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H.O.L.Y


Tränen fließen mein Gesicht herunter, während meine Hand nicht aufhören kann ihn zu berühren. „ Oh mein Gott..", dringt zum wiederholt zehntausendsten Mal in den letzten Minuten aus meinem Mund, als meine Hand abermals durch sein Haar fährt. Mein Herz bleibt fast stehen, als ich mit offenem Mund in seine Augen schaue. In seine dunkelblauen Augen, von denen ich dachte, dass sie mich nie wieder anschauen würden. Von denen ich dachte, dass ich sie nie wieder sehen würde. 

Meine Fingerspitzen fahren nun sanft über sein Gesicht, ich kann meine Augen kaum von ihm lassen. „Du bist zu mir zurückgekommen", flüstere ich „ Du bist zu mir zurückgekommen.",  ich habe das Gefühl, dass ich in einem Paralleluniversum gelandet bin. In einem Traum, aus dem ich gleich wieder aufwachen werde. Ich beobachte, wie West's Mund sich öffnet, aber alles was über seine Lippen kommt ist ein Krächzen. 

„Ich... ich hol dir ein Glas Wasser", meine Stimme klingt plötzlich völlig aufgeregt, als ich meine Tränen wegwische, aufstehe, mein Kleid glattstreiche und ohne West aus den Augen zu lassen in Richtung Tür laufe. Kurz bevor ich an der Tür angekommen bin, werfe ich noch einen letzten Blick auf sein Gesicht, bevor ich die Türklinke runterdrücke und auf den Flur husche. 

Ich muss aussehen, wie ein wildgewordenes Nilpferd, denn noch nie in meinem Leben, bin ich so schnell einen Gang heruntergelaufen. Als ich an der Rezeption vorbeikomme, an der Caroline sitzt sehe ich, wie sich ihr Kopf hebt und sie mich verwirrt anschaut. „ Zoe? Alles in Ordnung mit Ihnen?", ich werfe ihr keinen einzigen Blick zu, während ich schnurstracks den Flur entlang Richtung Wasserspender laufe. 

„West, er ist aufgewacht und ich wollte ihm ein Glas Wasser holen", die Worte taumeln nur so aus meinem Mund, während ich weiterlaufe. 

„Oh mein Gott, Zoe", höre ich Caroline ausrufen, gleichzeitig ertönen Fußschritte hinter mir und keine fünf Sekunden später befindet sich Caroline neben mir. „Wir müssen umgehend Doktor Wayland kontaktieren, er muss Mr. Taylor durchchecken", sie drückt eine Taste an ihrem Pager, während ich vor dem Wasserspender stehen bleibe. Ich nehme einen Plastikbecher und fülle ein wenig Wasser ab. Meine Hand zittert und ich habe das Gefühl, dass mein Herz vor lauter Gefühlen fast zerberstet.

„Er ist also wieder aufgewacht", ein Lächeln erscheint auf Caroline's Gesicht, während sie mich anschaut. 

Ich nicke leicht, obwohl ich es immer noch nicht glauben kann. „ Ich hab Ihnen doch gesagt, dass er wieder aufwachen wird", wie benommen nicke ich erneut, gleichzeitig ziehen sich meine Mundwinkel ein Stückchen nach oben. 

Oh mein Gott. West war wirklich aufgewacht! 

„Oh mein Gott", stoße ich hervor, während ich mir mit der freien Hand durch die Haare streiche. „Haben sie ein Telefon? Ich muss Chris anrufen, er ist sein bester Freund und er muss wissen, dass er aufgewacht ist", hektisch streiche ich mir erneut durch die Haare. Ich spüre, wie eine Hand auf meinem Arm landet. 

„Ganz ruhig Zoe", ihre Stimme klingt sanft und beruhigend, bevor sie erneut auf mich einredet.  „Wir gehen jetzt erst einmal an die Rezeption, und rufen ihren Freund an. In der Zwischenzeit wird Doktor Wayland nach Mr. Taylor schauen", ich nicke nur benommen, bevor Caroline mich an der Hand mit sich zur Rezeption zieht. 

Mein Herz schlägt wild in meiner Brust, als ich den Hörer des Telefons abhebe und Chris' Nummer wähle. In den letzten Monaten hat sich eine derartige Freundschaft zwischen uns beiden entwickelt, dass ich seine Handynummer inzwischen auswendig kenne.

„Christopher Ryan", meldet sich seine dunkle Stimme am Ende des Apparats und für einen kurzen Moment, habe ich das Bedürfnis ihm die Neuigkeit ins Telefon zu schreien. Stattdessen klingt meine Stimme leise und piepsig, als ich anfange zu reden. 

„Chris?" 

„Zoe, bist du das? Süße, was ist passiert?", seine Stimme klingt besorgt und im Hintergrund höre ich Fußschritte. 

„Chris..", meine Stimme klingt jetzt zittrig, während die Tränen sich in meinen Augen sammeln. 

„ZOE?", seine Stimme klingt jetzt noch besorgter, da er die Emotionen in meiner Stimme mitbekommt. Im Hintergrund höre ich das Klackern von Autoschlüsseln.

„Ist das Zoe? Was ist mit ihr?", Amber's Stimme klingt im Hintergrund an das Telefon. 

„West, er ist ...", meine Stimme zittert und ich habe das Gefühl, dass ich vor lauter Aufregung die Worte nicht aus meinem Mund herausbekomme. „ Er ist...er ist aufgewacht",  presse ich hervor, gleichzeitig fließen die Tränen über mein Gesicht und meine Mundwinkel ziehen sich nach oben. Für eine kurze Weile ist es vollkommen still am anderen Ende, einzig und allein das unregelmäßige Atmen von Chris am Ende der anderen Leitung. 

„Er ist was?", höre ich plötzlich nach einer geraumen Zeit seine Stimme ausstoßen. Dann passiert plötzlich alles ganz schnell. Bevor ich etwas erwidern kann, höre ich Chris' laute Stimme an mein Ohr brüllen. 

„BAAABY!! Verdammt, Baby komm her! West ist aufgewacht!", ein lautes Kreischen dringt im Hintergrund, dicht gefolgt von einem lauten Geräusch. 

„Oh mein Gott, Z!!!", kreischt mir Amber nun ins Ohr und ich muss mir den Hörer vom Ohr weghalten, damit ich keinen Hörsturz erleide. „Ist das dein Ernst?",  ich nicke, während weiterhin die Tränen über mein Gesicht laufen. 

„Ja", es ist nur ein einziges Wort. Ein Wort, zwei Buchstaben. Dennoch ist es mit soviel Glück verbunden, dass ich das Gefühl habe, dass mein Herz jeden Moment explodiert. Mein Herz, das monatelang in der Dunkelheit gelebt hat. Das monatelang diesen Schmerz ertragen musste. Von dem monatelang ein Teil gefehlt hatte. 

„Wann?", fragt Amber atemlos in den Hörer, während ich im Hintergrund das Geräusch von Schlüsseln vernehme. 

„Vor vielleicht zehn Minuten", ich kann es immer noch nicht glauben, als die Worte aus meinem Mund taumeln. Monatelang hatte ich mir den Moment vorgestellt, in dem West wieder aufwachen würde. Doch jetzt genau in diesem Moment, war es besser, als jede meiner Vorstellungen. Es war besser als jeder Traum und das Gefühl, das sich nun in meinem Körper ausbreitete, war ein Gefühl, was ich nie wieder loslassen wollte. Es ließ mich zehn Meter über den Boden schweben und weckte in mir das Bedürfnis lauthals durch das ganze Krankenhaus zu schreien. Ich liebte West Taylor. Und würde ihn wahrscheinlich auch immer lieben. 

„Oh Gott, Z ich freue mich so für dich", ein Schniefen dringt plötzlich durch den Hörer. Tränen steigen in meine Augen, gleichzeitig ziehen sich meine Mundwinkel nach oben, mein Bauch immer noch voller Schmetterlinge. 

„Ich weiß A. Ich weiß", meine Stimme klingt leicht belegt und für einen kurzen Moment herrscht komplette Stille zwischen Amber und mir. Eine Stille in der wir dennoch auf verwirrte Art und Weise die Gedanken des Anderen hören konnten. Eine Stille, die sagte, dass wir beide froh waren, dass wir die Andere als unsere Schwester bezeichnen konnten. Denn genau das war Amber für mich. Eine Schwester, die mir immer zur Seite stand. 

„Hör zu Zoe, ich leg jetzt auf. Chris und ich sind in circa zwanzig Minuten bei dir", ich lächele, als mich die Worte erreichen und nicke. 

„Ja, okay"

"Ich hab dich lieb", Amber's Stimme dringt durch das Telefon. 

Und genau in diesem Moment wusste ich, dass egal was passieren würde, ich immer auf sie zählen konnte. Immer. Selbst in den dunkelsten Zeiten. In den Zeiten, in denen ich mich verloren fühlte. In den Zeiten in denen es schwer war für mich zu atmen. Denn manchmal, war der schwerste Teil des Lebens zu atmen. Zu atmen um hier zu bleiben. 

Amber war meine gute Fee, die mich mit ihrem Feenstaub bestäubte und mir in den Arsch trat, wenn ich es nötig hatte. Denn das war es was eine gute Freundschaft ausmachte. Dass man den Anderen immer wieder aus seinem Loch zog, in den das Leben ihn geschmissen hatte.

 „Ich dich auch, A", meine Stimme klingt weich, während ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheint, bevor wir beide gleichzeitig auflegen. 

Als ich den Hörer auf den Tisch lege, merke ich wie ich nervös werde. „ Kommen Sie", Caroline's weiche Stimme dringt an mein Ohr, bevor sie meine Hand in ihre nimmt und über den Gang Richtung West's Zimmer läuft. Mein Herz schlägt wild bestimmt 200 mal pro Minute, als wir vor seiner Tür stehen bleiben. 

„Alles wird gut", redet Caroline auf mich ein, bevor sie die Tür öffnet und wir West's Krankenzimmer erneut betreten. Mein Herz schlägt einen Salto, als mein Blick auf West landet, der jetzt aufrecht in seinem Bett sitzt. Sein Blick ist auf mich gerichtet und verlässt mich keine Sekunde, als ich auf zittrigen Beinen ein paar Schritte in das Zimmer mache. Sein Körper war immer noch schwach, seine Haut bleich und seine Haare zerzaust. 

Wir hatten uns monatelang nicht gesehen. Monate, in denen viel passiert war. Dennoch fühlt es sich immer noch, wie unsere erste Begegnung an, als ich in seine blauen Augen schaue. Als ob wir uns gerade erst kennengelernt hatten, aber uns gleichzeitig schon Jahre lang kannten. Es ist, als ob ich in die Augen meines besten Freundes schaue. Als ob ich in den Abgrund seiner Seele schauen konnte. Es war verwirrend und machte keinen Sinn. Aber das war, was die Liebe ausmachte. Sie war nicht gradlinig, sondern kurvig.  

Der Wasserbecher in meiner Hand zittert, als ich ein paar Meter vom Bett stehen bleibe. „ Wir werden jetzt noch ein paar Vitalchecks durchführen, Mr. Taylor", Doktor Wayland's Stimme dringt durch den Raum, während er etwas auf seinem Klemmbrett notiert. „ In ein paar Minuten wird sie Schwester Dorothea zum EKG abholen. Ist das für sie in Ordnung?", der Doktor schaut von seinem Klemmbrett auf, während West's Blick immer noch auf mich gerichtet ist. Der Doktor schaut von mir zu West und wieder zurück. Er schüttelt seinen Kopf, während er sich erneut seinem Klemmbrett widmet und mit seinem Stift ein paar Kreuze macht. 

„Schwester Dorothea wird in zwanzig Minuten bei Ihnen sein. Stellen sie bis dahin keine Dummheiten an", er zieht seine Augenbraue hoch und wirft mir einen langen Blick zu. Ich spüre, wie ich rot werde und meinen Blick auf den Boden senke. 

 „Wenn Sie etwas brauchen drücken Sie bitte den roten Knopf an ihrer Fernbedienung", dringt Doktor Wayland's Stimme durch den Raum, bevor das leise Klicken der Tür mir signalisiert, dass er das Zimmer verlassen hat. 

Stille breitet sich zwischen uns aus, einzig und allein mein lauter Herzschlag in meinen Ohren. Mit meinen Schuhen schabe ich leise über den Fußboden, während ich nervös an meinen Fingernägeln knibbele. 

„Babe", seine raue, sehnsuchtsvolle Stimme lässt meinen Kopf nach oben fahren und ihm in die Augen schauen. Sie sind auf mich gerichtet, sein Blick voller Emotionen. „Komm zu mir", er streckt seine Hand schwach aus und tippt mit der Handfläche auf den Platz neben ihm auf dem Bett. Sein Gesicht ist vor Anstrengung leicht verzogen und sein Atem geht unregelmäßig, so als ob er einen Marathon gelaufen wäre. Trotz alle dem breitet sich Wärme in meinem Körper aus, als ich seinen Blick erwidere und auf ihn zugelaufen komme. Als ich am Bett stehe, schlage ich die Bettdecke zurück, ziehe meine Schuhe über meine Füße und krabbele zu ihm ins Bett. 

„Ich hab dich vermisst..", meine Stimme klingt brüchig, als ich vorsichtig, so als ob er eine Porzellanpuppe wäre, meinen Kopf auf seiner Schulter ablege.

„Ich weiß, Babe. Ich weiß", seine Stimme klingt ebenfalls rau, als er mit seiner Hand, schwach durch meine Haare fährt. 

„Als du dort lagst ...ich....", meine Stimme bricht ab und ein Schluchzer dringt aus meinem Mund. „Ich dachte du.. du wärst tot", ich schließe die Augen, als das Schmerzgefühl der letzten Monate meinen Körper durchdringt. „ Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen ich dachte Lu...", ich schnappe nach Luft und schließe meinen Mund. 

Oh Gott. Fast hätte ich ihm von Luke erzählt, ich hätte ihm erzählt, dass er einen Sohn hat....Luke. Es war noch viel zu früh ihm von seinem Sohn zu erzählen. Er war gerade erst einmal aufgewacht und noch viel zu schwach um so etwas zu verkraften.. 

„Es tut mir leid, Babe", seine Stimme klingt emotional und ich spüre, wie seine Hand zu meinem Gesicht wandert. Ich öffne langsam die Augen und sehe, wie seine dunkelblauen Augen leicht wässrig werden. „Ich hätte dich niemals in so eine Situation bringen sollen. Ich hätte mich von dir fernhalten sollen. Ich hätte akzeptieren sollen, dass du verlobt warst und dass du Brad heiraten wolltest...", seine Stimme klingt schwach. 

„West...", hauche ich erschrocken auf, während ich mich ein Stückchen aufrichte und die Hand, die an meiner Wange liegt umfasse. „Du hast nichts falsch gemacht. Brad und ich.. wir wir haben einfach nicht zusammengepasst. Wir sind zwei vollkommen unterschiedliche Menschen", die Worte kommen in einem Flüstern über meine Lippen, als ich intensiv in seine Augen blicke. 

„Und der Moment in dem wir uns in diesem Badezimmer begegnet sind.. ich hätte alles dagegen tun können. Ich hätte versuchen können, mich von dir fern zu halten und verdammt, das hab ich auch versucht, aber das erste Mal in dem man sich verliebt, verändert man sich für immer. Und egal, wie sehr und hart man es versucht, dieses Gefühl geht nie wieder vorbei".  Tränen fließen nun über mein Gesicht, als ich ihm in die Augen schaue. Ich sehe, wie er die Hand hebt und eine Träne mit seinem Daumen auffängt. 

„Ich liebe dich", seine Stimme ist nur ein leises, raues Flüstern, dennoch treffen seine Worte mich bis ins tiefste Mark. 

„Ich dich auch", meine Stimme klingt ebenfalls rau. Mein Herz schlägt laut in meiner Brust, als er plötzlich meine Hand nimmt und sie unter seinen Krankenhauskittel auf seine Brust legt, da wo ich den Schlag seines Herzens unter meinen Fingern spüren kann und der Albatros sich befindet. 

„Ich werd dich nie wieder alleine lassen..", die Worte kommen schwach aus seinem Mund. „ Und ich werde dir nie wieder so weh tun. Das verspreche ich dir", ich habe das Gefühl, dass ich mich in dem endlosen Blau seiner Augen verliere, wie in einem Meer voller Wellen. 

„Ich war nicht alleine", meine Stimme klingt leise, als ich ihm in die Augen schaue. „Nur unendlich verloren", mein Blick fällt kurz auf die weißen Laken, bevor ich wieder in seine Augen schaue, die mir immer das Gefühl geben etwas Besonderes zu sein. 

„Chris und Amber.. sie haben mir geholfen. Vor allem Chris", ein kleines Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. „Du kannst echt froh sein, so einen Freund wie ihn zu haben", meine Augen lassen kein Stück von ihm und ich habe das Gefühl, dass ich in einen endlosen Strudel gesogen werde. Mein Herz pocht wild in meiner Brust, während sich eine Gänsehaut auf meinem Unterarm ausbreitet. 

 Ein Klicken unterbricht unseren Augenkontakt und abrupt hebe ich den Kopf. West's Blick ist aber trotzdem noch auf mich gerichtet, als sich die Tür öffnet und die blonden lange Haare von Chris zum Vorschein kommen, dahinter Amber, die in Jeans und einem grünen Tanktop gekleidet ist, ihre Haare zu einem Dutt gemacht. Sie trägt kein Makeup. Mein Blick fällt erneut auf Chris und erst jetzt fällt mir auf, dass er Tränen in den Augen hat. Sein Blick ist auf West gerichtet. 

„Alter..", seine Stimme ist gepresst, als er einen Schritt nach vorne macht. Inzwischen hat sich West's Blick ebenfalls von mir gelöst und ist auf Chris gerichtet. „Alter jag mir nie wieder so einen Schrecken ein! Hast du gehört? Nie wieder!", Chris' Stimme bricht ab, er lehnt sich nach vorne, nimmt die schwache Hand von West und gibt ihm einen dieser Männerhandschläge. 

„Danke, dass du dich um mein Mädchen gekümmert hast", West's tiefe Stimme dringt durch das Krankenzimmer und verursacht eine Gänsehaut auf meinem Arm. 

„Wie geht es dir?" Amber's besorgte Stimme dringt an mein Ohr, gleichzeitig spüre ich, wie ihre Hand über meinen Arm wandert. Ich wende meinen Blick von West ab und schaue in ihr besorgtes Gesicht. Ein kleines Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und zum ersten Mal seit Monaten habe ich das Gefühl, dass ich komplett bin. Das Gefühl, das sich all die Stille und all die Dunkelheit, die sich in mir ausgebreitet hatte, verflogen war. 

Es war es als ob jemand ein Streichholz gezündet hätte. Ab dem Moment, in dem West seine Augen geöffnet hatte. Zunächst war da nur ein klitzekleines Licht, dass die Dunkelheit in meinem Herzen erleuchtete, doch je mehr ich in seine Augen schaute und realisierte, dass er hier sein würde, wurde das Licht zu einem Inferno, das mein Herz regelrecht in einen Brand setzte. 

„Gut.... Mir geht's gut", Amber's Gesicht verziert sich ebenfalls zu einem Lächeln. Das Quietschen der Tür dringt erneut durchs Zimmer und keine Sekunde später betritt eine ältere, etwas kräftiger gebaute Krankenschwester das Zimmer. Ihre schwarzen, kurzen Haare liegen glatt auf ihrem Kopf, ein Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie weiter den Raum betritt. 

„Wir wollen sie nur ungern stören, aber wir müssen nun ein paar Vitalchecks mit Mister Taylor durchführen. Am Besten sie kommen morgen wieder. Es war ein bisschen viel für ihn heute."

Sobald die Worte ihren Mund verlassen haben, fällt mein Blick auf West. Seine Augen kreuzen sofort meine und sein Blick spiegelt die Sehnsucht, die sich in diesem Moment in meinem Herzen widerspiegelt. Es ist als ob wir uns eine Ewigkeit anschauen würden. Eine Ewigkeit, in der ich seine ganzen Gesichtszüge in mich aufsauge. Die harte Kante seiner Wange, seine geschwungen Lippen, die Kontur seiner Nase...

Mein Herz zieht sich zusammen, als sich die Krankenschwester räuspert und mir einen auffordernden Blick zuwirft, der mehr als tausend Worte zu sagen scheint. Widerwillig wende ich meinen Blick ab und laufe mit Chris und Amber Richtung Tür . Kurz bevor ich jedoch in den Flur hinaustrete, werfe ich meinen Kopf ein letztes Mal über meine Schulter. Unsere Blicke kreuzen sich erneut und für einen kurzen Moment halte ich meine Luft an. Mein Herz macht einen Looping, bevor sich die Tür hinter Chris, Amber und mir schließt. 

„Ich kann nicht glauben, dass er wieder wach ist", Chris' Stimme dringt voller Bewunderung zu mir, als wir den Krankenhausflur entlanglaufen. Einzelne Schwestern kommen uns entgegen und zum ersten Mal seit Monaten habe ich nicht dieses flaue Gefühl in meiner Magengegend, wenn ich sie anschaue. 

„Ich auch nicht", hauche ich leise, als wir gemeinsam um die Ecke laufen. „Es ist als ob...", meine Stimme bricht für einen kurzen Moment ab 

„Die Sonne wieder scheint", vervollständigt Chris meinen Satz und obwohl es nicht das Erste ist, woran ich gedacht habe, ist es doch verdammt passend. Ich schaue ihm in die Augen und nicke. 

„Ich bin so froh, dass er wieder aufgewacht ist. Es ist so eine Erleichterung. Nicht nur für dich, sondern auch für Luke", sagt Amber, greift nach meiner Hand und drückt sie einmal kurz, bevor wir durch die große Flügeltür nach draußen in die Mittagssonne laufen. 

„Ja, ich bin einfach nur unendlich erleichtert, dass Luke nicht ohne Vater aufwachsen muss. Du weißt, dass ich meinem Vater nie wirklich hinterher getrauert hab und dass ich fast nie über ihn gesprochen habe, aber manchmal wenn ich alleine war und besonders, wenn ich Geburtstag hatte, hab ich mir immer vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn meine Eltern noch zusammen wären, wenn ich einen Vater hätte, der sich um mich sorgte", meine Stimme bricht für einen kurzen Moment ab, als ich auf den wolkenlosen Himmel schaue. 

„Denkt ihr das ist verrückt?" ich wende meinen Blick ab und schaue erst Amber und dann Chris an. „ Ich meine, dass ich meinen Vater vermisst habe, obwohl er eigentlich doch tot war?", Chris schüttelt den Kopf, als wir die Straßenseite wechseln. 

„Nein Süße, das ist überhaupt nicht verrückt. Und außerdem wusstest du bis vor einer Woche nicht einmal, dass dein Dad tot ist", meine Mundwinkel ziehen sich zu einem traurigen Lächeln nach oben, bevor ich langsam nicke. 

„Das stimmt", meine Stimme klingt leise, während unsere Schuhe unter uns über den Asphalt knirschen. 

„Ich.. sollte Luke abholen. Er ist noch bei Rox und Shane", wechsele ich schnell das Thema, während ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht puste. Die Mittagssonne ist für Ende Mai selbst schon so drückend heiß, dass man das Gefühl hat man befindet sich in einer Waschküche. 

„Okay. Melde dich, wenn du mit dem kleinen wieder Zuhause bist", Chris macht einen Schritt nach vorne und nimmt mich einmal fest in den Arm. Als er mich los lässt tritt Amber nach vorne und zieht mich ebenfalls in ihre Arme. 

„Pass auf dich auf Z", flüstert sie mir ins Ohr und drückt mich einmal fest. „Ich freu mich für dich, dass er wieder aufgewacht ist", sie drückt mir einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich von mir löst, Chris Hand nimmt und mit ihm davon läuft. Ich schaue den beiden für eine kurze Weile hinterher und muss das Grinsen unterdrücken, das sich auf meine Lippen stiehlt.

***

Luke schläft tief und fest, als ich ihn von Rox und Shane abhole. Mein Herz wird von Liebe durchflutet, als ich auf sein kleines schlummerndes Gesicht schaue. Sein kleiner Daumen steckt in seinem Mund, während sein Gesicht zu einem leichten Grinsen verzogen ist. 

„Er ist kurze Zeit später, als Shane mit ihm nach Hause gekommen ist, sofort eingeschlafen. Seit dem schläft er komplett durch", Rox's Flüstern dringt leise durch das Wohnzimmer, während ich Luke auf meinem Arm langsam hin und herwiege. Shane, der von hinten seine Arme um Rox gelegt hat, schenkt mir ein Lächeln. 

„Dabei wollte ich dem Kleinen doch meine Flugzeugsammlung zeigen", Shane's Stimme klingt leicht enttäuscht und ich muss mir ein Lachen verkneifen, als ich beobachte wie Rox ihn imitiert. 

„Vielleicht beim nächsten Mal", versuche ich ihm die Hoffnung nicht zu nehmen, als ich mit Luke im Arm leise in Richtung Haustür tapse. 

„Danke, dass ihr auf ihn aufgepasst habt", ich schenke den beiden ein aufrichtiges Lächeln, als ich die Tür öffne und in die späte Nachmittagssonne heraustrete. 

„Immer wieder gern",  Rox schenkt mir ein Lächeln und auch Shane nickt mir zu. „Du weißt, dass du immer in unserem Haus willkommen bist". Wärme durchflutet meinen Körper und ich nicke. 

 „Machs gut", ruft Rox flüsteternd über die Veranda als ich meinen Weg über den Asphalt zu meinem Auto mache. Ich winke den beiden noch ein letztes Mal zu, bevor sie die Türen hinter sich schließen und ich mit Luke alleine bin. Ich öffne die Autotüren des Jeeps und lege Luke vorsichtig in den Babykindersitz. Dann setze ich mich ebenfalls ins Auto, schnalle mich an und fahre los. 

Das aller erste Mal, als ich den Wrangler gefahren bin, war vor ein paar Tagen gewesen. Ich hatte mich gefühlt, als ob ich eine Straftat begangen hätte. Es hatte sich schlicht und ergreifend total falsch angefühlt. Und auch jetzt noch fühlt es sich komisch an. Es fühlt sich komisch an, dass Lenkrad in der Hand zu haben, was West eigentlich in der Hand haben sollte. Es fühlt sich falsch an, dass ich nun auf dem Fahrersitz sitze, wobei West doch eigentlich hier sitzen sollte und ich an seiner Seite auf dem Beifahrersitz. 

Mein Herz zieht sich für einen kurzen Moment wehmütig zusammen, als ich an die vergangenen Monate denke. Als ich an die Monate ohne West denke. Doch so schnell, wie die Dunkelheit sich in mein Herz gesetzt hat, umso schneller wird sie von einem Lichtstrahl erhellt, als ich an heute Nachmittag denke. Als ich an den Moment denke, in dem West seine Augen geöffnet hat. 

Ich konnte es immer noch nicht glauben. Ich konnte es nicht glauben, dass er wieder bei mir war. Mein Herz rast in meiner Brust und ich spüre das Kribbeln in jedem meiner einzelnen Finger, wenn ich an ihn denke. Ich hatte ihn wieder. Ich hatte nicht nur die Liebe meines Lebens wieder, sondern meinen besten Freund. Die Person, der ich mich am nächsten fühlte und mit der ich über alles reden konnte. Die Person, die mich am Meisten zum Lachen brachte und nach der ich so unglaublich verrückt war, dass ich ihn nur anzusehen brauchte, damit mein ganzer Körper ein Gefühlskarussell fuhr. 

Ich setze den Blinker und biege in unsere Straße ein. In unsere Straße. Zum aller ersten Mal seit ich hier wohnte, hatte ich sie nicht als meine Straße betitelt, sondern als unsere. Ein kleines Lächeln erscheint auf meinem Gesicht, als ich den Wagen vor unserer Einfahrt parke. Luke schläft immer noch, als ich ihn aus seinem Kindersitz hebe, ihn an meine Schulter drücke und vorsichtig die Einfahrt zu unserem Haus hochlaufe. Als ich im Haus bin laufe ich mit dem Kleinen die Treppe hoch und lege ihn behutsam in sein Bettchen. Oder besser gesagt, sein Batmobil. Für eine Weile bleibe ich im Türrahmen stehen und schaue auf seinen kleinen Körper und frage mich, wie um Himmelswillen West und ich, so etwas Wundervolles geschaffen haben. Wie wir etwas schaffen konnten, dass ich mehr liebe als uns beide zusammen. Etwas, dass für immer einen Teil meines Herzens einnehmen würde. Egal wie alt ich sein würde. Egal wie alt Luke sein würde. Er würde immer mein Baby sein. Und ich würde ihn immer lieben. Egal was kommen mochte. Ein Lächeln tritt auf mein Gesicht, als mir klar wird, dass nicht nur ich, Luke mit meinem ganzen Herzen lieben würde, sondern auch West, wenn er erst einmal von ihm erfahren würde.

***

Das Krankenhaus hatte mir mitgeteilt, dass sie West nach vier Tagen entlassen würden. Am Donnerstagmorgen, den Tag an dem ich West aus dem Krankenhaus abholen will, rufe ich Amber und Chris an, dass sie bei uns vorbeikommen, um für zwei Stunden auf Luke aufzupassen. Mein Herz dröhnt laut in meiner Brust und die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen, vor lauter Aufregung, dass ich West demnächst jeden Tag sehen würde. Dass er im Bett neben mir schlafen würde. Dass wir uns wieder küssen würden. Wir uns wieder berühren würden und dass er mich wieder in seine starken Arme nehmen würde. 

Auf dem ganzen Weg zum Krankenhaus breitet sich dieses warme Gefühl in meinem Körper aus, das sich nur dann ausbreitet, wenn ich an West denke oder mit ihm zusammen bin. Am Krankenhaus angekommen schalte ich den Motor ab, hüpfe aus dem Auto und renne beinahe zur Eingangstür. Die Rezeptionistin beachtet mich kein Stück, sondern blättert weiter gelangweilt in ihrer Zeitschrift, als ich voller Euphorie in den Aufzug renne. Ich drücke auf die Taste des vierten Stockwerks und sehe dabei zu, wie sich die Aufzugstüren schließen. Was sich das letzte Mal, wie eine halbe Ewigkeit angefühlt hat, fühlt sich jetzt wie Sekundenbruchteile an. Mein Herz macht einen Sprung, als sich die Aufzugstüren im vierten Stockwerk öffnen. Ich betrete den Flur und laufe den Gang in Richtung West's Zimmer entlang. Caroline arbeitet heute nicht, stattdessen sitzt eine blonde, große Frau an der Rezeption, die mich ein wenig an einen Mann erinnert. Sie sieht aus, als ob sie etwas Falsches gefrühstückt hätte ihre Mundwinkel zu einem Strich verzogen, während sie gelangweilt durch eine ihrer Zeitschriften blättert. Ab und zu hebt sie ihren Kopf und funkelt einen der Patienten oder das Krankenhauspersonal böse an. Ich schenke ihr beim Vorübergehen ein zaghaftes Lächeln, woraufhin sie kaum die Lippen verzieht. Ich zucke leicht mit den Schultern, bevor ich die Abzweigung nach rechts nehme, die auf den Gang führt auf den sich West's Zimmer befindet. 

Mein ganzer Körper fängt an zu kribbeln, jeder einzelne Teil bis in meine Fingerspitzen, als ich mich der Tür immer weiter näher, bis ich schließlich in wenigen Schritten vor ihr stehe. Ich halte für einen kurzen Moment inne, atme einmal tief ein und aus, bevor ich meine Hand hebe und zaghaft klopfe. Mein Puls ist so laut, dass er in meinen Ohren dröhnt, während ich auf eine Antwort vom anderen Ende des Zimmers warte. 

„Herein", mein Herz macht einen Hüpfer, als das tiefe Timbre seiner Stimme an mein Ohr dringt. Wie hatte ich diese Stimme vermisst! Wie hatte ich es vermisst, wie die Tiefe seiner Stimme durch meinen Körper vibrierte und mein Herz dazu veranlasste einen Rückwärtssalto zu machen. 

Mit zittrigen Fingern öffne ich die Tür und betrete das Zimmer. Ein Kribbeln breitet sich in meinem Körper aus und ich habe das Gefühl, als ob mein Herz explodiert. Keine fünf Meter von mir entfernt thront West. Seine Beine stecken in verwaschenen Jeans, an seinen Füßen seine Boots an seinem Oberkörper eines seiner dunkelblauen Shirts, das seine Augen so betonte. Im Gegensatz zum letzten Mal, als er es getragen hat, hängt es diesmal ein wenig seinen Oberkörper herunter, da er im Laufes des Komas abgenommen hat. Dennoch bringt er meinen Puls immer noch zum Rasen. Bringt meine kompletten Nervenbahnen zum Aussetzen und setzt meinen Körper in Flammen. 

Seine Augen- so dunkelblau, dass ich für einen Moment meinen Atem anhalte-, sind auf mich gerichtet, als er einen Schritt nach vorne macht. Mein ganzer Körper scheint in eine Starre verfallen zu sein und für einen kurzen Moment, sauge ich nur seinen Anblick in mich auf, wie er dort vor mir steht. Nehme jeden einzelnen seiner Züge in mir auf, wie eine Verdurstende den letzten Schluck Wasser in der Wüste. Und dann, ehe ich mich versehen kann, sprinte ich los meine Füße fliegen förmlich über den Boden und keine Sekunde später lande ich in seinen Armen. Ein dumpfes Geräusch ertönt, als ich gegen seine Brust lande, seine Arme schließen sich um mich, während mein Kopf auf seiner Schulter zum Liegen kommt. Ich schließe die Augen, gleichzeitig klammere ich mich an ihn wie eine Ertrinkende an einen Anker. Tränen kullern über meine Wangen, als ich leise schniefend mein Gesicht an seine Brust drücke und seinen Geruch einatme. 

Wie sehr hatte ich ihn vermisst. Jeden einzelnen Tag, in den letzten Monaten. Jeden Tag, in dem ich nachts alleine in meinem kalten Bett lag. 

„Hey..", West's sanfte Stimme dringt durch meine leisen schluchzenden Geräusche, als er sanft mit einer Hand durch meinen Hinterkopf fährt, während die andere Hand immer noch warm auf meinem Rücken liegt. 

„Babe, schau mich an",  seine raue Stimme dringt tief bis in jede klitzekleine Stelle meines Körpers, als ich meinen Kopf hebe und mit meinen tränenbenetzten Augen in seine schaue, die inzwischen so klar sind, dass ich das Gefühl habe ich könnte auf den Grund eines riesigen Pools schauen. „Ich bin bei dir Babe. Hörst du? Ich bin bei dir",  ich nicke leicht, während er mit seinen Fingern unter mein Kinn greift und es mit einer sanften Bewegung anhebt, bis mein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt ist. 

„Ich brauche niemanden anderes außer dich, Babe. Niemanden. Nur dich", ein Kribbeln dringt bei seinen Worten durch meinen Körper und für einen kurzen Moment stockt mir der Atem. Doch so schnell, wie das Gefühl gekommen ist, verschwindet es auch wieder, als mir klar wird, dass wir beide nicht mehr allein waren. Dass wir jetzt ein Kind hatten. Dass es uns nicht mehr nur zu zweit gab. Sondern dass wir jetzt zu dritt waren. Ich wusste, dass West seine Worte nicht so gemeint hatte, und dass es total unsinnig war, denn er wusste ja noch nicht einmal, dass er einen Sohn hatte, dennoch tat es mir weh ihn so reden zu hören. 

 Mein Gesicht fällt leicht zusammen und ich trete einen Schritt von ihm zurück. Ich beobachte, wie er seine Augenbrauen leicht verwirrt zusammenzieht, bevor mich sein Blick abermals taxiert. 

„Du hast dich verändert", höre ich plötzlich seine Stimme überrascht durch das Zimmer klingen, während er mich weiterhin begutachtet. „Du bist kurviger geworden und ...", seine Stimme driftet für einen kurzen Moment ab, während ich dabei zusehe, wie sich seine Pupillen für einen kurzen Moment weiten und ein Ausdruck, den ich nicht ganz deuten kann über sein Gesicht huscht. So schnell wie er gekommen ist, ist er auch wieder verschwunden und für einen kurzen Zeitraum breitet sich komplette Stille zwischen uns aus, bevor ich den Mut fasse, die Stille zu durchdringen. 

„Es ist viel passiert in den letzten Monaten, als du nicht da warst", meine Stimme klingt leise, während mein Puls gefühlte 1000 mal die Minute schlägt. „Dinge... die mich verändert haben." Ich beobachte, wie West's Augen mich für ein paar kurze Sekunden fixieren, bevor er loslässt und vorsichtig nickt. 

„Ich verstehe", seine Stimme klingt abgehackt, als er einen Schritt nach hinten macht und nach einer Tasche mit seinen Sachen greift, die ihm Chris vorbeigebracht haben muss. 

„Doktor Wayland hat gesagt, die Entlassungspapiere liegen vorne bei Schwester Dorothea an der Rezeption. Ich muss sie nur unterschreiben dann bin ich entlassen", er greift nach seiner Tasche und läuft ohne mir einen weiteren Blick zu zuwerfen zum Zimmerende und öffnet die Tür. Die Wärme zwischen uns beiden ist nun verschwunden und ich weiß nicht, wie wir so schnell von der Konversation, in der ich ihm eigentlich von Luke erzählen wollte zu seinen Entlassungspapieren gekommen waren. 

Auf dem Gang herrscht reger Durchzug und ich spüre, wie ich leicht fröstele. Kurz bevor wir an der Rezeption angekommen sind, -West läuft ein paar Schritte vor-, kommt mir plötzlich Caroline entgegen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, als ich ihren dunklen Pferdeschwanz sehe. 

„Zoe", höre ich sie rufen, während ihr Gesicht ein Spiegelbild meines ist. „Wie geht es Ihnen? Was macht Luke?", ihre Stimme klingt laut durch das Krankenhaus und ich bin mir sicher, dass West es gehört haben muss. 

„Sch", zische ich leise, bevor ich erneut anfange zu sprechen. „Ihm geht es gut", flüstere ich, während ich meinen Kopf kurz über meine Schulter werfe um mich zu vergewissern, dass West nichts mitbekommen hat. „Ich hab ihm noch nichts von Luke erzählt", flüstere ich leise, während ich nervös an meinen Haaren zupfe. 

 "Ohh", höre ich Caroline leise flüstern, bevor sie sich ihre Hand vor den Mund presst. „Aber Sie wollen es ihm doch noch sagen, oder?", fragt sie besorgt. 

„Natürlich will ich es ihm noch sagen", zische ich leise. „ Aber nur, wenn sie mir nicht schon zuvor gekommen sind...." 

„Oh okay, okay, ich hab nichts gesagt. Bin schon wieder weg", ruft sie . 

„Tschüss, Mister Taylor." richtet sie sich jetzt and West, winkt uns beiden noch ein letztes Mal zu, bevor sie in die entgegengesetzte Richtung verschwindet.

***

Auf dem ganzen Weg nach Hause breitet sich Stille zwischen uns im Wrangler aus. Aus den Augenwinkeln beobachte ich West. Mein Körper durchflutet Wärme, als ich seine Gesichtszüge in mir aufnehme. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er wach ist. Dass er nun bei mir ist und uns nichts und niemand mehr auseinanderreißen würde. 

Mein Herz schlägt bestimmt 100 mal die Minute, als ich den Wrangler auf die Auffahrt unseres Hauses lenke. Ich parke ihn direkt vor dem Haus und schalte den Motor ab. West ist merkwürdig still neben mir und als mein Blick auf ihn fällt, sehe ich wie sein Mund zu einer Linie verzogen ist. In seinem Gesicht ist keine einzige Regung. Einzig allein seine Augen verraten ihn. In ihnen schwimmt ein Karussell von Gefühlen und so sehr er versucht es zu vertuschen, mir entgeht es nicht. Er war mein bester Freund. Mein Liebhaber und meine bessere Hälfte. Natürlich entging es mir nicht. 

Ich ziehe den Schlüssel aus dem Zündschloss und öffne die Fahrertür. West befindet sich inzwischen schon draußen. Ich schlage die Tür hinter mir zu und laufe die Einfahrt nach oben in Richtung unseres Hauses. 

„Sind Chris und Amber da?", ich zucke leicht zusammen, als nach einer Ewigkeit West's Stimme wieder zu mir dringt. 

„Ja, sie... sie wollten dich Zuhause begrüßen", stammele ich vor mir her, als wir das Cabrio von Chris umrunden und zur Tür laufen. 

„Mhhm", höre ich West murmeln, bevor wir an der Tür angekommen sind und ich den Schlüssel herauskrame und ihn im Schlüsselloch zweimal herumdrehe. Die Tür springt auf und wir betreten das Haus. West der hinter mir läuft bleibt stehen, gleichzeitig wandert sein Blick durch den Flur unseres Hauses. 

„Nett", nur ein einziges Wort. Ein einziges Wort, das mir einen kalten Schauer über den Rücken fahren lässt. Die Tür fällt hinter uns ins Schloss. 

„Ah da seid ihr ja", höre ich plötzlich die Stimme von Amber zu uns dringen, bevor sie um die Ecke zu uns gelaufen kommt. Sie trägt schwarze Ledershorts und ein braunes Oberteil. Von ihren Ohren hängen lange Ohrringe. Nur Amber konnte sich so kleiden, während sie auf ein Baby aufpasste. 

Ich schüttele leicht den Kopf, als mein Blick auf Chris fällt, der hinter ihr steht. Sein weißes Shirt hat einen runden Fleck auf der Brust, und er muss mir seinen Ursprung nicht erzählen, denn ich weiß sofort, dass er von Luke ist. Chris läuft auf West zu und begrüßt ihn mit einem Handschlag, während Amber mich kurz zur Seite nimmt. 

„Wir haben ihn erst gefüttert und dann gebadet. Chris hatte die glorreiche Idee ihn mit Grießbrei zu füttern. Ich hab ihm gesagt, dass Luke noch viel zu jung dafür ist, da er noch nicht einmal seinen Kopf alleine hochhalten kann. Aber du weißt wie mein Baby ist, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat", sie verdreht ihre Augen leicht und ich muss ein Lachen unterdrücken. 

„Besonders, wenn er den supercoolen Onkel raushängen lassen muss und Angst hat, dass sein Neffe verhungert", nun kann ich mir mein Kichern nicht verkneifen. 

„Naja das hat er nun davon", sie schielt einmal kurz auf den Fleck auf seinem Shirt. „Wie auch immer, er schläft jetzt tief und fest. Ist erst vor 15 Minuten eingeschlafen." 

„Okay, danke A", ich umarme Amber kurz bevor sie sich von mir löst. 

„Ich glaub wir verschwinden auch mal wieder. Ihr zwei wollt bestimmt ein wenig Zweisamkeit", ihre Augen sind bei dem letzten Wort auf mich gerichtet, und in ihrem Blick erkenne ich, dass sie sehr wohl weiß warum ich mit West alleine sein will. Der Gedanke daran, dass ich West in den nächsten Minuten beibringen werde, dass er einen Sohn hat, lässt ein Gefühl von Nervosität in mir aufsteigen. 

„Komm Baby", sie greift nach Chris' Hand und zieht ihn völlig ahnungslos aus der Konversation mit West heraus. In binnen weniger Sekunden hat sie ihn aus dem Haus heraus gezogen und die Tür fällt hinter den Beiden ins Schloss. 

Wo vor ein paar Minuten noch angeregte Konversation stattgefunden hat, breitet sich nun Stille aus. Einzig und allein der laute Schlag meines Herzens klingt in meinen Ohren. Allerdings kann West diesen nicht hören. Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und atme einmal tief ein und wieder aus, bevor ich sie wieder öffne und nun in West's dunkelblaue Augen schaue, die mich fixieren. 

„West", sein Name kommt zittrig und etwas atemlos aus meinem Mund. „Wir müssen reden". 

Ein Satz. Ein Satz, der mir soviel Angst macht, wie die Tatsache, dass West mich irgendwann verlassen könnte. „Am besten wir setzen uns aufs Sofa", murmele ich, während ich hastig an ihm vorbeilaufe und mit schnellen Schritten voran ins Wohnzimmer stürme. Den ganzen Weg drehe ich mich kein einziges Mal um, sondern fokussiere mich nur noch auf die Konversation in meinem Kopf, die ich mir in der letzten Minute zurechtgelegt habe.

 Das Sofa sinkt neben mir ein Stückchen ein, als er neben mir Platz nimmt. Mein Herz dröhnt mir laut in den Ohren mir wird leicht schlecht vor Nervosität. Was war, wenn West das Baby nicht wollte? Was war, wenn das alles zu viel für ihn sein würde? Ich schlucke einmal und schließe meine Augen. 

„Du hast einen anderen Mann kennengelernt nicht wahr?", erschrocken öffne ich die Augen, als ich seine raue Stimme zu mir dringen höre. Auf seinem Gesicht spiegelt sich nun ein verletzter Ausdruck. Mein Mund öffnet sich leicht, so geschockt bin ich, dass er annimmt ich hätte einen anderen Mann gefunden, wobei er doch alles war woran ich in dieser langen Zeit gedacht hatte. Und erst jetzt wird mir klar, warum er sich die letzte halbe Stunde so merkwürdig aufgeführt hatte. 

„Fuck, Babe..", er steht vom Sofa auf und fährt mit einer Hand durch seine dunklen Haare, auf seinem Gesicht ein verzweifelter Ausdruck. „Ich weiß, dass ich lange weg war. Und verdammt Babe, ich weiß auch, dass du einsam gewesen sein muss, aber die Vorstellung, dass du mit einem anderen... Babe.. dass du mit diesem Luke..", seine Stimme bricht und ein verzweifelter Ausdruck huscht über sein Gesicht, in seinen Augen liegt Schmerz. 

Als er Luke's Namen erwähnt, ist es als ob ich aus meiner Starre erwache. Mein Mund schließt sich wieder, gleichzeitig erhebe ich mich, mache einen Schritt nach vorne und greife nach West's Händen.

 „West, Baby", meine Stimme klingt weich, gleichzeitig schaue ich in seine Augen. „Ich habe keinen anderen Mann. Der einzige Mann, den ich will bist du", als die Worte meinen Mund verlassen, spüre ich wie seine Hände lockerer werden und seine Gesichtszüge sich glätten. Erleichtert stößt er Atem aus seinem Mund. 

„Glaubst du, ich hätte dir gesagt, wie sehr ich dich liebe, wenn ich einen anderen Mann hätte?", meine Stimme dringt vorwurfsvoll aus meinem Mund. „West, ich liebe dich. Mit jeder Faser meines Herzens. Und als du weg warst, da hab ich dich verdammt noch mal jede freie Minute vermisst. Ich hab mich so verloren gefühlt und als es dann noch passiert ist, da .. da war ich nicht mehr nur die Einzige, die dich  vermisst hat sondern...", aus meinem Mund dringen wirre Worte, die keinen Sinn machen, doch West muss trotzdem irgendetwas davon verstanden haben. 

„Moment mal? Du warst nicht mehr die Einzige, die mich vermisst hat? Was soll das heißen, Babe?", seine Stirn ist verwirrt zusammengezogen, seine Augen sanft auf mich gerichtet. Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und stoße langsam einen Schwall Luft aus meinem Mund, um mich zu beruhigen. Dann greife ich erneut nach seiner Hand. 

„Komm. Ich muss dir was zeigen", es sind nur zwei Sätze, aber sie dringen mit so viel Nachdruck aus meinem Mund, dass West sich willenlos hinter mir herziehen lässt. Ich habe das Gefühl, mein Herz explodiert mit jedem weiteren Schritt, dem wir uns Luke's Zimmer nähern. Die Tür steht offen und als wir vor ihr zum Stehen kommen, spüre ich wie sich West's Körper neben mir versteift. Ich greife nach seiner Hand und umklammere sie, während ich anfange zu reden. 

„Ein paar Wochen nachdem du...", es war immer noch schwer das Wort angeschossen über meine Lippen zu bekommen, obwohl es schon so lange her gewesen war. „Nachdem du angeschossen wurdest, war mir plötzlich ständig so schlecht. Und erst hab ich auch gedacht, dass es daher kommt , dass ich dich so sehr vermisst habe, dass ich von der Trauer und dem Schock mich ständig übergeben müsste. Aber dann irgendwann.. ich hab den Badezimmerschrank geöffnet und dann ist mir aufgefallen, dass ich überfällig war",  bei dem Wort überfällig spüre ich wie West's Körper sich noch weiter neben mir versteift. Meine Worte kommen nun in einem Wortschwall aus mir heraus. 

„Ich bin sofort in den Supermarkt und hab mir einen Test besorgt", mein Blick ist auf die kleinen Fledermäuse gerichtet die über Luke's Babykrippe hängen. „Er ist positiv ausgefallen, West. Er war positiv", meine Stimme bricht für einen kurzen Moment, als ich meinen Blick von den Fledermäusen abwende und West nun ins Gesicht schaue. 

Ihm ist jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und er starrt mich nun mit weit geöffneten Augen an. „ Wir haben einen Sohn, West. Sein Name ist Luke", als die letzten Worte meinen Mund verlassen, sehe ich wie West zusammenzuckt, sein Mund nun auch weit aufgerissen, während er ungläubig mit seinem Kopf schüttelt. 

„Nein", das Wort kommt in einem Flüstern aus seinem Mund. „Nein, Nein, Nein", er schüttelt immer wieder den Kopf. 

„West", ich mache einen Schritt nach vorne und will nach seinen Händen greifen, doch gleichzeitig macht er einen Schritt zurück. 

„Das kann nicht sein", er schüttelt wieder den Kopf. „Das darf nicht sein", ein Stich durchfährt meinen Körper bevor ich einen erneuten Schritt zu ihm nach vorne mache. 

„West, ich weiß, dass das vermutlich ein Schock für dich ist, aber wir haben einen Sohn", ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, während mir die Tränen in die Augen steigen. „Wir haben einen Sohn und er ist das größte Geschenk, was man uns hätte machen können", meine Stimme klingt voller Liebe als ich erneut einen Schritt auf ihn zu mache. 

„Zoe ich...", seine Stimme bricht ab, als er einen Schritt nach hinten stolpert, seine Augen weit aufgerissen. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Noch nie. Pure Angst steht in seinem Gesicht, sein ganzer Körper zittert. „Ich kann das nicht. Ich kann kein Vater sein!", seine Stimme wird nun lauter, gleichzeitig fährt er sich verzweifelt mit der linken Hand über den Hinterkopf. 

„Verdammt ich kann kein Vater sein! Wenn mir etwas passiert, dann dann wächst das Kind ohne einen Vater auf. Ich kann ihm das nicht antun!", er stolpert über seine eigenen Füße, als er einen weiteren Schritt nach hinten macht. 

„West, man kann sein ganzes Leben nicht davor Angst haben, dass einem etwas passiert. Manchmal passieren Dinge, aber es sollte einen nicht davon abhalten, dass Leben zu genießen und es mit den Menschen zu verbringen, die man liebt. Und Luke braucht dich, du bist sein Vater. Er braucht seinen Vater." 

Schmerz steht in seinen Augen, als er den Kopf schüttelt. Tränen fließen nun mein Gesicht herunter, als ich beobachte, wie er einen erneuten Schritt nach hinten macht. 

„Babe, ich kann das nicht. Die Vorstellung dich alleine zu lassen, wenn mir etwas passiert, ist schon schlimm genug, aber ein Kind?", er schüttelt den Kopf und schließt kurz die Augen. Sein Gesicht ist voller Schmerz durchzogen. „Es tut mir leid Zoe, aber ich kann das nicht", sind seine letzten Worte, als er aus dem Haus stürmt.

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