29
Über eine Woche waren wir bereits in der Hütte.
Der Abstand von Zuhause war erstaunlich gut. Tyler hatte meine Nachricht alles andere als gut aufgefasst. Er war alles von sprachlos, bis überrascht und wütend gewesen, bis er schließlich aufgelegt hatte.
Oft hatte ich ihn versucht zurückzurufen, entschied mich jedoch im Abstand und Zeit zu geben.
Derweil genoss ich die gemeinsame Zeit mit Lucien, die wir ausgiebig nutzten.
Lachend schlüpfte ich in meine Klamotten und folgte ihm in Küche. Oberkörperfrei fing er an das Frühstück vorzubereiten, wobei er unglaublich gut aussah.
Zufrieden ließ ich mich auf die Couch sinken und wickelte mich in die Decke ein, während ich Lucien beobachtete.
Jeder Handgriff, den er in der Küche machte, sah gekonnt aus, als hätte er nie etwas anderes getan.
"Ich habe große Erwartungen", rief ich ihm lachend zu, woraufhin er sich kurz zu mir drehte und zwinkerte.
"Die werde ich dir erfüllen!"
Bevor er aber das Ei in die Pfanne tun konnte, klingelte sein Telefon. Seufzend ließ Lucien die Eier sinken und nahm den Anruf entgegen.
Vom Telefon aus konnte ich nichts weiter verstehen, aber es schien ernst zu sein. Zwischen Luciens Augenbrauen hatte sich eine Furche gebildet. Aufmerksam erwiderte er immer nur ein kurzes Ja oder nein, gefolgt von einem Okay und in Ordnung. Dann legte er auf.
Erwartungsvoll lehnte ich mich auf dem Sofa vor.
"Und? Was ist?"
Lucien zuckte mit den Schultern und fing an, die Küche aufzuräumen. Stirnrunzelnd beobachtete ich ihn.
"Das Frühstück muss warten. Damian hat angerufen, dass alles sicher sei und wir zurückkommen sollen!"
Seufzend ließ ich mich zurück in die Couch fallen. Murrend zog ich mir die Decke über den Kopf.
"Kann das nicht noch warten?"
Lucien schüttelte den Kopf und zog sich in das Schlafzimmer zurück, wo ich hörte, wie er alles zusammenpackte.
Laut stöhnte ich auf, bevor ich mich vom mühevoll vom Sofa wälzte.
Die Zeit hier hatte ich so sehr genossen, zu sehr, als dass ich wollte, dass sie nun endete. Noch war ich nicht bereit, in das alte Chaos zurückzukehren. Und auch wenn Lucien nichts dazu sagte, war ich mir sicher, dass es ihm nicht anders erging.
Er musste bereits viel länger damit leben.
☁️
Gemeinsam luden wir die Sachen ins Auto, bevor ich nochmals einen Blick auf das Meer warf.
Sehnsüchtig blickte ich in die weite, unbekannte Ferne und fragte mich, was hinter diesem Ozean liegen mochte.
Welche Menschen dort leben, welches Leben sie hatten, welche Träume sie verfolgten..., welche Abenteuer dort warteten.
Und dennoch wusste ich, dass es mir für immer ein Geheimnis bleiben wird.
Kurz schloss ich die Augen und genoss die frische Luft auf meiner Haut, das Salz auf meinen Lippen und das Rauschen des Meeres, welches wie ein Lied in meinen Ohren klang.
Erst Luciens Hände auf meinen Schultern, unterbrachen mich.
"Ich werde es vermissen", flüsterte ich in die Luft hinein, während ich mich zu Lucien umdrehte.
Seine Augen beobachteten mich mit einer Intensität, die mir eine Gänsehaut über die Arme jagte.
"Sobald Ares tot ist, können wir jederzeit wieder herkommen", schlug er lächelnd vor.
Leicht nickte ich mit dem Kopf.
"Ganz bestimmt."
Bevor Lucien meinen Stimmungswechsel feststellen konnte, eilte ich zum Auto und ließ mich auf den Sitz nieder.
Hastig schaltete ich die Sitzheizung ein, bevor ich mich genüsslich an die Kopflehne lehnte.
Es dauerte eine Weile, bis auch Lucien dazu stieg und den Motor anließ. Kurz blickte er zu mir, bevor er losfuhr.
Müde lehnte ich mich an die Scheibe und schloss die Augen. Bald würden wir wieder Zuhause sein. Doch was bedeutete Zuhause mittlerweile?
Wir waren nicht einmal zehn Minuten unterwegs, als mich mein Telefon aus meinem Dämmerschlaf riss. Erschöpft öffnete ich die Augen. Auf dem Bildschirm tauchte Pennys Nummer auf.
Seufzend wollte ich den grünen Balken herüberziehen, als Lucien nur mit dem Kopf schüttelte.
"Geh später ran. Es wird schon alles gut sein", erwiderte er, mit dem Blick auf die Straße fixiert. "Ruh dich lieber aus!"
Trotz einem aufkommenden schlechten Gewissen gegenüber Penny ließ ich das Telefon zurück in die Tasche sinken und widmete mich wieder meinem Schlaf.
Lucien hatte recht. Wir würden noch genug Zeit haben uns zu unterhalten.
☁️
"Home sweet home", murmelte Lucien, welcher ebenso begeistert aussah, wie ich mich fühlte.
Da standen wir nun beide vor Luciens Haus, aber am liebsten würden wir beide wieder umdrehen und verschwinden.
Doch gab es kein zurück.
Wir könnten nicht ewig vor der Gegenwart davonrennen.
"Lucien!", rief eine helle und französisch akzentuierte Stimme.
June kam aus dem Haus geeilt. Fröhlich lächelnd umarmte sie ihren Bruder. Eng schlossen sich ihre Arme um ihn.
"Du musst mich nicht gleich erdrücken", stieß Lucien aus, konnte sich aber ein Lachen aber nicht verkneifen.
Er muss seine Schwester sehr vermisst, aber sich vor allem um sie gesorgt haben.
Jetzt, da es ihr gut ging, konnte ich mir seine Erleichterung gut vorstellen.
Schweren Herzens löste sich June von ihrem Bruder und winkte mir.
"Freut mich, dich wider zusehen", rief sie mir zu, bevor sie uns anwies in das Haus zu folgen.
Eilig lief ich zum Auto, um unsere Sachen zu holen, als mein Telefon erneut klingelte, gefolgt von einem aufdringlichen Vibrieren. Seufzend holte ich mein Telefon aus der Tasche.
Mehrere verpasste Anrufe von Penny wurden mir auf dem Bildschirm angezeigt.
In der letzten Nachricht stand ich Großbuchstaben geschrieben: "Geh sofort an dein Telefon! Jemand hat euch verraten, dass ihr eine Beziehung führt. Damian hat mich aufgeklärt, was mit euch geschehen wird. Ihr dürft noch nicht zurückkommen!"
Schwer schluckend starrte ich auf den Bildschirm, unfähig mich zu bewegen. Die Nachrichten ließen mich erschaudern.
Man hatte uns verraten. Sie würden uns holen.
Verdammt, wer hat, überhaupt Wind davon bekommen.
"Lucien", rief ich mit rauer Stimme. Schwungvoll drehte ich mich in seine Richtung, doch ich war bereits zu spät und er hatte bereits gesehen, warum ich nach ihm gerufen hatte.
Direkt von der Straße kamen mehrere uniformierte Männer und Frauen auf uns zu. Es waren mindestens acht oder neun.
Sie trugen eine weiße Rüstung, die mit vielerlei goldenen Elementen versehen war.
Auf der Brust prangte das Symbol einer Sonne.
Ihre Köpfe waren durch einen Helm, durch welchen man nur spärlich das Gesicht erkennen konnte.
Sie steuerten direkt auf June und Lucien zu, während zwei in meine Richtung kamen.
Panisch blickte ich zu Lucien.
Ich versuchte anhand seiner Blicke zu verstehen, was wir tun würden.
Er jedoch schüttelte nur leicht mit dem Kopf. Lucien schien sich der Sache hingeben zu wollen. Dabei dachte ich, wir würden für unsere Liebe kämpfen.
"Lucien, wer sind die?", rief June ängstlich, während sie sich um den Arm ihres Bruders klammerte. Dieser hielt seinen Blick eisern auf den Soldaten, die sich immer nährten.
Plötzlich wurde meine Arme von zwei Männern gepackt.
"Fasst mich nicht an!", donnerte ich lautstark und versuchte mich aus ihren Griffen zu lösen. Mürrisch zog ich meinen Arm aus dem Griff des einen Mannes.
"Lucien!", hörte ich Junes Stimme, die eine deutlich erhöhte Tonlage angenommen hat. "Lucien, was geschieht hier? Lasst ihn sofort los!"
Ich wollte zu den beiden blicken, doch musste ich mich darauf konzentrieren, was mit mir geschah. Lucien würde sich zu helfen wissen.
Erneut wollte einer der Soldaten nach mir greifen. Jedoch schlüpfte ich unter seinen Arm hindurch. Von hinten gab, stieß ich mich mit meinem Körpergewicht gegen ihn, bevor ich versuchte zu Lucien zu eilte.
Auf einmal packte mich jemand am Arm. Ruckartig wurde ich zurückgerissen und stürzte zu Boden. Unbarmherzig traf mich eine Faust im Gesicht.
Schmerzhaft entfuhr mir ein Laut. Stöhnen fasste ich mir mit der Hand an meine Wange.
"Fasst sie nicht nochmal so an", donnerte Luciens Stimme über das Gelände.
"Sie werden abgeführt im Auftrag von Zeus, sich dem Verbrechen schuldig gemacht zu haben, den Bund und seine Bedingungen gebrochen zu haben", redete der eine Soldat vor Lucien herunter, bevor er ihn die seltsam aussehenden Handschellen umlegte.
Ängstlich schaute ich zu Lucien. Beruhigend nickte er mir zu, als habe er einen Plan, was er tun würde.
Tief atmete ich durch, bevor ich bereits vom Boden heraufgezogen wurde.
"Lucien", rief June mit geweiteten Augen, während sie von einem Soldaten zurückgehalten wurde.
"Mach dir keine Sorgen, Schwester! Es wird alles gut!"
Auch wenn es Lucien niemals zugeben würde, war einer seiner größten Sorgen, wenn nicht sogar Ängste wahr geworden. Seine Schwester erlebte genau das mit, wovor er sie immer versucht hat zu beschützen.
"Rede mit Penny!", rief ich June zu, bevor ich mit Lucien abgeführt wurde, für eine Tat, die menschlich sein sollte. Sich zu lieben.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro