6: Katzen-Dates
Gabriel
Ich sah Blue an, wie sie mir gegenüber am Tisch saß, vertieft in die Speisekarte. Ihr Gesicht war leicht gerötet von der Kälte draußen, und ihre Augen funkelten im Schein der Kerze. Sie trug eine schlichte, aber elegante schwarze Bluse, die ihre Schultern betonte, und eine dunkle Jeans, die ihre langen Beine umschmeichelte. Ihr Haar war zu einem lockeren Knoten gebunden, einige Strähnen hatten sich gelöst und umrahmten ihr Gesicht auf eine Weise, die sie nur noch bezaubernder erscheinen ließ. Ich konnte nicht anders, als sie einen Moment länger als nötig anzusehen.
Blue bemerkte meinen Blick nicht, oder zumindest tat sie so. Ihre Stirn war leicht gerötet, etwas blau. Natürlich wollte sie mir nicht sagen, was passiert war. Es war so typisch für sie, immer stark zu wirken. Ich lehnte mich etwas zurück und beobachtete sie weiter. Es war erstaunlich, wie sehr sie sich in den letzten Jahren verändert hatte, und doch war sie immer noch die gleiche Blue, die ich kannte. Stark, unabhängig, und doch manchmal so verletzlich, auch wenn sie es nicht zugeben wollte.
„Danke für die Einladung", sagte sie plötzlich, ihre Augen trafen meine, und für einen Moment verlor ich mich in ihrem Blick. Ihr Lächeln war dankbar, und ich spürte, wie sich mein Herz einen Moment lang zusammenzog.
„Immer gerne", antwortete ich, und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. „Lass uns einfach den Abend genießen."
Sie lächelte erneut und vertiefte sich wieder in die Speisekarte. Ich tat es ihr gleich, doch mein Blick wanderte immer wieder zu ihr zurück. Es war schwer, sich zu konzentrieren, wenn sie in meiner Nähe war. Sie hatte diese besondere Ausstrahlung, die mich immer wieder in ihren Bann zog. Während ich so da saß und sie betrachtete, wurde mir klar, wie viel sie mir bedeutete. Aber das war etwas, das ich tief in mir verbarg, zumindest vorerst. Der Kellner kam an unseren Tisch und nahm unsere Bestellung auf. Blue wählte ein leichtes Pasta-Gericht, während ich mich für ein Steak entschied. Nachdem der Kellner gegangen war, lehnte ich mich zurück und beobachtete Blue, die sich nun entspannter umsah. Das warme Licht und die rustikale Einrichtung des Restaurants schienen ihr gut zu gefallen.
„Und du willst mir wirklich nicht sagen, was es mit deiner Stirn auf sich hat?", startete ich erneut.
„Glaub mir, es ist besser für dich", gab sie knapp als Antwort. Ich nickte. Sie würde es mir wirklich nicht sagen.
„Wie läuft es eigentlich bei dir in der Kanzlei?" fragte ich, um das Gespräch in Gang zu bringen.
„Es läuft ganz gut", antwortete sie, ihre Augen leuchteten ein wenig auf. „Es ist viel entspannter als London. Ich hoffe es bleibt so"
„Das wird es", sagte ich. Ich würde nicht zu lassen, dass sie erneut in diesen Stress verfällt. Violett hat mir ab und zu die Lage beschrieben. Lange Nächte, tiefe Augenringe und ein hoher Stresspegel. Nicht gut für sie und für die Menschen in ihrem Umfeld.
Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Und bei dir? Wie läuft es im Revier?"
„Es ist wie immer chaotisch", antwortete ich mit einem Seufzen. „Es gibt nie einen langweiligen Tag. Aber ich mag die Herausforderung."
„Du warst schon immer jemand, der das Chaos magisch anzieht", neckte sie mich, und ich konnte nicht anders, als zu lachen.
„Das stimmt wohl. Immerhin bin ich mit Connor und Dexter befreundet und wir wissen, was für Chaoten das sein können", stimmte ich zu. „Aber manchmal könnte ich auch ein wenig Ruhe gebrauchen. So wie jetzt." Blue schmunzelte und nahm einen Schluck von ihrer Johannesschorle. „Ich bin froh, dass wir uns gemeinsam von der Woche entspannen können"
„Ja, das ist es", sagte ich leise, und für einen Moment herrschte eine angenehme Stille zwischen uns.
Unsere Blicke trafen sich wieder, und ich spürte, wie sich etwas in mir regte. Es war nicht das erste Mal, dass ich so für sie empfand, aber es war das erste Mal seit langer Zeit, dass wir wirklich Zeit miteinander verbrachten. Der Moment fühlte sich bedeutungsvoll an, und ich wollte ihn nicht verderben.
Der Kellner brachte unsere Gerichte und Blue sah ihre Nudeln begeistert an. „Das sieht wirklich gut aus", sagte sie und leckte sich die Lippen. Ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Jedes kleine Detail an ihr war faszinierend. Der Duft ihres Parfums, die Art, wie sie ihr Glas hielt, selbst die kleinen Falten an den Ecken ihrer Augen, die sich vertieften, wenn sie lächelte.
„Was ist?", fragte sie plötzlich und schaute mich mit leicht gerunzelter Stirn an.
„Nichts", antwortete ich schnell und zwang mich, meinen Blick abzuwenden. „Ich habe nur nachgedacht."
„Über was?", bohrte sie nach, und ich konnte sehen, dass sie neugierig war.
„Das du ziemlich ausgehungert aussiehst", sagte ich schmunzelnd und widmete mich meinem Essen. Sie brummte etwas, doch anstatt es zu sagen, wickelte sie die Nudeln um ihre Gabeln und führte sie zu ihren Lippen. „Es duftet herrlich", murmelte sie und im nächsten Moment verschwanden die Nudeln in ihrem Mund. Ein zufriedener Ausdruck zauberte sich in ihrem Gesicht. „Dann lass es dir schmecken", sagte ich und begann selbst zu essen. In diesem Moment wusste ich, dass es richtig gewesen war, sie heute Abend hierher zu bringen. Vielleicht war es der Beginn von etwas Neuem oder einfach nur eine Erinnerung daran, wie wichtig sie mir war. Egal was die Zukunft bringen würde, ich war dankbar für diesen Moment.
Plötzlich vibrierte mein Handy, in der nächsten Sekunde ertönte ein kurzer Ton bei Blue. Verwirrt sahen wir uns an. War das Zufall? Dasselbe geschah eine Minute später. Okay, eher weniger. Zeitgleich nahmen wir unsere Handys.
„Lucina?", murmelte ich überrascht. War etwas passiert? Mit Violett? Sofort öffnete ich den Chat. Erleichtert atmete ich aus.
„Schreibt sie dir auch?", fragte Blue und hob eine Augenbraue.
„Ja, ob wir morgen früh in die Tierarztpraxis kommen könnten. Sie sagt nicht, warum", antwortete ich und schaute Blue fragend an.
„Seltsam. Sie hat mir dasselbe geschrieben", sagte Blue und runzelte die Stirn. „Hoffentlich ist nichts Ernstes passiert."
Ich nickte und legte mein Handy zur Seite. „Wir werden es morgen herausfinden. Jetzt lass uns den Abend genießen."
Nachdem wir unser Essen beendet hatten, rief ich den Kellner herbei und bezahlte die Rechnung. Blue protestierte schwach, doch ich bestand darauf. „Meine Einladung, meine Regeln", sagte ich lächelnd und sie ließ es schließlich gut sein.
„Lass uns noch ein bisschen spazieren gehen", schlug ich vor, als wir das Restaurant verließen. Die kalte Luft traf uns wie ein Schlag, doch die klare Nacht und die funkelnden Sterne am Himmel machten den Spaziergang verlockend.
„Gute Idee", stimmte Blue zu und zog ihren Mantel enger um sich. Wir gingen nebeneinander die Straße entlang, unsere Schritte hallten auf dem gepflasterten Gehweg wider. Der Schnee unter unseren Füßen knirschte leise.
„Es ist wirklich schön hier", sagte Blue nach einer Weile und blickte nach oben. „Ich liebe es, die Sterne zu beobachten."
„Ich auch", stimmte ich zu und folgte ihrem Blick. „Weißt du, dass es im Winter die besten Bedingungen gibt, um Sterne zu sehen? Die Luft ist klarer und die Nächte sind länger."
„Natürlich weiß ich das", sagte sie sofort. Mir war klar, dass sie es wusste. Sie wusste vieles. Das machte sie für mich noch attraktiver. „Es ist beruhigend und gleichzeitig erschreckend. Einfach in den Himmel zu schauen und zu wissen, dass da draußen so viel mehr ist."
„Ja, das ist es", antwortete ich leise und betrachtete ihr Gesicht, das im Mondlicht fast magisch wirkte.
Wir gingen weiter, redeten über alles Mögliche und genossen die Gesellschaft des anderen. Es war, als ob wir in einer kleinen Blase waren, abgeschirmt von der Welt und ihren Sorgen.
Als wir schließlich zum Auto zurückkamen, blieb Blue stehen und blickte noch einmal in den Himmel. „Danke, Gabriel", sagte sie leise. „Für den Abend. Es war wirklich schön."
„Gern geschehen, Blue", antwortete ich und lächelte. „Ich habe den Abend auch genossen. Lass uns öfter wieder so etwas machen"
„Bin gerne dafür", stimmte sie zu und öffnete die Autotür. Ich machte es ihr nach und startete den Motor. Während wir zurückfuhren, fühlte ich mich seltsam zufrieden und hoffnungsvoll. Egal, was die Zukunft brachte, ich wusste, dass ich immer für Blue da sein würde.
~ ~ ~
Am nächsten Morgen war die Sonne kaum aufgegangen, als ich in meiner Wohnung schon trainierte. Der Raum war in warmes, goldenes Licht getaucht, das durch die bodentiefen Fenster fiel. Der Schweiß lief mir in dünnen Bächen den Rücken hinunter und mein Atem ging schwer, während ich den letzten Satz Liegestütze beendete. Meine Muskeln brannten angenehm und ich fühlte, wie sich mein Körper mit jedem Atemzug regenerierte.
Ich stand auf und ging zum großen Spiegel im Wohnzimmer. Mein Oberkörper war durchtrainiert und definiert, jede Muskelpartie war klar erkennbar. Die harten Trainingsstunden im Fitnessstudio zahlten sich aus. Mein Bauch zeigte ein deutliches Sixpack, und meine Arme waren kräftig und muskulös. Mein Körper war ein Zeichen von Disziplin und Ausdauer, etwas, worauf ich stolz war.
Nach einem kurzen Moment der Selbstbetrachtung trat ich ins Badezimmer, wo ich eine schnelle, aber erfrischende Dusche nahm. Das kalte Wasser prasselte auf meine Haut und weckte meine Sinne vollständig auf. Frisch geduscht und angezogen, trug ich eine dunkle Jeans und ein einfaches, aber gut geschnittenes Hemd, das meine Schultern und Brust betonte.
Ich schnappte mir meine Jacke und Schlüssel und machte mich auf den Weg zur Tierarztpraxis. Die kühle Morgenluft war erfrischend und klar, und der Schnee knirschte unter meinen Stiefeln, als ich zum Auto ging. Die Straßen waren ruhig, nur wenige Menschen waren unterwegs, was eine gewisse Ruhe in die Stadt brachte.
Während der Fahrt dachte ich über die gestrige Nacht nach. Der Abend mit Blue hatte mir mehr bedeutet, als ich es mir eingestehen wollte. Die Erinnerung an ihr Lächeln und das funkelnde Licht in ihren Augen ließ mein Herz schneller schlagen. Als ich vor der Tierarztpraxis ankam sah ich bereits Blues Auto parken. Sie war überpünktlich. Ich stieg aus dem Auto und schloss die Tür hinter mir. Als ich die Praxis betrat dauerte es nicht lange, da hörte ich leises freudiges quietschen. Ich folgte den seltsamen Geräuschen nach hinten. Mein Weg führte mich in den ersten Behandlungsraum. Dort sah Blue, die sich über ein kleines Körbchen beugte und Lucina, die zufrieden grinste.
„Ahh, da bist du Gabriel. Pünktlich auf die Minute. Na komm her, sei nicht so schüchtern mein Junge", grinsend deutete sie mir näher zu kommen. Langsam näherte ich mich dem Tisch und sah in das kleine Körbchen. Darin befanden sich zwei kleine Katzen. Oh, nein. Ich wusste, wie das enden sollte.
„Das sind zwei Katzenbabys von damals, die du gefunden hast Blue. Du erinnerst dich sicher daran. Wir haben sie bis heute hier behalten und alle aufgepäppelt. Die Mutter natürlich auch. Und wir konnten alle gut vermitteln, außer die zwei Süßen hier", Lucina hatte ihr zuckersüßes Lächeln ausgepackt. Sie wusste, dass ich eigentlich dazu nein sagen würde. Anders als Blue, die schon immer eine Katze wollte. Ich hatte keine Zeit für ein Haustier. Egal ob Hund oder Katze.
„Nimmst du die Schwarze? Ich würde gerne die Orangene nehmen", Blue strahlte über beide Ohren und nahm ihr Kätzchen bereits in die Arme. „Ansonsten nehme ich beide Kätzchen" Gerade als sagen wollte, sie könnte gerne beide nehmen, zog mich Lucina mit sich. „Hilf mir mal kurz. Blue, pass auf die zwei Süßen auf"
Lucina führte mich in einen Nebenraum und drückte mir einige Dosen Katzenfutter in die Hände. „Was soll das, Lucina?", fragte ich verwirrt.
Sie beugte sich zu mir und flüsterte: „Gabriel, ich weiß, dass du es nicht zugeben willst, aber du hast Gefühle für Blue. Das ist die perfekte Gelegenheit, bei ihr zu punkten. Ihr könntet 'Katzen-Dates' ausmachen. Es wäre ein Grund, mehr Zeit miteinander zu verbringen. Glaub mir, dass wird ihr gefallen."
Ich starrte sie an, sprachlos. Sie wusste Bescheid über meine Gefühle für Blue? Ich hatte es niemandem gesagt. Aber Lucina hatte immer einen sechsten Sinn für solche Dinge. „Lucina, ich..."
„Keine Widerrede, Gabriel", unterbrach sie mich sanft, aber bestimmt. „Nimm die Katze. Du wirst es nicht bereuen. Und du weißt, wie sehr Blue sich freuen würde, wenn ihr beide die Kätzchen gemeinsam großzieht."
Ich seufzte und sah auf die Dosen Katzenfutter in meinen Händen. Lucina hatte recht. Vielleicht war dies tatsächlich eine Gelegenheit, die ich nutzen sollte. „Okay, Lucina. Aber nur wegen Blue."
Ein triumphierendes Lächeln huschte über Lucinas Gesicht. Sie hatte es von Anfang an geplant und sie hatte gewonnen. Lucina sollte man wirklich nicht unterschätzen. Mit gemischten Gefühlen kehrte ich zu Blue zurück, die mittlerweile beide Kätzchen auf ihrem Schoß hatte und mit ihnen spielte. „Blue", sagte ich. „Gib mir die schwarze Katze"
„Du nimmst sie wirklich? Und es ist für dich okay, dass du sie nimmst?", überrascht sah mich Blue an. Wahrscheinlich hatte sie nicht damit gerechnet. Schmunzelnd legte ich das Katzenfutter neben das Körbchen und nahm mir mein Kätzchen.
„Ja, du weißt doch. Die orangene Katze unterstreicht deine Dummheit besser"
Und es geht gleich weiter. Ein schöner Start ins Wochenende, findet ihr nicht?
Gabriel und Blue haben jeweils Katzen adoptiert, natürlich mussten die süßen Babys von Band 1 noch ihren Auftritt haben. Hättet ihr euch für das schwarze Kätzchen entschieden? Oder für das Orangene Kätzchen?
Dieses Kapitel widme ich der lieben @Stardance16
Mich hat es einfach gefreut zu hören, dass du Band 1 schon möchtest und dich auch auf Band 2 freust. Ich hoffe es gefällt dir bis jetzt ganz gut.
Bis zum nächsten Mal,
eure Fantasyideas.
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