Kapitel 9
"Alles gut?", seine grünen Augen bohren sich forschend in die meinen, ohne das ich es bemerkt habe, stehen wir bereits vor dem Büfett. "Ja, alles gut", er berührt mich mit seiner Hand an der Schulter, beruhigend streicht er über sie. Der Geruch von Essen, lässt mich wieder meinen Hunger wahrnehmen. "Die Aussicht von hier ist meine Lieblingsaussicht im ganzen Hotel!", seine Hand rutscht meinen Arm herunter und stoppt bei meiner Hand, er verschränkt seine Hand mit meiner und zieht mich schweigend in den großen Raum. Mich erfüllt eine Wärme im inneren, tausend Gedanken schießen mir auf einmal durch meinen Kopf. Das Büfett ist trotz der ungewöhnlichen Uhrzeit gut gefüllt, viele Tische sind besetzt von kleinen Grüppchen. Mit einem Blick auf das Essen sehe ich, dass es überwiegend aus Früchten, Kuchen und Resten vom Frühstückt besteht, das Abendbüfett wird wohl erst in ein paar Stunden serviert. Ich muss mich wohl mit dem hier zufrieden geben. Ich löse meine Hand aus seiner um mir einen Teller zu nehmen und mir endlich etwas zu essen zu nehmen. "Ich hab seit heute morgen nichts mehr gegessen!", er macht es mir gleich, sodass wir bald mit gefüllten Tellern da stehen. "Komm ich kenne einen guten Platz!", damit gehe ich voraus, an viele Tische vorbei zu einer Seite des Raumes, dort stelle ich erleichtert fest, dass der Tisch am Fenster noch frei ist. "Gleich wirst du verstehen warum das hier mein Lieblingsausblick ist", er schweigt, während wir uns gegenüberstehen, erst als wir beide sitzen und aus dem großem Panorama Fenster schauen ergreift er wieder das Wort. "Eine genauso wunderschöne Aussicht wie du!", ohne den Blick von der Wiese, dem dahinter liegenden Wald und dem am Hoirzont zeigenden Berge zu nehmen, sagt er so ein Kompliment ohne mit der Wimper zu zucken, sowas bin ich nicht gewohnt. Meine Wagen verfärben sich binnen Sekunden rot. "Danke", sage ich leise, damit er meine Röte und meine Überraschung nicht sofort erkennen kann, spieße ich mir einen Stück Apfel auf und schiebe mir ihn in den Mund. Ich bin kein solches Mädchen, dass abertausend Komplimente von Jungs bekommt, nein eher das Gegenteil. In der Schule wurde ich nie sonderlich von Jungs beachtet, die beliebten Mädchen wurden von Jungs stattdessen regelrecht umschwärmt. Ich spieße wieder einen Apfel auf, bevor ich mich wieder traue aufzublicken. Paul isst gerade ein Hühnchen, dass von heute Morgen übrig geblieben sein muss, dabei starrt er aus den Fenster. Dadurch habe ich die Chance ihn näher zu betrachten. Er hat heute ein schlichtes schwarzes Tshirt an, welches seine gebräunten Arme betont, um seinen Hals herum trägt er eine silberne Kette und an der Stelle wo der Hals in die Schulter übergeht kann ich eine Tätowierung ausmachen, da der größte Teil jedoch vom Tshirt verdeckt wird, kann ich nicht erkennen, was sie abbildet.
"Darf ich fragen was für ein Tier du bist?", ich beiße mir auf die Lippe, während ich auf seine Antwort warte.
"Was denkst du was ich bin?", kommt es nur von ihm. Will er es mir nicht verraten? Mein Blick geht hoch zu seinen Augen, die mich betrachten. "Ich weiß es nicht", meinen Kopf schief gelegt, überlege ich, wäge ab was wahrscheinlicher ist. "Du bist in einem Wolsrudel, also tippe ich mal auf Wolf", sein Lippen verformen sich zu einem Grinsen, einem fast wölfischen Grinsen. Lag ich etwa richtig?
"Zeig mir mal deinen Arm!", er streckt seinem Arm aus und ohne zu zögern lege ich meinen linken Arm in seine Hand, diesen dreht er vorsichtig herum. "Und du hast die Stelle auch wirklich gekühlt?", mit einer hoch gezogenen Augenbraue betrachtet er mich. Er soll sich hier mal nicht zum Oberarzt aufspielen. "Ja, und eine Salbe hab ich auch drauf geschmiert. Bist du etwa Arzt oder was?", herausfordernd strecke ich mein Kinn in die Höhe. Er wiegt seinen Kopf hin und her. "Sowas in der Art", er streicht vorsichtig über die Stelle bevor er meinen Arm wieder frei gibt. "Was soll das jetzt heißen?", kauend grinst er wieder. Ich trinke einen Schluck meines Wassers. "Ich bin sowas wie der Rudelarzt in meinem Rudel", ein Rudelarzt? "Du bist ein Rudelarzt? Hast du studiert?", gibt es einen Studiengang zum Rudelarzt? Lachend schüttelt er seinen Kopf. "Sei nicht so skeptisch! Ich hab gesagt sowas in der Art", er lässt sich die Zeit um noch einen Bissen von seinem Essen zu nehmen. "Meine Mutter ist Rudelärztin gewesen und sie hat mich angelernt" -
"Also gehen Gestaltwandler zu keinem studiertem Arzt? Und was macht so ein Rudelarzt so?", die Grundstrukturen in einem Rudel kenne ich bereits von Karls Rudel, aber ich hab mich nicht getraut näher nach zu fragen, natürlich würde er mir nicht böse sein, aber wohlfühlen würde ich mich nicht dabei. "Doch, doch Gestaldwandler gehen zu anderen Ärzten, du musst dir das was meine Mutter und ich machen eher so als Hausarzt vorstellen", meine Augen blitzen schelmisch auf. "Hah ich wette mit dir ich wäre eine mindestens genauso gute Rudelärztin wie du es bist!", auch er scheint auf meinen Zug mit aufzuspringen, denn er erwidert: "Forderst du mich gerade heraus kleine Krankenschwester?" Bevor ich ihm meine Antwort geben kann, wird es auf einmal laut im Raum. Stimmen werden erhoben, Stühle laut über den Holzboden gekratzt, die zu vor friedliche Atmosphäre zerstört von einem energischen Streitgespräch nur zwei Tische neben unseren.
Soweit ich es erkennen kann, stehen drei Männer alle verschiedenen Alters um den Tisch herum, wild gestikulierend. Alle Gäste, einschließlich uns beide starren wie gebannt auf die Situation.
Erst als die Männer die Fäuste ballen und tief knurren, realisiere ich, dass die Situation am eskalieren ist. Ein Eis kalter Schauer fährt mir meinen Rücken herunter und ohne ein zweites Mal zu überlegen nehme ich mein Handy in die Hand, stehe auf und beginne die Telefon Nummer meines Vaters zu wählen, während ich gebannt den Streit verfolge, zwei junge Männer von einem anderen Tisch sind aufgestanden und zwischen die drei Männer getreten, womöglich um zu versuchen die Situation zu entschärfen. Mein Blut beginnt bereits in meinen Ohren zu rauschen, kalter Schweiß bricht mir ebenfalls aus. Endlich hebt mein Vater ab. "Hier im Büfett im Haupthaus bricht ein Streit aus", meine Hand beginnt zu zittern und ich fühle mich wieder zehn Jahre in der Zeit zurück geworfen. Etwas kracht, ich zucke zusammen, mein Herz pocht schnell, immer schneller. Dann spüre ich einen warmen starken Arm und werde zurück gezogen, weiter weg vom geschehen. "Robin? Ruhig bleiben, ich sag Karl Bescheid, er kommt so schnell vorbei wie es geht. Er bringt ein paar seiner Männer mit. Alles wird gut mein Schatz!", ein lautes, wütendes, gefährliches Knurren durch schneidet die Luft. Das muss ein Rang höherer Gestaltwandler sein, das Knurren fährt einem durch den ganzen Körper. "Ich leg jetzt auf, ich bin sofort da", dann ertönt das Signal, dass er aufgelegt hat. "Komm lass uns schnell hier raus gehen, Robin", ich schrecke auf, nur um zu erkennen, dass Paul mich an seine Seite drückt, meinen Rücken beruhigend streichelt und mir ins Ohr flüstert. Wieder ein Krachen, gefolgt von dem Geräusch von Fleisch auf Fleisch. Ich schüttel meinen Kopf, bin gefesselt von der Angst. "Komm! Die werden sich bald verwandeln und du willst da nicht in diesem Raum sein!", ernst redet er auf mich ein, doch alles was ich machen kann ist immer wieder meinen Kopf schütteln. Damals bei dem Kampf habe ich mir nur mein Handgelenk durch meinen Sturz gebrochen, aber die Panik, die Angst sitzt noch tief in meinen Knochen. Meine Augen verfolgen die Hand des ältesten von ihnen, wie er immer wieder die Nase des jüngeren Mannes trifft. Er muss bestimmt schon um die 50 sein, denn sein Haar ergraut bereits und sein Gesicht weist mehrere Falten auf. Die zwei jungen Männer, die vor ein paar Minuten noch versucht haben, die Streithähne zu beruhigen, leiten stattdessen jetzt die anderen Gäste aus dem Raum, einer der beiden kommt auf uns beide zu. "Robin! Jetzt komm. Ich schwöre dir ich werde dich hier raus tragen, wenn du nicht gleich freiwillig geht!", mit einem Mal höre ich knacken und ein zerren, ich sehe wie die Klamotten des dritten Mannes zerreißen und in Fetzen zu Boden gehen. Ihm sprießt Sand farbenes fast goldenes Fell mit schwarzen Punkten. Ein Leopard. Mein Herz setzt kurz aus. Paul hat sich vor mich gestellt, meine Schultern gepackt und gerüttelt. "Robin!", ich blinzel. Meine Augen haben sich auch noch mit Wasser gefüllt und drohen jetzt überzulaufen. "Paul?", Paul wirft dem anderen Mann einen Blick zu, dann auf einmal packt er mich mit beiden Händen an der Hüfte. Er stämmt mich hoch und wirft mich über seine Schulter. "Ich hab dich gewarnt, kleine Krankenschwester!", kurz bevor wir den Raum endgültig verlassen haben, verwandeln sich die anderen beiden Gestaltwandler.
Draußen angekommen, stehen bereits mehrere Leute, sofort stellt mich Paul ab und blickt mir in die Augen. Lautes Brüllen und Krachen ertönt aus dem Raum. "Was? Warum kämpfen sie?", verwirrt schaue ich Paul, einen Gestaltwandler, an wartend auf eine Antwort. Er ist einer von ihnen. Er zieht mich einige Meter von den anderen weg. "Warum kämpfen Menschen?", mir laufen mehrere Tränen aus den Augen, über die Wagen und tropfen am meinem Kiefer herunter. Später wird mir das ganze sicherlich unheimlich peinlich sein. "Komm setzt dich mal", wackelig lasse ich mich auf meinen Po fallen. "Er setzt sich neben mich auf den Boden und streicht mir sanft mit seinen Daumen unter den Augen entlang. "Warum bist du so?", frage ich ihn, schniefe einmal und versuche die Geräusche aus dem Büfett und den schnatternden Leuten auszublenden, die sich bereits vom Schock erholt haben. Sie sind ja auch Gestaltwandler. "Wie bin ich denn?" - "Na, so fürsorglich, lieb, nett", er nimmt eine meiner Strähnen, die noch immer vom Duschen feucht sind und schiebt sie mit seinen langen Fingern hinter mein Ohr. "Weiß nicht. Ich bin einfach so. Und ich bin ein Arzt!", ein zittiges Grinsen schleicht sich in mein Gesicht.
"Robin!", mein Dad kommt außer Atem bei uns an, ich bin aufgestanden und lasse mich in seine Arme fallen. "Alles ist gut, Karl und seine Männer sind hier, das wird sich alles geben", er streicht mir leicht über die Haare und drückt mich an sich. "Du bist Paul, richtig?", mein Dad löst sich von mir, um Paul eine Hand hin zu strecken. "William!", Paul ergreift seine Hand, nickt ihm höflich zu. "Du hast was gut bei mir", er zwinkert den verwirrten Paul zu. "Na wegen deiner Antwort vorhin! Ich habe die Diskussion gewonnen. Keine Waffen", die Geräusche aus dem Raum legen sich langsam und es kehrt eine fast gruselige Stille ein. "Und natürlich auch weil du auf meine Robin aufgepasst hast! Ich geh dann mal nachschauen", ich sehe meinen Vater hart schlucken. "Pass auf!", rufe ich ihm nach. Ein paar unserer Angestellten begleiten die Gäste wieder in ihre Räume. Paul und ich bleiben aber wie angewurzelt stehen, schweigend beobachten wir das geschehen. Bald schon waren fast alle gegangen. "Vielleicht sollte ich da auch mal rein." Schon bei der Hälfte des Satzes, hat der schwarz haarige vor mir angefangen seinen schönen Kopf zu schütteln. "Aber -"
"Ah Robin hier bist du!", die für eine Frau tiefe Stimme von Henriette, die Frau von Karl, reißt uns beide aus unser Gespräch. "Komm her, Kleine!", ohne, dass ich sie überhaupt richtig gesehen habe zieht mich die etwas molligere Frau in ihre Arme. Sie ist eine Gepardin, was man bei ihrem Aussehen nicht vermuten würde. Henriette, ist etwas fülliger, klein und hat braune lockige Haare, die ihr bis zum Schlüsselbein gehen. "Ich hab dich ja so vermisst", sie presst mich mit einer Kraft an sich, während ich hilflos ihren Rücken tätschel. "Schön dich zu sehen Henriette", sie ist ein wirklich Herzens guter Mensch, weshalb auch viele Gestaltwandler aus ihrem Rudel sie wie eine Mutter ansehen, nicht nur weil sie eine generelle Führungsposition innehält, dadurch dass Karl der Anführer ist, nein viel mehr, da sie so lieb und aufrichtig ist, dass sich ihr so vielen Leute anvertrauen. "Geht es dir gut?", sie muss meine verheulten Augen gesehen haben. "Komm, Tatjana hat einen Kuchen gebacken, dann kannst du mich mal informieren, was so los ist in deinem Leben!", sie schiebt mich von sich, packt meine Hand und will schon mit mir loslaufen. "Oh, wer ist denn dieser hübsche Bursche hier? Dein Freund?" Meine Wagen fangen an zu brennen, dabei setzt mein Herz aus und ich will einfach nur im Boden versinken. Selbst Paul schaut verdattert und verlegen. "Oh, nein", ich räusper mich. "Nein, das ist nur ein Freund, Paul." Meine Lippe wird mal wieder von meinen Zähnen malträtiert. "Paul, das ist Henriette." Er nickt ihr mit seiner stillen art zu. "Ach, was noch nicht ist, kann ja noch werden!", sie grinst verschwörerisch, lässt den Blick zwischen uns beide vielsagend wandern. An meinen Top zupfe ich herum, um mein Unwohlsein zu überspielen. "Also Paul, ich muss Robin hier leider entführen für eine kleine Weile", er nickt mir zu. "Wir haben eine Wette am Laufen, kleine Krankenschwester. Vergiss, dass nicht!" Ich winke ihm zu, während er einfach verschwindet. Der Ellenbogen von Henriette trifft mich in meine Seite. "Oho, kleine Krankenschwester!", sie wackelt mit ihren Augenbrauen.
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2179 Wörter
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