15. 🌹 KAPITEL
Tennessee, Nashville; Juli 2016
Chloe
Mir klappt mein Kinn hinunter, als die Worte seinen Mund verlassen.
„Was?" Frage ich perplex nach. Alex stöhnt, als wäre er es leid sich zu wiederholen. Er kritzelt etwas auf einen Zettel und schiebt ihn mir zu. Immer noch etwas verwirrt, nehme ich ihn an und sehe ein Monatsgehalt drauf.
„Sie werden dafür natürlich auch bezahlt. Sehen sie es als Sonderbonus." Immer noch kann ich nicht glauben was ich da sehe und höre. Alex will mich bezahlen um am Wochenende vor seiner Familie seine Freundin zu spielen. Als ich immer noch nichts dazu sagen kann, fährt er fort.
„Es wird rein geschäftlich. Keine Angst." Ich ziehe eine Augenbraue nach oben und lege den Zettel vor mich.
„Um das noch mal zu verinnerlichen. Ich soll sie am Wochenende auf ein Fest begleiten, wo ihre ganze Familie sein wird und mich als ihre Freundin kennenlernt? Noch dazu wollen sie mich bezahlen?" Er nickt.
Irgendwie stimmt es mich traurig und zugleich wütend, dass er mir Geld zahlt wie einer Prostituierten. Doch anderseits brauche ich es dringend und es wäre auch eine gute Gelegenheit ihm die Wahrheit über mich zu sagen. Und die Tatsache, dass er weder eine Frau noch eine Freundin hat, lässt mich kurz innerlich quietschen. Ich atme nochmal tief ein, bevor ich ihm antworte.
„Okay." Perplex, als hätte er mit einer anderen Antwort gerechnet, zieht er die Augenbrauen hoch.
„Gut. Sie können morgen frei machen. Ich hole sie dann gegen 10 Uhr ab. Dann haben sie noch Zeit ihre Tasche zu packen." Irgendwie klopft mein Herz ganz wild, daher atme ich flach aus, damit er nichts ahnt. Ich werde ein ganzes Wochenende den privaten Alex kennenlernen und seine Familie. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, dass ich nicht verhindern kann.
Jetzt muss ich nur noch Kiara unterbringen und da habe ich auch schon eine Idee. Seit längerem möchte sie gerne bei Josh schlafen und Miriam hat Samstag frei. Wenn ich ihr erzähle, dass ich ihm alles gestehe, wird sie mit Freude auf meine Tochter aufpassen.
***
Seit heute Morgen bin ich ein einziges Nervenbündel. Ich habe wie gewohnt Kiara in den Kindergarten gebracht und heute Nachmittag wird sie von Joshs Mutter abgeholt. Sie hat sich riesig gefreut und plant schon alles für einen Filmeabend mit ihm. Miriam hat sich gerne bereit erklärt sie am Samstagmittag abzuholen. Wie erwartet hat sie sich mehr gefreut auf mein Wochenende mit Alex, wie ich.
Doch nachdem ich geduscht habe und meine Tasche gepackt auf der Couch stehen habe, werde ich zunehmend nervöser. Es ist kurz vor zehn Uhr, als es an der Tür klingelt. Ein letztes Mal überprüfe ich mein Aussehen im Spiegel, bevor ich meine Tasche schnappe und die Wohnung verlasse.
Auf dem Gehweg angekommen, erblicke ich ihn sofort. Lässig lehnt Alex an einem schwarzen Audi R8. Seine Hände vor seiner breiten Brust verschränkt und eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase. Die Haare liegen locker auf seinem Haupt.
Heute trägt er ein dunkles Poloshirt und kurze Hosen. Irgendwie wirkt er dadurch jünger und erinnert mich sofort an vor sieben Jahren. Ich habe mich selbst ebenfalls für kurze Hosen und ein schlichtes enges weißes Top entschieden, da wir wahrscheinlich einige Meilen fahren werden.
Als er mich erblickt, richtet er sich auf und kommt mir entgegen. Er schiebt seine Sonnenbrille auf seinen Kopf und abermals faszinieren mich seine blauen Augen, die im Sonnenlicht regelrecht glitzern.
„Guten Morgen, Mr. Callahn." Lächelnd setzte ich mich ebenfalls in Bewegung.
„Guten Morgen." Er nimmt mir die Reisetasche ab, um sie in seinem Kofferraum zu verstauen. Währenddessen setzte ich mich auf den Beifahrersitz. Der Innenbereich ist mit dunklem Leder Ausgestattet. Fasziniert blicke ich mich im Sportauto um. Es ist wirklich schick und weit über meiner Preisklasse. Im Moment kann ich mir noch nicht mal eine größere Wohnung leisten. Geschweige denn ein Auto.
Alex steigt neben mir ein und lässt sich auf dem Fahrersitz nieder.
„Wo wohnen ihre Eltern?" Frage ich ihn neugierig, während er den Motor startet. Das tiefe Schnurren dringt an meine Ohren. Langsam dreht er sich zu mir um.
„Während der Zeit sprechen sie mich bitte mit Alex an." Ich nicke und ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. „Meine Eltern leben außerhalb von Knoxville, das sind ungefähr 180 Meilen. Also lehnen sie sich zurück und entspannen sie sich." Damit Manövriert er sein Auto aus der Parklücke und fädelt sich in den Verkehr ein. Mein Blick gleitet zu ihm. Seine Hände liegen beide angespannt auf dem Lenkrad und auch so sieht er alles andere als entspannt aus. Wie soll ich mich den dann entspannen.
Eine Zeit lang, schweigen wir, während wir durch die Stadt fahren. Doch alsbald wird mir langweilig und diese Anspannung im Auto legt sich wie eine erdrückende Decke über uns. Wir sind zwar schon öfter zusammen gefahren, aber immer war Mike dabei. Nun sitzen wir alleine in seinem Auto und wissen nicht was wir miteinander reden sollen. Irgendwie ist es mir unangenehm, daher überlege ich die Stille zu unterbrechen.
„Können Sie... Tschuldigung. Kannst du mir etwas über deine Familie erzählen?" Eine Zeit lang antwortet er mir nicht, daher füge ich hinzu. „Wenn ich schon deine Freundin spielen soll, währen paar Eckdaten nicht schlecht." Sein Blick wandert zu mir und kurz zuckt sein Mundwinkel nach oben.
„Gut." Er schnauft und entspannt sich ein wenig. Wir biegen auf den Highway ab, als er anfängt zu reden.
„Mein Vater heißt Henry und meine Mutter Carol. Dann habe ich noch eine jüngere Schwester namens Abigal." Er hält inne und blickt mich kurz an, bevor er sich wieder auf die Straße konzentriert. Das waren ja nicht gerade viele Daten. Da es auch nicht den Anschein hat, dass er mehr erzählen möchte, schlage ich eine andere Richtung ein.
„Und wie haben wir uns kennengelernt?" Seine Augenbrauen schieben sich nach unten.
„Was?" Ich drehe mich zu ihm um.
„Na ja. Unsere Geschichte muss doch gleich lauten. Seit wann kennen wir uns? Woher und solche Sachen."
„Du bist gerne Vorbereitet oder?" Eine leichte Belustigung macht sich auf seinem Gesicht breit.
„Ja, irgendwie schon. Ich will mich nicht blamieren." Gebe ich ehrlich zu. Ich bin immer noch nervös seine Familie zu treffen. Es ist zwar für ihn nur gespielt, aber für mich ist es etwas anderes.
„Dann überlasse ich es dir, etwas zu erfinden." Ich tippe mir an mein Kinn und überlege kurz.
„Wie wäre es, wenn wir uns in einer Bar vor wenigen Wochen getroffen haben?"
„Mmh, eher unwahrscheinlich. Außer Arbeiten und laufen mache ich nicht viel in meiner Freizeit." Perplex wende ich ihm meinen Blick zu.
„Wirklich? Und an deinen freien Tagen?"
„Arbeiten. Ich habe keine freien Tage."
„Das ist traurig." Nuschle ich vor mich hin. Sein dunkles Lachen dring an meine Ohren und nun blicke ich ihn verwirrt an.
„Danke, dass du mein Leben als traurig bezeichnest. Da fühle ich mich gleich besser." Erst jetzt merke ich, was ich gesagt habe.
„Oh, nein. So war das nicht gemeint... Ich..." Abermals gluckst er.
„Chloe, ich nehme dir das nicht böse." Erleichtert atme ich aus. „Aber wenn du unbedingt eine Geschichte brauchst, dann lass uns das einfach nehmen." Sein lächeln ist ansteckend und auch meine Lippen umspielt eines.
„Klingt gut. Aber ein paar Informationen mehr, währen nicht schlecht."
„Chloe, entspann dich. Wir stehen nicht vor Gericht. Es sind bloß meine Eltern." Nervös knete ich mir meine verschwitzten Hände. Für ihn ist es vielleicht eine Kleinigkeit, doch für mich nicht. Ich lerne seine Eltern kennen. Die Großeltern von Kiara, von dessen Existent sie noch nicht mal wissen.
Was wenn sie es irgendwann erfahren? Dann stehe ich als Heuchlerin und Lügnerin da. Sie werden mich hassen und ihre Enkelin auch. Ich will einen guten Eindruck machen und habe jetzt schon das Gefühl zu versagen. Ich habe diesen Gedanken bewusst beiseite geschoben, doch nun trifft er mich volle Breitseite.
ICH LERNE KIARAS GROßELTERN KENNEN.
Mein Herz schlägt immer schneller und kurz blitz der absurde Gedanke auf, einfach aus dem Auto zu springen um diesem Druck zu entkommen.
„Alles gut?" Immer noch versuche ich meine Atmung zu kontrollieren, doch ich habe das Gefühl kurz vor einer Panik Attacke zu stehen. Panisch Atme ich ein und höre mein Herz rasen. Meine Hände zittern unkontrolliert, während ich das Gefühl habe keine Luft zu bekommen.
"Chloe!"
Am Rande bekomme ich mit, wie Alex am Straßenrand anhält und nur Sekunden später meine Tür aufgerissen wurde.
„Siehe mich an." Sein strenger Ton, lässt mich aufblicken. Er hat sich neben die Beifahrer Tür gesetzt und blickt mich besorgt an. Ich atme tief ein, doch die Panik bleibt. Alex richtet sich auf und das klicken, des Sicherheitsgurtes ist zu hören.
„Atme tief ein und aus und versuche dich zu beruhigen." Seine ruhige Stimme, lässt mich etwas runterfahren. Mein Herz hämmert zwar immer noch schnell in meiner Brust. Ob durch seine Nähe ausgelöst oder durch die Panik, weiß ich nicht. Vielleicht hängt es auch einfach zusammen. Immer noch hockt er neben mir und seine Augen gleiten besorgt über mein Gesicht.
"Langsam." Ich versuche seine Atmung nachzueifern und langsam spüre ich wie ich wieder mehr Luft bekomme.
„Geht es wieder?" Meine Atmung kommt nicht mehr so abgehakt wie zuvor, doch das beengte Gefühl in der Brust bleibt.
Ich atme noch einmal aus und ein und versuche meine Zitternden Hände zu beherrschen. Erst dann nicke ich langsam.
„Willst du kurz frische Luft schnappen?" Fragt er immer noch mit dieser Beruhigenden Bariton Stimme.
„Nein. Es geht wieder." Er nickt knapp und erhebt sich.
„Okay. Dann schnall dich wieder an." Erst als das Klicken des Gurtes zu hören ist, schließt er die Beifahrertür und umrundet das Auto um selbst einzusteigen. Als er sich neben mich setzt, blickt er mich nochmal besorg an, doch ich wende den Blick beschämt weg. Gott wie peinlich. Was er wohl jetzt denkt? Bestimmt bereut er es mich gefragt zu haben, wenn ich jetzt schon so ausraste.
Als wir wieder auf den Highway biegen, breche ich das schweigen.
„Es tut mir leid." Ich fühle mich gerade wie ein kleines Kind. Daher spiele ich nervös an meiner Nagelhaut herum.
„Du musst dich nicht entschuldigen. Für mich ist das auch kein Spaziergang." Erst jetzt blicke ich ihn an. Ein kleines Lächeln ziert seinen Mund und das Grübchen in seiner Wange erscheint. Sofort spüre ich wie meine Knie weich werden und bin froh zu sitzen.
„Was möchtest du den noch wissen?"
„Was?" Frage ich perplex nach, da ich ihm nicht wirklich zugehört habe. Ich war eher in Gedanken über das Bevorstehende.
„Wenn du dich besser fühlst, frag mich was auch immer du fragen möchtest." Ich blinzle mehrmals, doch Alex blickt weiterhin auf die Straße. Ich darf alles fragen? Egal was? Abermals fangen meine Hände an zu zittern. Tausend fragen preschen in meinem Kopf umher. Doch was frage ich zuerst. Ich würde gerne etwas über den Ring erfahren, den er trägt. Oder ob es einen Menschen in seinem Leben gibt der ihm etwas bedeutet. War er schon mal verheiratet? Mag er Kinder?
„Warum hast du mich gefragt?" Platzt es aus mir heraus und schnell beiße ich mir auf die Zunge. Warum frage ich ihn ausgerechnet das? Gott, was wenn er mir jetzt eine Antwort gibt die ich nicht hören will.
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