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VORSICHT!!
Bevor das Kapitel anfängt möchte ich kurz darauf hinweisen, dass in diesem Kapitel explizit ein Unfall beschrieben wird und es - je nach Auffassung- sehr emotional (Trauer/ Selbsthass) werden kann. Wer sowas nicht lesen kann/ sollte, überspringt dieses Kapitel bitte. Die Kurzfassung und ,,Verharmlosung" kommt dann im nächsten Kapitel.
[ So-Hyun PoV ]
Heute bin ich noch motivationsloser als sonst. Gestern Abend wurde Nell zu Jisoo Choi in ihr neues Zuhause gebracht. Es hat mir das Herz zerrissen, als das Pferd in den Hänger gestiegen ist und langsam den Hof verlassen hat. Dieses Tier ist mir einfach ans Herz gewachsen.
Langsam mache ich mich fertig, gehe nach den Pferde sehen, ziehe mich um, schnappe mir mein Essen für die Schule aus dem Kühlschrank und fahre mit dem Rad zur Schule. Dort schließe ich das Rad an und gehe ins Mädchenklo. Und warte. Und warte, bis der Unterricht anfängt. Eigentlich habe ich nur angefangen zu weinen und wollte warten, bis meine Tränen versiegen, doch eine Kurzschlussreaktion sorgt dafür, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben den Untericht schwänze.
Unbemerkt verlasse ich das Mädchenklo und das Schulgebäude und mache mich auf den Weg zum Friedhof.
Ich war lange nicht mehr da. Liegt auch daran, dass mich die Erzieher im Kinderheim nie gelassen haben. Auch unter Aufsicht durfte ich nie hin. Immerhin durfte ich bei der Beisetzung dabei sein. Anschließend kam ich gleich ins Kinderheim.
,,Hallo Eomma, hallo Appa~" schluchze ich, als ich endlich an ihrem Grab stehe und mich langsam niederknie. ,,Lange ist es her, dass ich euch besucht habe. Ich habe euch sehr vermisst." Tränen rollen über mein Gesicht.
Ja, ich habe meine Eltern verloren. Beide zur selben Zeit. Am selben Tag. Zur selben Stunde. Bei beiden scheiterte ein Wiederbelebungsversuch.
Und ich bin schuld. Ich hatte nicht auf meine Eltern gehört. Und das habe ich jetzt davon. Einsamkeit.
Verbittert lehne ich mich an ihren gemeinsamen Grabstein. Und lasse meinen Gedanken endlich überhand gewinnen. Gebe mich dem aufflammenden Szenario hin, es verschluckt mich wie jedes Jahr, am selben Tag. Lasse mich vom Schmerz betäuben und doch spüre ich den ganzen Schmerz in mir, die ganze Verbitterung und den ganzen Selbsthass. Das alles stürzt wie ein Wasserfall auf mich hinab und obwohl ich eigentlich vorbereitet sein müsste, gehe ich in der Flut unter und lasse mich mitreißen.
Vor vier Jahren waren meine Eltern am Anfang der Sommerferien mit mir am Pazifik. Unser Urlaub hat sehr gut angefangen. Jeder Morgen startete mit einem leckerem Frühstück, danach gab es einen schönen langen Spaziergang am Strand und einen Trip in die Altstdt. Anschließend wurde zu Mittag gegessen und ein Mittagsschlaf durfte nicht fehlen. Oder man hat was anderes gemacht. Ich habe da einen ganz süßen Jungen kennengelernt. Binnie. Er war ebenfalls mit seinen Eltern dort und zum Glück haben sich auch die Erwachsenen gut verstanden.
Vor dem Abendessen gingen wir immer schwimmen. Doch heute vor vier Jahren gab es eine Unwetterwarnung, doch mein vierzehnjähriges Ich wollte unbedingt noch ins Wasser. Trotz der Einwende und Warnungen meiner Eltern habe ich mich davon nicht abbringen lassen und bin ins Wasser gegangen.
Doch irgendwann wurde die Strömung so stark, dass ich immer mehr ins offene Meer gezogen wurde. Ich ging immer wieder unter, schrie, wie noch nie in meinem Leben. Meine Eltern und Binnie sprangen ohne zu zögern ins Wasser, um mich zu erreichen.
Alle drei waren fast bei mir, als meine Mutter mitgerissen wurde und mein Vater sie versuchte zu retten. Er schwamm ihr nach.
Binnie erreichte mich und zusammen schafften wir es an den Strand.
Dort wartete ich auf meinen Vater mit meiner Mutter in den Armen, zitterte vor Kälte und Angst, schob Binnie mit einer Decke von mir und wollte schon fast wieder ins Wasser springen, um meine Eltern zu retten. Zum Glück hielt mich Binnie ab.
Schreiend und wild um mich schlagend nahm Binnie mich trotzdem in den Arm. Und irgendwann verließen mich meine Kräfte und ich schlief in den Armen meines Retters ein.
Ich wachte auf, als ich Schreie vernahm. Binnie verstärkte seinen Griff um mich, ich flehte ihn an, mich los zu lassen, doch vergeblich.
Später bemerkte ich, dass er mich nur vor dem Anblick meiner Eltern, ihrer müden und leblosen Körper, beschützen wollte. Ich sollte den erfolglosen Versuch, meine Eltern zu retten, nicht mitansehen.
Doch ich musste sie identifizieren und brach dort zusammen. Ich habe meine Eltern getötet, dachte ich mir. Und das bis heute.
Die nächsten Tage sind verschwommen. Ich erinnere mich nur noch an die Beisetzung meiner Eltern und den Weg danach zum Kinderheim.
Ich hasse mich dafür. Ich hasse mich für meine Kindlichkeit, mein unüberlegtes Handeln und dass ich meine Eltern passiv getötet habe.
In Trance rede ich mit dem Grabstein meiner Eltern und entferne Unkraut aus dem kleinen Beet. Ab und zu esse ich was von meinem Schulessen. Fertig mit dem Unkrautjäten und fertig mit den Nerven setze ich mich an das Grab und lehne meinen Kopf sowie meine Schulter an den kalten Stein. Nach einer Weile drifte ich langsam in eine ungemütliche Traumwelt ab. Eomma, Appa, es tut mir leid.
Um ehrlich zu sein, liegt mir dieses Kapitel sehr am Herzen, weil es auch von Herzen kommt. Zwar habe ich meine Eltern nicht verloren, jedenfalls nicht körperlich, aber leider ist es bei mir geistlich der Fall.
Andererseits hat es mir auch Spaß gemacht, die Gefühle und den ,,Flashback" auszuformulieren. Aus den Stichpunkten ganze Sätze zu formen.
Und ich hoffe, es hat Euch gefallen, obwohl es recht deep ist.
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