Kapitel 23
In Alice's und meinem Zimmer angekommen ließ ich mich direkt auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Wie konnte es nur so anstrengend sein ein bisschen mit den Flügeln zu flattern? Bei Schmetterlingen sah es doch immer so einfach aus!
Von der anderen Seite des Raumes hörte ich Alice lachen. "Was müsstest du bitte machen, damit du so K.O bist?"
"Nayla hat gemeint ich soll fliegen lernen", sagte ich und drehte mich um, "Aber anscheinend bin ich ein Pinguin."
"Es hat also nicht geklappt?"
"Nicht besser als bei einem flugunfähigen Vogel."
"Schade, ich dachte schon wenn du fliegen lernst, kommst du nicht mehr so oft zu spät", meinte sie gespielt enttäuscht, "Aber du brauchst wahrscheinlich nur Übung, laufen lernt man ja auch nicht an einem Tag."
Ich setzte mich wieder auf. Offensichtlich hatte meine beste Freundin beschlossen mich nicht schlafen zu lassen. Wirklich nett von ihr. "Schon, aber Menschen laufen nun mal, das ist natürlich, irgendwann lernt man es eben, aber fliegen? Das ist alles andere als normal!"
"Für Menschen vielleicht, du bist keiner." Da hatte sie wie immer Recht. Irgendwie.
"Okay, ich bin kein Mensch, aber Fairy haben auch keine Flügel", beharrte ich trotzdem auf meiner Meinung.
"Du bist eben etwas Besonderes, eine Super-Fairy!"
Ich verdrehte die Augen und warf ein Kissen nach Alice. Ich hasste Superhelden Filme und alles was damit zu tun hatte, jetzt einen Superhelden-Namen zu bekommen, war deshalb nicht wirklich ein Kompliment.
Leider verfehlte ich die Blonde jedoch und das Kissen landete neben ihr, sodass sie es einfach nehmen und zurückwerfen konnte. Dazu sollte gesagt sein, dass sie seit ihrer Kindheit Handball spielte und daher ziemlich gut werfen konnte. Das weiche mit Federn gefüllte Kissen traf mich am Kopf. Das bedeutete Krieg.
Innerhalb von Sekunden war eine wilde Kissenschlacht ausgebrochen, doch niemand von uns beiden traf, ich, weil ich nicht werfen konnte, und Alice, weil ich dafür gut im Ausweichen war. Die Tatsache, dass wir beide zusätzlich fast vor Lachen erstickten machte das ganze auch nicht besser.
Gerade als dank meiner nicht vorhandenen Talente eines von Alice's geliebten flauschigen Kissen in Richtung Tür flog, ging diese auf und wer auch immer herein kam bekam es ab. Ich konnte nicht erkennen wer es war, denn vor Lachen hatte ich Tränen in den Augen, aber ich spürte, wie es zurückgeworfen wurde, denn zwezwei Sekunden später hatte ich den weichen Stoff im Gesicht. Prustend fiel ich nach hinten und landete auf dem Bett. Für einen Moment vergaß ich all meine Sorgen und Ängste, Fene und die Feen hörten auf zu existieren, es gab nur Kissen, Decken und...
"Zack?"
Der Fairy beugte sich über mich und schmunzelte. "Lebst du noch?"
Lachend rappelte ich mich auf und nickte. Vermutlich war er es, der das Kissen geworfen hatte und jetzt hatte ich vor mich zu rächen.
Während ich nach dem nächstbesten Kissen griff, vernahm ich ein Quietschen, dass nur von Zoey stammen konnte. Sie war wohl ebenfalls dazu gekommen.
Nun hatte ich das große lilafarbene Kissen fest in beiden Händen und schlich mich an Zack heran, der sich schon wieder umgewandt hatte und jetzt Zoey bewarf. Schnell holte ich aus und er bekam das Kissen an dem Rücken. Überrascht schrie er auf und fiel fast nach vorne und ich lief kichernd ein paar Schritte zurück. Jetzt war er es, der Rache wollte.
Zoey hatte unterdessen die Chance ergriffen und sich aus der einen Gefahrenzone befreit, nun stand sie jedoch in meiner Nähe, was in Hinblick auf den muskelbepackten Fairy, der sich bereits wieder mit zwei diesmal rosafarbenen Kissen bewaffnet hatte, was zugegebenermaßen wirklich lustig aussah, keine gute Idee gewesen sein konnte.
Jetzt war es aber zu spät für sie noch zu fliehen, denn auch Alice stand nun bereit und hatte sich anscheinend wortlos mit Zack verbündet. Ich warf Zoey einen Blick zu, den sie erwiderte und wir nickten uns zu. Wenn die anderen ein Team bilden konnten, dann konnten wir das erst recht.
Etwa zwei Sekunden passierte nichts, doch dann rief Zoey "Attacke!" und die Kissen flogen wieder durchs Zimmer. Ich erkannte nicht wirklich, wer wen traf, aber das spielte auch keine Rolle. Es zählte nur der Moment und die kurze Sorglosigkeit, die wir wohl alle empfanden, und die in den letzten Wochen viel zu kurz gekommen war.
Fünf Minuten ging die Kissenschlacht noch weiter, dann ließen wir uns erschöpft und noch immer lachend auf Alice's Bett fallen.
"Ich würde sagen, wir haben eindeutig gewonnen", verkündete Zoey und stützte sich auf den Händen ab.
"Oh nein", widersprach Zack, "Ihr habt haushoch verloren!"
"Vergiss es", lachte ich und schnappte mir ein kleines Kissen, auf dem ich mich abstützte.
"Ach lass die zwei doch in dem Glauben", murmelte Alice zu Zack und lehnte sich an dessen Schulter, "Wir wissen, dass wir gewonnen haben, das ist das Wichtigste."
"Denkt doch was ihr wollt", schnaubte Zoey gespielt beleidigt.
"Okay, bevor das ausartet, einigen wir uns doch auf ein Unentschieden mit Revanche", schlug Zack vor und legte seinen Arm um Alice.
Nanu? Hatte ich was verpasst? Lief zwischen den beiden etwa was? Ich schaute fragend zu der kleinen Fairy neben mir und sie warf mir einen Blick á la ich-erklärs-dir-später zu und ich musste mich damit zufrieden geben.
"Revanche klingt gut", stimmte ich darum zu, "Aber erst später, ich bin völlig kaputt!"
"Ich auch", schloss Zoey sich an, "Irgendeine andere Idee, was wir machen können? Ich brauche Ablenkung!"
"Wieso, was ist los?", fragte ich sofort besorgt.
"Ichmussmorgenjemandenverwandeln" Die Fairy sprach so schnell, dass man kein Wort verstehen konnte.
"Was?", fragte Alice nach, "Wir verstehen kein Wort!"
Zoey atmete einmal tief durch und wiederholte das Gesagte noch einmal langsamer. "Ich muss morgen jemanden verwandeln."
"Und du hast vorher nie was davon gesagt?", fragte Zack überrascht.
"Ich hab 's nie für nötig gehalten. Ich meine, klar, ich freu' mich nicht drauf, aber Panik oder so hatte ich keine."
"Aber jetzt wo es fast so weit ist, bist du dir nicht mehr sicher, ob du es schaffst?", wollte Zack mitfühlend wissen.
"Irgendwie schon. Ich meine, ich beobachte Liyana jetzt schon die ganze Woche, und sie wirkt einfach so glücklich, das will ich ihr nicht wegnehmen."
Seit ich sie kannte, wirkte Zoey zum ersten mal unsicher und nervös. Ihr musste wirklich nicht wohl bei der Sache sein, und das war ja auch verständlich. Wer würde jemandem freiwillig das Gleiche antun, was einem selbst passiert war, und ihn oder sie so ebenfalls in diese gefährliche Welt ziehen?
"Aber wenn du sie beobachtet hast, dann musst du doch eine Ahnung haben, wie sie es aufnehmen wird", versuchte Alice sie aufzumuntern, "Das macht es doch bestimmt leichter."
"Ein bisschen zumindest", bestätigte Zoey.
Zack nickte ebenfalls. "Glaub mir, das macht es leichter. Das hab ich auch gemacht und Fai in gewisser Weise auch. Erst fühlst du dich zwar mies, aber so weißt du wie du es ihr sagen kannst, ohne dass sie einen Herzinfarkt bekommt."
"Ich weiß", nickte die Schwarzhaarige und lächelte schief, auch wenn es ein wenig gequält aussah.
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Du wirst das schaffen, okay? Du musst dir keine Sorgen machen!"
"Ich weiß. Trotzdem ist mir nicht wohl bei der Sache. Als würde etwas passieren, wenn ich es tue. Etwas Schlimmes", gab sie zu.
"Es wird nichts passieren", versicherte Zack ihr.
"Wenn du meinst."
"Hey, vielleicht kann Fai mitkommen!", rief Alice plötzlich aus und wir alle schauten sie verwirrt an.
"Wie meinst du das?"
"Es ist ganz einfach", erklärte sie, "Fai, wir wissen immer noch nicht, ob Menschen deine Flügel sehen können, das ist doch die Chance es rauszufinden! Wenn Liyana sie nicht sieht ist alles gut und wenn doch ist es auch nicht schlimm, sie wird sowieso zur Fairy! Und Zoey muss das dann auch nicht allein machen, es ist ein Win-Win!"
"Das wird der Rat garantiert nicht erlauben", meinte Zack.
"Und wenn schon!" Alice war ganz versessen auf ihrer Idee und begeisterte auch Zoey und mich. "Fai ist im Rat, die können ihr also nichts vorschreiben. Außerdem, wann hat irgendjemand von uns schon mal auf den Rat gehört?"
Langsam überzeugte sie auch Zack. "Okay, vielleicht könnte das klappen."
"Nicht nur vielleicht, es wird klappen, weil der Rat versessen darauf ist, mehr über die Flügel rauszufinden."
"Würdest du denn mitkommen?", fragte Zoey an mich gewandt.
Sofort nickte ich. "Klar!" Zoey wirkte sofort erleichtert und atmete aus. Langsam wurde sie wieder sie selbst.
"Dann ist es entschieden", sagte Alice und klatschte in die Hände, "Wir müssen es nur noch dem Rat erzählen."
"Gut, und jetzt zu dir, Zack. Du hast mich beobachtet?", fragte ich gespielt empört. Es machte mir nichts aus, schließlich war das ganze für ihn wesentlich schlimmer gewesen als für mich und das hatte es ihm leichter gemacht, aber die Vorstellung, dass jemand einen wochenlang beobachtete, war schon unheimlich.
"Ja", gab er zu, "Etwa zwei Wochen lang."
"Und ich habe nie etwas davon gemerkt!"
"Tja, unser lieber Zack hat eben viele verborgene Talente", lachte Zoey, der es nun viel besser zu gehen schien, "Neulich hat er zum Beispiel..."
"Halt, das musst du nicht gleich überall rumerzählen", unterbrach er sie hastig.
"Wir sind deine Freunde, mein Lieber, es ist unsere Aufgabe, peinliche Geschichten über dich zu kennen, außerdem ist es jetzt eh schon zu spät", meinte Alice, "Jetzt wollen wir es wissen."
"Also gut", begann Zoey wieder, "Er hat..."
Sie wurde wieder unterbrochen, da der Fairy ihr den Mund zu hielt. Er wollte wirklich nicht, dass sie es erzählte. Aus diesem Grund wollten wir es aber noch dringender erfahren, deshalb versuchten wir, Zack so gut es ging von Zoey wegzuziehen, damit sie es erzählen konnte, aber sie schien es sich anders zu überlegen.
"Wisst ihr was? Es ist lustiger euch beim Rätseln zuzuschauen!"
"Ach komm schon, das kannst du uns nicht antun!", rief Alice aus und auch ich empörte mich. "Bitte, erzähl es uns!"
"Nein." Sie grinste. "Das dürft ihr selbst rausfinden."
Sie würde nicht reden, so viel war sicher. Und aus Zack etwas rauszubekommen dürfte in etwa so leicht werden, wie meine Grandma zum Witze machen zu bewegen. Es war unmöglich. Mist.
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