Wenn das Gesicht anruft
Das gemeinsame Mittagessen, für welches sich Lizzy bereitgestellt hat um es zu machen, wird mit einer sehr gelassenen Laune eingenommen und jeder ist irgendwie froh dass der andere entspannt ist. Lindel ist erleichtert dass Penelopé entspannt ist, die ist ruhig weil ihr Vater das alles eingesehen hat, der wiederum ist ruhig weil alles geklärt hat und Lizzy? Lizzy ist einfach nur froh gerade zu leben, den roten Besuch in Schach halten zu können und auch das alle anderen ruhig und friedlich sind. Streits können wohl innerhalb einer Drachenfamilie sehr extrem ausarten, zumindest wenn sie den heutigen Vormittag bedenkt. „Gibt es eigentlich so etwas wie Drachenhochzeiten?" Die braunhaarige Frau verschluckt sich an ihrem Essen, Lindel stoppt die Gabel direkt vor seinem Mund und beide starren sie an. „Was? Wenn das mit dem lebenslangen Partner stimmt, dann sollte es doch so etwas geben, oder? Oder zumindest- zumindest eine Zeremonie, irgendetwas in der Art!" Nur Sir Jepherson bleibt ruhig und schüttelt den Kopf. „So eine Zeremonie existiert nicht in unserer Welt, das wird unter den beiden Partnern ausgemacht." Penelopé räuspert sich und hustet noch ein wenig, um das Essen wieder in die richtige Röhre zu bekommen. Dann sieht sie zu Lindel, dieser erwidert den Blick. Ein paar Sekunden starren sie sich an, ehe sie simultan weiteressen. Ein wenig verwirrt blickt Felicitas zu Neil, der zuckt aber nur mit den Schultern und isst selbst weiter. Er weiß auch nicht alles, auch wenn es vielleicht überraschen mag. Und manche Dinge, die will er erst gar nicht wissen. Nach dem Essen herrscht Mittagsruhe, jeder ist irgendwie im Zimmer, wobei Neil sich mit seiner Kaffeetasse auf die Couch gesetzt hat um ein bisschen zu lesen. Lizzy sieht nachdenklich auf ihr Handy und starrt den Chat von Alucard an, ihr letztes Gespräch ist gefühlt eine Ewigkeit her und sie sind nicht im Guten auseinander gegangen. Seitdem haben sie auch nicht mehr geschrieben und was sie an Emotionen bekommt, das ist nicht wirklich viel. Leise flucht sie auf als ihr das Handy im Liegen auf das Gesicht klatscht und als sie es wieder hochhebt sieht sie überrascht, dass ihr Gesicht sich wohl dazu entschieden hat ihn anzurufen. Auch noch Videoanruf! Bevor sie auflegen kann, hat er aber schon angenommen. Alucard blickt in das Gesicht der schwarzhaarigen Frau und zieht eine Augenbraue hoch. „Was für eine Überraschung dass du dich meldest, nachdem wie du-" „Es tut mir leid, okay?" Lizzy sieht auf die Seite und setzt sich auf, lehnt das Handy gegen das untere Ende des Bettes und seufzt. „Ich war echt angepisst und ich kann mein Maul nicht halten und- Ich weiß ich hab Mist bei der Lady gebaut." Der Urvampir mustert sie, lehnt sich aber in seinem Thron zurück und verzieht leicht das Gesicht. „Wir müssen nur daran arbeiten wie du es ausdrückst, ansonsten hast du nur deine Meinung gesagt und vielleicht ist die Lady wirklich ein wenig verwöhnt was die Zustimmungen angeht." Zwar herrscht nun Stille, aber es ist die angenehme Art der Stille während er sehen kann dass sie lächelt. „Wie geht's mit deiner Wissensreise voran?" Sofort hebt sie den Kopf und grinst von Ohr zu Ohr. „Du hast keine Ahnung! Sir Jepherson ist ein Feuerdrache, voll cool! Penelopé, also seine Tochter, ist eine Wyvern und- verdammt... das ist so cool! Und Lindel der Wasserdrache, du verpasst hier echt was! Und die Magie erst... Ich hab sie zwar bis jetzt nur einmal gesehen als Lindel mich schützen musste weil Sir Jepherson sauer war, aber das ist so- Ah!" Ihr Lachen lässt ihn auch entspannen, hat er sich doch zugegebenermaßen dann doch ein paar Gedanken darüber gemacht wie es ihr geht und was die Emotionen zu bedeuten hatten die er gespürt hat. „Aber kann ich ehrlich sein? Irgendwie gehst du Nervensäge mir echt ab." Alucard zieht eine Augenbraue hoch, schnaubt leicht entgeistert. „Nervensäge? Wieso bin ICH die Nervensäge, Missy?" Bevor Lizzy allerdings auch nur einen Grund aufsagen kann, klopft es an der Tür und sie gibt bescheid dass man rein könnte. Alucard bleibt still, beobachtet nur ihre Reaktion. „Penelopé... Gibt es ein Problem? Hab ich wieder was angestellt? Moment... Sag mir bitte nicht dass dein Vater sauer auf mich ist wegen heute Vormittag!" „Was hast du wieder- Meine Fresse, dich kann man echt nicht allein lassen." Die braunhaarige sieht von Lizzy zu dem Handy an ihrem Bettende und dann wieder zurück. „Oh, das ist Alucard!" Felicitas winkt sie zu sich und sieht auf ihr Handy. „Urvampir? Wyvern. Wyvern? Urvampir." Beide starren sich stumm an, niemand ist sich wirklich sicher was man sagen soll. Lizzy sieht von ihm zu ihr und lässt den Kopf hängen während sie seufzt. „Ein ‚Hallo' würde ausreichen, Leute..."
Nach dieser kurzen, obligatorischen Begrüßung dreht Penelopé ihren Kopf wieder zu Lizzy. „Hast du nachher Zeit? Lindel ist bis heute Abend weg und dann... könnten wir unterwegs sein." Alucard schmunzelt leicht amüsiert. „Tu nichts was ich nicht auch tun würde, Missy!" Die schwarzhaarige sieht zu ihrem Handy und zieht eine Augenbraue hoch. „Das schränkt es genau auf... nicht verrecken ein, Kollege. Spezifiziere." Gut, ihr Punkt. „Das andere heben wir uns auf wenn du wieder da bist, ansonsten wäre nicht sterben eine gute Option." Eh? „Was sollen wir uns aufheben?" Der Urvampir starrt sie mit den roten Augen wieder an, leckt sich kurz über die Lippen und nickt. „Das Bett muss noch eingeweiht werden." Ihre Gesichtszüge entgleisen und sie sieht wieder zu Penelopé. „Weißt du jetzt was ich heute am Strand gemeint habe? Mit was ich mich hier rumschlagen darf..." Die braunhaarige sieht von ihr zu dem Kerl auf dem Display und schmunzelt. „Wenigstens habe ich dich im Moment bei mir." Mit diesen Worten nimmt sie sie in den Arm und legt ihren Kopf an ihre Seite. „Im Gegensatz zu jemand anderem." Die Mundwinkel Alucards gehen nach unten und er kneift die Augen zusammen als Lizzy auch noch kichert und zu ihm sieht. „Vielleicht bleibe ich auch hier? Wer weiß..." Augenblicklich starrt sie auf die Seite als sie seine Augen rötlich aufblitzen sieht, ein kalter Schauer läuft ihr den Rücken hinunter. Die braunhaarige merkt die Änderung der Stimmung deutlichst und drückt sie noch mehr an sich, starrt den Kerl skeptisch an. „Fuck.", zischt er leise als er merkt was los ist und er schließt die Augen. „Sorry Missy, ich vergesse das immer wieder." Seufzend reibt er sich mit der anderen Hand den Nasenrücken, er verflucht sich gerade innerlich. „Geht wieder." Nur langsam und zögerlich sieht sie wieder zum Handy und versucht sich zu entspannen. Immer noch, der Mist hängt ihr wirklich immer noch nach und sie kann nichts dagegen unternehmen. „Ich würde ja sagen ich übernehme deinen nächsten Möbelkauf, aber den hast du ja schon erledigt. Hast du eigentlich was gegessen? Und wie sieht es mit deinem Trinkverhalten aus? Antialkoholisch versteht sich. Und ich rede nicht von Kaffee, sondern von Wasser!" Sofort erschallt nervöses Kichern ihrerseits. „Du... ich glaub ich muss auflegen! Penelopé will- Also das muss- Es könnte länger dauern! Und- uhm... ich... ich muss noch was wechseln, wir sehen uns bald wieder! Hab dich lieb und grüß Baskerville und Walter von mir! By by!" Damit legt sie auf und atmet einmal tief durch. Die braunhaarige hat sie losgelassen und zieht eine Augenbraue hoch, was für eine merkwürdige Beziehung die beiden haben. Wo es vorher noch partnerschaftliche Züge hatte, so hatte sie nun das Gefühl einem Vater gegenüber zu sitzen. „Du musst mir echt erklären was da zwischen dir und ihm abläuft... ich- ich blick nicht ganz durch." Lizzy nimmt ihr Handy und steckt es ein, ehe sie aufsteht und sich streckt. „Keine Sorge, ich blick langsam auch nicht mehr ganz durch. Das einzige was ich weiß ist, dass ich eine Freundschaft zum Pater habe! Was das aber bei Alu ist, keine Ahnung. Und bei Hans bin ich auch echt verwirrt." Und wer sind die anderen beiden? Nur Lindel hat die Fotos gesehen, Sir Jepherson kennt Alucard und Hans und sie? Sie kennt nun gerade einmal den Urvampir. „Okay, fangen wir ganz unten an. Wen würdest du flachlegen wollen?" Lizzy sieht von ihr auf den Boden und wieder zu ihr? „Soll ich ehrlich sein?" Penelopé nickt. „Alle irgendwie. Ich meine... Alucard- Ja! Er nervt mit den ganzen Anspielungen! Aber auch nur weil er es macht obwohl er weiß dass ich nicht einfach so mit jemandem ins Bett steigen würde. Freundschaft Plus stand schon im Raum, aber- Ich kann das ohne Gefühle glaube ich nicht und es klingt falsch wenn ich es auch nur ausspreche. Aber er ist überraschend sanft, harte Schale weicher Kern wenn du verstehst. Der Pater... er versteht so vieles, mit ihm kann man sich so gut unterhalten und er hat wirklich einen riesigen Respekt vor Frauen und vor der Privatsphäre! Und Hans ist- Er ist einfach nur verdammt süß wenn er einen ansieht und auch extrem auf einen aufpasst. Er spricht kaum, bis jetzt habe ich ihn drei Worte sprechen hören! Aber man kann sich so auch gut mit ihm unterhalten wenn man auf seine Körpersprache achtet. Außerdem holt er mich jedes Mal aus der Scheiße wenn ich ihn frage und das, ohne auch nur zu zögern oder etwas in Frage zu stellen! Es ist- schwierig. Ich weiß selbst nicht was ich will, weil jeder vom Charakter so extrem unterschiedlich ist und ich weiß nicht ob sie nett zu mir sind weil sie mich mögen, oder ob noch irgendetwas kommen wird was mir nicht gefällt." Damit hat Penelopé nicht gerechnet, aber okay! Dann wird das ein Beziehungstalk!
Schlussendlich findet sich die braunhaarige Frau in dem Gespräch über sie und ihre Kindheit wieder. Wie haben sie das Thema so wechseln können ohne dass sie es wirklich mitbekommen hat? Hat Lizzy vielleicht doch magische Kräfte? Denn an normale Manipulation kommt das nicht mehr heran, das ging ihr dann doch zu reibungslos! Aber... es tut gut jemandem zu sagen wie es ihr ging als sie ihre Mutter verloren hat. Jemand anderem als ihren Vater, mit dem sie eh nicht darüber reden kann weil sie bei ihm keine Wunden aufreißen möchte. Sie konnten sie nicht einmal auf ihrem Sterbeweg begleiten, was für beide ein Schlag ins Gesicht war. Ihre Mutter hatte eine seltene Pilzerkrankung, die sich jedoch sofort auf die Lungen ausbreitete weswegen sie die Sporen des Pilzes ausatmete und somit hochansteckend war. Erst verlief alles ruhig, sie hatte ein wenig Husten und das Atmen fiel ihr von Tag zu Tag schwerer. Der Pilz übernahm ihre Lunge, setzte sich auf den Lungenbläschen ab und verhinderte somit die Aufnahme von Sauerstoff. Dieser Mangel wurde relativ schnell sichtbar, das Hirn wurde unterversorgt, die Extremitäten liefen blau an und sie hatte eine extreme Kurzatmigkeit. Als es schlimmer wurde gesellte sich noch Husten dazu, da die Lunge den Befall somit versuchte aus dem Körper zu bekommen. Doch die Sporen die sie mit dem vermehrten Husten freisetzte, befielen auch schon andere Drachen. Ihre Mutter war nicht mehr in der Lage zu fliegen oder wirklich noch etwas zu tun und somit entschlossen sich die befallenen Drachen dass es an der Zeit wäre ihren Untergang selbst herbeizuführen und das Zwielicht einzuleiten. Sie begaben sich an einen Ort der ihr nicht bekannt ist, sodass nicht einmal ihre Überreste, die vielleicht noch diesen Pilz in sich haben könnten, noch für Schaden sorgen könnten. Sie war damals noch klein, verstand es kaum warum ihre Mutter wegen ein bisschen Husten und Müdigkeit weg musste! Aber sie spürte das Reißen des Bandes als ihre Mutter, höchstwahrscheinlich mit dem letzten Rest ihres Verstandes, ihr Leben beendete um die Rasse zu schützen. An jenem Tag mussten einige von ihren geliebten Familienmitgliedern und Freunden Abschied nehmen und es war ein einschneidendes Ereignis für alle. Ihr Vater hat einen wirklich guten Job gemacht sie allein großzuziehen und sie ist ihm sehr dankbar dass er sie nicht rausgeschmissen hat oder sonst etwas. Kurz nachdem das mit ihrer Mutter passierte, holte sich Neil diese Insel, lies sie bebauen und zog mit ihr in die Einsamkeit in der sie nun leben. Ja, hin und wieder kommt Besuch von weiteren Drachen, aber durch ihre wenige Anzahl hält sich auch die Besucheranzahl in Grenzen und somit auch die Interaktion mit anderen. Penelopé wird von Lizzy im Arm gehalten, immer wieder streicht ihr diese über den Kopf und hört einfach nur zu während die braunhaarige Frau weitererzählt. Felicitas kann sich nicht vorstellen ihre Mutter auf so eine Art und Weise zu verlieren. Vielleicht am Anfang schleichend, aber dann von Knall auf Fall? Einfach weg? Und dann noch dieses Gefühl eines reißenden Bandes bei dem man weiß dass sie wirklich tot ist? Sie hat den Drang ihre Mutter anzurufen, auch ihren Vater und ihnen zu sagen wie gern sie sie hat und wie dankbar sie sein kann dass sie erstens noch zusammen sind und zweitens noch leben. Zwar wird dann unter Umständen gefragt was sie angestellt hat, aber das würde sie verstehen. „Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen wie es ist. Plötzlich ist sie weg und du und Sir Jepherson, ihr steht alleine da. Ein wichtiger Teil eures Lebens ist einfach nicht mehr vorhanden und- wow. Aber du willst kein Mitleid, stimmts? Keine Entschuldigungen meinerseits mit denen du nichts anfangen kannst." Penelopé nickt, sieht aber auf die Seite. Sie ist in den Armen eines Menschen, dem sie gerade ihr Kindheitstrauma anvertraut hat. Einfach so. Weil sie- Weil sie so aussah als könnte man ihr vertrauen. „Weißt du was... heute soll es trocken bleiben, oder nicht?" Die braunhaarige hebt den Kopf von ihrer Schulter und sieht sie mit leicht irritiertem Blick an. Überrascht zuckt sie zurück als Lizzy ihre Hände an ihr Gesicht legt! Doch sie streicht ihr nur eine Träne weg und nickt lächelnd. „Viel besser. Also, soll es heute trocken bleiben?" Penelopé, noch ein wenig perplex, nickt aber. Soweit sie weiß ist erst für morgen der Regen angesagt. „Perfekt! Wir holen uns ein wenig Holz auf die Start- und Landeplattform, stellen ein paar Stühle hin und machen ein Lagerfeuer! Es gibt sicherlich irgendeine Magie die uns die Tiere vom Leib hält, oder? Vor allem so kleine Drecksviecher die stechen können." Ein Lagerfeuer? Menschen kommen auf die seltsamsten Ideen...
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