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"Ja?" Antwortet Liv auf mein zaghaftes Klopfen.
"Möchtest du mit mir rauskommen, zu den Pferden und Hunden? Die Routine ist schon erledigt, jetzt müssten nur noch die Tiere bewegt werden."
Meine negativen Vorstellungen sind wie weggeblasen als sie mit strahlenden Augen von ihrem Bett aufspringt und 'JA' schreit. Augenblicklich hält sie inne und wir schauen uns mit großen Augen an. Da keine Reaktion von Boram zu hören ist, gehen wir kichernd raus.
Zusammen mit den Hunden, Nell und Esco gehen wir zum kleinen Wäldchen. Natürlich ist Liv etwas betrübt, da ich ihr trotzdem verboten habe, auf ihr geliebtes Pferd aufzusteigen.
Die Hunde rennen und schnüffeln uns ein Stück voraus, jedoch sind sie top erzogen und hören auf den Pfiff genau.
Auf Nell und Esco haben wir jeweils ein Pad und einen Gurt gelebt, für Nell ist es eine weitere positive Erfahrung, bevor es richtig mit dem Sattel losgeht, und eine kleine Vorbereitung auf zukünftige Geländeritte.
"Alle mochten ihn und fanden sein Koreanisch süß. Aber du hättest ihn erleben müssen, als Eomma und Appa uns zum ersten Mal alleine einkaufen geschickt haben." Sie lacht herzlich auf. "Wir waren schon fast an der Kasse als uns auffiel, dass wir was vergessen hatten. Felix sollte es holen, doch er konnte es nicht finden. Aber statt das er zu uns kommt, fragt er in seinem gebrochenen Koreanisch einen Mitarbeiter, wo es denn sei. Der hat ihn nur verständnislos angesehen, mit den Schultern gezuckt und ist gegangen. Du hättest sein verdattertes Gesicht sehen müssen!" Sie schüttet sich aus vor Lachen, aber ich kann es mir gut vorstellen. Seine Mimik ist einfach göttlich.
Beim abnehmen der Gurte schweigen wir, doch es ist eine angenehme Stille.
Auf dem Rückweg von der Koppel zum Stall sehen wir Jisue Eonnie mit Kelly arbeiten. Gemeinsam stützen wir uns am Zaun ab und beobachten die beiden.
"Was ist dein nächster Schritt mit Nell?" Erkundigt sich Liv nebenbei.
"Morgen möchte ich sie zuerst gurten und damit longieren. Wenn das wieder so gut klappt wie gestern, werde ich den Sattel nehmen, den Jisue Eonnie mir empfohlen hat." Antworte ich ihr ohne meine Augen von den Arbeitenden zu nehmen.
"Das hört sich gut an. Und was ist mit Shadow? Übst du nur, die Angst vor den Hunden zu nehmen?"
"Nein. Das soll zur Morgenroutine dazugehören. Wenn es der Fall ist, werde ich weiter mit dem Abschreckprogramm arbeiten." Irritiert sieht sie mich an, wie ich meinem Augenwinkel entnehme, und drehe mich zu ihr.
"Er ist ja recht schreckhaft. Nicht nur bei Hunden, auch bei Planen, Stangen, Fähnchen und allem, was laute und plötzliche Geräusche macht. Das möchte ich ihm nehmen." Erkläre ich ihr ruhig und gehe ins Haus, um was zu trinken.
"Rufen Sie mich an, wenn es was neues gibt?" Pause.
"Ja, vielen Dank, schönen Tag noch." Mit einem Seufzer legt Boram auf. "Immer noch nix neues?" Frage ich sie behutsam.
"Nein, sein Zustand ist unverändert. Aber nicht kritisch. Ich werde ihn morgen dennoch besuchen, nach Livs Untersuchung." Legt Boram fest. "Mach das, es wird euch allen helfen." Meine ich, bevor ich sie wieder in der Küche zurücklasse.
Draußen angekommen sehe ich Olivia und Eonnie mit den Katzen schmusen. Ein sehr schönes Bild.
Ich gehe jedoch weiter zu Shadow. Er ist der einzige, welcher noch nicht auf der Koppel steht. Ich hole ihm heraus und putze ihn. Manchmal stelle ich ihn danach auch gleich auf die Koppel, nicht das er denkt, dass wenn er geputzt wird, auch immer gleich mit Arbeit verbunden ist.
Anschließend führe ich ihn zum Hundezwinger.
Mit wachsamen Augen und Ohren, schnaubt er leicht entsetzt aus. Doch er bleibt stehen. Nach einer sehr kurzen Zeit führe ich ihn einige Meter weg, wo er sich etwas entspannen und anfangen kann, das eben geschehende zu verarbeiten.
Nach dieser Pause wiederhole ich es noch ein paar Mal, bis er schlussendlich an dem Hundezwingerzaun schnuppert und Marla ihm auch gegenübersteht.
Damit lasse ich es für heute gut sein und widme mich meinem Zimmer zu. Fenster putzen, (ab)wischen, aufräumen. Und zum Schluss noch lernen. Das wird ein Spaß. Yay.
Es ist komisch, nichts mehr von Innie zu hören. Am Wochenende hat er mir sonst immer geschrieben, auch wenn es nur irgendwas war. Aber er hat mir geschrieben. Mir. Aber vielleicht war ihm dann nur langweilig. Ist ja normal.
Und trotzdem fehlt mir das. Zuerst war es komisch, dass er mir überhaupt schreibt und jetzt? Jetzt vermisse ich seine Fanboyanfälle und einfach jemanden zum Reden. Jemandem, der meinen Alltag in der Schule kennt und darüber Witze zu machen.
Es ist, als klafft irgendwo ein Loch in mir. Ein kleines aber ein Loch. Der Rand nagt an mir, als gäbe es keinen Morgen. So möchte ich nicht fühlen! Nicht noch einmal. Das würde ich nicht überleben.
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