So many obstacles in the way
Nach wie vor klopfte ihr Herz wie wild. Ihre Sinne spielten verrückt. Alles in ihr war unruhig, emotionales Chaos, Angst und weit weg von jenem Walt-Disney-Märchen, nach dem sie sich doch so sehr sehnte. Es war Riven, der den Moment zerstörte.
,,Es gibt da ein paar Dinge, die du wissen solltest", meinte er auf einmal gedehnt, während sein Daumen über ihr Kinn glitt.
Die unerwartete Liebkosung ließ Musa zusammenzucken.
,,Ich habe keinen einzigen anständigen Knochen im Leib. Anstand ist mir vollkommen fremd."
Musa verzog das Gesicht. ,,Danke für die Aufklärung. Darauf kannst du echt stolz sein."
,,Das bin ich auch", sagte Riven, wobei seine sündigen Lippen sich ein wenig hoben. ,,Aber ich werde jetzt so tun, als wäre ich anständig, und dich gehen lassen."
Und wenn sie das gar nicht wollte, seine Selbstaufopferung.
,,Du verstehst mich?", setzte Riven nach, als Musa keine Antwort gab.
Innerlich begann Musa vor Zorn zu beben. Das sollte wohl ein Witz sein. Am liebsten hätte sie ihm eine geknallt. Mit voller Kraft.
,,Und was, wenn nicht?", fauchte sie.
,,Dir muss eins klar sein", flüsterte er, und Dunkelheit war zurück in seiner Stimme. ,,Die Mission hat Priorität."
In seinen Worten lag eine Endgültigkeit, bei der Musa ein Schaudern durchlief. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf. Es lag eine gewisse Kälte in seinen Zügen. Musa sah ihm direkt in die Augen. Sie waren wunderschön und zogen sie in den Bann. Musa wusste, dass er Recht hatte, sie sollte besser den Mund halten. Aber einem kleinen Teil in ihr, war es egal. Auf einmal loderten seine Augen noch ein wenig heller.
,,Ich möchte, dessen kannst du dir sicher sein ..."
Ein Aber würde folgen, das Musa jetzt schon hasste. Eine Eiseskälte packte sie.
,,Aber ich kann nicht ... Noch nicht."
Er sprach mit solch einer Leidenschaft, als wollte er persönlich dafür sorgen. Sein Blick huschte zur geschlossenen Rampe des Flugdeckkreuzers, dann sah er ihr in die Augen.
,,Sie kommen", warnte er.
Sie?
Ehe Musa etwas erwidern konnte, verdeckte Riven sie auch schon mit seinem Körper. Ihr ganzer Körper war angespannt wie eine Bogensehne, als die Rampe mit einem ohrenbetäubenden Knall aufflog. Staub wirbelte durch die Luft, der es Musa schwer machte etwas zu erkennen. Gerade wollte sie den Mund öffnen ...
,,Schhh."
Hatte er ihr gerade das Wort verboten?
Wut flammte auf. Sie hasste es, wenn er ihr Befehle gab. Riven sah sie warnend an. Ihr impulsives Wesen könnte zu ihrem Versagen führen. Sein Befehl war nachvollziehbar, dachte Riven zumindest. Es war ihre Wut über die Situation, über ihre Machtlosigkeit. Nach wie vor starrte sie ihn wie ein kleines, zorniges Kind an. Sämtliche Gründe, die ihr durch den Kopf gingen, seinen Befehl zu missachten waren vermutlich falsch, aber das war ihr egal. Sie schubste ihn, um sich danach an ihn vorbeizudrängen. Einen Moment war er wie erstarrt, und im nächsten Moment löste er sich aus seiner Starre, um sie zu Boden zu reißen. Der Aufprall schmerzte, doch genau in dieser Sekunde flog durch den Nebel aus Staub ein Pfeil über ihre Köpfe hinweg. Dieser hätte Musa nicht verfehlt, wäre Riven nicht gewesen. Voller Entsetzen huschte ihr Blick zu ihm. Wie hatte er das kommen sehen? Ihr Herz schlug wie verrückt, während Riven sie mit seinem Blick erdolchte.
,,Warum seid ihr in unser Reich eingedrungen?"
Eingedrungen? War Domino nicht verlassen?
Allmählich lichtete sich der Nebel aus Staub, um eine Armee aus Gegnern so zahlreich wie die Sterne zu offenbaren, die allsamt Masken trugen, die ihre Identitäten verbargen. Ihre Bogen waren gespannt und präzise auf Riven und Musa gerichtet, als würden sie nur auf den Befehl zum schießen warten. Musa verharrte, während Riven sich mühsam aufraffte, darauf bedacht keine falsche Bewegung zu machen.
,,Es war nicht unsere Absicht. Die Koordinaten des Kreuzers müssen fehlerhaft gewesen sein."
Riven senkte das Kinn, und seine Gesichtszüge wirkten mit einem Mal kantiger. Wie gebannt starrte Musa ihn an, und sie brauchte eine Weile, bis sie sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren konnte.
Eine der maskierten Gestalten trat nach vorne, um sich die Maske mit einer fließenden Bewegung vom Gesicht zu nehmen. Zum Vorschein kam eine junge Frau. Ihr seidiges blondes Haar ergoss sich bis über ihren Rücken, ihre Gesichtszüge waren feminin, beinah perfekt, doch ihre Augen ... Eisblau und so hart wie Stahl. Um ihre Hüften trug sie ein Schwert und einen Dolch. Sie hob die Hand und die Armee ließ die Bögen sinken.
,,Also gut, das ist eine interessante Begegnung."
,,Ich bitte um Entschuldigung", sagte Riven und senkte in einer höflichen Verbeugung den Kopf.
Musa verstand die Welt nicht mehr. Was tat dieser Idiot da? Die Frau kam näher, um direkt vor Riven stehenzubleiben. Sofort fiel Musa auf, dass sie nur wenige Zentimeter kleiner war als Riven. In einer eleganten Bewegung warf sie sich das Haar über die Schulter, wobei ihr Blick am Flugdeckkreuzer hängengeblieb.
,,Woher stammt ihr?"
,,Aus Magix", erwiderte Riven, ohne mit der Wimper zu zucken.
,,Ah", entgegnete die Frau mit einem Nicken, dabei fiel ihr Blick auf Musa, die nach wie vor am Boden lag. ,,Und sie?"
,,Meine Schwester."
Musas Blick schoss voller Unglauben zu Riven. Seine was!
,,Das Schiff muss repariert werden, bevor ihr fort könnt, also biete ich euch eine Bleibe, solange es nötig ist."
Einer der maskierten trat durch die Reihen nach vorne. Er schien empört über das Angebot.
,,Das darfst du nicht", begann er zu protestieren, doch wieder hob die Frau die Hand.
,,Schweig!"
Widerwillig trat er zurück in die Reihen.
,,Folgt mir", richtete die Frau das Wort wieder an Riven.
Riven griff nach Musas Hand und half ihr auf. Ihre Blicke kreuzten sich, doch Riven schüttelte den Kopf. In Schweigen gehüllt folgten sie der Frau, wobei Musa ein ungutes Gefühl beschlich. Für den Bruchteil einer Sekunde berührten Rivens Finger Musas Hand.
,,Ich wollte dich nicht ins Verdreben laufen lassen", sagte er mit gesenkter Stimme.
Musa ignorierte ihn. Ihr Blick war stur auf den Rücken der Frau gerichtet. Ob nicht genau das ihr Verderben war, kam Musa in den Sinn. Die Bleibe entpuppte sich als eine Art Palast, diese Tatsache machte Musa nur noch nervöser. Diese Frau musste hier ein hochrangiges Tier sein, ansonsten hätte sie den Soldaten nicht so leichtfertig anblaffen können. Musa war versucht ihre magischen Fühler auszustrecken, um eine winzige Emotion aufzuschnapen, doch im Moment schien es ihr zu gefährlich. Mondlicht fiel durch die Fenster und tauchte alles in einen sanften Schimmer. Musas Blick huschte umher. Bis jetzt befanden sich keine weiteren Hinweise in ihrem Blickfeld, wobei sie nicht wusste, wie ein solcher Hinweis aussehen hätte sollen. Die Frau ging ohne ein Wort des Abschiedes und überließ Riven und Musa den Wachen, die sie in ein annehmliches Zimmer führten. Leise schloss sich die Tür. Die Stille, die nun herrschte bescherte Musa eine Gänsehaut. Ihr Blick erfasste den Raum. Ein Bett, ein beinah leeres Regal und ein Schreibtisch, der abgesehen von einer kleinen Lampe, leer war. Musa öffnete eine Schublade, die lediglich Federn und geschlossene Tintenfässchen enthielten. Nichts was von Bedeutung wäre.
,,Du bist frustriert."
Musa hob den Blick. Riven stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster und sah in den Innenhof hinaus, als hätte er etwas oder jemanden im Blick.
,,Ist das so offensichtlich?"
Er verzog die Lippen. ,,Wir haben doch einiges herausgefunden."
,,Aber was sagt uns das?", brummte Musa, wobei sie die Schublade mit einem Ruck schloss.
Er schwieg einen Augenblick lang, und sie spürte, dass er sie anstarrte. Unter seinem Blick begann ihr Körper zu kribbeln.
,,Es wird hart."
Musa konnte mit dieser Aussage wenig anfangen. Es könnte sich auf ihre jetzige Situation beziehen oder auf ihre Beziehung. Riven ging jedoch nicht weiter ins Detail. Er schien es sowieso mehr zu sich selbst, als zu ihr gesagt zu haben. Musa spürte, wie die Leere in ihr sich zurückzog und ein schmerzendes Herz zurückließ. Sie versuchte nicht, die Leere zurückzuholen. Innerhalb eines Wimpernschlags stand Riven direkt vor ihr. Das Verlangen, einen Schritt zurückzuweichen, war genauso stark wie die Sehnsucht, auf ihn zuzutreten. Sie blieb, wo sie war, und tat keines von beiden, während ihr Herz flatterte wie ein verzweifelter Vogel im Käfig. Riven starrte auf sie hinunter.
,,Warum ist dir all das so wichtig? Was ist dein Grund?"
Die Frage brachte Musa aus dem Gleichgewicht und ließ ihr Herz schneller schlagen. Beinahe hätte sie aufgelacht, doch dann dachte sie an den verborgenen Teil in sich, den nichts mehr kümmerte. Unwillkürlich zog Riven eine Zigarette hervor und flüchtete zurück ans Fenster.
,,Einer Gefahr mit Wut entgegenzutreten ist nicht die klügste Lösung", sagte er unter zwei Zügen. Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
Es klopfte an der Tür, was ihr Gespräch abrupt enden ließ. Die Frau trat ein, wobei sie Musa keines Blickes würdigte. Ihr Interesse galt rein Riven. Sie warf sich das Haar über die Schultern.
,,Ich hoffe ich störe nicht", sagte sie, wobei sie unschuldig mit den Wimpern klimperte.
Riven schüttelte den Kopf, dabei vergrub er die freie Hand, die nicht die Zigarette hielt, in die Hosentasche. Musas aufmerksamen Blick entging nicht, dass er auf einmal angespannter wirkte. Seine Körperhaltung, seine Gesichtszüge.
,,Ich würde gerne alleine mit dir reden unter vier Augen, ohne deine Schwester."
Natürlich wollte sie das, diese Schlange. Riven schnippte die Zigarette aus dem Spalt des Fensters, das er vor wenigen Augenblicken geöffnet hatte, um sich in Bewegung zu setzen. Musa wollte nach seinem Arm greifen, um ihn aufzuhalten, doch ihre Gliedmaßen waren wie gelähmt. So schloss sich die Tür, die Musa wie betäubt anstarrte.
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