𝓽𝓮𝓷
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𝓽𝓮𝓷
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Sᴛɪᴍᴍᴇɴɢᴇᴡɪʀʀ ᴡᴀʀ ᴅᴀs ᴇʀsᴛᴇ, was ich wieder wahrnahm.
Ein leises Piepsen folgte, dann kehrte die Sicht zurück.
Heftig blinzelte ich gegen das grelle Licht der Neonröhren an, bevor ich mich umsehen konnte.
Es überraschte mich nicht, dass ich in einem Krankenhausbett lag.
Bella schlief auf einem Sessel links neben dem Bett und Charlie redete mit Carlisle vor der Tür.
„Sie ist wach!“, mein Kopf rollte nach rechts und ich war überrascht meine Tante zu sehen, die ein ungewöhnlich zerknittertes Kleid trug. Sie trug nur bügelfrische Wäsche.
Ich blinzelte heftig.
„Francine, weißt du wo du bist?“, fragte Carlisle mich. Ich nickte.
„Forks Hospital.“, meine Stimme war heiser und mein Hals furchtbar trocken.
Gemma reichte mir ein Glas Wasser und half mir, mich aufzusetzen.
„Weißt du was passiert ist?“
Ich nahm einen Schluck der angenehmen Kühle und ließ mir Zeit bevor ich antwortete. Mein Blick ging zu Gemma.
„Die Kiste...“, ich schluckte und nahm noch etwas Wasser.
Ich wusste, dass ich mich komplett verloren hatte und in einen meiner schlimmsten Flashbacks gekommen war, den ich je erlebt hatte.
Die Tatsache, dass ich immer noch so ruhig war, schob ich auf die starken Medikamente, die sie mir hier gegeben haben mussten.
„Wie lange war ich weg?“, fragte ich vorsichtig und starrte auf das Glas in meinen Händen. Am Freitag sollte ich nach Phoenix zur Verhandlung. Ich musste meine Zeugenaussage machen und ich musste sicher gehen, dass er niemals wieder einen Fuß auf freies Land setzen würde.
„Es ist Montag.“, sagte Charlie.
Ich war also den ganzen Sonntag ausgenockt gewesen und den halben Montag, wie mir ein Blick aus dem Fenster verriet.
Der Himmel war grau und es stürmte heftig.
Kein schöner Tag.
Das waren die seltensten in Forks.
Links neben mir bewegte sich Bella vorsichtig, bevor sie die Augen öffnete.
„Franny?“, verschlafene rieb sie sich die Augen und streckte sich anschließend, bevor sie mich unter die Lupe nahm.
„Hey.“, ich grinste sie an und sie hob eine ihrer schmalem Brauen.
„Hey.“
„Was hab ich in der Schule verpasst?“
„Es ist High School.“, sagte meine Freundin trocken und ich nickte bedächtig.
„Auch wieder wahr.“
Carlisle räusperte sich etwas und meine Augen fokussierten sich auf den Vampirdoktor.
Die Ironie in diesem Wort wollte ich in diesem Moment nicht laut aussprechen. Obwohl Gemma und Charlie es wahrscheinlich auf die Medikamente geschoben hätten.
„Was gibt's Doc?“
„Ich würde dich noch ein paar Minuten hier behalten wollen, nach der Entlassung. Reden.“
Ich zögerte und sah zu Bella.
„In Gottes Namen, Francine. Du redest mit dem Doktor, oder ich schleppe dich höchstpersönlich mit nach Madison.“, unterbrach meine Tante das stumme Gespräch zwischen meiner besten Freundin und mir.
Ich zuckte zusammen und Charlie runzelte angestrengt die Stirn.
„Mrs. Geoffert... Ich denke nicht-“, fing er an, wurde jedoch von meiner Tante unterbrochen.
„Ja, ich denke aber! Sie sind nicht Francines Vormund!“, eschauffierte sie sich und ich verkrampfte etwas in meiner Position. Meine Finger krallten sich in die unbequeme Matratze und Bella warf einen alarmierten Blick zu Carlisle, der schon dabei war, meine übermüdete (und wahrscheinlich hungrige) Tante vom armen Charlie zu pflücken. Dieser war aufgrund ihrer Attacke mehr als nur überfordert. Wer wollte es ihm verübeln?
„Mrs. Geoffert, der Stress, den sie gerade induzieren ist nicht gut für ihre Nichte.“, erklärte er sachlich und geduldig.
Mir fiel wieder einmal auf, wie fähig er als Arzt und Seelsorger war.
Als hätte ihn eine höhere Instanz dafür geschaffen genau dies ein ewiges Leben lang zu tun.
Gemma entschuldigte sich in die Kantine und Ruhe kehrte wieder ein. Ich entspannte mich etwas.
„Warum ist sie überhaupt hier.“
Charlie blickte schuldbewusst zu Seite und ich stöhnte etwas auf.
„Regel Nummer eins. Ruf niemals Gemma Geoffert unvorbereitet an, oder sie wird zur Inkarnation des Teufels.“, murrte ich eher zu mir selbst, als zu Charlie und schlug mein Gesicht in die Hände.
Ich ging schon davon aus, dass sie gleich bis Freitag bleiben würde, um mich dann nach Phoenix zu begleiten.
Und ich hatte schon wieder einen Tag Schule verpasst.
Ich war nicht schlecht, meine schulischen Leistungen waren ziemlich gut sogar, aber mit nächster Woche wäre ich schon zwei Wochen außerhalb vom normalen Unterricht und die Abschlussprüfung ließen zum Ende des Schuljahres keine Gnade zu.
Nach einer Weile waren Charlie und Bella in die Cafeteria gegangen und Carlisle setzte sich zu mir an das Bett. Ich starrte auf meine Finger und versuchte das unvermeidbare Gespräch zu vermeiden.
„Francine, du musst reden.“, erklärte er mir mit einem Nachdruck in der Stimme, dass ich etwas in mich zusammensackte.
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich kann nicht.“, hauchte ich und schluckte die aufkommenden Tränen herunter.
„Nein. Du willst nicht. Aber ich kann und werde dich nicht eher hier raus lassen, bis du sprichst.“
Ich schluckte heftig und panisch blickte ich in die goldenen Augen des Doktors.
„Ich habe Angst.“, flüsterte ich, aber ich wusste, dass er mich verstand.
„Wovor Francine?“
„Ich habe Angst, dass ich so werde wie er.“
Und dann, zu meiner Überraschung, platzte es aus mir heraus. All der Frust der letzten Monate, alle meine Gefühle. Ich weinte, ich schrie ab und zu, doch es wurde mit jedem Wort, welches meine Lippen verließ ein bisschen erträglicher.
Es war nicht gut, es wurde auch nicht besser, aber ich konnte es aushalten, es wurde erträglicher.
Carlisle saß die ganze Zeit stumm da, unterbrach mich nicht und nickte nur ab und zu.
„Es tut so weh. Und die meiste Zeit denke ich mir nur, warum er? Warum musste gerade mein Vater krank werden? Warum musste mein Vater mein Leben ruinieren?“
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„Eine Faustregel, die ihr euch auf alle Fälle merken könnt, ist, dass Kohlenstoff mit vier Einfachbindungen sp³-Hybridisiert ist, Atome Doppelbindungen in der Regel sp²-Hybridisiert und Dreifachbindungen sp-Hybridisiert. Mit dem Energiediagrammen der vorigen Stunden sollte es nachzuvollziehen sein. Danke für eure Aufmerksamkeit.“, beendete ich die Chemiepräsentation.**
Die Reihen klatschten träge und ich warf Jasper ein kleines Lächeln zu, bevor Mr. Molina uns wieder bat zu unserem Platz zurückzukehren.
Wir hatten kein Wort seit Samstag mehr gewechselt und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es mir egal war.
Auf eine sehr unangenehme Art und Weise wurde mir deutlich, dass ich mich in Jasper Hale, Vampir und wahrscheinlich meinen zukünftigen Mörder (wenn man die Dinge realistisch betrachten sollte) verliebt hatte.
Aber zu diesem Zeitpunkt machte ich mir nicht mehr wirklich Sorgen um meinen mentalen Zustand, dass mir soetwas egal war.
Der Junge saß am äußerem Rand vom Tisch, wieder verkrampft und ich ballte meine Fäuste etwas.
Kurz vor dem Klingeln rief unser Lehrer uns noch zu ihm vor.
Wir bekamen, wie nicht anders zu erwarten, eine A+. Doch anders als erwartet, freute ich mich nicht, bedankte mich nur knapp und ging dann in die Cafeteria, wo Bella schon mit Edward allein an einem Tisch saß.
Jessica winkte mich zu sich und ich rief Edward in Gedanken noch eine kleine Beleidigung zu, bevor ich mich zu meinen menschlichen Freunden setzte.
„Stimmt es, was Lauren erzählt?“, fragte die blauäugige Jugendliche und lehnte sich zu mir vor.
„Was soll stimmen?“, ich hob skeptisch eine Augenbraue. Lauren war also wirklich auf Stress aus.
Angela schob mir einen unscharf ausgedruckten Zeitungsartikel über den Tisch zu.
Familienvater ermordet Frau und Tochter. Schwester überlebt knapp mit schweren Verletzungen.
Darüber war ein bekanntes Gesicht gedruckt, drei kleinere darunter.
Die Ausgabe des 14. Oktobers 2004 der Phoenix Daily war die Ausgabe, die ich mehr als abscheulich fand.
Mein Vater grinste mir manisch entgegen, Portia, Mum und ich wie unwichtige Nebenfiguren darunter gedruckt.
Ich verkrampfte mich und knüllte das Papier in meiner Hand zusammen.
„Wo hat sie das her?“
Der Tisch schwieg, Jessica rutschte nervös hin und her.
„Wo. Hat sie das her?!“, fragte ich lauter, deutlich mehr Aggression als beabsichtigt in meiner Stimme.
„Ihre Mum arbeitet im Krankenhaus und hat wohl geleakt, dass Peters nur ein Deckname ist...“, murmelte Jess und Angela versuchte mir mitleidig die Schulter zu tätscheln.
„Fass mich nicht an.“, fauchte ich und sprang auf.
Die Augen der Cafeteria waren auf mich gerichtet, als ich mit großen Schritten auf Lauren zuging.
Sie wollte Stress und bei Gott, den sollte sie jetzt bekommen.
„Francine!“, Bellas Stimme kam mir vor, wie ein weit entferntes Echo, Edwards erschrockenen Ausdruck bekam ich gar nicht mit.
Das blonde Biest drehte sich zu mir um. Ein seeliges Lächeln umspielte ihre Lippen, dann holte ich aus.
Die Backpfeife, die ich Lauren verpasst hatte, hallte in der ganzen Cafeteria wieder. Es war totenstill und man hätte jetzt sogar eine Nadel fallen hören können.
„Du willst mit einer Parker Streit anfangen – fein. Du willst einer Peters auf die Pelle rücken – bereite dich darauf vor zu sterben.“, knurrte ich leise und der Quarterback erhob sich von dem Tisch.
„Ey, Mädchen. Mach keinen Aufstand. Sie kann nichts dafür, dass dein Daddy ein Freak ist und du allem Anschein nach auch.“
Die Zündung explodierte, bevor ich mich weiter kontrollieren konnte. Ich war kurz davor, mich auf den bulligen Jungen zu schmeißen, da überrollte mich eine Welle der Ruhe und Gelassenheit und ein kühler Arm legte sich um meine Schultern. Ich zuckte heftig und aus der Bahn geworfen zusammen.
„Gibt es hier ein Problem Gordan?“, Jaspers Stimme klang ruhig und dennoch so bedrohlich, dass selbst mir ein eisiger Schauer den Rücken herunter lief.
Der große Junge wich etwas zurück und Laurens Augen würden so groß wie zwei Satellitenschüsseln.
„N-Nein. Sorry Hale.“, der Quarterback setzte sich und starrte auf seinen Teller, Lauren sank in sich zusammen, sie sahen mit einem Mal so schuldbewusst aus, wie Hunde, die gerade etwas zerstört hatten.
„Sorry Francine.“, hauchte das blonde Mädchen, bevor Jasper mich sanft von dem Tisch weg zu dem Platz der Cullens dirigierte.
„Was gibt's hier zu starren, hm?!“, keifte Rosalie laut in den Raum, als nach zwei Minuten immer noch keiner wagte einen Ton zu sagen.
Jaspers Hand lag immer noch auf meiner Schulter, meine Gefühle waren wie gelähmt.
Als das Stimmengewirr wieder losbrach, zog Jaspers Hand sich zurück und mit ihm hatte ich das Gefühl wieder klar denken zu können.
Mein Puls beschleunigte sich, mein Atem rasselte und Emmett warf mir einen besorgten Blick zu. All die Belustigung, die dort sonst immer vorhanden war, war wie weggespült.
„Alles in Ordnung?“, traute sich Rosalie als erste das Wort an sich zu nehmen.
„Alles bestens.“, sagte ich angespannt, meine Finger an den Tisch gekrallt. Alles in mir schrie danach wieder auf Lauren loszugehen und ihr hübsches Gesicht zu zerkratzen.
Ich spürte, wieder wie ich mich gegen meinen Willen beruhigte und ich begann die Punkte zu verknüpfen.
„Hör damit auf Jasper!“, fuhr ich ihn an und stellte mich so schnell hin, dass mein Stuhl nach hinten umkippte.
Überrascht blickte er zu mir und ein schuldbewusster Ausdruck schlich sich über sein perfektes Gesicht. Tränen stiegen mir in die Augen, bevor ich mich wortlos umdrehte und aus der Cafeteria in den Regen hinausrannte.
Dieser verdammte Junge schaffte es immer wieder mich komplett aus dem Konzept zu bringen.
„Fran, wenn du dir wieder einen Schnupfen holst schwöre ich dir, dass ich dir dieses Mal keine Suppe koche!“
Bella stand unter der Überdachung und hatte ihre schmalen Arme verschränkt. Ich streckte meinen Kopf gegen den Himmel, bevor ich dem tristen Grau meinen Mittelfinger entgegenstreckte und zu Bella rannte.
„Ich hasse dieses Wetter.“, knurrte ich und zog meine Jacke enger um mich.
Bella nickte und rümpfte die Nase.
„Ich auch. Jeder hier.“
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Es hatte aufgehört zu regnen, als ich nach der Schule Bella trotz ihrer Warnung gesagt hatte, dass ich in den Wald wollte. Ich brauchte Abstand, Ruhe und im Moment wollte ich nichts lieber als allein sein. Ich war irgendwann so weit in den Wald gewandert, dass ich mich stumm auf einen bemoosten Baumstumpf setzte.
Meine Hose wurde sofort nass und frustriert stand ich wieder auf. Eine Blasenentzündung könnte ich nicht gebrauchen.
Gemma hatte mir eine SMS geschickt. Sie war schon einmal nach Phoenix vorgeflogen. Sie hatte das Wetter in Forks nicht länger als drei Tage ausgehalten und wieder einmal bestätigte sich mein Gedanke, dass meine Tante zwar versuchte etwas wie eine Bindung aufzubauen, aber kläglich scheiterte. Sie war nie ein Familienmensch gewesen, ganz anders als ihre Schwester.
„Ganz allein?“, ich zuckte heftig zusammen und griff nach einem glitschigen Ast, der zu meinen Füßen lag.
Mein Schreck legte sich, als ich Emmett erblickte, der mich frech angrinste. Seine Augen schimmerten hell und ich meinte Blut auf seinem weißen und wahrscheinlich sündhaft teurem Designer Sweatshirt zu sehen.
Ich ließ den Ast sinken und wischte meine linke Hand trocken, bevor ich den bulligen Jungen ansah.
„Hat es geschmeckt?“
Ein brüllendes Lachen verließ ihn und ich hob fragend eine Braue. „Wildschwein ist etwas trocken, wenn du verstehst was ich meine.“
Ich verstand nicht was er meinte.
Naserümpfend verschränkte ich die Arme und blickte mich um.
„Und du? Ganz allein?“, stellte ich die entscheidende Gegenfrage. Emmett schüttelte den Kopf.
„Jaz ist in der Nähe, hat gerade einen Berglöwen gefunden.“
Ich stöhnte etwas auf und ließ mich doch wieder auf den Baumstamm fallen. Meine Hose war mir jetzt egal.
„Und Edward stalkt Bella wieder?“
Emmett lachte wieder und schüttelte den Kopf.
„Er will sie morgen offiziell vorstellen. Wir wollen Italienisch kochen! Sie ist doch Italienerin, oder?“
„Bist du dumm?“
„Ihr Name ist Bella.“
Ich stöhnte verzweifelt auf und rieb mir die Schläfe.
„Und ich bin Französin, weil mein Name unter anderem ‚kleiner Franzose‘ bedeutet?“
„Echt?“
„Du hilfst nicht wirklich dabei den Amerikanischen IQ oben zu halten. Dabei hast du schon wie oft den Highschool Abschluss gemacht?“
Emmett grinste wieder.
„Öfter als du Peter Parker.“
„Er ist gerade am fünften.“
Der Ast flog wieder in die Höhe.
Ich würde irgendwann einen Herzkasper bekommen, wenn sie nicht aufhörten sich so anzuschleichen.
„Jasper.“
„Ma'am.“, in seiner Stimme lag die Belustigung über meine Verteidigungsposition. Ich musste wirklich lächerlich aussehen.
„Uuh“
Ohne zu zögern hob ich den Ast wieder an und schmiss ihn in Emmetts Richtung.
Dieser lachte nur und fing ihn ab, bevor er irgendetwas in sich hineinredete und in den Wald verschwand. Nett.
Verzweifelt blickte ich ihm hinterher und warf die Arme theatralisch in die Luft.
„War ja klar!“
Jasper griff sich genervt an den Nasenrücken und straffte seine Schultern, bevor er sich zu mir wendete.
„Du solltest nicht alleine hier draußen sein. Nicht wenn andere Vampire unterwegs sind.“
Ich drehte mich um und ging wieder in Richtung Swan Haus. Zumindest glaubte ich, dass es die richtige Richtung war.
Ich konnte und wollte mir beim besten Willen jetzt keine Standpauke von Jasper freaking Hale anhören.
Natürlich folgte er mir.
„Fran. Bleib stehen.“
Ihn ignoriered lief ich weiter.
„Francine.“
Ich schlug einen tiefhängenden Ast aus meinem Sichtfeld.
„...Bitte.“
Abrupt blieb ich stehen, drehte mich um und ging großen Schrittes auf den Vampir zu, bis ich vor ihm stand und mit dem Zeigefinger in sein hartes Brustbein pikste. Dass mein Zeigefinger dabei eher wehtat, ignorierte ich gekonnt. Dass ich mich hier wieder in Lebensgefahr begab, ignorierte ich ebenso.
„Wer denkst du wer du bist? Hm? Du bist anscheinend nicht ein Freund, mein Freund schon gar nicht. Du bist weder Familie noch Autoritätsperson. Verdammt, du tust doch alles dafür, mir aus dem Weg zu gehen! Aber ich habe genug davon Jasper. Ich habe genug davon von jedem gesagt zu bekommen, was ich kann und was ich nicht kann. Gesagt bekommen wie ich fühlen soll, dass es gut wird, dass ich verdammt noch einmal reden soll. Mein Leben ist auf einmal Jedermanns Angelegenheit, aber es soll nicht mehr meine eigene sein!?“
Ich wich einige Schritte zurück und versuchte meinen Emotionsausbruch unter Kontrolle zu bekommen. Ich reagierte viel zu emotional in letzter Zeit.
„Warum...“, setzte Jasper an, seine Brauen zogen sich verwirrt zusammen und er starrte mich an, als wolle er ein Rätsel knacken.
„Du bist eifersüchtig.“, es war keine Frage. Und er hatte ins Schwarze getroffen. Auch wenn mir meine Gefühle selbst nicht unbedingt schlüssig waren.
„Nein!“
„Hat Alice dir erzählt was ich kann?“
„Nein, aber du scheinst ganz gut darin zu sein Emotionen zu terrorisieren.“
Jasper seufzte leise und trat ebenfalls einen Schritt zurück. Sein Blick lag auf einem Punkt in der Ferne.
„Ich spüre Emotionen, ebenso, wie ich sie modifizieren kann. Einen wütenden Mob ruhig stellen, einer traurigen Person Trost spenden.“, erklärte er. Ich merkte, wie mich mit jedem seiner Beispiele auch meine Emotionslagen änderten, bis sie wieder mir selbst überlassen waren.
Was ich fühlte war Überforderung und Schwindel.
„Du warst immer da...“, überkam mich langsam die Erkenntnis. „... immer außer am Samstag.“
Das eine Mal im Gewächshaus, im Unterricht, die ganzen unzähligen Male in Chemie oder Sport, in denen ich es geschafft hatte ruhig zu bleiben oder so schnell wieder zu mir zu kommen.
Faszination überkam mich und ich trat wieder einen Schritt auf den Blonden zu. Ich konnte nicht verhindern, dass mir mein Emotionsausbruch von eben nun komplett egal war. Meine Stimmungsschwankungen wurden mittlerweile schlimmer als erwartet.
„Also bist du der eigentliche Grund, warum ich die Pillen nicht mehr brauche?“
Jasper verzog das Gesicht etwas.
„Mit ihnen hast du wenigstens nicht so gerochen.“, murmelte er und ich lachte leise auf.
„Rieche ich etwa so schrecklich?“
„Schrecklich gut trifft es eher.“
„Das hört sich so seltsam an.“, ich musste gegen den Drang ankämpfen mich zu schütteln. Jasper lachte etwas und setzte sich auf den moosigen Boden. In Gedanken tadelte ich ihn schon, da auch seine Jeans so teuer aussah, wie das gesamte Jahresgehalt, welches meine Tante heimbrachte.
„Erzähl mir etwas von dir, Francine Peters.“
„Nach dir Jasper Hale.“
„Eigentlich ist es Whitlock und die korrekte Anrede wäre Major.“
Anerkennend nickte ich und salutierte, bevor ich mich ihm gegenüber auf den Boden sinken ließ.
„Wann wurdest du denn geboren, Opa.“
„1844 in Houston, Texas.“
„Wow, das sind 161 Jahre... Gott sei Dank gar nicht einmal komisch. Das heißt du hast während des Bürgerkriegs gelebt? Warte, du hast gekämpft?“
„Ich war der jüngste Major der Geschichte in der Konföderierten Armee.“, das bisschen Stolz, welches auf seinem Gesicht schimmerte wurde mit meiner Konklusion zerschmettert.
„Also warst du Rassist?“
Er seufzte etwas und wog den Kopf hin und her.
„Ich war gerade einmal neunzehn. Der Krieg wütete gerade in Texas besonders stark und mein eigentliches Ziel war es meine Familie zu beschützen. Die Rassenideologie spielte dort kaum mehr eine Rolle. Es ging darum, wer mehr Territorium für sich beanspruchen konnte und wer in diesem Zuge mehr Zivilisten umbrachte. Auch wenn mich gerade meine anfängliche Zeit als Vampir gelehrt hat, dass es unsinnig ist. Das und die Sortierung in verschiedene ‚Rassen‘. Wir sind keine wilden Tiere. Menschen kämpfen unsinnig...“, murmelte er, „Nicht dass das irgendeine Entschuldigung darstellt. Vampire bekriegen sich zu Grundlagen genauso unsinniger Ideologien.“
Ich nickte und lächelte etwas.
„Und du? Wie war dein Leben bevor Forks?“
Irgendetwas von mir musste ich ihm auch erzählen.
„Ich war Captain der Cheerleader... Ich war das Zentrum aller Aufmerksamkeit, bis genau dies nach hinten losgegangen ist. Viele mochten mich nicht, weißt du? Aber es erscheint alles auf einmal so dumm, so kindisch, so banal. Es lässt mich verstehen, warum Bella unter sich geblieben ist... Das traurigste ist einfach, dass mir erst alles genommen werden musste, damit ich das verstehen konnte. Ich beschwere mich über Schule und du hast im Krieg gekämpft... Das ist so lächerlich.“
Gedankenversunken starrte ich auf das grüne Blätterdach, was sich über uns erhob.
Jasper gab keinen Laut von sich und es war als säße er gar nicht neben mir.
Ich blickte zu dem blonden Vampir, der mich aus hellen Augen beobachtete.
„Wie funktioniert es überhaupt?“, er sah mich auf meine Frage abwartend an. „Beißen und man ist unsterblich und schön?“
Der Blonde lachte leise.
„Es erfordert unglaublich viel Selbstbeherrschung jemanden zu verwandeln. Die wenigsten Menschen überleben den Biss an sich. Und für einige ist die Verwandlung der Tod. Das Herz muss bis zum Ende durchhalten.“, erläuterte Jasper und ließ seinen Blick kurz über meine Kehle schweifen, bevor sich unsere Augen wiederfanden.
„Und du? Hast du-“
Er schüttelte den Kopf, stand auf und war im nächsten Augenblick vor mir.
„Ich sollte dich nach Hause bringen. Es wird dunkel.“
„Unter einer Bedingung!“, forderte ich, als er Anstalten machte, mich hochzuheben. Meine Hand lag erneut auf seiner muskulösen Brust und ich lief etwas rot an, woraufhin er etwas das Gesicht verzog.
Genial.
„Sorry... Es ist nur.“
„Schon klar.“, unterbrach ich ihn und trat etwas zurück.
„Du ignorierst mich nicht mehr und du versuchst nicht mehr mir aus dem Weg zu gehen. Das ist meine Bedingung.“
Er nickte leicht.
„Dann versprich du mir, dass du mir nicht böse bist, wenn ich ab und an nicht ganz der Mensch sein kann.“
Ich lachte auf und trat wieder auf ihn zu.
„Versprochen Cowboy.“
Er hielt mir seine Hand entgegen und ich ergriff sie.
Eine kleine Geste, aber sie war so wichtig wie ein stummes Versprechen.
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**Merkt man, dass ich Chemie sehr gerne mag?
Ich hoffe, es stört euch nicht, dass Fran immer ab und zu klugscheißen muss.
Mir sei jedoch verziehen, ich schreibe bald mein Abitur in Chemie! XD
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