34
Ruckartig wachte ich aus meinem Traum aus. Er war gefüllt von Bildern mit meinem Exfreund und Damian.
Dieser war die gesamte Woche wie vom Erdboden verschwollen. Ich hatte mit Penny geredet, doch sie wusste ebenfalls nicht. Damian hatte ihr keine Nachricht hinterlassen.
Nicht einmal Payton konnte mir etwas sagen.
Langsam bekam ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte und zum ersten Mal stellte ich mir die Frage, ob Damian doch der Verräter gewesen sein könnte.
Doch den Gedanken verwarf ich schleunigst, bevor er sich in meinen Kopf nisten konnte.
Ich war mit ihm verbunden. Nun an ihm zu zweifeln, würde wenig Sinn ergeben.
Mit dem kalten Wasser wusch ich mein Gesicht und die Gedanken davon.
Er würde schon wieder auftauchen.
Während ich die Treppen herunterlief, band ich meine Haare zu einem Zopf zusammen.
Zufrieden mischte ich mein Müsli an, als Jason lautstark durch die Tür geplatzt kam.
"Ich freue mich so auf das Training!", rief er laut und holte das Toastbrot aus dem Kühlschrank.
"Leise, Jason", brummte ich und rieb mir über meine müden Augen.
"Braucht jemand einen Kaffee?", witzelte Jason, schaltete aber dennoch die Kaffeemaschine ein. Bereits nach wenigen Minuten strömte der appetitliche Geruch nach gemahlenen Bohnen durch den Raum.
Dann stand bereits eine große Tasse, gefüllt mit brauner Flüssigkeit vor mir.
Genüsslich schlürfte ich einige Schlucke aus ihr, bevor ich zu einem Gespräch mit Jason bereit war.
"Es ist nicht wirklich spektakulär, aber wenn es dich interessiert", erwiderte ich und schaufelte das Müsli in meinen Mund.
"Natürlich interessiert es mich. Weißt du, wie abgefahren es ist, dass du einem übernatürlichen Fight-Club angehörst!"
Lauthals prustete ich los vor Lachen, verschluckte mich jedoch an einem Schokobällchen. Mein Lachen verwandelte sich in ein hässliches Husten, gefolgt von einem lauten Keuchen.
Lachen klopfte mir Jason auf den Rücken, bis mein Husten nachließ.
In meinen Augen hatten sich bereits Tränen gesammelt, die ich mir wegwischte.
"Du bist verrückt, Jason!", jammerte ich und brachte mein Geschirr zum Aufwasch.
"Ich weiß, Cousinchen. Irgendwer muss den Part übernehmen!"
Trotz meines Augenrollen musste ich über seine Worte lachen. Jason war schon immer so gewesen. Seit er klein ist. Geschämt hat er sich noch nie für etwas und dafür liebte ich ihn einfach.
"In fünf Minuten an der Tür", rief ich ihm zu, während ich die Treppen heraufeilte, um meine Sachen zusammenzupacken und mich halbwegs ordentlich anzuziehen.
"Aber mein Toast!", jammerte Jason von unten.
☁️
"Was hast du denn alles mit dir?", fragte ich Jason skeptisch und blickte auf seine zwei Rucksäcke, die er bei sich trug.
Er lachte nur verlegen.
"Nichts weiter. Lass uns gehen!"
Dennoch blieb ich stehen und verschränkte erwartungsvoll die Arme.
Geduldig wartete ich auf seine Antwort.
"Das sind meine Sandwiches", murmelte Jason mit roten Wangen, woraufhin ich erneut loslachen musste.
Amüsiert wuschelte ich durch seinen Lockenkopf, bevor ich die Haustür öffnete.
"Du bist unmöglich, Bronte", brummte Jason und richtete wieder seine Haare.
Als ich die Tür geöffnet hatte, kam mir eine Böe mit Schnee entgegen.
Fröstelnd zog ich mir meine Kapuze über und wartete bis Jason das Haus verlassen hatte, bevor ich die Tür zuzog.
Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich mir die schneebedeckte Landschaft an.
Die Landschaft war meterweise mit Schnee bedeckt. Die Straßen waren notdürftig geräumt worden.
Auf den Ästen der Bäume hatte sich der Schnee gesammelt und ergab ein wunderschönes Bild.
Ohne den Schneesturm könnte ruhig, gar friedlich wirken.
"Kommst du, Cousinchen!", rief Jason in den Sturm hinein.
Eilig wandte ich den Blick ab und eilte Jason hinterher.
Auf dem Parkplatz sah ich bereits Noahs Auto stehen.
Hastig stapfte ich durch den Schnee zu ihm und öffnete die Tür und ließ mich auf den Sitz fallen. Ruckartig schloss ich die Tür und angenehme Stille breitete sich aus, bis Jason einstieg.
"Oh, ist das widerlich", knurrte er und zupfte sich die Schnee kullern aus seinem Haar.
"Freut mich auch euch zu sehen", grüßte Noah uns grinsend und ließ allmählich den Motor an. Dann blickte er kurz zu mir. Ein leichtes Lächeln schenkte er mir, bevor er losfuhr. "Ihr wisst, was ansteht?"
Stolz nickte Jason. "Natürlich, Sir!"
"Sehr gut!"
Das Auto rollte los und wir fuhren langsam die rutschige Straße entlang, immer weiter bis außerhalb der Stadt, zu der Trainingshalle, in der Lucien und ich trainiert hatten.
Zu dem Zeitpunkt, als wir uns noch wie Konkurrenten gefühlt hatten. Bei dem Gedanken musste ich kurz schmunzeln.
Schade, dass er heute nicht da sein konnte, doch er traf sich mit Sebastian, um einige Dinge für unser zukünftiges Vorgehen gegen Ares zu besprechen.
Immerhin hatten wir alles gegen Ares in der Hand.
Es war an der Zeit es zu beenden.
"Hast du es Tyler eigentlich schon erzählt?", fragte Jason vom Rücksitz aus.
"Du willst es Tyler erzählen?"
Noah parkte das Auto vor der Lagerhalle und blickte neugierig zu mir herüber.
Seufzend drehte ich mich zu ihm.
"Ich muss es. Ich kann ihm nicht auf Ewigkeit etwas vormachen."
Vor allem wenn ich irgendwann sterben würde. Ich konnte nicht gehen, ehe er von allem wusste.
"Hör auf dein Herz", riet Noah leicht lächelnd und deutete auf sein Herz. "Damit hast schon immer richtige Entscheidungen getroffen!"
Dann stieg er aus.
"Sehr poetisch!"
"Idiot!", erwiderte ich scherzhaft zu Jason und stieg ebenfalls aus.
☁️
Der Stab von Noah traf mich schmerzhaft an der Hüfte. Taumelnd wich ich zurück und wollte mich erneut in Stellung bringen, als ich den zweiten Stab in meiner Magengegend verspürte.
Stöhnend sank ich auf meine Knie und atmete tief durch.
"Deine Jäger-Kräfte sind unfair", murmelte ich und richtete mich wieder auf.
Kopfschüttelnd betrachtete Noah mich, bevor er sich das Blut von der Lippe wischte, die ich versehentlich mit meinem Stab getroffen hatte.
"Du hast Engelskräfte", erwiderte er und presste die Lippen zusammen.
"Ich werde sie nicht gegen dich nutzen. Sie könnten dich schwer verletzten!"
Und sie würden mich weiter schwächen. Ich musste sie für Ares sparen.
"Du solltest sie anfangen zu nutzen, wenn du dich nicht mehr hilflos fühlen willst oder kämpfe!"
Tief atmete ich durch. Ich musste mich für das Kämpfen entscheiden. Welche Wahl hatte ich sonst.
"Nutze deine Größe", rief mir Jason von der Bank aus zu und biss genüsslich in sein Sandwich, welcher vor Erdnussbuttercreme laut schmatzte.
"Nochmal!"
Wir brachten uns wieder mit unseren Hölzern in Position. Kurz sammelte ich meine Gedanken und richtete meinen Fokus neu aus.
Ich hatte schon einmal Lucien besiegt. Dann könnte ich auch Noah schlagen.
Ich wagte den ersten Schritt zu Noah. Mit seinem Stab blockte er meinen Schlag von oben, doch übersah er meinen anderen Stab.
Diesen rammte ich in seinen Bauch. Keuchend wich er zurück. Sofort wollte ich seine Beine mit dem Stab kreuzen, doch blockte er diesen rechtzeitig ab.
Mit einem Mal drehte er sich und wagte einen Schlag von hinten. Rechtzeitig duckte ich mich hinweg. Eilig ließ ich einen meiner Stäbe sinken und packte Noah seinen.
Mit einem Ruck wollte ich ihm den Stab aus der Hand ziehen, doch hielt er ihn eisern fest.
Grinsend blickte er mich an und zerrte seinen Stab zurück.
Von seinem abrupten Ruck wurde ich zu Boden gerissen. Eilig krabbelte ich von Noah weg und wollte mich erneut aufrichten, als ich seinen Stab an meinem Hals spürte.
"Hab dich", erwiderte er.
Mit einem Mal spürte ich eine extreme Wärme in meinem Körper aufkommen.
"Noah, weg!", hörte ich nur noch Jason schreien, als eine Lichtwelle von mir brach.
Die ganze Lagerhalle wurde in gleißendes Licht getaucht. Ein lauter Schrei ertönte hinter mir, gefolgt von einem dumpfen Aufprall.
Erst nach und nach ebbte das Licht ab und die Lichtlinien verschwanden von meinem Arm.
Erschöpft sank ich nieder und rang keuchend nach Atem.
Mein Herz zog sich immer wieder schmerzhaft zusammen, während in meinem Körper ein Feuer tobte.
"Noah?", hörte ich Jasons sorgenvolle Stimme.
Noah, schoss es mir durch den Kopf. Der Schrei war von ihm ausgegangen.
Mit zittrigen Beinen richtete ich mich auf und eilte zu ihm.
Er war nicht weit von mir auf einer der Matten aufgeschlagen. Mit Noahs Hilfe richtete er sich bereits auf.
"Ist alles gut bei ihm?", fragte ich sorgenvoll und begutachtete ihn unsicher.
Eine unangenehme Stille breitete sich aus, bevor Noah grinste.
"Das war verdammt schmerzhaft", stöhnte er und rieb sich seinen Hinterkopf. "Aber genau das wollte ich sehen!"
Ein leises Lachen entfuhr ihm.
"Du bist unmöglich!", fuhr ich ihn an und gab ihm einen Klaps auf den Arm, musste aber ebenfalls lachen.
"Das war so unglaublich! Ich meine, das war unfassbar!", rief Jason völlig außer sich.
Lachend und mit einem Kopfschütteln lief ich zu meiner Tasche und kramte das Handtuch heraus, während Jason wie wild auf Noah einredete.
Noch während ich das Handtuch in meinen Händen hielt, bemerkte ich das starke Zittern meiner Hände.
Kurz blickte ich zu den anderen beiden, doch sie waren noch mit sich selbst beschäftigt.
Vorsichtig fuhr ich mit meinem Finger über die Haut. Sie war heiß und brannte.
Ich musste aufhören meine Kräfte zu nutzen oder sie würde mich noch früher dahinraffen, als Lucifer mir gesagt hatte.
Tief atmete ich durch und wischte mir mit dem Tuch über das Gesicht.
Irgendwann musste ich es ihnen sagen.
Ich war ihnen die Wahrheit schuldig.
"Können wir gehen?", fragte ich die beiden, die am Herumalbern waren, mit den Stäben und Jason, der unendlich viele Fragen über Noah und sein Jäger-Dasein stellte.
☁️
Der Schneesturm hatte deutlich zugenommen seit dem Morgen. Egal wie sehr man die Kapuze zuzog, irgendwo fand der Wind und der Schnee einen Weg in die Klamotten.
Die Sicht war stark betrübt. Man konnte nur wenige Meter weit sehen.
"Bist du dir sicher, dass du jetzt zurückfahren willst?", fragte ich Noah unsicher. Die Scheibenwischer waren ununterbrochen an, doch trotzdem war die Sicht schlecht.
"Willst du deinen Nachmittag hier oder bei Lucien verbringen?"
"Meinetwegen", gab ich mich geschlagen. Ich konnte es kaum abwarten endlich in Luciens Armen zu liegen und mich Zuhause zu fühlen.
Bei dem Gedanken wurde mir ganz warm um das Herz.
Vielleicht war heute ein Tag, an dem ich es ihm erzählen konnte, was mein Schicksal anging. Vielleicht fanden wir sogar eine Lösung. Zusammen.
Noah ließ den Wagen losrollen und fuhr auf die Hauptstraße.
Entspannt lehnte ich mich zurück und schloss die Augen.
Bald würden wir zurück sein.
Leise drang die Musik aus dem Radio. Es war einer meiner liebsten Lieder.
In mir kam das Gefühl auf, dass es ein guter Tag werden würde, voller Lachen, Liebe und Leben.
Und das waren viele Dinge, die ich unfassbar vermisst hatte.
"Noah!", erschütterte ein markerschütternder Schrei den Wagen. Erschrocken riss ich die Augen auf, doch das Auto schlitterte bereits von der Fahrbahn herab.
"Noah", kreischte ich und packte den Griff an der Decke und presste mich fester in den Sitz. Panische Angst überrollte mich wie eine Lawine. Bilder der Vergangenheit zogen an mir vorbei.
"Dämon!", hörte ich nur noch Noahs atemlose Stimme, bevor das Auto krachend in den Baum schlug.
Von dem Aufschlag wurde ich nach vorn gerissen, bevor mein Kopf gegen die Rückenlehne schlug.
"Noah", hauchte ich. Trotz des Schmerzes und dem Schwindel, wagte ich einen Blick zu Noah. Sein Kopf lag auf dem Lenkrad. Blut floss von seiner Stirn.
"Noah", flüsterte ich erneut. Vorsichtig wollte ich nach ihm greifen, als meine Sicht immer wieder verschwamm, bevor alles um mich herum schwarz wurde.
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