn wie bereits erwähnt, sie hat schlechte Laune, aber du kennst Purah bereits zu gut, um ihr wirklich deswegen böse zu sein. »An was wohl? Ich habe keine Zeit zum Quatschen. Wie du siehst, habe ich alle Hände voll zu tun. Robelo ist in Akkala beschäftigt. Meine Assistenten sind in ganz Hyrule verstreut. Es gibt zu viel Arbeit für eine einzige Person. Doch die Prinzessin hat beschlossen, mir all ihre Probleme aufzuladen. Ich soll die Verheerung erforschen, das Verhalten der Monster diagnostizieren und als wäre all das nicht schon genug, soll ich auch noch herausfinden, wie wir die Retter zurück in ihre Zeit schicken können. Vielleicht sollte ich vorher etwas erfinden, um mich zu klonen, dann gingen meine Forschungen leichter voran.«
»Nee, lass mal! Eine Purah reicht völlig,« scherzt du daraufhin.
Auf deinen Witz erhältst du von der Shiekah-Forscherin lediglich einen gereizten Blick. »Anstatt dich lustig zu machen, könntest du mir helfen.«
Sofort zuckst du zusammen, bevor du dich in ihrem unordentlichen Labor umsiehst. »Wie denn? Ich habe auch nen Haufen Arbeit. Hast du schon mal die Liste an Missionen gesehen, die mir die mir Impa gegeben hat?«
Bevor du vor Purah flüchten kannst, kommt sie auf dich zu und drückt dir etwas in die Hand.
»Hier hast du einen zweiten Shiekah-Stein!«, sagt sie zu dir.
Verwirrt funkelst du das antike Gerät in deiner Hand an. »Was soll ich damit?«
»Am besten Daten sammeln,« eröffnet sie dir, ehe sie lässig einen Zeigefinger erhebt. »Fotografiere ein paar Monster oder so und analysiere ihr Verhalten. Wenn sich etwas verändert hat, ist es gut und wenn nicht ist es umso besser.«
Unbeeindruckt ziehst du die Lider herunter und murmelst: »Das kann ich mit einem Shiekah-Stein auch.«
»Mit zwei geht es aber schneller,« widerspricht dir Purah, bevor sie um den Tisch, vor dem ihr euch befindet, herumgeht und eine antike Achse in die Hand nimmt.
Da du immer noch nicht verstanden hast, was dir ein zweiter Shiekah-Stein bringen wird, verschränkst du die Arme vor der Brust und rümpfst die Nase. »Warum gibst du nicht jemanden einen Shiekah-Stein, der noch keinen hat?«
»Habe ich schon! Ich habe die anderen Shiekah-Steine an die Recken verteilt,« ruft Purah, als sie die Achse in Richtung Decke reckt, dich aber nicht ansieht, sondern weiter irgendetwas auf ihrem Tisch sucht.
Umgehend erhebst du eine Augenbraue, bevor du Purah damit konfrontierst, dass es da noch einige Kandidaten gäbe, bei denen dieser weitere Shiekah-Stein besser aufgehoben wäre, als bei dir. »Vielleicht könntest du die Restlichen den Rettern geben, schließlich liegt es auch in ihrem Interesse in ihre Zeit zurückzukehren.«
»Alora...« Genervt von dir lässt Purah kurz den Kopf sinken, ehe sie dich ein klein wenig säuerlich anfunkelt. »Wenn du mit zwei Shiekah-Steinen überfordert bist, dann gib du ihn einem Retter, wenn du einen siehst.«
Damit gibst du dich zufrieden, deshalb entgegnest du Impas Schwester fröhlich: »Gut, mach ich!«
Als du dich jedoch immer noch nicht von der Stelle bewegst, verdreht Purah die Augen.
»Könntest du jetzt bitte rausgehen! Wie bereits erwähnt, ich habe viel zu tun,« weist dich die Shiekah-Forscherin darauf hin, dass du hier überflüssig bist.
»Okay, okay!« Beschwichtigend erhebst du die Hände auf Kopfhöhe und drehst dich auch schon weg. »Ich gehe ja schon.«
Da du dich erkundigt hast, dass bei Purah alles in Ordnung ist und du Impas Bitte für heute erfüllst hast, gehst du in den nahegelegenen Wald, um dich um das Wildproblem zu kümmern, von dem dir die Bauern aus Hateno erzählt haben. Eigentlich hast du ja keine Zeit dafür, aber auf dem Pergament, das die Befehle der Prinzessin enthielt, ist ebenfalls aufgelistet, dass du die Dorfbewohner unterstützen sollst. Da du findest, dass eine kleine Jagd eine nette Abwechslung zwischen all den Kämpfen gegen diese hirnlosen Monster ist, kümmerst du dich gern über die zunehmende Hirschpopulation. Darüber hinaus ist dir somit auch das Abendessen gesichert.
Kaum hast du den Wald betreten, bewegst du dich mit Pfeil und Bogen im Schleichmodus vorwärts. Tatsächlich begegnest du einem Hirsch nach dem anderen. In den letzten Jahren schien die Brunft des Wilds wohl gut gelaufen zu sein.
Weil dir nach etwas mehr Herausforderung ist, machst du einen Einzelwettkampf daraus. Leise zählst du mit, während du das Wild erlegst. Leider macht das ganze kaum Spaß, weil dir dein weißgefiederter Kamerad fehlt, mit dem du gerne einen Wettkampf veranstaltet hast, aber für einen kleinen Adrenalinkick reicht es.
»10,« zählst du leise, als der nächste Hirsch ins Gras fällt. Gerade stürzt sich ein weiterer aus dem Gebüsch und versucht vor dir zu flüchten, da spannst du auch schon wieder die Sehne und lässt einen weiteren Pfeil flitzen. »11«, triumphierst du etwas lauter.
Hirsch Nummer 12 rennt dich beinahe über den Haufen. Du weichst geschockt zurück. Während du dem jungen Wild nacheilst, ziehst du den nächsten Pfeil auf die Sehne. Schon schießt du. Doch das Tier schlägt einen Haken und dein Pfeil trifft nur die Rinde eines Baumes. Erbost schnaubend verfolgst du den Hirschen weiterhin. Wieder spannst du die Sehne. Dieses Mal konzentrierst du dich besser und...
Ein Pfeil fliegt durch die Luft und trifft den Geweihträger direkt am Kopf. Erstaunt bleibst du stehen. Das war nicht dein Pfeil. Während das Tier zu Boden geht, drehst du dich um, um nach den anderen Jäger Ausschau zu halten, doch du entdeckst niemanden.
Plötzlich vernimmst du das Schlagen von Flügeln. Alarmiert blickst du nach oben und erkennst gerade noch, wie ein weißer Orni vor landet.
Völlig entgeistert blinzelst du Teba an. Mit ihm hast du gerade am wenigsten gerechnet. Der weiße Orni lächelt sanft, als er deinen überraschten Ausdruck bemerkt. Langsam steckt er seinen Falkenbogen weg, den er gerade noch in den Flügeln hielt.
»Teba?« Du bist immer noch so perplex über Tebas Erscheinen, dass du einfach die Stirn runzelst. »Was machst du denn hier?«
»Ich habe dich gesucht,« setzt dich der weiße Orni-Krieger in Kenntnis.
Sofort beginnt dein Herz zu rasen. Du kannst nicht leugnen, dass dir Tebas Antwort ein wohliges Kribbeln in deinem Bauch verursacht. Ohne es wirklich kontrollieren zu können, strahlst du augenblicklich.
»Ach, ja? Wieso denn?«, willst du von Teba wissen, die Neugier in deinem Gesicht ist jedenfalls nicht zu übersehen.
Doch mit einem Mal schlägt deine freudige Aufregung um, als du den kummervollen Ausdruck deines gefiederten Freundes bemerkt.
»Ich wusste nicht, zu wem ich sonst fliegen soll,« vernimmst du Tebas tiefe Stimme, während er das Gesicht von dir abwendet.
Umgehend wird dir klar, dass etwas nicht stimmt.
»Wie meinst du das?«, verlangst du von Teba zu wissen.
»Deine Nähe scheint wohl das Einzige zu sein, dass mir Halt in meinem Sturm gibt,« gesteht sich der Orni-Krieger aus der Zukunft selbst ein, ohne es wagen, dich anzusehen.
Alarmiert zucken deine spitzen Ohren, während du mit schockiertem Blick den Kopf zurückwirfst. »Sturm?«
Zutiefst entsetzt siehst du dabei zu, wie der Falken-Bogen Tebas Flügel entgleitet, ehe der weiße Orni vor dir auf die Knie sinkt. Total entkräftet schlägt er mit den Schwingen gegen den Waldboden. Die Augen fest zugekniffen dreht sich Teba von dir weg. Sein tiefer Schmerz ist kaum zu übersehen.
»Ich habe meinen Sohn gelöscht, meine Frau, meinen Schattengefährten, sie alle,« presst Teba verbittert aus seinem Schnabel.
Sprachlos siehst du dabei zu, wie Teba heftig den Kopf schüttelnd, bevor er sich mit den Flügeln am Boden abstützt und völlig zerstört auf das Moos starrt.
Augenblicklich verstehst du, was deinen Kameraden zu dir getrieben hat. Er fühlt sich allein, sehr allein. Der Schmerz über seinen Verlust droht ihn wohl zu überwältigen.
Da von Teba nichts mehr kommt, da der starke Orni-Krieger wohl gehemmt versucht, seine Tränen unter Kontrolle zu halten, bewegst du dich zögernd auf ihn zu. Ganz langsam gehst du vor ihm in die Hocke. Mitleidig schaust du deinen Freund an. Noch nie hast du Teba so vernichtet gesehen. Von dem starken Orni-Krieger ist Moment nichts mehr übrig. Dein geflügelter Kamerad tut dir so leid, du wünscht dir so sehr, du könntest ihm seine Familie zurückgeben, auch wenn dich das selbst verletzen würde.
Langsam rutschst du mit deinen Knien über das kühle Moos. Du bist dir nicht sicher, wie Teba nun darauf reagieren wird, aber du tust es einfach. Behutsam schlingst du deine Arme um den weißen Orni und umarmst ihn.
»Ich hoffe, du weißt, dass du nicht allein bist, mein Freund,« flüsterst, als du dein Gesicht an Tebas Federn presst.
Du erwartest nichts von Teba. Eigentlich gehst du davon aus, dass er deine Nähe gar nicht haben will, sie vielleicht sogar als unangenehm empfindet. Doch der weiße Orni überrascht dich, als er nach einer Weile deine Umarmung plötzlich erwidert. Fest schlingt er seine Flügel um dich, zieht dich nah an seinen Körper und drückt seinen Schnabel an deine Schulter.
»Ich habe den Recken gerettet und den Preis dafür gezahlt,« hörst du Teba an deiner Schulter entkräftet murmeln.
»Teba...« Vorsichtig kraulst du seinen Hinterkopf. »Du hast deine Familie nicht gelöscht. Sie existiert noch, irgendwo in einer anderen Dimension.«
»Löschen ist dasselbe wie Überschreiben und das habe ich getan. Ich habe meine Familie überschrieben, sie verraten und...« Mit einem Mal bricht Tebas Stimme.
Seine starken Flügel klammern sich so fest an dich, dass dir für einen Moment die Luft wegbleibt.
Mitfühlend funkelst du den gebrochenen Orni-Krieger an. Ohne seine Familie scheint Teba in dieser Zeit verloren. Diese Unsicherheit ist dabei ihn zu vernichten. Du bist verzweifelt und weißt nicht, was du tun sollst, um deinem Kameraden seinen Schmerz zu nehmen.
»Das stimmt doch alles nicht,« versuchst du Teba mit deiner sanftesten Stimme klar zu machen, doch du wagst zu bezweifeln, dass du so zu der gequälten Seele des Orni-Kriegers vordringen wirst.
»Dieses Dorf... Ich kann dessen Anblick nicht mehr ertragen. Diese Gesichter gehören nicht an jenen Ort, den ich zu kennen glaube.« Tebas tiefe Stimme, einst geprägt durch den Ausdruck seines Stolzes, ist nun von tiefer Trauer gegeißelt, als er dich mit einem Mal loslässt. Kopfschüttelnd erhebt sich Teba von Waldboden. Dir den Rücken zuwendend fleht er dich an, seiner Qual ein Ende zu bereiten. »Bitte, nutze deine Gabe und sorge dafür, dass ich meinen Schmerz vergesse.«
Auf den Knien starrst du Tebas Rücken an. Selbst, wenn du fähig wärst, das zu tun, worum dich der weiße Orni bittet, würdest du dich weigern, ihm die Erinnerungen an seine Familie zu nehmen.
»Teba, das kann ich nicht...«
»Wenn du meine Erinnerungen löschen würdest, wäre diese Last auf meinen Schultern ertragbarer für mich,« entgegnet dir Teba in aller bitterer Ernsthaftigkeit, während er in den Wald hineinstarrt.
Während du de Hand an deinen Körper anziehst, stehst du von der Erde auf, dein Blick gefesselt an deinem gebrochenen Freund. »Selbst wenn ich das tun könnte, ich würde das niemals tun. Deine Erinnerungen gehören zu dir, egal wie schmerzhaft sie dir gerade erscheinen mögen.«
Stille. Lediglich das Atmen des Waldes ist zu vernehmen. Einen Moment lang stehst du einfach nur da, unfähig irgendetwas tun zu können.
Gerade denkst du scharf darüber nach, wie du nun weiter mit Teba verfahren sollst, als du plötzlich wieder seine Stimme hörst. »Ich kann nicht mehr schlafen. In meinen Träumen verfolgen mich ihre Gesichter. Tulin, er... Er verschwindet immer in meinem Traum. Sein Gesicht, irgendwann... Irgendwann werde ich bestimmt vergessen, wie er aussieht.«
Bestürzt blinzelst du Tebas Rückseite an. Wie lange ihn wohl schon diese grässlichen Träume plagen? Seitdem er erfahren hat, dass er womöglich nicht mehr zurück zu seiner Familie kann? Das wäre eine verdammt lange Zeit. Der mangelnde Schlaf und dieser ganze Frust müssen gewaltig an seinem Körper zerren. Dir war nie klar, wie elend sich Teba wirklich fühlen muss. Und jetzt, wo dir darüber bewusst geworden bist, willst du deinem Freund nur zur Seite stehen.
Vorsichtig bewegst du dich auf Teba zu, bis du direkt hinter ihm stehst. Langsam schlingst du von hinten deine Arme um ihn. Als sein Gefieder deine Haut berühren, stellst du mit Entsetzen fest, dass sie sich ganz anders anfühlen, stumpf und matt. Das Ausmaß seiner Seelenwunden hinterlassen bereits Spuren an seinem körperlichen Zustand.
»Hast du mit Revali darüber geredet?«, fragst du Teba, während du dich fest an seinen Rücken drückst.
»Der Recke wird von meinem Schmerz nie erfahren. Ein echter Orni-Krieger muss mit seinem Verlust umzugehen wissen,« antwortet dir dein weißgefiederter Freund seltsam monoton.
Fest hältst du Teba in deinen Armen, als würdest du fürchten, irgendeine grausame Macht könnte ihn dir entreißen. Deine Gabe lässt dich spüren, wie leer und ausgelaugt sich der weiße Orni-Krieger fühlt. Sein Herz muss ihm entsetzlich wehtun.
»Warum bist du dann hier, wenn du wirklich so denkst?«, wisperst du freudlos, während du deine Wange an der Rückseite seiner Lederrüstung schmiegst.
»Weil du nicht über mich richten wirst, wenn ich nicht stark genug bin, um diesen Prinzipien gerecht zu werden,« erläutert dir Teba wieder in dieser tonlosen Stimmlage, die dir Angst macht.
»Du bist auch nur ein Orni, Teba. Niemand verlangt von dir, dass du gefühllos durchs Leben gehst,« sagst du, als du dein Gesicht an dem Rücken des Orni reibst. »Wenn du willst, kann ich wieder dafür sorgen, dass du besser schläfst. Du siehst so müde aus.«
Nichts. Von Teba kommt keine Antwort. Deine Arme schlingen sich automatisch enger um den Orni, weil du hoffst, dass er dadurch spürt, dass du ihn nicht hängen lassen wirst.
»Teba...«, fängst du zögerlich an, nachdem du einen für dich ganz untypischen Entschluss gefasst hast. »Ich kann verstehen, dass dich das Orni-Dorf ständig an deinen Verlust erinnerst, daher... Wenn du willst, kann du bei mir wohnen. Ich kann jede Nacht dafür sorgen, dass dich deine Albträume weniger plagen.«
Plötzlich spürst du, dass sich Teba in deiner Umarmung umdreht. So öffnest du deine Arme etwas, um den weißen Orni Raum dafür zu geben. Und schließlich steht er dir endlich Angesicht zu Angesicht gegenüber. Seine Schwingen legen sich um dich. Beide umarmt ihr euch, seid gefesselt in euren Blicken. Teba erwidert dir zwar nichts, dennoch ist die Leere aus seinen Augen verschwunden und du erkennst nur noch eine aufrichtige, stille Dankbarkeit in den goldenen Weiten seiner Iris.
Langsam lässt du deinen Kopf auf Tebas Brust sinken. Leise pocht sein Herz unter der kühlen Stahlplatte. Ein treuer Orni-Krieger und liebender Familienvater, der seine Welt und seine Liebsten verlor... Wahrscheinlich werden Tebas Wunden nie heilen, aber du wirst versuchen, dich um dieses zerstörte Herz zu kümmern.
Ihr beide steht noch lange im Wald, umgeben von der Stille der Bäume. Blätter regnen langsam auf euch herab und die Brise des Windes beruhigt langsam Tebas inneren Unfrieden. Irgendwann gelingt es euch, euch aus eurer tiefsinnigen Umarmung, die von eurer tiefen Verbindung zueinander zeugt, zu trennen. Nun bringst du Teba zurück zu deinem Haus. Zuvor hilft dir der Orni-Krieger noch die vielen Wild-Stücke einzusammeln.
Zuhause in deinem Häuschen in Hateno bereitet ihr gemeinsam Wildreis zu. Später sitzt ihr am Tisch und esst. Dabei schweigt Teba immer zu. In seinen Augen spiegelt sich sein Kummer. Du wünschst dir so sehr, du könntest deinen Freund irgendwie aufheitern, doch so recht weißt du auch nicht wie.
Als ihr fertig seid, räumt Teba wortlos den Tisch ab. Verwundert beobachtest du den Orni dabei, wie er den Abwasch macht. Schließlich rückst du den Stuhl nach hinten und stehst auf. Gerade in dem Moment ist der Orni fast fertig.
Nun stehst du hinter ihm. Langsam zerrst du deinen zweiten Shiekah-Stein hervor, den dir heute Purah gegeben hat. Als du das antike Gerät so in der Hand hältst, entscheidest du dich dazu, dass Teba ihn haben soll. Nun da er wohl öfters bei dir sein wird, wird der Shiekah-Stein deinem gefiederten Freund seine Reise zu dir erleichtern.
Zögernd tippst du Teba von hinten an. Du merkst, dass Teba in seinem Tun innehält. In deiner Hütte ist es still. Lediglich Tebas Atem ist zu hören, als er sich umdreht und dich ansieht.
»Hier!« Teba entkommt ein überraschtes Murmeln, als du ihm deinen zweiten Shiekah-Stein entgegenstreckst. »Mit dem hier musst du nicht jedes Mal zu mir fliegen, wenn dir danach ist, mich zu besuchen. Und du wirst auch schnell im Dorf zurück sein, bevor Revali merkst, dass du weg warst.«
Teba trocknet sich die Flügel ab, bevor er den Shiekah-Stein entgegennimmt. Er mustert ihn eine Weile stumm, bis der weiße Orni schließlich nickt und ihn wegsteckt.
Nun hilfst du Teba, sich um den Rest des Abwasches zu kümmern. Danach steht ihr euch wieder gegenüber.
Keiner weiß, was er dem anderen entgegnen soll, bis du schließlich sagst: »Lass uns ins Bett gehen!«
Traurig nickt Teba. Langsam folgt er dir in die nächste Etage. Beide macht ihr euch fertig für die Nacht. Nur noch in Unterwäsche bekleidet, legst du dich zu Teba, der wie üblich nur seinen Hüftstoff trägt.
Da du nicht so genau weißt, was Teba von dir erwartet, kuschelst du dich vorsichtig an ihn. Doch bevor du sein Gefieder richtig an deiner Haut spürst, schlingt er plötzlich seine Flügel an dich und zieht dich an sich heran. Ehe du dich versiehst, spürst du Tebas Schnabelspitze auf den Lippen. Ungestüm schnäbelt er dich, während er deinen kleinen Körper fest an sich presst. Mit jedem vergangen Atemzug wird Teba emsiger in seinem Handeln. Seine Zuneigung wird schnell fordernder.
Gerade bist du dir nicht sicher, ob Tebas Hunger nach Nähe von seiner Einsamkeit zeugt oder von den letzten Resten seiner Läufigkeit. Also entziehst du dich Tebas gierigen Liebkosungen und siehst ihn zweifelnd an.
»Teba...«, hebst du an. »Was ist eigentlich mit deiner Hitze?«
Liebevoll stupst dich Teba mit seinem Schnabel an, ehe er deine Wange mit seiner Schnabelspitze herzt. »Sie ist noch nicht ganz fort, aber ich habe mich unter Kontrolle,« antwortet dir der weiße Orni.
Nun seht ihr euch an, ganz lange und ganz zärtlich.
»Ich würde gerne wissen, wie du dir unsere Verbindung vorgestellt hast,« verlangst du zu wissen, während du Tebas Wangen kraulst.
Du hast die Liebe zu Revali verloren und er seine Heimat. Ihr könntet versuchen, gemeinsam darüber hinwegzukommen, bis er einen Weg gefunden habt, damit umzugehen. Teba wäre bereit, dies zu akzeptieren. Die Schmach seine Liebe zu Saki verraten zu haben, wird dadurch zwar auch nicht aufgehoben, doch sie gestaltet sich erträglich, da dieses Bündnis zwischen ihm und dir nur bestünde, um etwas zu fühlen und nicht den Verstand in dieser Leere zu verlieren, die in euren Herzen herrscht.
»Du hast mir gegenüber keinerlei Verpflichtungen. Es gibt nichts, das ich von dir erwarte, ich will lediglich deine Nähe. Ich will... etwas spüren,« gibt Teba zu, als er kurz die Augen schließt und sich seinen Schmerz hingibt.
Betrübt siehst du Teba an. Du zögerst. Eine Frage brennt dir auf dem Herzen. Auch wenn du die Antwort vielleicht nicht hören magst, du stellst sie, wenn auch nur zögerlich. »Tust du das, um dich von deinem Verlust abzulenken?«
Der weiße Orni merkt dir unverzüglich an, dass du Angst hast. So nimmt Teba seine Flügel in deine Hände und begegnet dir mit einem sanften Blick.
»Das, was wir teilen, ist eine tiefe Verbundenheit. Ich werde sie mit dir teilen, so lange ich kann. Doch mein Herz wird immer bei den meinen sein. Vergessen werde ich weder meiner Frau, noch meinen Schattengefährten, auch wenn wir von nun an uns ein Bett über geraume Zeit teilen werden.«
Zunächst verziehst du das Gesicht. Du verstehst, was Teba dir damit sagen will. Er will ein Liebesabenteuer mit dir, um sich von seinem Schmerz abzulenken. Womöglich wird er eine Zeit lang sein Leben mit dir teilen, aber es wird wohl so sein, dass sein Herz nie so richtig bei dir sein wird. Eigentlich war es dir klar, dass dich Teba zwar mag, aber sein Herz wird wohl immer bei seiner Frau bleiben. Und trotzdem denkst du mit dem Gedanken leben zu können, dass der weiße Orni nicht ganz dir gehört. Was macht das schon, dann hast du ihn eben nur halb, besser als gar nicht. Allerdings ist da auch noch diese kleine, verräterische Stimme, die dir einredet, dass der loyale Orni-Krieger doch eines Tages noch stärkere Gefühle für dich entwickeln könnte. Auch wenn du gerade das Gefühl hast, dass du dich vielleicht in das nächste Liebeschaos hineinreitest, du gehst das Risiko ein, denn die Verlockung, Teba nahe zu sein, ist einfach zu groß.
Wortlos nickst du, ehe du Teba an dich heranziehst und ihn leidenschaftlich küsst.
Und schon verstrickst du dich in die nächste Affäre, du unverbesserliche Shiekah! Auch wenn du dich gerade selbst für diesen Schritt beschimpfst, die Zuneigung, die Teba dir gerade schenkt, ist das Risiko wert. Nun scheint es offiziell zu sein, nun bist du die Geliebte von Revalis Retter. Was für eine Ironie, da du doch vor nicht zu langer Zeit die Gespielin des Recken persönlich warst. So wie es aussieht, stimmt das Gerücht wohl doch. Du sammelst Orni-Männer und zwar nicht irgendwelche, sondern die, die einen Namen haben. Eigentlich solltest du dich nun in Grund und Boden schämen und zumindest Gewissensbisse haben, weil du ein solch fragwürdiges Verhalten ausübst, aber es ist nun mal so, dass es sich gar nicht falsch anfühlt, denn es ist zwar wahr, dass du versuchst durch Teba über Revali hinwegzukommen, aber es sind durchaus aufrichtige Gefühle im Spiel.
In dieser Nacht liebkost ihr euch in den Schlaf. Das Einzige, was der weiße Orni von dir verlangt, ist, dass du seine Zuneigung erwiderst, seinen Körper hältst und ihn spüren lässt, dass er in dieser kalten, trostlosen Welt nicht alleine ist. Natürlich wirst du Tebas stillem Flehen nicht entsagen und erklärst dich dazu bereit, deinem Kamerad diese Art von keuscher Geborgenheit zu geben.
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