Rot zu blau
Der nächste Morgen kommt überraschend schnell und wieder steht Lizzy alleine an der Kaffeemaschine und schreibt die obligatorische Nachricht an den Pater dass es ihr gut gehe und dass sie ihm einen guten Morgen wünscht. Sie schickt ihm sogar ein Bild von sich und der Kaffeetasse in der Hand, die Haare sind noch durcheinander und ihr Blick wirkt leer! Aber sie hat Kaffee, das reicht erstmal. Da sie wieder allein ist entscheidet sie sich einfach nur Musik zu hören und das laut. Vielleicht kann sie nicht singen oder ein Musikinstrument spielen, aber sie hat Rhythmusgefühl und wankt mit der Tasse ein wenig herum, summt leise mit und kann sich langsam aber sicher mit der Aussicht auf den Dschungel anfreunden. Die Sonne ist schon am Himmel zu sehen und der Nebeldunst verzieht sich ebenfalls schon wieder und gibt den Blick auf die Baumwipfel und die Vögel frei die dort herumfliegen. Einerseits würde sie die Umgebung gern einmal erforschen! Andererseits weiß sie nicht ob das so eine gute Idee ist alleine dort herumzuwandern. Niemand kann ihr bei einer Panikattacke helfen und wenn sie einmal verloren ist, dann könnte das mehr als nur interessant werden dort wieder herauszufinden! Sie hätte keine Ahnung in welche Richtung sie gehen sollte wenn sie nicht mehr weiß woher sie kam und mit der Möglichkeit sich noch mehr zu entfernen... nein danke. „Und ich Idiot frage mich sogar noch woher die Musik kommt..." Überrascht dreht Lizzy den Kopf und muss mit ihrem Kaffee aufpassen der gefährlich nah an den Rand der Tasse schwappt. „Lindel! W-Was machst du noch hier? Scheiße, hab ich dich aufgeweckt?" Der Wasserdrache kommt verschlafen die Treppe runtergewankt und kratzt sich am Hinterkopf. „Beruhig dich mal wieder... machst du immer so einen Stress am Morgen?" Normalerweise nicht, aber sie ist bei Drachen untergekommen, also was ist noch normal. „Ihr Menschen müsst echt lernen alles ein wenig ruhiger anzugehen." Lindel geht an ihr vorbei in die Küche und scheint sich bestens auszukennen. Ihr Blick fällt auf seinen Hals und sie schmunzelt, ehe sie einen Schluck trinkt und eine Augenbraue hochzieht. „So ruhig wie es entweder gestern Nacht oder heute Früh war?" Der weißhaarige dreht seinen Kopf und starrt Felicitas an, ehe sie sich selbst auf den Hals deutet. Ein genervtes Zischen ist zu hören und er verdreht die Augen. „Wehe du steckst es dem Alten." Stumm hebt sie nur eine Hand und schüttelt den Kopf, ehe sie sich wieder zur Aussicht dreht. „Was meinst du wieso ich ihn gefragt habe ob du bleiben kannst." Stille, während die junge Frau ihr Handy rausholt und lächelt da der Pater ebenfalls einen guten Morgen wünscht und sie fragt ob es für heute schon Pläne gibt. ‚Wir werden sehen was auf uns zukommt, aber es gibt noch so viel was es zu erfahren gibt! Ich könnte hier jahrelang sein und noch immer nicht alles wissen!', auf diese Nachricht folgt ein schon fast trauriger Emoji. ‚Wie soll ich Sie auf dieser Insel besuchen?' Der Kerl... „Wie." Lindel hat sich neben sie gestellt und hat nun ebenfalls eine Kaffeetasse in der Hand. „Ich bin ein Mensch, aber nicht blind. Überraschenderweise, ich hätte mir schon so oft die Augen ausstechen können! Aber zurück zum Thema. Penelopé, ich finde es übrigens schön dass wir beide finden dass sie heiß ist, hat mich gemieden als hätte ich die Pest. Ich habe nicht einmal eine Antwort bekommen als ich sie direkt gefragt habe ob sie mir etwas über Wyvern erzählen könnte! Aber kaum bist du da und sie sitzt bei uns, ach komm schon. Und wenn es Sir Jepherson noch nicht aufgefallen ist, dann darfst du mich persönlich ertränken. Ich meine... ich kenne sie- wie lange? Jetzt zwei Tage? Drei? Er kennt sie ihr Leben lang schon." Wieder trinkt sie einen Schluck und sieht ihn aus dem Augenwinkel an, während sie beide vor dem riesigen Fenster stehen. „Ich kann niemanden dazu zwingen, aber heimlich ist scheiße." Stille, in der Lindel in seinen eigenen Gedanken versunken ist. „Ich bin oben im Zimmer. Wenn ihr was machen wollt, dann setzt mich am Strand ab und holt mich nachher wieder ab. Wehe ihr vergesst mich!" Mit diesen Worten holt Lizzy ihr Handy wieder raus, macht die Musik aus, geht hoch in das Schlafzimmer und schließt die Tür. Hält man sie wirklich für blind? Sie weiß dass einfache Dinge manchmal nicht in ihrem Hirn ankommen, aber sowas? Sie hat es ja selbst durch und weiß wie es ist heimlich etwas zu haben. Nur macht man es normalerweise nicht so offensichtlich mit einem Knutschfleck! Wobei es sie eh wundert, Drachen haben doch eigentlich auch eine gute Heilungsfähigkeit. Vielleicht ist es etwas anderes wenn es ein anderer Drache ist, so etwas weiß sie ja nicht.
Soll sie Lachen oder soll sie sich fragen wieso sie es überhaupt angeboten hat? Lizzy sitzt wirklich im Sand des Strandes und starrt auf das Meer hinaus. Natürlich sind sie und Lindel offiziell unterwegs damit er ihr noch mehr Informationen geben kann! Und Penelopé hat sie zum Strand gebracht damit er in seiner Drachenform auch spezielle Eigenschaften zeigen kann. Offiziell. Irgendwann macht sie eine Partnerbörse auf und sie spielt für alle das Alibi. Sie könnte nicht einmal jemanden anrufen, weil sie kein normales Netz hat und das Wlan reicht nicht bis hierher. Huh... sie hat das Video von Lindel als er aus dem Wasser springt, sie könnte versuchen ein ungefähres Bild in das Buch zu übertragen! Dahingehend hätte sie gern einen Bleistift und Radiergummi, mit dem Kugelschreiber muss sie echt aufpassen alles irgendwie richtig hinzubekommen. Die Zeit vergeht und die Sonne steigt immer höher, bis diese von einem riesigen Schatten für einen kurzen Moment verdeckt wird. Lizzy legt den Kopf in den Nacken und schließt im nächsten Augenblick die Augen, hebt die Hände um ihren Kopf zu schützen. Der landende Drache wirbelt den gesamten Sand auf, weswegen sie schon wieder duschen muss, ganz toll. Den Kopf schüttelnd und sich den gröbsten Sand von der Kleidung klopfend, muss die junge Frau auch ein wenig Husten ehe sie aufstehen kann. „Sir Jepherson?" Ihr Blick geht zu dem großen Drachen der aber auch in dieser Form verbleibt und nicht die menschliche annimmt. „Lindel und meine Tochter?" Sie öffnet schon den Mund, doch er bringt seinen Kopf zu ihr hinunter. „Bitte lügen Sie nicht, zerstören Sie nicht das gute Bild welches ich von Ihnen habe." Lizzy schluckt und presst die Lippen aufeinander. „Ich- Ich habe legit... keine Ahnung, Sir Jepherson." Er bringt seine Schnauze noch näher an sie heran, kneift die Augen zusammen. „Sie sind sich ganz sicher?" „Nein, nur halb. NATÜRLICH! Also ich habe ja vielleicht meine dummen Momente, aber selbst ich weiß ab wann ich theoretisch mein Leben lieber haben sollte und Junge, das ist dieser Moment! Nur habe ich wirklich keine Ahnung und ich hoffe dass Sie mir glauben. Meinen Sie ich sitze freiwillig alleine hier rum? Hinter mir ein WALD? Und ich hier... ALLEIN? Ich tu das nicht für mich...!" „Vater!" Neil hebt den Kopf als er die Stimme seiner Tochter hört und sieht in die Richtung. Penelopé kommt auf sie zu und Lizzy weiß ab wann es gut ist einen stillen Abgang zu machen und sich zurückzuziehen. Das ist nicht wirklich ihr Themengebiet und Lindel winkt sie zu sich. Auch er hält sich sicherheitshalber raus. „Ich war noch nie so froh jemanden zu sehen der mich nicht mag...", murmelt die schwarzhaarige und der Wasserdrache deutet ihr an ihm zu folgen. „Wir ziehen uns ein wenig zurück. Aufs Meer, da sind wir im Notfall am sichersten, ich kenne Neil gut genug und wie er mit seinen Schätzen ist. Seine Tochter ist einer dieser Schätze und kein Drache mag es wenn jemand anderer Anspruch darauf erhebt." Unsicher sieht Lizzy von ihm zu dem riesigen braunen Drachen und der winzig wirkenden Frau vor ihm. „Lass uns abhauen." Lindel wandelt sich in seine Drachenform und lässt sie auf seinem Kopf sitzen, während er vorsichtig außerhalb einer gewissen Reichweite schwimmt und beide sehen nun aus der Ferne dabei zu wie die beiden heftig zu diskutieren scheinen. „Soll ich mir sorgen machen?", murmelt Felicitas und sieht selbst aus der Ferne die Flämmchen die sich beim Sprechen des Drachen aus dem Maul züngeln. Da ist jemand wirklich sauer, verdammte scheiße. „Ich sollte keinen Drachen sauer machen... was mache ich? Fuck ey." „Jetzt komm echt mal wieder runter, Lizzy. Das wird ein wenig heftig und dann beruhigt sich das auch alles wieder. Und ich denke ich muss mich kurz konzentrieren, es ist gleich soweit." Eh? Was ist soweit? Urplötzlich öffnet Sir Jepherson sein Maul nachdem er den Kopf in Richtung Lindel und Lizzy gebracht hat und sie kann den riesigen Feuerschwall auf sie zukommen sehen. Ihr Leben zieht an ihren Augen vorbei und verdammte Scheiße, es ist viel zu kurz! Alles was sie machen kann ist die Augen zu schließen und den Kopf einzuziehen, das helle Feuer ist selbst durch die geschlossenen Lider zu sehen! Doch etwas blaues mischt sich darunter und verwirrt darüber öffnet sie die Augen. Ihr Unterkiefer klappt herunter, als sie die bläuliche Magiebarriere sieht, welche die Flammen des Drachen abhalten und auf die Seite ableiten bis der Flammenstoß aufhört und die Barriere ebenfalls verschwindet. „Tut mir leid, aber Neil hat eine verdammte Stärke selbst aus dieser Entfernung. Da muss auch ich mich auf die Barriere konzentrieren! Allein deswegen weil ich das nicht so oft nutze.", entschuldigt sich Lindel und hört ein leises und gewinseltes: „Ich bin zu jung um zu sterben...", von der jungen Frau. Es ist zwar schon vorbei, aber... okay?!
Gemeinsam beobachten die beiden außenstehenden Personen wie sich die Diskussion wieder beruhigt und wie sich Sir Jepherson wieder in einen Menschen wandelt. Erst dann setzt sich der Wasserdrache in Bewegung und erreicht das Ufer mit der noch leicht geschockten Lizzy auf dem Kopf unbeschadet und ohne einen weiteren Feuerstoß abwehren zu müssen. Der Abstand musste sein, da er auf weniger Distanz nicht die Magie aufbringen könnte um seinen Feuerstrahl abzuwehren. „Es tut mir so leid, Lizzy. Ich war so in Rage und sauer und ich habe Sie leider komplett vergessen! Danke Lindel, dass du sie schützen konntest." Neil entschuldigt sich sofort bei der noch offensichtlich verunsicherten Felicitas, die einmal tief ein- und wieder ausatmet. „Ich wurde kurz gläubig, Sir Jepherson... Halleluja.", gibt die schwarzhaarige von sich und spielt das Ereignis immer wieder in ihrem Kopf durch. Der Drache seufzt und weiß nicht wie er diesen Schock wieder gut machen soll. „Lizzy?" Überrascht sieht sie zu Penelopé, die ihrem Blick noch für einen Moment ausweicht und sie dann direkt ansieht. „Danke." Ehrliche Verwirrung ist auf dem Gesicht Felicitas zu sehen. „Für was? Ich habe euch an sich auffliegen lassen, ob das so gut war..." Die braunhaarige stellt sich vor sie und starrt sie diesmal direkt an. „Du hast uns Zeit gegeben einiges zu besprechen. Zeit, die wir sonst nicht gehabt hätten." Ob das wirklich nur ‚besprechen' war? Da ist sich Lizzy nicht so ganz sicher, aber sie hält da ausnahmsweise die Klappe. „Ich schulde dir was. Wie wäre es mit ein paar Infos?" Sir Jepherson nimmt sich kurz Lindel auf die Seite und sieht zu ihm hoch. „Ich bin enttäuscht dass das hinter meinem Rücken lief. Seit Monaten, wenn ich das hinzufügen dürfte." Der Wasserdrache weicht seinem Blick aus und presst die Lippen aufeinander. „Meine Wut habe ich rausgelassen! Aber wie gesagt, ich bin enttäuscht dass man nicht darüber reden konnte. Ich habe dich als Wyrmling gesehen, Lindel. Ich kenne dich seitdem du aus deinem Ei geschlüpft bist! Dass du mir nicht vertraust und es versucht hast zu verstecken, auch noch so amateurhaft... ich habe besseres erwartet." Sein Kopf geht immer weiter runter, doch bleibt Lindel still. Er weiß ganz genau dass er erst einmal Funkstille hat. „Ich hoffe dass du den verloren Respekt über die letzten Monate damit wiedergutmachst, dass du meine Tochter richtig behandelst. Mindestes einmal in der Woche bist du hier, verstanden? Ich will keine Ausreden, oder erst nach Absprache ist eine Ausnahme erlaubt." Die blauen Augen gehen zu dem alten Drachen der ihn aber weiterhin streng ansieht. „Wie dumm kann man sein es so offensichtlich zu machen das selbst ein Mensch es mitbekommt... Nichts gegen unseren Besuch, aber das ist auch so ein Grund wieso ich enttäuscht bin." Neil sieht zu Lizzy, die ihn aber entgeistert mustert. „Nichts gegen Sie, Sir Jepherson. Aber wenn ich nicht wüsste dass Sie mich innerhalb weniger Sekunden in einen Haufen Asche verwandeln könnten, würde ich Sie gern für diesen Kommentar schlagen." Neil holt Luft, sagt aber im ersten Moment nichts, ehe er seufzt und nickt. „Verständlich." Er würde das gleiche wollen! Nur würde er es im Gegensatz zu ihr tun und nicht nur große Töne spucken. „Haben alle Menschen den Drang in die Konversationen anderer zu lauschen?", murrt Lindel und bekommt dafür einen leicht warnenden Blick von Penelopé ab. „Ihr beide wart so laut dass man sich die Ohren zuhalten müsste um nicht zuzuhören." Lizzy sieht von Penelopé zu Lindel und dann zu Sir Jepherson. Tag drei und es läuft! Sogar sehr gut. So gut, dass sie- Shit. „Ich unterbreche das kleine aufkeimende Drama nur ungern und ich finde es schön dass es im Moment läuft! Aber ich würde gern verhindern dass etwas anderes läuft und wenn jemand so freundlich wäre mich zurückzubringen...?" Entschuldigend grinst die schwarzhaarige in die Runde und während Lindel keinen blassen Schimmer hat von was sie redet und fragend zu Neil blickt, nickt Penelopé. „Wehe du lässt los." Es dauert nicht lange und schon steht sie in der Wyverngestalt vor Lizzy und hat den Kopf gesenkt. Sie nimmt wieder direkt zwischen den zwei Hörnern Platz, am Übergang von Kopf zu Nacken. Dort sind noch keine der Rückenstacheln und sie kann sich festhalten. Das Buch und der Stift sind gut unter ihrem Shirt verstaut und der Start ist bei ihr ein wenig ruppiger als bei ihrem Vater. Aber wenn sie den etwas breiteren Schädel vor sich ignoriert, dann hat sie schon fast selbst das Gefühl zu fliegen und die Lüfte zu beherrschen. Selbst fliegen zu können wäre so viel cooler als einfach nur zu laufen, aber das ist leider nicht in der Anatomie der Menschen untergebracht. Eine Schande so etwas.
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