Kapitel 16: Die Anführerin der Gerechtigkeitsfeen
(erzählt von Luisa)
Eigentlich wäre das Wochenende nicht sehr interessant gewesen, wenn Zarina gestern nicht gesagt hätte, wir sollen einfach morgen ins Schloss kommen. Ich hätte womöglich mich nur gelangweilt. Oder ich hätte mein Zimmer aufgeräumt, die Wohnung gestaubsaugt (ja, das tat ich wirklich, wenn mir langweilig war) und sonst noch irgendwelche Dinge, die ich nur in solchen Lebenslagen tat. Meine Adoptivmum würde dann nur wieder sagen: „Dir könnte ruhig öfter langweilig sein"
Da könnte sie sogar Recht haben. Gut, ich wusste ja, dass sie das nur zum Spaß sagte. Ich half ihr schon im Haushalt. Meistens musste sie es mir nur sagen und je nachdem ob ich an dem Tag gut drauf war, würde ich ihr ohne Maulen helfen. Wenn ich allerdings schlecht drauf war, wollte ich ihr nicht helfen, weil ich es nicht einsah. Ich hatte meine Aufgaben und sie ihre. Und das war eben der Haushalt. Ja, in meiner normalen Stimmung fand ich das auch egoistisch, aber wenn man nun mal schlecht drauf war, war man halt egoistisch. Also ich zumindest. Das gab ich ehrlich zu. Aber wann war ich schon so schlecht drauf? Eben. Und deswegen kam das auch nicht so häufig vor. Meine Mum hatte sowieso immer Verständnis, wenn ich mal nicht so gut drauf war und versuchte, mir so wenig wie möglich auf die Nerven zu gehen. Ich musste sagen, da hatte die Königin eine echt gute Adoptivmum für mich ausgesucht! Das hatte ich, bevor ich wusste wer ich wirklich war, auch schon immer gesagt und manchmal sagte mir Nina auch, dass sie mich für meine Eltern beneidete. Das war allerdings seeelten.
Tja, wie auch immer. Irgendwann begann ich fieberhaft zu überlegen, welche Ausrede ich meinen Adoptiveltern aufbinden konnte, damit sie sich keine Sorgen um mich machten, während ich in Fantasytia war. Ich wollte ja nicht rum lügen und deswegen beschloss ich, einfach zu sagen, dass ich weg müsste. Meine Mum vertraute mir sowieso. Sie wusste, ich würde nur dann Drogen oder so was zu mir nehmen, wenn ich bewusstlos wäre oder nicht mehr recht am Leben. Doch sie wusste auch, dass das nicht vorkam. Zumindest nicht absichtlich. Außer ich würde eine rein bekommen, weil ich ja immer so ehrlich zu der Menschheit war. Und mit dieser Begründung, wo ich hinging, ließ sie mich lächelnd gehen. Ich gab ihr noch dankbar ein Küsschen, nahm meinen Schlüssel zur Tarnung mit (ich brauchte ihn beim Beamen eigentlich nicht) flitzte in mein Zimmer und beamte mich weg. Ganz schön aufwendig, das mit dem Schlüssel, ich weiß.
Tja, und dann war ich halt in Fantasytia und musste erneut feststellen, dass das innerhalb kürzester Zeit (genauer: 2-ein halb Wochen) zu meinem zweiten Zuhause geworden war. Und alle schienen hier total cool zu sein (außer Illona natürlich) und sogar die Königin, die als Königin na ja... seriös sein musste, war eigentlich auch total cool drauf. Sie war auf keinen Fall strenger als meine Adoptivmum! Okay, eigentlich war so gut wie jede Mutter strenger als meine Erdenmum, aber sie konnte auch richtig, richtig streng sein. Das nahm ich dann allerdings ernst und befolgte das, was sie gesagt hat. Nicht so wie die meisten Teenager, die nicht auf irgend ne Party dürfen und dann abhauen. So was würde ich nicht machen. Erstens: Meine Erdeneltern würden mich bestimmt auf ne Party gehen lassen (obwohl ich nicht so der Partytyp war), zweitens: Würden sie mich nur nicht gehen lassen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass diese Party darin endet, dass wir alle total besoffen sind, ziemlich groß war. Klar, vertrauten sie mir. Aber sie wolltens halt nicht. Und drittens: Sah ich es eigentlich auch immer ein, wenn sie mir irgendwas verbieten (was sie allerdings selten taten). Oh je, ich erzähl euch da voll von meiner Familie! Na ja, ihr müsst ja ein bisschen was von mir wissen, oder nicht?
Ich überlegte kurz, wo ich eigentlich hingehen wollte und ob ich nicht ein bisschen zu früh dran war. Aber dann dachte ich mir, war es doch im Grunde egal, ob ich zu früh war. Dann würde ich eben ein bisschen Zeit mit meiner leiblichen Mum und ihrer Schwester Atanasia verbringen. Am Ende ließ ich mich von den Wachen wie jedes Mal abchecken und ging in Richtung Thronsaal. Dann blieb ich allerdings stehen, weil mir auffiel, dass der Thronsaal der einzige Raum war, den wir bis jetzt gesehen hatten. Das störte mich und deswegen ging ich in die gegen gesetzte Richtung. Ich kam in einen breiten Gang, der jede Menge Lampen oder wie man die auch immer nannte, hatte. Na, immerhin waren es keine Fackeln! Haha, das wäre lustig geworden. Aber irgendwie fühlte ich mich dann doch ein bisschen schuldig, dass ich hier im Schloss rumgeisterte. Und als ich dann auch noch Schritte hörte, wusste ich echt nicht was ich machen sollte. Ich beschloss, einfach wieder die Wahrheit zu sagen, falls mich jemand fragen würde. Aber ich war ja schließlich hier geboren, also war das wieder relativ. Doch jetzt wo ich so näher drüber nach dachte, fand ich es seltsam, dass ich Schritte hörte. Ich meine, die Leute hier konnten doch alle fliegen. Also, warum hörte ich dann Schritte? Vielleicht gingen die Bewohner Fantasytias ja gerne zu Fuß. Oh je, wenn das so gehfaule Leute wie Nina mitkriegen würden! Die würden total außer sich sagen: „Wie kann man nur freiwillig gehen? Kotz, kotz"
Schon witzig wie oft ich mich über Nina lustig machte. Na ja, sie gab einen aber auch allen Grund dazu. Hach, ich konnte so unsozial sein!
„Prinzessin?", hörte ich eine Stimme hinter mir. Das war wahrscheinlich die Person (oder Fee, wie auch immer), der die Schritte gehörten.
Reflexartig drehte ich mich um. „Ja?"
Plötzlich stand da eine mega hübsche Frau vor mir. Ein paar ihrer mega langen, rötlichen und lockigen Haare lagen auf ihrer Schulter und auf ihrer Brust, denn ihre Haare waren echt lang. Sie gingen ihr ziemlich genau bis zum Hintern. Sie trug lilafarbene Paragraphohrringe und eine passende Kette um den Hals mit derselben Farbe. Wie es mir Moritz erklärt hatte. Der Halsausschnitt ihres schicken Kleides sah einen Kimono ähnlich (so mehr oder weniger) und hatte einen Beineinschnitt der bis etwa dem Oberschenkel ging. Paragraphkette- und Ohrringe? Dann musste sie die Anführerin der Gerechtigkeitsfeen sein und somit die beste Freundin meiner leiblichen Mutter!
Augenblicklich streckte sie mir ihre Hand entgegen und wollte sich gerade vorstellen, als ich ihr dazwischen kam: „Sie sind bestimmt die Anführerin der Gerechtigkeitsfeen. Oder auch: Die beste Freundin meiner Mum. Also, meiner Leiblichen" Ich lächelte sie an. Das war wichtig zu erwähnen.
Sie lachte. „Ja, da hast du recht. Mein Name ist Xenia, aber als ihre beste Freundin würde ich mich nicht bezeichnen. Eher als ihre Engste"
„Ist das nicht dasselbe?", fragte ich sie.
„Vielleicht" Dann wandte sie sich ab und wollte gerade weggehen, als sie noch kurz stehen blieb um mir „Lass uns gehen" zu sagen.
Ich nickte nur und folgte ihr.
„Sag, was hast du hier gemacht, Göttin?", fragte sie mich.
„Ich..." Jetzt wusste ich offiziell nicht, was ich sagen sollte. Die Wahrheit. Ja, die Wahrheit war immer gut. „Ich wollte unbedingt wissen, wos gegenüber des Thronsaals hingeht"
„Hier sind die Schlafzimmer und die Gästezimmer", erklärte Xenia ohne mich anzusehen. „Hier ist also der Wohntrakt, wie ihn die Königin immer nennt"
Ich war mir nicht sicher, ob sie leicht lächelte. Für eine Anführerin der Gerechtigkeitsfeen war sie echt locker drauf, finde ich. „Sie sind echt anders als ich mir Sie vorgestellt hatte"
„Wirklich?" Jetzt drehte sie ihren Kopf kurz zu mir. „Aber du bist genau, wie dich die Königin beschrieben hat"
Ich kicherte in mich hinein. Oh je, wie mich die Königin wohl beschrieben hatte?
„Sie nennen Ihre Freundin wirklich Königin?", fragte ich sie verwundert.
Sie blieb stehen und sah mich ernst an. „Wenn ich von ihr rede, schon. Wenn ich allerdings mit ihr selbst rede, tu ich es nur ab und zu"
„Ach so", sagte ich interessiert und sie ging weiter.
Seltsam. Als ich selbst hier herumgegangen war, war mir der Gang nicht so lange vorgekommen. Doch schließlich waren wir endlich am Thronsaal angekommen und Xenia klopfte gewohnheitsgemäß an der Tür. Warum man das tat, fragte ich mich zum bestimmt zehnten Mal. Wir betraten den Thronsaal und alle saßen sie schon da und sahen mich verwirrt an. Oh je, ich konnte schon ahnen, was Nina gleich für einen Spruch ablassen wird!
Ich setzte mich schnell um von der Aufmerksamkeit abzukommen.
„Hey Lui!"
„Hi"
„Bist du auch mal da?", fragte mich Lorenz belustigt.
„Wo warst du denn? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht" Klar, die Begrüßung konnte nur von Jas-Jas sein!
„Ich hab die Gegend erkundigt"
„Ach, und ich hätte schon gedacht, du hast den Weg nicht hergefunden" Ha, ich wusste es! Ich wusste genau, dass Nina so einen Satz sagen würde!
„Neeein, ich wollte nur wissen, was den Gang hinunter für Räume sind"
„Und welche sind da?", fragte mich Lorenz sofort.
„Also, Xenia sagte mir, dort wären die Schlafzimmer und die Gästezimmer"
„So ist es", bestätigte diese.
„Oder wie ich es lieber nenne: der Wohntrakt", lachte die Königin.
„Ja, das hat mir Xenia schon erzählt"
Nina sah mich eindringlich an. „Aha. Ihr seid schon beim Du"
„Neee, wie sollte ich sie denn sonst nennen?"
„Die doppelte Göttin nennt mich Xenia und siezt mich", erklärte Xenia für mich, weil ich ehrlich gesagt schon wieder am Verzweifeln mit Nina war.
„Nun, ich habe den Göttern und den Prinzen Xenia bereits vorgestellt und dann hat sie sich bereit erklärt, dich zu suchen", sagte die Königin mit einem stolzen Lächeln auf dem Gesicht. Hm, wahrscheinlich weil ich dabei war, als Cola Musica gerettet hat. Aber sie hatte es doch gerettet, warum schaute die Königin dann mich so stolz an? Was hatte ich schon Tolles gemacht?
„Ach, ist Zarina gar nicht da?", fiel mir plötzlich auf. Hoffentlich war sie nicht schon weg. Ne, das konnte ich mir nicht vorstellen.
„Sie wird noch kommen", erklärte mir die Königin lächelnd und ich seufzte erleichtert aus.
Mit schnippischen Blick und ebenso schnippischen Unterton sagte Nina an mich gewandt: „Da bist du jetzt aber sehr erleichtert drüber, dass sie nicht schon gegangen ist, oder?"
Jasmin kicherte neben mir und ich sah Nina ebenfalls schnippisch an. „Ja, und?"
„Ich hab schon gehört, dass ihr zwei euch immer streiten sollt", lachte Xenia.
„Oh ja, voll nervig", bestätigte Jasmin immer noch kichernd.
Ich schnalzte nur mit der Zunge.
„Schön", begann die Königin. „dann erzählt uns doch mal, was ihr in Musica alles erlebt habt"
„Klar", sagte ich und sah augenblicklich in die Runde. „Will irgendwer anfangen?" Ich bekam nicht wirklich eine Antwort und so seufzte ich und begann: „Tja, wie soll ich anfangen? Um ehrlich zu sein, haben wir damit ziemlich lange gebraucht, einen anständigen Plan zu haben. Meine waren nicht so gut" Ich lächelte gekünstelt. „Aber Nicole" Ich bedachte sie mit einem stolzen Blick und sie grinste. „hatte eine wirklich gute Idee. Willst du sie nicht lieber selbst erzählen, Cola?"
„Wenn du willst", sagte sie in einem Ton, dem man wirklich nicht identifizieren konnte. Sie stand auf, damit sie besser erzählen konnte und begann. „Also, zuerst kam Luisa auf die Idee, dass Jasmin ja mit Hilfe von Schallwellen den Ton wieder an bringen könnte. Das hat aber leider nicht funktioniert"
„Hey!", maulte ich. „Du wolltest etwas über deinen Plan erzählen und nicht über meinen Gescheiterten!"
Sie kicherte kurz und leise. „Sicher. Und dann kam ich auf die Idee, dass ich mit der Hilfe von Gedanken an positive Dinge es schaffen könnte. Schließlich hab ich das in der Prüfung auch gemacht und so dafür gesorgt, dass Lorenz und ich aus dem Kerker entkommen konnten"
„Das ist wahr", bestätigte Lorenz.
„Ich wusste gar nichts von einem Kerker", fiel der Königin auf.
„Zarina auch nicht", antwortete Lorenz.
„Wie bitte?", fragte die Königin schockiert nach.
„Wir wissen, dass da einer gepfuscht hat", gab ich ihr zur Antwort.
„Oh je...", brachte die Königin heraus.
„Du hast also lediglich an positive Dinge gedacht und ihnen anschließend freien Lauf gelassen, Göttin des Friedens. Sehe ich das richtig?", sagte Xenia.
„Ja"
„Sehr interessant"
„Mir sind beim zweiten Mal sogar mehr positive Dinge eingefallen, als beim ersten Mal", warf Cola ein.
„Und welche waren das zum Beispiel?", interessierte sich Xenia weiter.
„Gottohgott, was war das noch mal?" Cola dachte angestrengt nach. „Na ja, alles Mögliche eben. Freundschaft, Vertrauen, Liebe, an Luisa und Alexandra und ich glaube, an Jasmin dachte ich auch noch..."
„Echt? Danke"
„Bitte", gab Nicole zurück. „Tja, wie gesagt: Alles Mögliche"
„Sehr, sehr interessant", murmelte Xenia vor sich hin und sagte dann lauter: „Du hast eine eigene Methode gefunden, deine Kräfte zu vervielfachen. Und das auch noch innerhalb kürzester Zeit. Das ist erstaunlich"
„Wie Kräfte vervielfachen?", hakte Cola verdutzt nach. „Wollen Sie damit sagen, dass ich sie wirklich vervielfacht habe?"
„So kann man sie per Gedanken vervielfältigen. Ja, genau"
„Wow", bemerkte Nicole wenig geistreich.
Sofort sprang Alexandra von ihren Stuhl und umarmte Nicole so heftig, dass die fast von ihren eigenen Stuhl fiel.
„Oooh Cola, das ist ja so cool!"
„Äh, Al, du erdrückst mich!"
„Oh sorry" Und schwups! war sie wieder auf ihrem Stuhl. Hach Gott, war das süß seitens von Al.
„Ist sonst noch etwas passiert?", schritt die Königin sachlich zurück zur Tagesordnung.
„Zum Glück hat Luisa schnell erkannt, was Musicas Problem ist", erzählte Felix.
Ich sah ihn verwirrt an. „Das war aber auch nicht sonderlich schwer gewesen"
„Na ja", wandte Lorenz ein. „ich glaub nicht, dass deine nörgelnde Freundin Nina das feststellen hätte können"
Danke Lorenz! Das hatte ich mir nämlich auch gedacht.
„Na, vielen Dank!", sagte Nina.
Alle lachten –außer ihr natürlich.
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