Drei Monate
Zwei Tage lang kann sie normal arbeiten, bis sie am Mittwoch zu einem Gespräch geladen wird. Mit dem Geschäftsführer. Alleine. Nervös geht sie zu eben jenem Gespräch und setzt sich zu ihm in das Büro. „Miss O'Perast, wie geht es Ihnen?" Sein Lächeln ist freundlich, aber das kann man hier schneller fälschen als die Unterschrift eines Arztes. „Ich bin froh wieder arbeiten zu können, das können Sie mir glauben." Er nickt leicht vor sich hin, die grau melierten Haare sind mit Gel zurückgekämmt worden um einen seriösen Eindruck zu machen und er hat seinen Anzug an mit dem er sonst auch immer herumläuft. „Ich hoffe Sie wissen dass Sie ein wichtiges Mitglied dieses Krankenhauses sind, Miss O'Perast und ich höre auch nur positive Dinge von unseren Patienten über Sie!" Ein paar Blätter werden auf die Seite geschoben und er liest sich etwas durch. „Von Ihren Mitarbeitern werden Sie als kompetent beschrieben, jemand der versucht einen Mittelweg zwischen Patientenwunsch und Personalmangel zu finden, wenn ich das einmal zitieren dürfte. Hin und wieder können Sie wohl ein wenig harsch und ruppig gegenüber Ihren Kollegen sein..." Er sieht hoch und lächelt. „Aber unter Stress ist das vollkommen normal und verständlich dass der Umgangston verschärft wird." Wird das eine allgemeine Beurteilung, oder was genau läuft hier eigentlich ab? So ein Gespräch hatte sie noch nie und irgendwie hat sie das Gefühl dass sie es auch nicht haben möchte. „Miss O'Perast, ich möchte ehrlich mit Ihnen sein." Nein, nein er soll jetzt nicht sagen was sie denkt dass er sagen wird! „So viel wie ich der Lady noch schulde, es geht auch um das Patientenwohl und mit Leben spiele ich nicht. Sie besetzen eine bezahlte Stelle die man mit jemandem besetzen könnte der wirklich arbeitet und sich um Patienten kümmern kann." Lizzy's Mundwinkel gehen nach unten, ihr Kiefer folgt ein wenig ehe sie schluckt und ihn geschockt ansieht. „Sie- Sie kündigen mich?" Mister Newman lehnt sich ein wenig nach vorn, sein Blick ernst. „Miss O'Perast, es tut mir wirklich leid aber da Sie nun wohl öfters etwas mit der Lady zu tun haben und ich ungefähr weiß wie fordernd sie sein kann, können Sie wiederum nicht garantieren regelmäßig zu arbeiten und unser Krankenhaus als Mitarbeiter zu unterstützen. Es tut mir leid und sie waren uns viele Jahre lang eine große Hilfe! Manche würden sagen dass Sie das Rückgrat der Station waren, selbst in Ihren jungen Jahren und dass sie Führungsqualitäten haben! Aber ich muss das tun was für die Patienten am besten ist und das ist eine Arbeitskraft die auch wirklich arbeitet und nicht immer abgezogen wird obwohl wir der Person dann noch alles bezahlen müssen." Er schiebt ihr etwas entgegen und sie blickt auf das hinunter. Ihre Kündigung aufgrund der Fehlzeiten. „Ich werde Ihnen persönlich ein Empfehlungsschreiben für andere Krankenhäuser schreiben und ihre Bewertung bekommen Sie natürlich auch! Aber aus diesem Krankenhaus muss ich Sie leider gehen lassen." Der Schock sitzt tief, die Überlebensangst noch tiefer. Sie hat nun drei Monate um etwas anderes zu finden, ansonsten sitzt sie auch mit der Miete auf der Straße. „Ich- Ich verstehe..." Lizzy starrt das Blatt Papier an vor dem sie sich so gefürchtet hat und muss sich die Tränen wirklich verkneifen. Jetzt würde es wieder laufen und dann das. Sie hat die Lady gewarnt! Und was ist jetzt dabei rausgekommen? Genau das vor dem sie gewarnt hat. „Ich habe zugegebenermaßen nicht mit Ihnen gerechnet, deswegen habe ich mit Ihrer Station ausgemacht Sie auch nicht im Dienstplan für die nächsten Wochen zu berücksichtigen. Sie haben in diesem Jahr so oder so noch keinen Urlaub genommen. Vielleicht wäre es nun gut das alles in einem Zug abzufeuern, anstatt sich diese Tage auszahlen zu lassen. Die restlichen eineinhalb Monate... Sie haben genug Überstunden gemacht, ich kann sicherlich darüber hinwegsehen wenn Sie nicht mehr kommen möchten und sich um eine neue Stelle umsehen." Wow. Wow! Zwar sind keine Tränen sichtbar, aber sie zieht die Nase hoch. „Okay. Ich- Ich habe keine Ahnung was Sie sind, Mister Newman, aber ich hoffe dass Sie einen guten Ersatz für mich finden." Irritiert runzelt er die Stirn, was meint sie? Lizzy nimmt ihre Kündigung und steht auf, sieht ihn von oben an. „Sie sind kein Mensch, ich spüre das. Der Grund wieso die Lady interessiert an mir ist. Aber ich werde Ihr Angebot annehmen, heute noch arbeiten und dann habe ich wohl... ‚Urlaub'. Guten Tag." Mit großen Augen sieht er ihr nach wie sie sein Büro verlässt und er dann wieder auf seine Unterlagen sieht. Wie konnte er denken dass es keinen Grund gibt wieso die Lady nur sie haben wollte. Aber gut, die Kündigung ist durch und er muss an das Patientenwohl denken!
Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht! Alucard spürt die Veränderung über das Band, die Frustration, Wut, die Trauer und den Schock. Was ist passiert, ist einer ihrer Patienten verreckt? Sollte sie aber sich nicht langsam mal an den Tod gewöhnen? Er weiß dass es mit ihrer Arbeit zu tun haben muss, aber er kommt selbst durch das Band nicht in den Kopf und weiß somit auch dass es schlimm gewesen sein muss was passiert ist. Für Lizzy vergeht die Zeit überhaupt nicht. Auf ihrer Station hat sich schnell herumgesprochen dass die Kündigung durch ist und man drückt das Mitleid aus, welches sie überhaupt nicht braucht. Sie hat das Gefühl einfach nur allein sein zu wollen, aber die Patienten brauchen sie noch! Sie kann nicht weg, auch wenn sie in einem der Patientenzimmer fast anfängt zu heulen nachdem eine ältere Dame, die schon fast Stammgast aufgrund ihrer Erkrankung ist, sie gefragt hat was los ist. Immerhin wirke sie niedergeschlagen und traurig. Sie hat sieben Jahre ihres Lebens hier gearbeitet, nach der Schule hat sie gleich die Ausbildung gemacht und auch hier in diesem Krankenhaus absolviert. Sie kennt nichts anderes als dieses Krankenhaus! Sie ist mit den Ärzten aufgewachsen, mit den Schwestern und den Pflegern. Sie kennt hier jeden! Von der Putzkraft bis hin zum Oberarzt! Und jetzt muss sie gehen weil jemand sich dachte sie immer wieder von ihrer Arbeit wegziehen zu müssen. Sie hat sich den Arsch aufgerissen um hier zu sein, um sich auch einen Namen zu machen! All das liegt jetzt im Müll. Unwiderruflich. Lizzy schleppt sich nach der Arbeit mit hängendem Kopf und den Sachen aus ihrem Spind nach Hause, schmeißt das Zeug nur neben das Bett und starrt auf ihr Handy. Alu oder Hans? Schlussendlich schreibt sie aber Hans an ob er vorbeikommen könnte. Felicitas erwartet nicht sofort eine Antwort, sondern geht noch Duschen und zieht sich das an, was ihr am besten passt. Dicke Kuschelsocken, eine Jogginghose und der übergroße Pulli den sie sich mal gekauft hatte für Tage wie diese. Für Depri-Tage. Die Tränen laufen bis es klingelt und sie zur Gegensprechanlage geht. Sie muss ihre Stimme ein wenig festigen und räuspert sich erst. „Ja...?" Ein Brummen lässt sie aber erleichtert seufzen und sie öffnet die untere Tür mit dem Knopf, ehe sie ihre Wohnungstür aufmacht und schon das Reiben der Kleidung hört wenn man die Treppe hochläuft. Der weißhaarige biegt um die Ecke, sieht ihren Zustand, wird noch einmal schneller und hebt sie hoch, ehe er in ihre Wohnung geht und die Tür hinter sich zufallen lässt. Lizzy nimmt es einfach hin, legt ihre Arme um seinen Hals und verschränkt die Beine auf dem Rücken. Das leise Schniefen und die Versuche die Tränen zurückzuhalten sind lobenswert! Aber das bringt nicht viel. Er zieht sich die Schuhe aus und setzt sich auf das Bett, sie immer noch im Arm haltend. Was ist passiert? Auf wen soll er das Rudeln hetzen? Wer wird in der Luft zerfetzt? Es braucht ein wenig bis sie sich beruhigt, sie bleibt aber immer noch an ihm kleben wie ein alter Kaugummi unter einer Tischplatte. „Sie haben- Sie haben mich gekündigt. Wegen- der Fehlzeiten. Sie- Ich hab die Lady- gewarnt!" Immer wieder holt sie Luft und versucht nicht wieder zu heulen. Wobei Hans es nicht so ganz versteht, deswegen ist sie so aufgebracht? Es ist doch nur eine Arbeit, die kann man doch wechseln, oder nicht? Aber mehrere Dinge fallen ihm wieder ein. Sie liebt ihre Arbeit, er hat auch seine Verbindungen in dieses Krankenhaus und hat sich damit auf dem laufenden gehalten als sie noch aktiv gearbeitet hat. Und ihr gesamtes Leben liegt theoretisch in Brüchen da, ohne Geld kann sie diese Wohnung nicht halten und ein Überleben ist nicht wirklich möglich. „Sieben Jahre...", murmelt sie und starrt an die gegenüberliegende Wand. Ein kalter Schauer läuft ihr den Rücken hinunter und sie dreht leicht den Kopf. Nur um zu sehen wie sich ein unnatürlicher Schatten ausbreitet und ein gewisser Urvampir aus dem Schatten tritt. Perplex starrt er sie an, die in den Armen des Werwolfs sitzt und offensichtlich sehr emotional ist. „Zwei Dinge. Was ist genau los, du warst den ganzen Tag schon so komisch drauf. Zweitens... Hallo? ICH bin derjenige mit dem du ein Band hast? Warum gibst du nicht mir bescheid?!" Hans drückt sie schützend an sich und mustert ihn aber emotionslos. Wenn er nur hergekommen ist um zu maulen kann er sich gleich wieder verpissen, das kann sie jetzt echt nicht gebrauchen!
Mit hochgezogenen Augenbrauen liest sich Alucard die Kündigung durch und sieht dann zu Lizzy. „Die haben doch echt den Arsch offen, oder?" Oh, wie viel er jetzt gerade aufbringen muss um seine Augen nicht aufleuchten zu lassen, die Wut wäre auf jeden Fall da! „Gib mir ein paar Minuten, das wird die Lady sicherlich interessieren. Selbst wenn ihr im Moment ein angespanntes Verhältnis habt! Und du, Flohteppich... deine Hände da wo ich sie sehen kann." Er sieht den Werwolf skeptisch an und verschwindet im Schatten. Lizzy lässt nur wieder die Schultern hängen und sieht auf die Seite. „Das bringt doch eh nichts." Aber wer würde sie unter Vertrag stellen und die vielen Fehlzeiten dulden? Kein Arbeitgeber würde das wirklich durchziehen, sie alle brauchen Mitarbeiter die eben auch arbeiten und nicht nur abgezogen werden. „Ich sollte schauen wie viel so jemand auf Onlyfans macht..." Im nächsten Moment wird sie leicht von Hans geschoben und dieser sieht sie mit einer Mischung aus Vorwurf und ‚Nope, das tust du sicherlich nicht!' an. Gefolgt von einem: „Nicht genug.", von ihm. Lizzy kann nichts dagegen tun dass sie lächelt. „Ich weiß nicht ob ich dankbar sein soll dass du der Meinung bist ich muss das nicht machen, oder was ich davon halten soll dass du weißt wie viel jemand auf Onlyfans verdient." Ein warnender Blick seinerseits. „Vielleicht sollte ich mein letztes Geld für dich ausgeben?" Keine Antwort von ihm, er sieht nur auf die Seite und wirkt geschlagen. Er ist fertig mit der Welt, dieser Account hat ihn zwar über Wasser gehalten, aber er bereut ihn. Es war nichts wirklich sexuelles, sondern eben nur oben-ohne Bilder! Aber was solls. Er wird diese Idee wohl nie wieder aus ihrem Hirn bekommen, das weiß er jetzt schon. Zumindest die Idee ihn auf Onlyfans zu finden. Aber dazu müsste sie seinen Usernamen kennen oder die Tags unter denen er zu finden ist! Und selbst dann gibt es da hunderte anderer Leute, sie müsste also wirklich Zeit investieren und das wird sie hoffentlich nicht tun. „Schlechte Nachrichten, Missy!" Die junge Frau zuckt auf Hans zusammen und dreht sich wieder leicht zu Alucard. Dieser ist genervt weil sie immer noch auf dem verdammten Kerl sitzt, aber was solls. Solange es sie im Moment glücklich macht sollte es ihm egal sein. „Die Lady hat angerufen und mit diesem... Newman? Ich glaube so hieß er. Sie hat mit ihm geredet und du wirst nicht wieder eingestellt. Die Kündigung ist durch." Kurzerhand setzt er sich auf ihren Schreibtischstuhl und legt ein Bein über das andere. „Jetzt ist die Frage was du machen wirst." Nachdenklich lehnt sie sich wieder an Hans und... weiß es eigentlich nicht. Mit einem Mal schnaubt sie amüsiert und nickt leicht. „Fuck. Ich hatte letztens noch Angst weil mich ein paar Werwölfe umbringen könnten! Und jetzt stehe ich vor dem Aus. Welcher Arbeitnehmer nimmt mich mit dem Fakt dass ich die ganze Zeit abgezogen werden könnte wenn etwas wäre? Ich bin am Arsch! Ich hab der Lady gesagt dass sie das nicht lange mitmachen, aber hört man auf mich? Jaja, kleines Schräubchen und so... aber verdammte scheiße, nicht jeder ist so abgesichert wie sie. Die Wohnung kann ich in drei Monaten räumen wenn ich kein Geld bekomme! Ich sollte da die Kündigung auch noch schreiben, dann habe ich keine Schulden." Der Urvampir sieht kurz auf den Boden, dann wieder zu ihr. „Ich versuche bei der Lady was zu drehen, dass du vielleicht bei uns im Anwesen unterkommst. An sich ist sie schuld daran, also wäre es das mindeste wenn sie dich aufnimmt." Hans nickt, der schwarzhaarige hat recht. „Oder bei mir." Lizzy sieht überrascht zu dem Werwolf, während Alucard seine Augenbrauen hochzieht. Er hat diesen Mann bis jetzt noch nie sprechen hören, es ist somit das erste Mal dass er seine Stimme hört. Aber sie passt zu seiner Erscheinung. „Hast du überhaupt den Platz?" Sie war noch nie in seiner Wohnung und weiß nicht wie viel Platz er im generellen hat. Ein leichtes Nicken von ihm, ehe sie erleichtert seufzt. „Danke dass ich zumindest schon einmal ein Dach über dem Kopf hätte. Jetzt brauche ich nur noch einen Job der es mir erlaubt abzuhauen wenn ich es brauche." Aber wenn man da einen findet der das auch noch zulässt, dann weiß sie nicht welcher Gottheit sie was schulden würde. „Ist in deiner Bar noch was frei?" Alucard sieht zu Hans, der schüttelt aber den Kopf. Cory macht das alles alleine und will keine Hilfe was das angeht. „Onlyfans steht immer noch-" „Nein." Der bestimmende Ton von Hans lässt sie sofort verstummen und sie presst die Lippen aufeinander. „Huh... mir würde da was anderes aber noch einfallen und ausnahmsweise hat jemand bei MIR schulden und nicht bei der Lady. Hast du heute noch Zeit und die Kraft?" Wieso hat sie Angst?
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