-Kapitel 5-
„Was willst du denn wissen?", fragte ich schließlich und ging auf sein Spiel ein. Er grinste und zog mich aus der Menge hin zur Bar, wo ich tatsächlich Hope sah, die ein wenig frustriert auf einen der Hocker saß und in die Flüssigkeit eines Bechers starrte.
Nachdenklich bestellte er noch etwas zu trinken und verschränkte dann die Arme: „Nachdem du mir deinen Namen nicht verraten willst. Wie alt bist du? Was machst du in deinem Leben? Arbeitest du? Oder gehst du noch zur Schule?"
Ich seufzte und ging auf meine beste Freundin zu: „Ich bin neunzehn Jahre alt und studiere."
Ich stupste meine Freundin aufmunternd an, nachdem ich bei ihr angekommen war. „Was ist los?", fragte ich besorgt da sie wirkte, als ob sie jeden Moment losheulen könnte. Schon wieder.
„Er...er hasst mich.", schluchzte sie und nahm einen großen Schluck von dem Becher vor ihr.
Der Mann musterte das weinende Mädchen einen Augenblick und legte sanft seine Hand auf ihre Schulter, dann sah er wieder zu mir: „Und was studierst du?"
Ich sah besorgt zu Hope: „Er hasst dich bestimmt nicht. Wieso sollte er?", ich wusste nicht einmal von wem sie sprach. Immerhin war sie einfach weggelaufen.
„Er hasst mich.", jammerte sie weiter: „Und du hast schuld."
Was? Wer? War sie nun komplett übergeschnappt?
Ich runzelte meine Stirn und schob den Alkohol von ihr weg: „Du solltest dich beruhigen, du redest wirr."
„Neurowissenschaft.", beantwortete ich ihm seine erste Frage relativ nebensächlich. Als meine Freundin wieder nach dem Becher greifen wollte, gab ich ihn Ray.
„Lavi ist eine kleine Streberin. Hyperintelligent und so.", sagte meine Freundin frustriert. Ich war überrascht, dass sie noch nicht lallte, wunderte mich allerdings, ob es das Wort >Hyperintelligent< tatsächlich gab.
Wieder entkam Hope ein Schluchzen und ich seufzte. „Wer hasst dich?", fragte ich sie nochmal und hoffte dieses Mal auf eine bessere Antwort.
„Elay!", heulte sie aus und versuchte nun Ray den Becher wieder aus der Hand zu nehmen. Allerdings gab er genauso wenig nach, wie ich.
„Hyperintelligent also...", schmunzelte der Mann während er den Becher weit von meiner Freundin weg hielt, dann wandte er sich an Hope: „Und du meinst, dass Elay dich hasst wegen unserem violetten Sternchen hier?"
„Ja...", weinte sie und legte ihre Stirn in Falten: „Er würde mich beachten, wäre sie nicht hier."
Ray sah sich nach Elay um, brauchte jedoch einen Moment, bis er ihn zwischen einigen Mädchen entdeckte: „Ich glaube er hat gerade andere Mädchen, die er anhimmeln kann."
„Wieso studierst du Neurowissenschaften?", fragte nun Ray wieder an mich gewandt.
„Glaubst du nicht, du übertreibst etwas?", fragte ich meine Freundin und streichelte weiterhin über ihren Rücken. Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich ihre abwertenden Aussagen verletzten. Sie wusste, wie schwer es für mich gewesen war, ein ordentliches Selbstbewusstsein aufzubauen. Dass sie mich nun so an zickte, kränkte mich mehr, als ich vor ihr zugeben würde.
„Das ist eine lange Geschichte, die ich dir nicht erzählen werde.", stellte ich fest und funkelte den Mann von der Seite an. Dieser zuckte nur mit den Schultern, während meine Freundin weiter vor sich hin schniefte: „Er...hat mich ignoriert und nicht beachtet."
„Hast du eine Ahnung wie viele Mädchen ihn anreden, wenn die Security einen Moment nicht aufpasst?", fragte Ray das Mädchen und fügte hinzu: „Das hat er bestimmt nicht mit Absicht gemacht."
Ich nickte zustimmend: „Er hat sicher viel Stress. Wenn du willst können wir nach Hause fahren, wir kaufen uns Eis und schauen uns Braveheart an."
„Also du studierst, bist neunzehn und unglaublich hübsch, muss ich noch mehr über dich wissen?", fragte Ray lächelnd.
Hope nickte zu meiner Überraschung und stand von ihrem Hocker auf. Meine Wohnung lag nur eine halbe Stunde von der Konzerthalle entfernt, weshalb Hope auch bei mir übernachten würde. Ich war froh, dass im Moment noch Ferien waren und die Uni noch nicht begonnen hatte.
„Nein.", sagte ich nur und half meiner Freundin auf, da ich noch immer Angst hatte, dass sie umkippen könnte.
„Krieg ich noch deine Nummer?", fragte er wieder, woraufhin ich lachen musste.
Kurz überlegte ich. Warum sollte ich den Mann meine Nummer nicht geben? Ich meinte, die Wahrscheinlichkeit, dass er mir überhaupt schreiben würde, war sehr gering. Außerdem waren sie ab morgen vermutlich sowieso schon wieder Gott weiß wo.
Ich sah kurz zu meiner Freundin, die meinem Blick auswich und dann wieder zu Ray, ehe ich nickte.
Er schenkte mir ein Lächeln und holte sein Handy aus seiner Hosentasche.
Als er es mir reichte tippte ich meine Nummer ein und nahm dann Hope bei der Hand: „Hat mich gefreut, dich kennen zulernen violettes Sternchen.", freute er sich, als ich ihm sein Handy überreichte.
Ich nickte ihm zu: „Mich auch.", dann trennten sich unsere Wege und ich führte meine beste Freundin aus der Halle in die frische Luft. Sie wirkte immer noch komplett zerstört. Als wir auf dem Weg nach Hause waren, schniefte Hope: „Es tut mir leid, dass ich weggegangen bin."
Aber es schien ihr nicht Leid zu tun, dass sie mich beschuldigt hatte. Ich seufzte dennoch: „Schon gut. Du warst aufgeregt."
Sie nickte: „Ray ist ein Aufreißer. Du solltest aufpassen.", warf sie nun wie aus dem nichts ein.
Ich lachte und hielt nach einem Taxi Ausschau: „Du kennst ihn doch nicht mal wirklich, vermutlich nur von Instagram."
Es war nicht so, als ob mir der Kerl am Herzen liegen würde, doch ich wusste dass Hope ihn nicht wirklich kannte, genauso wenig wie ich.
Außerdem spielte das ganze doch gar keine Rolle, ich würde den Typen sowieso nie wieder sehen.
„Du warst ganz schön gemein vorhin, weißt du das?", stellte ich schließlich fest als ein Taxi an der Straße hielt und uns einsteigen ließ. Ich sagte dem Fahrer meine Adresse und freute mich tierisch darauf, endlich sitzen zu können.
Er fuhr los, während Hope feststellte: „Das ist gar nicht wahr. Ich kann ja nichts dafür, wenn du jedem schöne Augen machst."
Ich starrte sie an: „Ich?"
Das konnte sie doch nicht ernst meinen. Immerhin war sie weggelaufen. Ich wollte keinen Streit provozieren, weswegen ich meinte: „Wir werden sie sowieso nicht noch einmal von so nahem sehen.", wir brauchten nicht lange bis wir vor unserer Haustür standen und hinein gingen.
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