Kapitel 2 - Stillschweigen
Mira war unfähig, sich zu bewegen, irgendetwas zu tun. Sie fühlte sich, als würde dichter Nebel in ihrem Kopf verhindern, dass sie einen klaren Gedanken fassen konnte.
Schließlich spuckte ihr Gehirn eine halbwegs hilfreiche Erinnerung aus. Erste-Hilfe-Kurs, 8. Klasse. Punkt eins: Puls und Atmung prüfen. Erleichtert stellte Mira beides bei ihrer Mutter fest. Punkt zwei: Stabile Seitenlage. Sie hievte ihre Mutter vom Stuhl und legte sie in seitlicher Position behutsam auf den Teppich vor der Anrichte. Punkt drei: Einen Krankenwagen rufen. Mira zog ihr Handy aus der Hosentasche und wollte gerade den Notruf wählen.
„Das wird nicht nötig sein." Sie hatte nicht bemerkt, dass ihr Vater die Küche wieder betreten hatte. Mira hielt inne. „Aber...Sie ist bewusstlos." Ihr Vater kniete sich neben seine Frau und klopfte ihr mit der flachen Hand gegen die Wange. „Cornelia, wach auf" Miras Mutter bewegte sich und ihre Augenlider flatterten. „Siehst du, alles halb so wild", wandte sich Miras Vater in beruhigendem Tonfall an seine Tochter. „Nur eine nervliche Überreaktion. Das ist früher öfter vorgekommen."
„Mh" Mira war nicht ganz überzeugt. „Was genau stand denn in der Zeitung?", fragte sie. „Ach, nichts Besonderes. Es hat bei ihr nur einen bestimmten Reflex ausgelöst."
Bevor Mira weiter nachhaken konnte, kam ihre Mutter wieder zu sich. Sie richtete sich auf. „Was ist passiert?", fragte sie. „Du hattest einen kleinen Zusammenbruch", antwortete ihr Mann „wahrscheinlich durch einen willkürlichen Auslöser in der Zeitung. Das ist früher ja öfter passiert. Also kein Grund, sich Sorgen zu machen." Bei dem letzten Satz tauschten Miras Eltern einen merkwürdigen Blick aus.
Miras Mutter schien sich für einen Moment zu sammeln. „Ja. Aber vielleicht sollte ich mal einen Gang zurückschalten. Es war in letzter Zeit ziemlich viel los." Miras Vater nickte zustimmend. „Du solltest heute besser Zuhause bleiben. Ich bringe Mira schnell zur Schule, danach komme ich wieder hier her. Dann können wir uns in Ruhe unterhalten." Wieder ein langer Blickwechsel.
Im Auto sprachen Mira und ihr Vater kein Wort miteinander. Sie musste erst einmal verarbeiten, was an diesem Morgen passiert war und auch er sah offenbar keinen dringenden Gesprächsbedarf.
Mira kam fünf Minuten zu spät in der Schule an, die Klausur hatte bereits begonnen. Missbilligend reichte der Lehrer ihr die Aufgabenblätter und Mira setzte sich an ihren Platz neben Ally, ihre beste Freundin. Als die Klausuraufsicht gerade die Federmappe eines Schülers am anderen Ende des Zimmers inspizierte, lehnte sich Ally nach hinten und stupste Mira leicht an. „Was ist passiert?", artikulierte sie lautlos. Sorge zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. „Nachher", war Miras stumme Antwort. Doch genau genommen wusste sie das selbst noch nicht.
//Schreibt gerne in die Kommentare, was ihr bis jetzt von der Story haltet:)//
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro