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Auf dem ganzen Weg zum Café blieb ich eisern und schwieg.
Officer Rattenscharf hatte sich uns als Jackson McElroy vorgestellt. Er und Kelsey waren mittlerweile beim Du und unzertrennlich. Sie hing an seinen Lippen und lachte bei jedem Wort begeistert auf, das seinen Mund verließ.
Wirklich. Bei jedem.
Es war lächerlich. Wüsste ich nicht, dass Kelsey mit Mike zusammen war und sie Untreue verabscheute, würde ich glauben, sie versuchte, ihm zu gefallen.
Im Gehen streifte seine Hand immer wieder meinen Körper, womit er jedes Mal einen Blitzschlag durch mich hindurch jagte.
Doch auch hier blieb ich unerbittlich und ignorierte ihn. Für mich existierte er nicht. Von Männern wie diesem hielt ich mich für gewöhnlich fern. Und nur weil Officer Topmodel eine besonders starke Wirkung auf mich zu haben schien, ich konnte noch immer nicht begreifen, weshalb, hieß das nicht, dass ich mich nicht dagegen wehren konnte.
Und das würde ich. Mit allem was ich hatte.
Ich musste mich auf wichtigere Dinge konzentrieren. Auf meine Bücher. Mein Leben war chaotisch genug. Und ein Mann wie er, würde sicherlich keine Ordnung hineinbringen.
Es war nur ein Kaffee. Danach würde er arbeiten gehen und ich hätte genug Zeit, um mich ohne Zeugen an Kelsey zu rächen, für das, was sie mir heute antat.
Der Gedanke tröstete mich und wenn ich mich genug daran festklammerte, würde er mir die nächste halbe Stunde sicherlich erleichtern.
Abgesehen davon, musste ich nichts weiter tun, als den beiden Turteltauben zuzuhören.
Ich würde das schaffen. Alles würde gut...
„Oh so ein Mist aber auch", rief Kelsey und schlug sich theatralisch mit der Hand vor die Stirn.
Fragend sah ich sie an. Officer Sahneschnitte sogar mit hochgezogener Augenbraue.
Dieser skeptische Ausdruck war... heiß!
Wieso musste mein Körper so auf ihn reagieren?
Es war nur eine verdammte Augenbraue! Obwohl es sehr beeindruckend war, dass er bloß eine hochziehen konnte. Wenn ich das versuchte, sah ich eher aus wie eine verschreckte Eule.
„Gibt es ein Problem", fragte er ruhig.
„Ich habe heute eine wichtige Verabredung. Die habe ich total vergessen. So was dummes aber auch. Es tut mir unendlich leid. Viel Spaß beim Kaffee trinken. Und vielen Dank für die Einladung."
Mit den Worten drehte sie sich um und watschelte fröhlich davon.
„Kelsey!", rief ich ihr hinterher.
Doch sie wedelte meine Worte bloß ab, eilte über die Straße, warf mir von der gegenüberliegenden Seite eine Kusshand zu und verschwand.
Hinter mir konnte Officer feuchter Traum sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ihre Freundin ist sehr unauffällig."
„Meine Freundin ist eine verdammte Verräterin", murmelte ich und ließ mich von ihm an den Eingang des Cafés führen.
Zunichte war mein perfekter Plan. Jetzt war ich mit ihm alleine und fühlte mich völlig überfordert von der Situation. Wann war ich das letzte Mal mit einem Mann alleine gewesen, der nicht mein bester Freund Matt war?
Seit ich in LA wohnte, noch nie.
Gerade als ich die Tür des Cafés aufziehen wollte, zog er mich an der Taille zurück und kam mir mit seinem Körper so nahe, dass nur noch ein winziger Spalt Luft zwischen uns blieb.
„Ewa", raunte er und das leise Flüstern seiner Stimme ließ mich erkennen, wie nahe ich ihm in diesem Augenblick war.
Es wäre so einfach, ihn zu berühren, wenn ich bloß meine Hand hob.
Nur eine kleine Bewegung und ich könnte spüren, wie seine Brust sich unter der Uniform wölbte.
„Entspann dich ein wenig", sagte er und hob sanft mein Kinn an, damit ich ihm in die Augen sehen musste.
Sofort wurden meine Knie weich und das Gefühl, mich in seine Arme sinken lassen zu wollen, übermächtig.
„Du siehst aus, als würde ich dich zur Schlachtbank führen."
Er hatte Recht. Ich machte ein Gesicht, als würde dieser Kaffee das Letzte sein, was ich zu mir nahm, bevor man mich zum Galgen führte.
„Keine Angst, ich beiße nicht", flüsterte er.
Dann plötzlich, zog er mich mit einem Ruck an sich, presste seinen Körper fest gegen meinen.
„Es sei denn, du willst es", hauchte er ganz dicht an meinem Mund.
Automatisch öffnete ich die Lippen für ihn. In diesem Moment gehorchte mein Körper mir nicht mehr. Er gehörte voll und ganz ihm. Einem wildfremden Mann.
Doch ich war machtlos dagegen.
Zu schnell jedoch, war der Moment vorbei. Sanft lockerte Jackson seinen Griff um mich und fasste dicht an meinem Körper vorbei, um die Tür des Cafés aufzuziehen.
Mit einer Handbewegung ließ er mir den Vortritt.
Doch etwas in mir wollte sich nicht von ihm lösen. Etwas in mir wurde von ihm angezogen, wie Metall von einem Magneten. Krampfhaft musste ich meine Beine dazu zwingen, einen Schritt nach dem Anderen zu gehen.
Als ich mich umdrehte und das Café endlich betrat, erstarrte ich.
Auf dem Weg hierher hatte ich nicht darauf geachtet, wo er uns hinführte. Erst jetzt, nahm ich meine Umgebung zum ersten Mal wieder richtig wahr.
Es war wunderschön.
Wie viele Cafés und Restaurants in LA, war auch dieses in hellen Tönen gehalten. Passend zu dem sonnigen Wetter.
Dennoch hatten sie es geschafft, dem Café eine behagliche Gemütlichkeit zu verleihen, die ich sonst selten spürte.
Überall waren Sitzbänke mit hellen Stoffen, passend ausschraffiert mit Kissen in verschiedenen Größen.
Die Wände bestanden an drei Seiten aus Glas, so dass der Raum lichtdurchflutet und freundlich war.
Auf jedem Tisch stand ein Topf mit bunten Blumen. Ich entdeckte die verschiedensten Sorten und fühlte mich sofort an das Café Paparazzi erinnert.
Die Wände waren geschmückt mit Reisefotografien aus den unterschiedlichsten Ländern. Auf einer der Fensterbänke entdeckte ich sogar einen Globus und einige Magazine, in denen man lesen konnte.
„Gefällt es dir", fragte Jackson unsicher.
Strahlend drehte ich mich zu ihm um.
„Es ist wunderschön", antwortete ich und zum ersten Mal lächelte ich ihn an.
Damit war das Eis gebrochen.
Kurz sah ich Erleichterung in seinem Gesicht stehen, dann nahmen seine Züge wieder den gewöhnlichen Ausdruck an und mit seiner Hand auf meinem unteren Rücken, führte er mich an einen der etwas abseits gelegenen Tische.
Jede einzelne Frau im Café drehte sich nach uns um. Oder eher nach ihm.
Jede. Einzelne.
Sogar einige Männer starrten ihn unverhohlen an.
Aber anstatt meinem Impuls nachzugeben und ihnen die Augen auszukratzen, war ich einfach nur erleichtert darüber, dass er diese starke Wirkung nicht nur auf mich zu haben schien.
Erneut musterte ich seine markanten Gesichtszüge, seine makellose Haut und seine breite Statur.
Leugnen war zwecklos. Mir gegenüber saß der schönste Mann, der mir jemals über den Weg gelaufen war.
Doch die Freude, die ich dabei verspüren sollte, blieb aus. An ihrer statt machte sich Ratlosigkeit in mir breit.
Ich sah mir all die anderen Frauen an, in ihren perfekten Outfits, mit ihren Modelkörpern, den gestylten Haaren und dem fehlerfreien Make-up.
Während sie aussahen, als verbachten sie jeden Morgen zwei Stunden vor dem Spiegel, und kein Härchen am falschen Platz war, hatte ich das Haus heute Morgen ungeschminkt verlassen und mir meine Haare gerade einmal zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden.
Wieso sollte dieser Mann ausgerechnet mit mir hier sein wollen, wo er doch all diese Frauen haben könnte?
Hatte ich vorhin wirklich so mitleiderregend ausgesehen?
War das hier ein Gefälligkeitsdate?
Als hätte jemand einen Eimer mit eiskaltem Wasser über mich geschüttet, versteifte sich mein ganzer Körper bei dem Gedanken.
Automatisch nahm ich eine verschlossene, abweisende Haltung ein.
Wenn er die Veränderung, die in mir vorging, bemerkt hatte, ließ er es sich nicht anmerken.
„Möchtest du einen Kaffee trinken?", fragte er unbeirrt.
„Kling gut", erwiderte ich knapp.
Mit vor der Brust verschränkten Armen ließ ich den Blick durch die Fensterfront gleiten und beobachtete vorbeigehende Passanten.
Die Kellnerin kam, nahm unsere Bestellung auf und ging, während ich Jackson noch immer nicht beachtete.
Gerade als ich den Entschluss fasste, dass das hier lächerlich war und mich entschloss, einfach zu gehen, spürte ich eine Bewegung neben mir und fuhr erschrocken herum.
Jackson hatte seinen Platz verlassen und sich dicht neben mich gesetzt.
Fest stieß sein Oberschenkel gegen meinen und sofort war das verräterische Ziehen in meinem Unterleib wieder da.
„Es war wirklich ein schöner Zufall, dich heute getroffen zu haben."
„Mhm", machte ich bloß und ließ meinen Blick überall hingleiten. Nur nicht zu ihm.
Die Kellnerin kam und stellte zwei Tassen mit dampfendem Kaffee vor uns ab.
Jackson wandte seinen Blick nicht eine Sekunde von mir ab. Intensiv studierte er meine Gesichtszüge.
„Du wirst rot", stellte er belustigt fest.
„Was? Ich... nein."
„Mache ich dich nervös", fragte er und kam noch näher, was ich nicht für möglich gehalten hätte.
Atemlos schüttelte ich den Kopf. Während mein Geist nach einem Fluchtweg suchte.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, und wollte jede Chance auf ein Entkommen vereiteln, legte Jackson seinen Arm um meine Taille und zog mich wenige Zentimeter zu sich heran.
Nicht zu nah und doch viel zu weit.
„Wieso versuchst du dann, vor mir zu flüchten?", fragte er, wobei er die Antwort schon zu kennen schien.
Ohne mich aus den Augen zu lassen, streckte er die Hand aus und führte die Tasse langsam an seinen Mund.
Feuchtigkeit benetzte seine Lippen. Wie es sich wohl anfühlen würde, mit der Zunge darüber zu lecken?
Ein leises Stöhnen löste sich aus seinem Mund.
„Ewa, wenn du mich weiter so ansiehst, werde ich dich gleich hier auf dem Tisch nehmen."
Seine derben Worte erschreckten mich, doch nicht genug.
Ich hatte meinen Gedanken zu weit freien Lauf gelassen. Jetzt konnte ich meine Taten nicht mehr kontrollieren.
Bevor ich begriff, was ich tat, führte ich meine Hand an sein Gesicht und fuhr mit dem Zeigefinger sanft die Konturen seines Mundes nach.
Jackson stieß ein hörbar die Luft aus, folgte mit seinen Augen den Bewegungen meines Fingers.
Langsam ließ er seine Zunge hervorgleiten und liebkoste sanft meine Fingerkuppe.
Tief aus meinem Inneren stieg ein lustvoller Laut auf.
Ich hatte keine Kontrolle mehr. Alles gehörte ihm.
Als sein Blick dann endlich meinen fand, lag in seinen Augen zunächst Überraschung. Doch plötzlich begriff er. Und das, was ich danach in ihnen lesen konnte, sagte mir, dass ich verloren war.
„Komm mit", befahl er, schmiss achtlos einen Geldschein auf den Tisch und zog mich an der Hand aus dem Café.
Ich konnte nichts sagen, nichts tun. Ich konnte ihm bloß folgen.
Ich WOLLTE ihm folgen, obwohl ich wusste, dass ich gerade nicht ich selbst war.
Er zog mich einige Meter die Straße entlang, bevor er mich in eine enge Gasse hinter dem Laden zerrte.
Sofort packten seine Hände meinen Körper, vergruben sich fest in meinem Fleisch und ließen mir kein Entkommen.
Bestimmend schob er mich rückwärts, bis ich die kalte Hauswand im Rücken spürte.
„Jackson...", setzte ich an, das letzte bisschen Verstand nutzend, dass mir geblieben war.
Doch als sich sein Körper der Länge nach gegen meinen presste, blieb mir die Luft weg.
Er ließ mich alles spüren.
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