
Queen of the damned
Während Musa nach wie vor die geschlossene Tür anstarrte, kam sie sich einfach ziemlich dumm vor. Ein Gefühl, das sie verabscheute. Und da war noch etwas. Sie hätte schwören können, dass sich etwas in seinem Blick verändert hatte. In seinen Augen war etwas erloschen. War vielleicht sogar ein bisschen kalt geworden. Ein Schauder durchlief ihren Körper. Sie holte tief Luft und versuchte nicht zu weinen. Rasch straffte Musa die Schultern. Sie war nicht hilflos. Nun lag sie auf dem Bett, um an die Decke zu starren. Sie schloss die Augen und hörte nur das Klopfen ihres Herzens.
,,Wundervoll", sagte Musa erschöpft.
Riven wusste bereits mehr, als er zu gab. Ansonsten hätte er nicht gewusst, dass sie kommen. Oder hatte er mit sie die Frau gemeint? Irgendwie wirkten die beiden vertraut. War das gerade die Eifersucht, die aus ihr sprach? Ihr fiel keine Antwort darauf ein. Ein frustrierter Laut entfuhr ihr. Hatten sie versagt? Und es war dieser Gedanke, der ihrem Herzen einen Stich versetzte. Musa rieb sich die Brust und setzte den Gedanken ein Ende, bevor die Vielzahl an Gefühlen wieder in ihr hochstieg. Sie hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging. Die Gefühle in ihr waren stark und unverfälscht. Die Kontrolle begann ihr zu entgleiten. Wie lange sie einfach nur auf dem Bett gelegen hatte und an die Decke starrte, wusste Musa nicht. Die Dunkelheit hatte Domino bereits eingehüllt, wie eine Decke. Fahles Mondlicht Drang durch den offenen Spalt des Fensters, der nicht von dem schweren Stoff des Vorhangs verborgen wurde. Das Zeitgefühl war Musa bereits entglitten. Leise wurde die Tür geöffnet und ein sanfter Lichtstrahl erhellte kurz die Dunkelheit im Zimmer, bevor die Tür genauso leise geschlossen wurde. Schritte durchquerten den Raum, um vor dem Bett zu verstummen. Riven sagte kein Wort, doch Musa spürte seinen Blick auf sich ruhen. Unaufgefordert machte sie ihm Platz, damit er zu ihr ins Bett passte. Nun lagen sie im Dunklen und starrten an die Decke. Ihre Arme und Beine berührten sich durch die Enge des Bettes.
,,Verrätst du mir, was du weißt?"
Musas Stimme schnitt durch die Stille, wie ein Messer.
Oder, was du verheimlichst, dachte Musa stumm.
Zuerst kam keine Erwiderung von Riven. Nur sein gleichmäßiges Atmen war zu vernehmen. Das Bett ruckelte ein wenig, als sich Riven zur Seite drehte, um Musa anzusehen. Er stützte seinen Kopf mit der Hand ab.
,,Was glaubst du, was ich weiß?", antwortete er mit einer Gegenfrage.
Nun wandte Musa ihm das Gesicht zu. Wie sie dieses Spielchen zwischen ihnen zu hassen begann.
,,Was ich glaube? Nun ja, ich glaube du wusstest von alldem hier und das ist der wahre Grund, warum du mich nicht dabei haben wolltest."
Riven betrachtete sie mit einem unergründlichen Blick, der Musa eine Gänsehaut bescherte. Allmählich streckte er seine Finger aus, um ihre Wange zu berühren. Die Berührung, so elektrizierend, erschütterte Musa bis ins Mark. Ein Lächeln, das so selten geworden war, umspielte seine Lippen.
,,Vielleicht."
Seine Antwort. Ernsthaft! Die Wut kämpfte sich mit aller Macht an die Oberfläche. Eine Wut, die sie nicht mehr im Zaum zu halten vermochte. Die Explosion stand kurz bevor. Musa umfasste die Finger die ihre Wange berührten.
,,Vielleicht, das reicht nicht!"
Ihre Stimme zitterte vor Zorn.
,,Wie üblich", war seine trockene Erwiderung.
Sie sollte nach wie vor wütend auf ihn sein, doch alles was sie in der Dunkelheit sah waren seine Lippen. Lippen nach denen sie sich sehnte. Lippen nach denen sie sich verzerrte seit dem Ball. Die flüchtige Berührung war nicht genug gewesen um ihren Hunger zu stillen. Und doch war da immer wieder dieses noch nicht. Aber wann würde es den richtigen Zeitpunkt geben? Würde es ihn überhaupt je geben? Ohne es zu merken drückte sie Rivens Finger ein wenig fester. Er schien es unbeeindruckt hinzunehmen. Musa biss sich auf die Unterlippe. Das Feuer des Verlangens überlagerte inzwischen die Wut. Es tobte wie ein Sturm in ihr. Es brannte lichterloh und es konnte nicht mehr gelöscht werden. Gequält schlug sie die Lider nieder, während sie hin- und hergerissen war. Die Nähe zu ihm machte es ihr noch schwerer zu widerstehen. Es war so schwer einen einzelnen, klaren Gedanken zu fassen.
,,Musa, geht es dir gut?"
,,Nein", brachte sie mit geschlossenen Lidern hervor, während sie einfach versuchte ruhig zu atmen.
Ihr Herz wummerte lauter und lauter. Ob er es auch vernahm?
,,Riven ...", kam über ihre Lippen.
,,Ja."
Ohne Vorwarnung überwand Musa die Distanz zwischen ihnen und presste ihre Lippen gegen seine. Sie erwartete Zurückweisung, doch Riven erwiderte den Druck ihrer Lippen genauso begierig, als hätte er nur darauf gewartet, dass sie den ersten Schritt machte. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Verdammt, er küsste gut und sie wollte nicht, dass er damit aufhörte. Nach einigen Minuten lösten sie sich atemlos voneinander. Der Blick mit dem er sie betrachtete war dunkel, begierig.
,,Die Wahrheit ist, ich wollte dich vor alldem hier beschützen. Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand jemals wieder weh tut."
In Musas Kopf drehte sich noch alles, sodass sie seine Worte nicht einordnen konnte.
,,Ich bin kein Ritter und ich werde auch nie einer sein."
Dessen war sich Musa die ganze Zeit bewusst. Was wollte er ihr damit sagen?
,,Du kannst gehen und ich hoffe, dass du es tun wirst."
Jetzt machte er ihr Angst.
,,Riven?"
Er betrachtete sie mit einem Blick voller Schmerz. Das Damoklesschwert schien wie eine dunkle Wolke über ihnen zu schweben.
,,Ich werde die Königin heiraten", sagte er abrupt.
Seine Worte zerstörten ihr Herz, ihre Seele. Sie zerstörten alles in einer gewaltigen Explosion aus Schmerz und purer Verzweiflung.
,,Das kannst du nicht."
Ihre Stimme zitterte mit jedem Wort ein wenig mehr.
,,Ich habe keine Wahl", war seine leise Erwiderung.
Musas Augen wurden groß. ,,Warum?"
Unwillkürlich senkte Riven die Lider. Der Schmerz, der ihn gefangen hielt, war deutlich zu spüren. Seine Hand ballte sich zur Faust.
,,Sie weiß, dass wir keine Geschwister sind. Sie braucht einen Mann ..."
In Musas Kopf begann es zu dämmern. Die Puzzleteile setzten sich zu einem Ganzen zusammen.
,,Und du kamst ihr gerade gelegen", fiel sie ihm ins Wort.
Er nickte, bevor er weiter sprach.
,,Wenn ich nicht gehorche, werden sie dich töten."
,,Sie hat mich gegen dich verwendet!", entfuhr es ihr. ,,Ich brauche aber niemanden, der auf mich aufpasst."
Sie begann sich in Rage zu reden.
,,Ich habe wohl bei mehr als einer Gelegenheit bewiesen, dass ich selbst auf mich aufpassen kann."
,,Schhh", versuchte Riven sie zu beruhigen. ,,Ich weiß, dass du stark bist und kämpfen kannst. Dass du mutig bist."
Doch Musa war so aufgebracht, dass er es nur mit seinen Lippen schaffte. Dieser Kuss war anders, sanfter. Seine Finger fuhren durch ihr Haar. Sein Atem strich wie eine Feder über ihren Hals.
,,Hör mir zu. Du musst gehen, auch wenn das bedeutet, dass du mich zurücklassen musst."
,,Das kann ich nicht."
,,Du kannst!", beharrte er.
,,Wie könnte ich dich je zurücklassen. Riven, ich liebe dich."
Es war das erste Mal, dass Musa es aussprach. Seine Hand führte ihre Hand zu seiner Brust. Ihre Handfläche presste sich gegen, die Stelle, wo sein Herz schlug.
,,Und ich liebe dich und genau darum musst du gehen. Geh, wenn du mich liebst."
Musas Augen verengten sich. ,,Sie sind Bluthexen, nicht wahr."
Zuerst erstarrte Riven in seiner Bewegung, bevor er knapp nickte.
,,Sie wissen nichts von meiner Gabe und der Verbindung, oder?"
,,Nein, und das sollte auch so bleiben."
Jetzt begann Musa zu verstehen. Sie stellte eine Gefahr für die Bluthexen dar, darum wollte Riven sie von hier fort haben.
,,Weißt du, was sie in Alfea gesucht haben?"
,,Nein, ich kann nur Vermutungen anstellen, aber ich glaube, sie wissen es selbst nicht genau."
Ergab durchaus Sinn. Auf einmal erdrückte die Dunkelheit im Zimmer Musa förmlich. Die Angst stieg. Ihr Herz klopfte schneller. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
,,Mir fällt sicher noch etwas ein", versuchte Riven beruhigend auf sie einzureden.
,,Und wenn nicht?", warf Musa unsicher ein. ,,Du wirst während der gesamten Zeremonie sicher streng bewacht."
,,Musa."
Die Art, wie er ihren Namen sagte. Er sah ihr tief in die Augen.
,,Ich weiß, dass das eine schlechte Idee ist. Eine furchtbar schlechte Idee, aber die Vorstellung, dass dir etwas zustößt."
,,Mir wird nichts zustoßen."
,,Das hoffe ich und darum wirst du gehen. Sie wissen nichts von deiner Gabe. Wer du wirklich bist."
Ausnahmsweise hielt Musa den Mund. Ihr Gesicht begann zu brennen. Frustration gesellte sich zu dem angstvollen Summen in ihr. Etwas in ihr zerbrach. Etwas, das nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.
,,Du musst das nicht tun", versuchte Musa es noch einmal ihn umzustimmen.
,,Ich weiß. Ich tue es, weil ich es will und nicht weil ich es muss."
Er berührte ihre Wange. Sein Daumen begann Kreise zu ziehen, bis er inne hielt. Seine Hand lag noch immer auf ihrer Wange. Sie sahen einander in die Augen. Als er die Hand sinken ließ, vermisste sie seine Berührung sofort. Eine Wärme lag in seinen Augen.
,,Ich werde jetzt gehen."
Die Ironie des Schicksals war zuckersüß, nicht wahr?
Musa stieß die Luft aus.
,,Ich werde fort sein, wenn du zurückkommst, das verspreche ich dir."
Ein kaum merkliches Lächeln hob seine Mundwinkel und ein stummes Danke lag auf seinen Lippen. Er sollte sich nicht bedanken, schließlich würde sie wieder kommen, aber das brauchte er nicht zu wissen. Riven verschwand durch die Tür und ließ Musa in der Dunkelheit zurück.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro