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Teil 1 - Part 2

Es gäbe sicher besseres, was wir hätten machen können. Wir hätten die Polizei rufen können. Wir hätten uns verstecken können. Wir hätten zumindest etwas zu essen mitnehmen können. Aber an nichts von all dem haben wir gedacht. Unsere Gedanken waren noch vor der Schlafzimmertür unserer Eltern und bei dem Mann, dessen Silhouette vom Mondlicht umrandet worden war. Hilflos verließen wir das Haus und stolperten los. In irgendeine Richtung. Den Weg bekam ich nicht zu Gesicht. Mitten in den Wald hinein. Weg von dem Haus. Weg von den Leichen. Ich lief einfach meinem Bruder hinterher, geschockt. Wir bemerkten nicht einmal, dass wir immer noch unsere Schlafanzüge trugen, dass die Schuhe an unseren nackten Füßen scheuerten. Die Äste streiften meine Wangen und rissen an meinem Haar. Ohne darauf zu achten, rannte ich weiter, die Hand meines Bruders fest umklammernd. Ich hatte Angst. Angst davor ihn loszulassen und nicht wiederzufinden. So wie unsere Eltern. Ich würde nie mehr nach ihrerHand greifen können. Die Tränen begannen erneut zu fließen, aber kein Schluchzen drang über meine Lippen. Wir liefen und liefen, die Tränen durchnässten mein Gesicht, hinterließen eine nasse, salzige Spur, unzählige Haarsträhnen verfingen sich in Zweigen, meine Füße wurden taub und der Wald nahm kein Ende. Und trotzdem rannten wir weiter. Weg. Wir mussten weg. Der Gedanke beherrschte uns. Doch irgendwann stolperte ich und zwang meinen Bruder zum Stehenbleiben. Hektisch sah er sich zu mir um. In seinen Augen konnte ich die Angst erkennen. Dieselbe Angst, die er auch in meinen sehen konnte. Noch immer hielt ich seine Hand fest umklammert. Er sah hinter mich, suchte den Wald nach irgendwelchen Spuren ab, aber da war nichts.
„Er scheint uns nicht gefolgt zu sein", sagte er schließlich erleichtert und lockerte seinen Griff ein wenig. Er ging erschöpft in die Knie und lehnte sich an einen Baum. Ich krabbelte zu ihm und legte meinen Kopf an seine Brust. Sein Herzschlag beruhigte mich. Es bedeutete, dass er am Leben war. Seine Wärme drang durch meinen Schlafanzug und ich umarmte ihn fester. Ich spürte eine Kälte, die nichts mit dem Wald zu tun hatte.
„Versuch ein bisschen zu schlafen", murmelte er mit geschlossenen Augen und zog mich enger an ihn. Ich schloss ebenfalls die Augen und das Adrenalin ließ langsam nach, machte der Müdigkeit platz. Aber die Nacht fing gerade erst an. Und es wurde immer dunkler.

Das Knacken der Zweige hat mich damals geweckt. Sobald ich meine Augen öffnete, kehrte auch die Angst zurück. Es war immer noch mitten in der Nacht und da war nichts, außer diesem Knacken. Schnell rüttelte ich meinen Bruder wach. Vor Angst kam kein Laut über meine Lippen. Ängstlich sah ich mich um, während Tobias sich noch schlaftrunken aufrichtete. Alles war dunkel. Doch nicht einmal mehr das Mondlicht konnte uns etwas erkennen lassen.
Damals wirkte alles bedrohlich: Das Knacken, das Flüstern des Windes und sogar die Stille, die plötzlich einkehrte, und uns in vollkommener Unwissenheit zurückließ. War er da? Der Mann? Beobachtete er uns in diesem Augenblick? Oder war das nur ein Streich, den uns unsere Sinne spielten? Tobias zog mich hoch und dirigierte mich langsam und vorsichtig in die entgegengesetzte Richtung. Weg von dem Knacken und der möglichen Bedrohung. Ich spürte meinen Körper deutlicher als je zuvor. Es war das komplette Gegenteil zu vorhin. Nun verursachte jeder kleine Zweig, der meine Haut streifte, eine Gänsehaut. Ich spürte, wie ungelenk ich mich bewegte, gegen die Wurzeln stieß und hastig die Füße hob. Meine Hände waren in Tobias Ärmel festgekrallt. Ich spürte das Zittern, das immer wieder durch meinen Körper lief, das Zucken, jedes mal, wenn ein Ast meine Haare streifte, sich darin verfing, oder rote Striemen auf meiner Wange hinterließ. Sie streiften all die Haut, die nicht von meinem Schlafanzug bedeckt wurde. All die Haut, die noch empfindlicher auf meine Umgebung reagierte, als meine anderen Sinne.
Auch wenn Tobias sich bemühte, keine Geräusche zu verursachen, traten wir immer wieder auf Äste. Das Knacken fuhr uns jedes Mal durch alle Glieder, ließ uns zusammenzucken. Es dauerte nicht lange, bis es auch hinter uns knackte. Er war tatsächlich dort. In der Dunkelheit irgendwo in der Nähe und folgte unseren Geräuschen. Mein Atem ging schneller, wodurch ich es nur noch einfacher für unseren Verfolger machte. Tobias legte mir vorsichtig eine Hand auf den Mund, um meine lauten Atemgeräusche zu dämpfen. Ich klammerte mich fest an meinen Bruder und vergrub mein Gesicht in dem Stoff seines Shirts. Ich spürte, wie sich der Stoff spannte, als er sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit umsah. Wohin konnten wir fliehen, ohne noch mehr Lärm zu verursachen? Plötzlich griff er mir unter die Arme und hob mich hoch.
„Greif nach dem Ast", wies er mich an, so leise flüsternd wie möglich. Ich gehorchte und hievte mich auf die raue Rinde. Er zog sich neben mir nach oben. Schwer atmend umklammerten wir den dicken Stamm zwischen uns. Zitternd hielt ich mir die Hand über den Mund in dem Versuch, meinen Atem zu beruhigen. Das Knacken wurde immer lauter. Er bemühte sich kein bisschen, leise zu sein. Schließlich lösten sich die schattenhaften Umrisse eines Mannes aus der Dunkelheit. Er blieb stehen und drehte suchend den Kopf. Unsere Geräusche hatten aufgehört und so taten es seine. Um uns herum war es vollkommen still. Ich presste mein Gesicht ein wenig näher an die raue Rinde des Baumes und versuchte, meine Beine höher zu ziehen. Ängstlich presste ich die Augen zusammen. Ich hörte ein Fluchen unter uns. Beinahe hätte ich erleichtert aufgeatmet. Er hatte uns nicht entdeckt! Das Knacken ertönte wieder, aber dieses mal entfernte es sich von uns. Tobias und ich, die Augen einen Spalt breit geöffnet, sahen zu, wie seine Umrisse mit der Dunkelheit verschmolzen. Tobias lauschte, bis das Knacken weit genug entfernt war, ehe er flüsterte: „Wir bleiben heute Nacht hier oben. Versuch dich auszuruhen."
Ich nickte. Der Griff meiner Arme um den Stamm lockerte sich ein wenig.

Wir stiegen erst wieder von dem Baum runter, als es bereits hell war. Der Wald sah jetzt ganz anders aus, als letzte Nacht. Die Büsche und Gräser waren von einem saftigen grün und das braun der Bäume und Zweige wirkte gar nicht mehr bedrohlich. Doch das Gefühl der Angst blieb. Es war fast, als könnte ich den Atem des Mannes in meinem Nacken spüren. Der Gedanke verursachte mir Gänsehaut. Tobias sah sich ein Weile um, in dem Versuch, sich zu orientieren. Aber wir waren bereits so tief im Wald, dass wir nicht mal mehr den Weg zurück zur Hütte finden würden. Den Autoweg hatten wir sicher auch schonlange hinter uns gelassen. Nach einigem Zögern griff Tobias nach meiner Hand und gemeinsam gingen wir los. Wir nahmen nicht die Richtung, in der der Mann gestern verschwunden war.

Nach einer Weile konnte ich wieder spüren, wie die Schuhe an meinen nackten Füßen scheuerten, es tat weh. Ich wurde langsamer, auch wenn mein Bruder mich energisch weiterzog.
„Komm schon, Lily!", bat er mich, Verzweiflung in seinen Augen. „Wir haben es bald geschafft." Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich meine Füße erneut bewegte. Seufzend gab Tobias nach. Wir setzten uns an einen Baum und er zog mir meine Schuhe aus. Zischend zog er die Luft ein, als er meine aufgescheuerten Füße sah. Sie waren blutig. Ich zuckte zusammen, als der Wind über die Wundenstrich. Mein Bruder sah sich erneut um, fand aber nicht, was er suchte.
„Ich werde dich für eine Weile tragen, aber danach wirst du wieder laufenmüssen", meinte er, die Hände hilflos zur Faust geballt. In dem Moment knurrte mein Magen. Tobias Schultern sackten herab. Was sollten wir mitten im Wald essen? Wir hatten keine Ahnung von Pflanzen. Zögernd griff er nach einer der Beeren an einem naheliegenden Busch. Ich tat es ihm gleich und aß sie, ohne darüber nachzudenken, ob sie wohl giftig sein könnte. Mein Bruder wollte mich aufhalten, aber da war die Beere bereits in meinem Mund. Wir hatten Glück. Die Beeren waren essbar, auch wenn sie uns durstig machten. Und erneut hatten wir Glück, falls man das so nennen kann. Ganz in der Nähe gab es einen Fluss mit sauberem Wasser. Mir ging es nur darum, meinen Durst zu stillen, aber für Tobias bedeutete er wahrscheinlich, dass wir die nächsten Stunden, Tage – was weiß ich wie lange – überleben würden. Wir ruhten uns noch eine Weile am Ufer aus. Das Gras war weich und ich wäre am liebsten für immer dort sitzengeblieben. Für diesen einen Moment – das Wasser plätscherte, die Vögel sangen, Schmetterlinge flogen herum – war die Welt in Ordnung. Aber es war nun einmal nichts in Ordnung und auch diese Illusion von Frieden konnte uns das nicht vergessen lassen. Schließlich überzeugte Tobias mich, weiterzugehen. Aber egal wohin wir gingen, es sah alles gleich aus. Überall nur Bäume und Büsche, Büsche und Bäume. Wenn ich damals auf mich alleine gestellt wäre, könnte ich Ihnen heute nicht diese Geschichte erzählen. Tagelang wäre ich dort herumgeirrt und hätte den Fluss nie gefunden. Vielleicht wäre ich auch einfach sitzengeblieben und hätte gewartet, bis der Mörder meiner Eltern mich findet. Aber ich war nicht allein. Mein Bruder war bei mir und in jenen Tagen, in denen wir zu zweit durch den Wald irrten, verbrachte er wahre Wunder. Es war seine Idee, dem Fluss zu folgen. Irgendwann musste er nach draußen führen, selbst wenn wir ihm durch den ganzen Wald folgen mussten. Außerdem gab es am Ufer immer etwas zu essen. Im Wald wuchsen reichlich Beerensträucher. Der Flussschlamm war sehr fruchtbar.
Und tatsächlich schien sich das Wasser kreuz und quer durch den Wald zuschlängeln. Trotz allem war Tobias zuversichtlich, dass wir den Rand erreichen würden. Und ich glaubte ihm. Er war selten vorher so überzeugend gewesen, wie in den paar Tagen. Er schien beinahe aufzublühen. All seine verborgenen Talente kamen auf einen Schlag zum Vorschein.
Wir liefen und liefen und nach einer Weile dämmerte es wieder. Dieses mal entschieden wir uns, gleich auf dem Baum zu schlafen. Tobias half mir hinauf. Die Äste waren rau und hart, aber darum kümmerten wir uns nicht. Mein Bruder sah sich noch eine Weile aufmerksam um, aber es schien niemand in der Nähe zu sein. Ich lehnte mich derweil an den dicken Stamm und schloss erschöpft die Augen.

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