Kapitel 3
Am nächsten Morgen, wachte ich vom Ruf meiner Mutter auf: “Fai, du hast Besuch! Komm runter!”
Müde dachte ich, dass es Alice sein musste und zog mich schnell an.
Fast hätte ich vor lauter Eile vergessen die Muster, die meine Stirn zierten und immer kräftiger wurden, zu überschminken. So schnell ich konnte holte ich das nach und hastete nach unten.
Im Wohnzimmer angekommen, erlitt ich einen Schock. Denn auf dem dunkelgrauen Sofa saß nicht meine beste Freundin, sondern Zack.
“Verschwinde aus meinem Haus!”, fuhr ich ihn an.
''Gerne. Komm mit.”
''Vergiss es, mit dir gehe ich nirgendwo hin!''
''Du hast keine Wahl'', meinte er.
''Und ob ich die hab. Ich bleibe hier. Und jetzt verschwinde!'', fauchte ich.
Normalerweise war ich nicht so zickig, aber normalerweise wurde ich auch nicht in ein Feen-was-auch-immer verwandelt. Zudem hatte ich in der letzten Nacht kaum geschlafen, was meine Laune auch nicht gerade verbesserte.
Da kam Mum ins Zimmer. “Fai, warum hast du mir nichts von deinem Freund erzählt?”
Jetzt musste ich mir eine Ausrede einfallen lassen und das schnell.
“Ähh... wir… äh… haben uns gestern erst kennengelernt. Ich hatte keine Zeit es dir zu sagen'', faselte ich einfach irgendetwas, das hoffentlich halbwegs logisch klang.
Und es stimmte sogar, nur dass sie Zack eigentlich nie kennenlernen sollte, ließ ich weg, genau wie die Tatsache, dass ich ihn am liebsten auch nie wieder gesehen hätte.
“Fai, kommst du?”, fragte Zack, ''Wir wollten doch in die Stadt gehen.''
Zugegebenermaßen, das hatte er schlau angestellt. Wenn ich mich jetzt weigern würde, würde Mom beginnen Fragen zu stellen, und das wollte ich vermeiden. Ich hatte zwar nie das beste Verhältnis mit meinen Eltern, aber ich hasste es dennoch sie anzulügen.
Zack stand auf und wir gingen nach draußen wo er mich zu seinem Auto führte.
Jetzt konnte ich ihn endlich anschreien: “Bist du eigentlich vollkommen verrückt geworden? Was hast du dir dabei gedacht einfach zu mir nach Hause zu kommen? Du tickst ja nicht mehr richtig!''
''Bist du fertig?'', fragte er ruhig.
Ich funkelte ihn wütend an. ''Dein Ernst?''
''Fai, hör zu. Am Anfang ist es immer schwer. Aber es wird leichter sobald du verstanden hast was mit dir passiert. Und um das zu tun musst du mitkommen'', sagte er.
''Wieso? Kannst du mir nicht einfach hier und jetzt sagen was passiert?''
''Das könnte ich, aber es gibt Dinge, die ich nicht wissen kann. Und um diese Dinge herauszufinden musst du ins HoF.''
''Und was soll das jetzt bitte sein?''
''Das House of Fairy. Dort leben viele von uns, andere kommen nur zum Training oder wenn etwas wichtiges ansteht. Und dort gibt es einen Rat, der die Neuen trainiert'', erklärte er.
Mittlerweile waren wir an seinem Auto angekommen und setzten uns hinein.
Er fuhr los und nach 20 Minuten Fahrt, die wir schweigend verbrachten, sah ich vor uns ein riesiges Gebäude, das zwar alt, aber keineswegs unbewohnt aussah.
Auf dem Parkplatz standen viele Fahrzeuge, an einigen Fenstern waren Vorhänge angebracht und überall standen Pflanzen, die ich noch nie im Leben gesehen hatte.
“Wir sind da. Das ist das HoF”, verkündete Zack als wir ausgestiegen waren.
Während er mich durch alle möglichen langen Gänge und Flure führte, sah ich mich überall um.
Auch hier war alles so voll mit Pflanzen, dass es mich irgendwie an einen exotischen Wald erinnerte. “Wow!”, war alles was ich herausbrachte als wir in einem großen Raum ankamen.
Es war unglaublich modern und voller Blumen, aber das überraschte mich nicht mehr. Es war einfach wunderschön. Während ich noch gefesselt von der Schönheit des Raumes war, eilte eine kleine Frau mit glattem, schwarzen Haar auf uns zu und sagte mit japanischem Akzent: “Zack, wieso hat das so lange gedauert? Der Rat wartet schon!”
''Jetzt sind wir doch hier'', meinte er schulternzuckend.
Die Frau seufzte. “Na gut, aber jetzt beeilt euch, ihr wollt den Rat doch nicht noch länger warten lassen.”
Als sie gegangen war, fragte ich: ''Wer war das?”
“Das war Akiko, sie ist hier sowas wie eine Sekretärin und kümmert sich um fast alles.”
Ich wollte ihn noch nach den ganzen Pflanzen fragen, doch kurz darauf waren wir schon an einer großen Holztür angekommen. Zack klopfte und eine tiefe Männerstimme sagte: “Herein”
Wir traten ein und ich sah drei Männer und drei Frauen, die an einem halbkreisförmigen Tisch aus dunklem Holz saßen. Eine große dünne Frau mit blonden Haaren fragte mich nach meinem Namen und ich antworte: “Ich heiße Fai Tomson.”
“Fai ist ein ungewöhnlicher Name. Ist es dein voller Name oder ein Spitzname?”, wollte ein rundlicher Mann mit schwarzem Haar wissen. “Na ja, eigentlich heiße ich Fairy”, sagte ich zögernd, “Aber alle nennen mich Fai.”
Ich fühlte mich unwohl.
“Zack hat uns erzählt, dass deine Muster schon sehr ausgeprägt sind, obwohl du erst gestern verwandelt wurdest. Stimmt das?”, fragte eine extrem schlanke rothaarige Frau. Ihre stechend grünen Augen beobachteten mich genau.
Ich warf einen kurzen Blick zu Zack, der mir zulächelte und so Mut machte.
“Ja, meine Muster sind schon deutlich sichtbar.”
"Können wir sie sehen?”, wollte nun eine Frau mit raspelkurzen schwarzen Haaren wissen.
Ich nickte und wischte währenddessen die Schminke ab.
Alle im Raum bekamen große Augen, da sie so etwas anscheinend noch nicht gesehen hatten.
Der erste, der die Sprache wiedergefunden hatte, war ein schlanker Mann, der der Älteste im Rat zu sein schien.
Er wandte sich an Zack: “War bei der Verwandlung irgendetwas sonderbar?”
Er schüttelte den Kopf. ''Nein eigentlich nicht. Sie war ein wenig verzögert, aber daran kann es doch eigentlich nicht liegen, oder?''
''Nein, daran liegt es definitiv nicht'', meinte ein muskulöser grauhaariger Mann, ''Würdest du Fai bitte ihr Zimmer zeigen und ihr alles weitere erklären? In einer Stunde könnt ihr wieder kommen.''
Zack führte mich aus dem Raum uns ich war heilfroh den bohrenden Blicken des Rates zu entkommen.
Nach fünf Minuten Fußmarsch erreichten wir ein kleines Zimmer.
Es hatte ein großes Fenster, war voll mit Blumen und Kräutern und für zwei Personen eingerichtet.
Fragend sah ich Zack an. ''Wessen Zimmer ist das noch?''
''Noch hast du es für dich allein, aber irgendwann kriegst du eine Mitbewohnerin. Wenn du ein Mädchen verwandeln musst kriegt sie warscheinlich die zweite Hälfte'', erklärte er.
Ich setzte mich auf eines der Betten und fragte: “Wie soll ich eigentlich einen Mentor wählen? Ich kenne doch keinen einzigen Namen.”
“Wir Fairy wissen einfach manchmal Dinge. Wer dein Mentor wird gehört dazu. Du wirst den Namen einfach wissen.”
Praktisch. Ich dachte nach und plötzlich schoss mir ein Name durch den Kopf
“Nayla!”, verkündete ich, “Nayla wird meine Mentorin.”
“Das ist eine gute Wahl. Sie kann sehr gut kämpfen und wird dir daher auch viel beibringen können.”
''Kämpfen? Wieso sollte ich kämpfen?'', fragte ich erschrocken.
''Das wird Nayla dir alles erklären.''
Ich schnaubte. Vermutlich würde ich nie irgendetwas erfahren. Warum war ich überhaupt mit hier her gekommen? Es war doch von Anfang an klar gewesen, dass es nichts bringen würde!
Nach einer Weile erhielten wir die Nachricht, dass wir zurückkommen sollten und machten uns sofort auf den Weg.
Als wir wieder in dem großen Raum ankamem fragte die Rothaarige: ''Hast du dich entschieden wer dein Mentor wird?”
Ich atmete tief durch und sagte dann: “Nayla, Nayla wird meine Mentorin.”
Die blonde Frau, die wohl Nayla sein musste, stand auf und kam zu mir. “Also Fai, bist du bereit?”, wollte sie wissen und ich nickte zögerlich.
“Gut, dann komm mit. Wir fangen an.”
Sie ging aus dem Zimmer und ich folgte ihr bis in einen Raum, der nach einer Mischung aus Krankenhaus und Kampfstudio aussah.
Auf dem Boden waren graue Matten verteilt, an einer Wand standen Sportgeräte, die vermutlich für Krafttraining da waren.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes standen Maschinen, bei denen ich nicht genau einordnen konnte, wofür sie gut waren, aber sie erinnerten mich ein wenig an die Geräte, die man im Krankenhaus finden konnte.
Mein Magen verkrampfte sich vor Angst, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, doch als hätte sie meine Gedanken lesen können, sagte sie: “Du brauchst keine Angst zu haben, ich tue dir nichts.”
Ich versuchte mich zu beruhigen, zitterte aber trotzdem noch stark. Um mich abzulenken, beschloss ich, sie nach den Pflanzen zu fragen: “Ähm, Nayla, kann ich dich mal was fragen?”
“Natürlich, es ist meine Aufgabe, deine Fragen zu beantworten.”
''Warum gibt es hier so viele Blumen?”
“Wir Fairy sind auf besondere Art mit der Erde verbunden. Wir schöpfen Kraft aus ihr und ein paar von uns können Pflanzen zum Wachsen oder Blühen bringen. Allerdings können das nur wenige und in diesem HoF gibt es niemanden, der es tut.”
“Ach so.”
Nayla begann, etwas vorzubereiten, doch ich konnte nicht sehen was es war. Eigentlich wollte ich es auch nicht wissen, denn die ganzen Geräte und Nadeln im Raum, jagten mir Angst ein.
Plötzlich sagte meine Mentorin: “Gib mir bitte deine Hand.”
Zögernd sah ich erst meine Hand und dann Nayla an.
“Du musst keine Angst haben'', meinte Nayla, und irgendwie vertraute ich ihr.
Deswegen nickte ich und hielt ihr meine zitternde Hand hin und sie nahm sie in ihre.
Plötzlich sah ich etwas kleines dünnes aufblitzen und spürte nur einen winzigen Augenblick später, einen scharfen Stich in meiner Handfläche.
Ich keuchte auf.
''Was sollte das jetzt?'', fragte ich.
“Ich brauche etwas Blut von dir um herauszufinden wen du verwandeln musst”, erklärte sie, während sie ein Glasröhrchen an die kleine Wunde hielt.
“Und da hättest du mich nicht vorwarnen können?”
“Hätte ich. Hab ich aber nicht”, sagte meine Mentorin schulternzuckend und stellte das Röhrchen in eine seltsame Maschine.
Sie drehte sich wieder zum Tisch und machte irgendetwas, das ich, schon wieder, nicht sehen konnte, deshalb fragte ich: “Was machst du da?”
''Ich bereite etwas vor'', antwortete sie knapp.
Ich seufzte. Nayla schien nicht sehr gesprächig zu sein. Vermutlich würde ich von ihr auch keine Antworten bekommen.
''Was bereitest du vor?'', versuchte ich es erneut.
''Einen Gesundheitschip'', erklärte sie.
Na endlich, ein Fortschritt. Zwar nur ein kleiner, aber wenigstens etwas.
''Und was genau ist das?'', fragte ich weiter.
''Er überwacht deine Gesundheit. Wenn du verletzt bist piept er und wir können dich orten. Dann können wir einen Arzt zu dir schicken und dir helfen.''
''Wieso sollte ich bitte verletzt werden?'', wollte ich skeptisch wissen.
''Im Kampf gegen Feen. Sie sind unsere Feinde und auch die Feinde der gesamten Menschheit. Sie wollen jeden einzelnen Menschen und jede einzelne Fairy auslöschen.''
''Feen? Die süßen kleinen Wesen die von Blüte zu Blüte tanzen?''
''Nein, Feen sind nicht so wie in den Geschichten. Die echten Feen sind brutal und rücksichtslos und haben kein Gewissen.
Aber dazu erkläre ich dir später mehr. Jetzt gib mir bitte dein Handgelenk.''
Ich blickte sie verwirrt an. Der plötzliche Themawechsel hatte mich kurz aus dem Konzept gebracht. Nicht das ich überhaupt eins hätte.
''Warum?'', fragte ich.
''Ich muss den Chip einsetzen.''
Sie hielt einen silbrig schimmernden Metallchip in der Größe einer ein-Euro-Münze hoch.
Und der sollte jetzt in mein Handgelenk? Niemals!
Langsam schüttelte ich den Kopf.
Kurzentschlossen griff Nayla nach meinem Arm und drehte ihn so um, das die Innenseite nach oben zeigte.
Ich versuchte mich ihrem Griff zu entwinden, aber sie war viel stärker als ich.
Ich hörte auf mich zu wehren, denn ich hatte sowieso keine Wahl, und wollte wenigstens nicht, dass Nayla ausversehen noch irgendwelche wichtigen Adern oder Nerven verletzte.
Deshalb bemühte ich mich nun meinen Arm ruhig zu halten und atmete tief durch.
Vorsichtig legte Nayla den Chip auf die Innenseite meines Handgelenks.
Ich schloss die Augen und zuckte zusammen, als die Messer, die unten am Chip befestigt waren, meine Haut durchschnitten.
Ein brennender Schmerz breitete sich in meinem Unterarm aus und Tränen schossen mir in die Augen, aber ich weigerte mich sie fließen zu lassen.
Ich öffnete die Augen und gab keinen Ton von mir, als meine Mentorin mit einem wundalkoholgetränkten Tuch über den Chip wischte und danach einen kleinen Verband darum wickelte.
''Gut, dann also wieder zu den Feen'', meinte sie, ''Sie versuchen die Menschheit zu vernichten und wir Fairy wollen sie davon abhalten. Das ist aber nicht gerade einfach, denn Feen sind stärker als wir.
Wir sind halb Mensch und halb Fee, deshalb sind unsere Fähigkeiten schwächer.''
''Und was für Fähigkeiten wären das?'', erkundigte ich mich.
''Wir sind schnell und stark. Außerdem sind alle unsere Sinne verstärkt und wir heilen extrem schnell. Das alles natürlich nur im Vergleich zu Menschen. Feen sind wesentlich mächtiger.
Nur eine Sache haben wir, die sie nicht haben. Die Erde. Feen haben nicht diese Verbindung zu den Pflanzen, was uns in Wäldern und Feldern Vorteile verschafft.''
''Müssen alle Fairy gegen Feen kämpfen?''
Sie nickte. ''So ziemlich alle. Natürlich gibt es ein paar, die sich um andere Dinge kümmern, zum Beispiel eher um die theoretischen Sachen und natürlich gibt es noch die, die sich von der Gemeinschaft entfernen, aber die überleben meistens nicht sehr lange, da die Feen meistens in Gruppen angreifen. Alleine hat man keine Chance.''
''Muss ich auch kämpfen?''
''Wenn meine Vermutung stimmt, dann auf jeden Fall.''
“Vermutung? Welche Vermutung?”
Meine Mentorin setzte zu einer Erklärung an, wurde aber von einem Klingeln unterbrochen.
“Der Bluttest ist fertig. Gleich kann ich dir zwei Sachen sagen.”
Als sie die Ausdrucke sah, weiteten sich ihre Augen.
“Also stimmt es!”
Ich wurde neugierig. “Was ist denn? Stimmt etwas nicht? Und was ist jetzt mit deiner Vermutung?”
“Sie ist wahr. Du bist die Prophezeite.”
Ich verstand nurnoch Bahnhof. “Prophezeite? Wie meinst du das?''
Nayla atmete tief ein. “Vor mehreren hundert Jahren, hatte eine hellsichtige Fairy eine Vision. Sie besagte, dass eines Tages ein Mädchen, dessen Name ihre Bestimmung und dessen Blut Heilmittel und Gift sein würde, kommen würde um die Welt von allem Bösen zu befreien. Fai, dieses Mädchen bist du!”
“Guter Witz, ich kann doch nicht die Welt retten! Ich bin 16, habe gerade erst die Schule fertig bekommen und soll die Welt retten? Wie soll das bitte gehen?”
“Das musst du noch herausfinden, aber ich werde dir auf jeden Fall dabei helfen. Und jetzt sage ich dir noch, wen du verwandeln darfst.”
Na toll, der Tag kann ja gar nicht mehr schlimmer werden. Ich soll die Welt retten und jemanden verwandeln!
“Also, die Person, die du verwandeln darfst heißt… Alice Sophie Parker. Ihr 16ter Geburtstag ist…”
“In einer Woche”, beendete ich den Satz tonlos.
Nayla schien überrascht. “Ja, woher weißt du das? Kennst du sie?”
Ich hatte mich geirrt, dieser Tag konnte noch schlimmer werden.
“Sie kennen? Verdammte Scheiße, sie ist meine beste Freundin!”
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