Kleiner Urlaub
„Bist du so dumm oder tust du nur so? Es kann einem wirklich leidtun mit dir befreundet zu sein..." Gelassen winkt Lizzy ab. „Ach was, ich weiß. Der Grund warum sie als einziges geblieben ist." Mit einem Mal befreit sich Naomi aus dem klammernden Griff und japst nach Luft. „Du weißt etwas und du willst mich einfach so umbringen lassen? Ist dir unsere Freundschaft so wenig wert?! Ich verstehe jetzt endlich warum alle anderen gegangen sind!" Im ersten Moment ist es wirklich herzzerbrechend, es aus ihrem Mund zu hören! Doch dann poppt etwas in ihrem Hinterkopf auf, die Information dass das hier ein Test ist. „Und genau darin liegt der Unterschied zur Realität." Lizzy geht auf die beiden zu und starrt Naomi leicht lächelnd dabei an. „Niemals würde die echte Naomi so etwas sagen. Scheiße, sie ist genau so loyal wie ich, wenn nicht sogar noch loyaler. Wegen so etwas würde sie nie so reagieren." Die blondhaarige Frau verzieht das Gesicht. „Und woher willst du das wissen?" Lizzy grinst breit, aber falsch. „Weil wir so etwas ähnliches schon durchhatten! Nur... ging es nicht um ihr Leben, sondern etwas anderes. Aber das ist jetzt echt beside the point! Was ich- What the fuck..." Felicitas bleibt stehen als sie gewisse Veränderungen in der Umgebung merkt. Alles wird irgendwie- wellig? Ist das eine gute Beschreibung? Fühlt man sich so wenn man high ist? Wow, sie sollte es vielleicht einmal ausprobieren, steht immer noch auf ihrer To-Do-Liste! Gefühlt steht sie gerade auf einem Boot, so sehr schwankt der Untergrund! Ihr wird schwindlig und für einen Moment muss sie die Augen schließen, ehe sie Geräusche hört die nicht in einen Wald passen. Alucard hat die Sequenz abrupt wechseln müssen, da ein weiteres Vorgehen bei Nummer zwei nichts mehr gebracht hätte. Sie steht wirklich auf einem Schiff! Einem ziemlich großen Dampfer, um genau zu sein. Ist das ein Kreuzfahrtschiff? Der Dolch in ihrer Hand ist weg, einfach so verschwunden als wäre er nie dagewesen. Das Brechen der Wellen am Schiff ist deutlich zu hören, scheinbar herrscht ein unruhiger Seegang. Der aufkommende Wind zerrt an ihren Haaren und ihrer Kleidung, die Möwen kreischen hin und wieder und lassen sich von den Böen tragen ohne mit ihren Schwingen schlagen zu müssen. Und was für ein Test soll das bitte sein? Lizzy geht zur Reling, hält sich am Geländer fest und sieht nach unten. Die See ist wirklich unruhig, Gischt zeigt sich auf den Wellen, die entweder gegen das Schiff schwappen oder wieder kleiner werden und verschwinden. Es herrscht kein Sturm, aber ein leichter Wellengang. Huh, für einen Kurzurlaub wäre das sicherlich ein gemütlicher Ort! Irgendwie fehlt nur die Sonne um es richtig entspannend zu gestalten. Neugierig wandert sie auf dem Deck herum, sieht sich ein wenig um, grüßt die Leute hier freundlich und kann sich ein wenig beruhigen. Sie kann einfach nur froh sein dass hier keine Ghule rumstreunen oder sonst etwas derartiges an Bord ist. Hofft sie zumindest. „Werte Damen und werte Herren, wir bitten Sie das Deck zu verlassen und in Ihre Zimmer zurückzukehren. Ein Sturm zeichnet sich auf unserem Radar ab und wir möchten Sie darauf hinweisen dass offene Gegenstände in ihren Zimmern bitte zu Sichern sind. Ihre Crew bittet um Ihr Verständnis." Diese Durchsage wird noch auf anderen Sprachen wiederholt und irgendwie findet das Lizzy gerade scheiße. Sie hat nämlich kein Zimmer, das ist das Problem. Gut, was macht sie jetzt? Sie sieht den anderen dabei zu, wie diese wohl unter Deck und in ihre Zimmer gehen, während sie selbst hier draußen bleibt und dumm starren kann. „Miss? Sie müssen unter Deck gehen, bitte. Der Sturm wird nicht ganz angenehm und wir möchten niemanden in Gefahr bringen." Lizzy dreht ihren Kopf und sieht einen Kerl an, der wohl Teil der Crew zu sein scheint. „Es-" Ein greller Blitz, gefolgt von einem gewaltigen Donner unterbricht ihn und er selbst sieht in den Himmel hinauf. Die ersten Regentropfen prasseln auf sie hinab und schon bald gießt es wie aus Kübeln. Sie spürt wie sie durchnässt wird und findet das alles andere als toll. „Miss, sie sollten nun wirklich unter Deck gehen." Mit einem kurzen Lächeln nickt sie ihm zu und geht zu den anderen Leuten, die sich nach unten begeben. Was soll das bitte für ein Test sein? Die junge Frau wandert neben vielen anderen die Treppe hinunter und während sich alle danach aufteilen um in ihre Zimmer zu kommen, hat sie keinen blassen Schimmer wo sie hinsoll. „Miss O'Perast?" Überrascht ihren Namen zu hören, sieht sie nach rechts und sieht ein Crewmitglied, welches sie zu sich winkt. Die junge Frau in Uniform lächelt sie freundlich an. „Ich habe ihre Zimmerkarte gefunden und habe die ganze Zeit schon nach Ihnen gesucht, hier!" Lizzy nimmt die Karte entgegen und sieht sie dann mit großen Augen an. „I-Ich... uhm... Danke!" Auf der Karte steht eine Zimmernummer, die grobe Aufteilung steht ebenfalls an den Wänden. Sie muss dem also nur noch folgen um zu dem Zimmer zu kommen.
Sie sieht auf die Nummer, dann auf die Nummer neben der Tür, dann wieder auf die Karte und wieder hoch. Das muss es sein. 08-15. Wieso fühlt sie sich gerade verarscht? Dennoch öffnet sie mit der Karte die Tür, geht rein und schließt sie hinter sich wieder. Ein Einzelzimmer. Nicht gerade groß, aber sie hat ein Bett, ein Nachttischchen mit festgeschraubter Lampe, ein Schrank und sogar ein Bild von springenden Delfinen an der Kabinenwand. Das Bad ist wohl in dem kleinen Nebenzimmer, welches durch eine weitere Tür abgetrennt ist. Ein schlichtes, aber stabiles Fenster zeigt nach draußen und gibt den Blick auf die nun tosende See frei. Sie ist relativ weit unten im Bauch des Schiffes und sie kann den Rand des Meerwassers immer wieder gegen ihr Fenster schwappen hören und auch sehen. Immer wieder kann man für den Bruchteil einer Sekunde dort unter die Wasseroberfläche blicken, bevor sie wieder oberhalb angelangt ist. Ob das Fenster bricht und die Tür auf magische Art und Weise nicht aufgeht? Oder ob hier gleich jemand reinkommt und sie wieder umbringen will? Ihr Blick geht noch einmal zu dem Fenster und ein Schatten schwimmt vorbei als sie unterhalb der Wasseroberfläche ist. Pragmatisch geht sie zum Fenster, schließt den Vorhang und schüttelt den Kopf. Was sie nicht sehen kann ist nicht da und sie kann es mit ihrem Blick nicht provozieren. Erst dann geht sie in das Bad, trocknet sich ab, zieht die Kleidung aus und wickelt sich selbst in das Handtuch, ehe sie nach draußen geht und den Schrank öffnet. Wenigstens hat sie Kleidung. Ist zwar die gleiche Kleidung wie vorher, aber trocken ist immer noch am besten. Nach dem Umziehen hängt sie ihre Kleidung im Bad auf, das Handtuch gleich daneben. Sie findet auf die Schnelle keinen Kamm und muss halt mit zerzausten Haaren herumlaufen, dürfte jetzt aber wirklich nicht schlimm sein. Schlussendlich sitzt Felicitas aber nur auf dem Bett, eingehüllt in der relativ dicken Decke die man hier auf dem Bett liegen hatte und wartet. Sie wartet darauf dass etwas passiert, sei es nun vor allem mit dem Fenster oder der Tür! Doch nichts. Das Einzige was ihr wirklich Sorge bereitet ist der Seegang, den man hier deutlichst zu spüren vermag. Ihr Handy war einigermaßen trocken und auch wenn sie hier keinen Empfang hat, sie kann wenigstens Sudoku auf ihrem Handy spielen. Ist offline möglich. Alucard starrt die Lady an und wartet auf eine Antwort. Sequenz drei läuft ebenfalls erfolgreich und sie hat die Antworten die sie bis jetzt haben wollte. Integra selbst sieht auf die Uhr. Viereinhalb Stunden läuft es nun schon und bis auf die ein oder andere hinderliche Aktion die aber zum Glück keine großen Konsequenzen mit sich gezogen haben, läuft alles wunderbar. „Wie schlägt sie sich?" Der schwarzhaarige schmunzelt leicht. „Immer noch skeptisch, aber ruhiger und entspannt. Sie tickt nicht aus oder sucht nach etwas." Das ist genau das was sie haben wollte. „Perfekt. Hol sie langsam wieder raus und ich ruf kurz beim Vatikan an." Der Urvampir neigt seinen Kopf und schließt die Augen. Walter hebt im nächsten Moment seinen Kopf und seufzt leise. Ohne zu zögern springt er in das Loch hinab und findet sich nach dem Fall vor einer Tür, dem Schwanken nach zu Urteilen offensichtlich auf einem Schiff. Davon hatte Alucard nichts erwähnt, aber nun gut. Er klopft an der Tür und wartet, bis Lizzy ihm aufmacht. Die Haare stehen kreuz und quer von ihrem Kopf ab und sie wirkt überrascht. „W-Walter...?" Er neigt leicht seinen Kopf. „Ich bin hier um Sie herauszuholen, es ist vorbei." Er hält ihr die Hand hin und wartet geduldig, bis sie aus ihrem perplexen Starren herauskommt. „Uhm- Okay!" Als sie seine Hand nimmt, lässt das grelle Licht sie die Augen schließen und als sie sie wieder öffnet, stehen sie vor der Treppe nach oben in der schwarzen Leere. „Wissen Sie ob ich verkackt habe oder nicht? Weil das letzte war irgendwie- Das war komisch!" Doch Walter hält sich lieber raus, auch wenn er weiß dass sie nichts falsch gemacht und nur für den ein oder anderen amüsanten Moment gesorgt hat. Beide kommen wieder im Büro der Lady an, Felicitas aber definitiv angespannt und ihre Aufmerksamkeit liegt auch sofort bei der Lady. Die nickt ihr aber nur zu. „Das Treffen mit dem Pater steht, Sie werden Ihr Büchlein weiterhin füllen können." Der Pater- Der Regenerator? Sie hat nicht verkackt? „Was waren das eigentlich für Tests... jetzt mal ganz ehrlich." Integra schmunzelt leicht. „Mut, Loyalität, Spontanität, Reaktion auf bestimmte Situationen, Geiselnahme, Geduld... All das habe ich damit testen können. Und auch Alucards Fähigkeit der Manipulation in dem Bereich in dem du warst. Hat gut funktioniert, findest du nicht? Du hast die Nässe vom Regen gespürt, den Dolch in deiner Hand, den Wind. Du konntest riechen und schmecken, dir war kalt oder heiß."
Lizzy presst die Lippen aufeinander und sieht zu Alucard. Soll ich ehrlich sein? Dieser erwidert den Blick. Du musst, Missy. Sie schluckt und holt kurz Luft. „Uhm... also ja, ich konnte den Regen spüren oder- oder den Wind! Aber... riechen jetzt eher nicht. Also der Ghul war geruchlos und ich denke mir mal das es auf dem Schiff da kalt gewesen sein sollte. War es auch nicht." Leicht überrascht sieht die Lady sie an und runzelt dann die Stirn. „Kein Geruch? Kein Temperaturempfinden?" Lizzy schüttelt den Kopf. Integra sieht auf den Boden vor sich. Also kann man Felicitas nicht komplett manipulieren, selbst wenn sie in Alucards Seelendimension ist. Er hat nie wirklich die komplette Kontrolle über sie und die Dinge um sie herum! Das ist gut zu wissen, so kann man für die Zukunft planen. „Also gut damit haben Sie drei Tests bestanden und wie gesagt, der Termin steht. Leider hat der Pater erst Zeit in einer Woche für Sie gefunden, Sie müssen sich also noch gedulden. Aber ich denke Sie schaffen das. Wie weiterverfahren wird, das liegt nun in Ihrer Hand, Lizzy. Wollen Sie weitere Tests machen und so gleich andere Wesen auf die Liste schreiben, oder wollen Sie warten bis das Gespräch mit dem Pater gelaufen ist?" Da muss Felicitas nicht einmal lange überlegen. „Ich warte. Definitiv. Die beiden Tage haben gewisse Spuren hinterlassen die ich erst einmal wieder ausbügeln muss! Unter anderem brauche ich einen besseren Weg mit Panikattacken umzugehen, das auf jeden Fall. Und jeder hier braucht ne Pause, denke ich. Ihr alle von mir, ich von allem hier und vor allem Alu." Der Urvampir deutet auf sich und zieht eine Augenbraue hoch. „Ach, seit wann wird mir eine Pause zugestanden?" Lizzy lächelt leicht. „Wenigstens von mir bekommst du eine Pause, was die Lady mit dir anstellt ist eine andere Sache an der ich nicht beteiligt bin." Dagegen argumentiert er nicht einmal, weil er weiß dass Integra schon irgendetwas für ihn hat. Er- „Ich denke dass dir eine Pause wirklich guttun könnte. Nicht so lange wie sie, aber ein oder zwei Tage Ruhe... Du siehst beschissen aus." Leicht perplex starrt er sie an. „Bitte? Ich sehe immer so aus!" Erst als er es ausgesprochen hat merkt er eigentlich wie das klingt und reibt sich den Nasenrücken. „Vielleicht tut eine kleine Pause wirklich gut." Er ignoriert den Versuch von Lizzy nicht zu lachen und selbst Walter sieht mit einem Schmunzeln auf die Seite. Nur die Lady lacht offen und vor allem laut. „Ich kann den Urlaub gleich anfangen, oder?" Die junge Frau räuspert sich und sieht ihn an. „Ich würde dir anbieten bei mir unterzukommen, aber ich habe nur ein Zimmer und ein Bett, das-" „Würde jetzt wirklich keinen Unterschied mehr machen, Missy. Aber ich werde trotzdem mal sehen dass ich weit, WEIT weg bin!" Gut, das kann sie verstehen. Nach kurzem Nachdenken gehen ihre Mundwinkel hoch. „Hey... ich kann in die Bar und was trinken OHNE mir sorgen zu machen dass ich am nächsten Tag was habe! Nice." Ein leichter Schlag auf den Hinterkopf lässt sie zu Alucard sehen. „Hat dich vorgestern auch nicht gestört." Lizzy verschränkt die Arme. „Da ging der Vodka aufs Haus wenn ich ihn schaffe. Jetzt muss ich ihn zahlen. Du lässt kostenlosen Alkohol nicht einfach so verpuffen, kapisch?" Während Alucard Level 0 auflöst und Walter somit auch zurückkehrt, schreibt Lady Integra das alles auf was geschehen ist. Sie muss den Überblick behalten was sie selbst kann und was Alucard bei ihr machen kann. „Könntest du sie eigentlich jetzt noch manipulieren?" Integra hebt ihren Kopf und sieht Lizzy an. „Keine Sorge, zählt als Test Nummer vier." Die nickt zustimmend und Alucard versucht es, scheitert aber. „Nicht ansatzweise, nicht einmal durch das Band." Das nervt ihn so ein wenig, aber was solls. Er muss den Fakt einfach hinnehmen und damit arbeiten. „Also kannst du sie nur manipulieren wenn sie in der Seelendimension ist und dann auch nicht zu 100%? Okay..." Das klingt irgendwie enttäuscht, Alucard kann es aber nicht so ganz einordnen. „Aber als ich in deinen Erinnerungen war... da konnte ich das doch auch riechen. Warum-" „Weil es nicht von mir direkt gesteuert wurde, sondern von dir, Missy. Du bist da rumgehüpft, ich hatte nichts damit zu tun." Also weil sie selbst das alles gemacht hat, konnte sie riechen? Wow, ein hoch auf ihre... War das ihre Fantasie? Wie auch immer. „Können wir- Können wir gehen?" Lizzy deutet mit dem Daumen hinter sich und wartet auf die Antwort der Lady. „Meinetwegen. In einer Woche um Punkt 10 Uhr hier. Sie können arbeiten wenn Sie wollen, oder nicht. Das müsste ich noch wissen." „Wenn ich es mir aussuchen kann, dann arbeite ich natürlich nicht. Welcher geisteskranke Mensch würde das?" Lizzy hat geantwortet ohne zu überlegen und sieht die blauen Augen nur starren. „Kann ich verstehen. In einer Woche. 10 Uhr vormittags. In meinem Büro." Sowohl Alucard als auch sie nicken der Lady zu und er legt ihr die Hand auf die Schulter. „Ich bring dich heim." „Danke."
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