Gegen die Mauer
„Schubs den Vorarbeiter nicht von dem Gerüst, okay?" Lizzy hält dem verblüfften Hans einen Becher hin, der fragt sich aber nur woher sie das weiß. „Du redest im Schlaf, aber jetzt geh. Ich will nicht dass du ärger bekommst weil du zu spät kommst, okay?" Mit einem Schmunzeln nimmt er den Becher entgegen und nickt, bevor er sich nach unten beugt und ihr einen Kuss auf die linke Wange gibt. Der weißhaarige geht aus der Wohnung und Lizzy hält auch Alucard einen Becher hin. „Und du machst mir bitte keinen Stress bei der Lady, okay? Die arme Frau hat mit mir genug zu tun, da musst du nicht auch noch Chaos veranstalten." Der Urvampir nimmt den zweiten Becher entgegen und nickt. „Ich versuche mein bestes. Aber... Das vorhin..." Seufzend lehnt sie sich an die Wand und zuckt mit den Schultern. „Es ist die Wahrheit, Vlad. Was weiß ich außer deinen richtigen Vornamen, dass du im Krieg gestorben bist und- Du weißt selbst was ich gesehen habe, du hast mich ja beobachtet. Du weißt so viel von mir! Ich habe dir meine Probleme erzählt, meine Vergangenheit... scheiße, du weißt sogar ganz genau was mit meinem Ex ablief! Du weißt wo ich zur Schule gegangen bin, du weißt sogar wie meine erste Katze hieß!" Er schnaubt leicht amüsiert und nickt. „Bonny... das war ein interessanter Abend als du angefangen hast über sie zu erzählen." Ja, sie hat ihm viel erzählt. „Du weißt fast alles von mir, kennst meine Freunde und bist Teil meines Lebens. Und zwar... meines ganzen Lebens, so viel wie ich dir davon aufgeschwatzt habe. Von dir weiß ich das, was ich durch Zufall rausgefunden habe und wenn das nicht passiert wäre... was wüsste ich eigentlich?" So viel wie jeder andere der ihn so nebenbei kennengelernt hat. Alucard sieht auf den Becher, dann zu ihr. „Viel zu wenig um richtiges Vertrauen in jemanden zu haben und zu wissen was die Person denkt." Mit einem sanften Lächeln streicht sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schüttelt den Kopf. „Ich vertraue dir, Alucard. Ich vertraue auch Hans und Alexander. Fuck, sogar der Lady, man! Aber ich weiß nicht was ihr alle denkt nur weil wir kontinuierlich etwas miteinander zu tun haben, okay? Wenn ich dir nicht vertrauen würde, hätte ich dir nicht so viel gesagt und ich hätte minimal schiss gehabt als du plötzlich aufgetaucht bist. Und jetzt geh und wehe du vergisst das Eis." Sie tritt einen Schritt zurück und verschränkt die Arme. „Ich bin sauer wenn du das nicht mitnimmst!" Lachend schüttelt Alucard den Kopf, die Stimmung ist wieder um einiges lockerer. „Und wenn es kein Pistazie gibt?" Da muss sie kurz nachdenken, was gäbe es sonst noch als Möglichkeit? „Zitrone." Der Urvampir trinkt einen Schluck Kaffee und ist überrascht als er den Zucker herausschmecken kann. „Du weißt noch wie ich meinen Kaffee mag?" Lizzy weiß jetzt nicht was so besonders daran ist, nickt aber. „Klar, warum nicht?" „Und du bist sicher dass du mich nicht kennst?" Erst will sie etwas sagen, verstummt aber wieder. Doch dann fällt ihr wieder etwas ein. „Naja, damit habe ich dich kennengelernt. Du trinkst den Kaffee wie mein Vater. Wie meint er immer? ‚Schwarz wie meine Seele, aber genau so zuckersüß!'. Demnach bin ich auch noch innerlich verbittert, ich pack da nichts rein." Das hat das Ding, dass sie sich daran erinnert wie er den Kaffee mag, ein wenig runtergezogen. „Du kannst dich nur daran erinnern weil es dein Vater so mag?" Die Stille ist ein wenig unangenehm, doch sie schnaubt nur. „Nicht ganz, mein Papa mag pro Durchgang bei deren Kaffeemaschine zwei Stück Zucker. Auf den Becher gerechnet wären das..." Sie starrt den Becher an und addiert es in ihrem Kopf. „Sechs oder acht Stück Würfelzucker! Du hast genau die Hälfte, also habe ich dir lieber einmal vier Stück reingetan weil ich denke dass du ein bisschen Zucker gebrauchen kannst." Wie kann er ihr eigentlich wirklich sauer sein? Er würde seine letzte Seele für dieses kleine Menschlein geben, soweit ist es schon gekommen. „Wenn ich dich ablecke komme ich in einen Zuckerschock. War das kitschig? Ja. Vergisst du das bitte wieder? Absolut." Lizzy starrt Alucard an, schnaubt amüsiert und schüttelt den Kopf. „Oh, das ist da oben jetzt eingespeichert! Für immer und ewig!" Lachend deutet sie mit dem Kinn auf die Tür. „Und jetzt geh, bevor die Lady noch meint dass du die Stadt in Flammen aufgehen lässt." Mit einer deutlich besseren Laune folgt Alucard ihrer Aufforderung und hebt den Becher hoch. „Ich bring ihn zurück wenn er leer ist! Du brauchst den wieder." Seufzend öffnet sie einen der Schränke und blickt dann wieder zu Alucard. „Was meinst du wieso ich für jeden einen besorgt habe." Der von Alucard ist rot, der für Alexander grün, Hans hat einen weißen und sie lebt mit einem schwarzen Becher. „Waren im Angebot."
Ändert sich für Felicitas irgendetwas? Nicht wirklich, bis auf ihren Standort. Sie hat sich dazu entschieden wieder nach Nevada zu fliegen und Lindel auf die Nerven zu gehen, sich aber gleichzeitig noch intensiver mit dem ganzen Programm auseinander zu setzen und ihr Wissen zu erweitern. Dafür lehnt sie sogar ein Angebot von Erica ab, die wieder alles über Alucard laufen lässt. Aber Lizzy will nicht zurück und so kann sie sich wirklich rein auf die übernatürlichen Wesen konzentrieren. Hans ist in sein normales Schweigen zurückgefallen, kümmert sich aber dennoch so gut es geht um sein Rudel und Cory fällt auf dass er einerseits um einiges strenger geworden ist was die Regeln angeht! Aber auf der anderen Seite ist er auch Nachsichtiger was zum Beispiel verschiedene Gefühle und Emotionen angeht. Sollte sein Wort nicht schon vorher gelten, so ist es nun Gesetz! Zumindest wenn er es in irgendeiner Form von sich gibt was er will. Es ist eine positive Veränderung und jedes neue Mitglied des Rudels wird von ihr aufgeklärt wie die Rangordnung ist, bevor man es schmerzlich erfahren muss. Vor allem aber betont sie wie wichtig es ist eine gewisse Frau zu respektieren die kein offizielles Mitglied des Rudels ist und auch kein Werwolf! Aber es wäre wirklich besser wenn man sich ihr nicht in den Weg stellt, es könnte größere Folgen nach sich ziehen als man sich vorstellen würde. Viele Lachen im ersten Moment über diese Aussage, es ist ja nur ein Mensch! Doch wenn Cory aufzählt was dieser Mensch alles durchgemacht hat und wie gefährlich sie sein kann wenn sie möchte, wird schnell mit dem Lachen aufgehört. Natürlich muss sich Lizzy auch mal vorstellen, aber die ist seit drei Wochen einfach nur in Area 51 und hat sich das Ziel gesetzt den Minotaurus an ihre Gegenwart zu gewöhnen und sich irgendwie mit ihm zu unterhalten. Ist nur nicht einfach wenn der einen immer versucht umzubringen. Die Wunden die sie von allem bekommt, nicht nur vom Minotaurus sondern auch von ungestümen Babys, bekommt Alucard natürlich mit! Nur weiß er zumindest dass es ihr wirklich gut geht. Ja, sie schreiben regelmäßig und auch sind hin und wieder Videoanrufe drin! Aber eben nicht immer, denn oftmals spürt er wie erschöpft sie ist und lässt sie dann in Ruhe. Den Becher hat er in ihre Wohnung zurückgestellt, ihr Eis hat sie wenigstens noch bekommen bevor sie abgedüst ist. Er selbst ist ein wenig überrascht wie wenig er wirklich zu tun hat wenn sie nicht da ist. Niemand der ihm einfach mal so zwischendurch per Gedanken zusammenscheißt weil er vergessen hat etwas von Erica weiterzugeben, keine kleinen Abenteuer mit ihr, nicht einmal mehr einen Ausflug in die Bar! Wobei er das auch hin und wieder alleine macht, aber nur um sich zu Hans zu setzen und ihn ein wenig zu nerven. So wie auch heute. Alucard hat seine Aufträge erledigt, mit Seras hat er auch schon was unternommen und bevor er wieder in seinem Keller versauert, wie vor dem ganzen Zeug, geht er doch lieber in die Werwolfbar und nervt dort einen gewissen Werwolf. Die skeptischen und teils abwertenden Blicke der anderen ignorierend geht Alucard schnurstracks zu dem hintersten Tisch und setzt sich gegenüber von Hans auf die Bank. „Es ist schon wieder so ein Tag an dem ich dich nerven werde bis einer von uns nicht mehr kann.", gibt er schmunzelnd von sich und blickt in die roten Augen von Hans. Dieser wünscht sich einfach nur drei Tage in denen er nicht auftaucht, aber der Urvampir ist fast jeden Tag hier. Seine Nerven halten das nicht mehr länger aus, Lizzy muss echt bald wieder zurückkommen und ihm den Kerl wieder abnehmen. Wie hält sie das nur mit ihm aus? „Ich sehe an deinem Blick dass du, wieder einmal, vollkommen genervt bist und ich bin erst ein paar Sekunden hier. Neuer Rekord?" Hans hebt den Mittelfinger mit seinem typisch stoischen Blick und sieht dann zu Cory. Die nickt und bringt ihm ein Glas mit Vodka, welches er meistens nimmt wenn der schwarzhaarige Kerl da ist. „Du fängst gleich hart an? Was ist dir bitte über die fellbesetzte Schnauze gelaufen, huh?" Erst trinkt er einen Schluck, deutet dann aber auf den Urvampir. „Oh, aber Flohteppich." Auf einen Kampf lässt er sich nicht ein, obwohl es ihm guttun würde. Huh, so ein Übungskampf... aber der nimmt es eh wieder zu ernst. Aber vielleicht auch nicht? „Über was denkst du nach, mein felliger Freund." Hans sieht von seinem Glas zu ihm und schnaubt entgeistert. „Übungskampf?" Die Mundwinkel des Urvampirs gehen hoch. „Es kann reden!" Kurze Stille, ehe er wieder aufsteht. „Ein wenig Abwechslung kann ich gebrauchen und du siehst ein wenig eingerostet aus, Fellnase." Mit einem: „Tch.", steht der Werwolf auf und geht zur Tür, Alucard folgt ihm schmunzelnd und mit den Händen in den Manteltaschen.
Die Nacht bricht herein, für keinen der beiden ist das aber ein Problem. „Ich glaube ich lass die Pistolen mal weg, dann wäre es fairer und- Verdammte scheiße!" Abrupt hebt Alucard seine Hand an seine linken Schulter und verzieht kurz schmerzerfüllt das Gesicht. Hans runzelt die Stirn, was hat er denn bitte? Sie stehen mitten auf einem leeren Feld im nirgendwo, weil sie niemanden wirklich sehen lassen wollen was passieren wird. „Also ich weiß nicht ob sie gegen eine Mauer gerannt ist, oder ihr irgendwas draufgebrettert ist... aber scheiße, das fühlt sich an als wäre ihr ein Amboss draufgeknallt!" Der Blick des Werwolfs wird besorgt, doch Alucard hebt die Hand. „Moment." Missy! Wärst du so freundlich und würdest erklären ob du gegen die Mauer gerast bist, oder die Mauer gegen dich?! Lizzy atmet ein paar Mal tief durch und rettet sich hinter die Gitterstäbe. Der Minotaurus mag immer noch keinen Besuch! Aber ich weiß zumindest dass er Joel heißt! Der Urvampir schließt die Augen und schüttelt den Kopf. Tolle Nachrichten, Missy. Aber geh zu einem beschissenen Arzt, klar? Bis später... Er sieht wieder zu Hans und spürt wie der Schmerz langsam nachlässt, obwohl ihn das noch ein wenig beeinträchtigen wird. „Zwei Dinge. Der Minotaurus heißt Joel und er dachte sich wohl dass man sie wohl umrennen kann. Aber ihr geht's gut und sie geht hoffentlich zum Arzt! Ansonsten kümmere ich mich um sie." Ein kurzes Räuspern und er verdreht die Augen. „WIR werden uns um sie kümmern, meine Fresse." Das schon fast höhnische Schmunzeln des weißhaarigen lässt Alucard das Gesicht verziehen. „Das soll ein Übungskampf sein, kein richtiger, oder? Reiß dich zusammen, Flohteppich." Beide Augenpaare leuchten in der Dunkelheit rötlich auf, bevor Hans leicht seinen Kopf neigt und ihm andeutet anzufangen. Das lässt sich der Urvampir nicht zweimal sagen und somit hat Hans nur einen Wimpernschlag Zeit um dem ersten direkten Angriff auszuweichen. Funktioniert aber wunderbar und erst einmal wird er auch in der menschlichen Form bleiben um zu sehen, ob ihm das mehr Vorteile oder Nachteile bringen wird. Vielleicht haben sich beide weiterentwickelt, vielleicht nur einer, vielleicht sind beide immer noch gleich geblieben was ihre Techniken und ihre Kampfweise angeht! Das werden sie nun herausfinden. „Es ist langweilig wenn du nur ausweichst und es beleidigt auch ein klein bisschen, findest du nicht?" Alucard richtet sich selbst auf und selbst wenn Hans ein wenig größer ist als er, mit seinem Ego steht er ihm in keinster Weise nach. Alucards Fähigkeiten sind enorm, doch auch die des Werwolfs sind nicht zu unterschätzen. Reinrassig, was ihm noch einmal den ein oder anderen Vorteil bringt. Und im Gegensatz zu Alucard, dessen Fähigkeiten durch Experimente extrem gesteigert wurden, hat sich Hans keiner solchen Prozedur unterwerfen müssen um dem standzuhalten was ihm entgegengeschmissen wird. Er ist die Natur in Reinform und das will er jeden spüren lassen der sich nun gegen ihn, sein Rudel und auch Lizzy stellt. Beide Parteien starren sich an, keine rührt sich einen Schritt. Niemand will so wirklich weitermachen und den ersten Schritt wagen der meist als Zeichen der Schwäche und der Ungeduld angesehen wird. Und Alucard bleibt bei seiner altgewohnten Taktik. Der Gegner soll ihn mit allem zerstören was er hat, er soll den Triumph auf seiner Zungenspitze schmecken! Doch Alucard wird ihm diese Zunge ausreißen und somit alle Hoffnungen und Träume zerstören die man je hätte haben können. Urplötzlich gehen beide Männer aufeinander zu. Alucard mit seinem selbstzufriedenen Grinsen und Hans mit seinem stoischen Blick welchen er sonst immer besitzt. Die kühle Nachtluft ist geladen mit der Spannung der Situation, der stummen Frage was nun passieren wird! Sie bleiben nebeneinander stehen, schon fast Schulter an Schulter. Alucard blickt nach vorn, Hans auch, nur blicken sie in die entgegengesetzte Richtung. Stille herrscht, in der nicht einmal das Rauschen der Blätter im leichten Wind zu hören ist. Simultan starren sie sich aus dem Augenwinkel an und während Hans abrupt seine Hand ausstreckt, beugt sich Alucard nur leicht nach vorn, lässt die Hand an seinem Rücken entlanggleiten und greift selbst nach dem Hals des Werwolfes. Innerhalb weniger Millisekunden hat sich die Ruhe in einen Kampf gewandelt, in dem es aber nicht um den Tod der anderen Partei geht. Alucard hat kein Interesse ihn umzubringen und Hans ist von Haus aus nicht begeistert jemanden zu töten wenn es nicht sein muss. Ein kleiner, stummer Austausch von Meinungen, Kräften und Stärken um auch endlich einmal wieder einen Kampf auf hohem Niveau zu haben bei dem man sich und seine eigenen Fähigkeiten unter Beweis stellen muss. Zumindest ist es für Hans der erste Kampf auf hohem Niveau seit Jahren, Alucard hat dafür ja wenigstens den Pater der ihm den ein oder anderen guten Kampf gönnt.
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