Unglauben, Verwirrung, Schock. All das prasselte auf mich ein, während ich meinen eigenen Namen hörte. Wieso ausgerechnet ich? Jeder andere hier wäre viel besser für diese Position geeignet! Ich war erst seit wenigen Wochen eine Fairy und hatte noch immer Probleme damit klarzukommen. Außerdem wusste ich nichts über die Geschichte meiner Art und würde so niemandem weiterhelfen können. Und das würde ich tun müssen, wenn ich im Rat war, denn es bedeutete ich wäre eine Mentorin, und würde den frisch verwandelten Fairy helfen mit ihrem neuen Leben klarzukommen. Wie ich das schaffen sollte, wo ich es selbst noch nicht konnte, wusste ich nicht, aber im Moment war es einfach zu viel auf einmal um irgendetwas zu tun.
Wie in Trance nahm ich war, wie jemand an meiner Schulter rüttelte und meinen Namen sagte. Es war Alice. "Fai, Fai! Alles in Ordnung?"
Ich konnte nicht reagieren. Alle schauten mich erwartungsvoll an, als warteten sie auf eine Rede wie dankbar ich für diese Stellung war oder etwas ähnliches, aber ich war zu überfordert und außerdem wäre es eh gelogen.
"Könnt ihr mal alle aufhören, sie so anzustarren?", fragte eine hohe Stimme gereizt und eine Sekunde später wurde ich am Arm hochgezogen. "Komm, wir bringen dich hier weg." Es war Zoey, und auch Alice und Zack kamen mit und stützten mich. Letzterer sagte jedoch noch etwas in den Raum hinein, was ich schon nicht mehr hörte, da wir schon weg waren.
Meine Freundinnen brachten mich auf mein Zimmer und dort setzten wir uns aufs Bett.
"Wieso ich?", platzte ich heraus. Jetzt wo nur wir hier waren fühlte ich mich um einiges wohler, als gerade eben.
"Es macht Sinn", meinte Alice, "Du bist die Prophezeite."
"Ich habe diese verdammte Prophezeiung so satt! Ständig soll ich irgendwas tun, aber niemand hält es für nötig, sie mir schwarz auf weiß zu zeigen!"
"Du solltest Shamira oder Nayla fragen, die beiden scheinen sich damit auszukennen", überlegte Zack, der nun nachgekommen war.
"Ja, vielleicht. Danke, dass ihr mich da weggeholt habt."
"Wofür sind Freunde denn da?"
"Genau, wir helfen dir die ganze Scheiße zu schaffen", stimmte Zoey Alice zu.
"Danke, ihr seid die besten!"
"Wissen wir", grinste die Schwarzhaarige und umarmte mich. Zack und Alice schlossen sich uns an und für einen Moment war alles in Ordnung.
Der Moment hielt aber nicht all zu lange an, denn schon am nächsten Morgen musste ich mich mit Nayla treffen. Sie sollte mir alles erklären, was ich wissen musste, um ein Mitglied im Rat zu sein. Als ich jedoch aufwachte, fühlte ich mich so ausgeruht wie schon lange nicht mehr. Ich wusste erst nicht, woran es lag, doch dann fiel es mir schlagartig ein. Der Traum. Alas. Ich war so erholt, weil ich seit Wochen endlich wieder traumlos geschlafen hatte! Was hatte das zu bedeuten? War es gut oder schlecht? Ich beschloss mir darüber später Gedanken zu machen, denn ich war schon wieder spät dran was auch Alice zu wissen schien, denn sie warf von ihrer Seite des Zimmers aus ein Kissen nach mir. Super, jetzt war ich endgültig wach.
Murrend stand ich auf und stapfte zum Schrank, wo ich mir Unterwäsche und eine schwarze Jeans heraus holte und anschließend auch das graue Oberteil von gestern vom Stuhl nahm und ins Bad verschwand.
Der Anblick meiner Flügel schockte mich, auch wenn ich sie gestern schon gesehen hatte. Dieser silberne Schimmer in der Luft, der zwischen meinen Schulterblättern begann, war noch immer so ungewohnt wie faszinierend. Wie es wohl wäre zu fliegen? War es denn überhaupt möglich? Hoffentlich.
Schnell ging ich aufs Klo, duschte und zog mich um. Dann beeilte ich mich in den Trainingsraum zu kommen. Das Laufen klappte mittlerweile schon fast ohne Probleme, deshalb kam ich schnell an, war aber trotzdem zehn Minuten zu spät. Nayla war schon da und hatte einen riesigen Stapel Bücher auf einem Tisch abgelegt. Manche wirkten recht neu, andere waren schon alt und abgegriffen.
''Da bist du ja!'', rief die Fairy ohne ein Wort der Begrüßung.
''Da bin ich'', nickte ich und deutete auf die Bücher. ''Soll ich die alle lesen?''
''Das wäre gut, ja. Aber nicht gleich alles auf einmal, erstmal nur die Bücher über unsere Geschichte, das ist das wichtigste. Prophezeiungen, wichtige Fairy...''
''Prophezeiungen?'', unterbrach ich sie, ''Also auch die von Vidya?''
''Ja, aber nicht nur die. Es gibt ein ganzes Buch über die Fairy deiner Blutlinie. Sie waren schon immer sehr mächtig, Vidya macht nur einen kleinen Teil deines Vermächtnisses aus.''
Das klang interessant und ich war mir sicher, dass ich in nächster Zeit sehr viel lesen würde. Aber bevor ich mir die Bücher genauer anschaute, brannte mir eine andere Frage unter den Nägeln. ''Wann wird die nächste Fairy verwandelt?''
''Ich habe mir schon gedacht, dass du das fragst, deshalb habe ich nachgeschaut. In einer Woche. Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass du direkt als Mentorin gewählt wirst.''
Ich schluckte und nickte langsam. Eine Woche war nicht viel Zeit und bei meinem Glück wäre es kein Wunder, wenn ich die Hälfte der Zeit bewusstlos wäre und dann direkt Mentorin werden würde. Davor hatte ich aber auch so schon Angst und irgendwann würde es passieren, das war mir klar.
''In den nächsten Tagen wirst du abwechselnd mit John, Daniel und mir trainieren. Wir werden dir alles Wichtige beibringen und dann sollte nichts mehr schief gehen'', meinte die Blonde nun und lächelte. ''Du schaffst das, du bist stärker als du denkst.''
Das war ja fast schon ein Kompliment! Von Nayla kommend bedeutete das, dass sie wirklich an mich glaubte. Ich wünschte nur, ich könnte das auch von mir behaupten. Ein Kampf gegen die Feen um meine beste Freundin zu retten, kein Problem, da hatte ich keine andere Wahl, aber verängstigten Jugendlichen erklären, dass sich ihr Leben unwiderruflich geändert hatte, ich war mir nicht sicher, ob ich das konnte.
''Wenn du möchtest, kannst du jetzt gehen. Wir treffen uns morgen um neun Uhr hier und beginnen mit dem Unterricht.''
Ich nickte und nahm die Bücher vom Tisch. ''Danke. Wir sehen uns dann morgen.''
Schnell verließ ich den Raum, denn ich wollte endlich beginnen die Bücher zu lesen. Angefangen mit dem über Vidya und meine anderen Vorfahren. Vielleicht konnte das mich ja auf andere Gedanken bringen.
In meinem und Alice's Zimmer angekommen, war die Blonde bereits aufgestanden und kümmerte sich um ihr Make Up. Es tat gut zu sehen, dass sie sich so weit von ihrer Entführung erholt hatte, um zur Normalität zurückzukehren.
''Das ging ja schnell'', meinte sie überrascht und drehte sich um. Als sie die Bücher sah, lachte sie. ''Hat Nayla dir was zum lesen gegeben?''
Ich verdrehte die Augen und legte die Bücher ab. Normalerweise konnte ich lesen gar nicht leiden und das wusste Alice genau, aber ich war schon neugierig, was diese Bücher anging. ''Ja, die Geschichte der Fairy. Klingt also gar nicht so langweilig.''
Augenblicklich kam sie zu mir und schnappte sich das oberste Buch vom Stapel. Es war in dunkles Leder gebunden und hatte schon bessere Zeiten gesehen. Alice warf sich damit auf ihr Bett und schlug es auf. Sie liebte lesen ebensosehr wie ich es hasste, deshalb wunderte es mich überhaupt nicht.
Während meine beste Freundin konzentriert und genau laß, überflog ich die Seiten nur, auf der Suche nach etwas Interessantem. In den ersten zwei Büchern stand rein gar nichts über Prophezeiungen oder Vidya, aber im dritten fand ich endlich, nach was ich gesucht hatte. Die Prophezeiung der Vidya. So wie das geschrieben war, klang es ja fast so, als wäre sie eine Göttin! Neugierig begann ich zu lesen.
Die Nacht war dunkel,
Die Welt war kalt,
Das Böse zu mächtig,
Das Gute vorm Fall,
Angst vor dem Tode,
Angst überall.
So sollt es bleiben,
Für sehr lange Zeit.
Doch die Nacht ward besiegt,
Die Nacht war gefallen.
Nun sollt sie warten,
Im dunklen Palast,
Noch immer gefürchtet,
Noch immer gehasst.
Voller Schrecken,
Voller Qual,
Ewiges Leid,
In heller Gestalt.
Vom Licht wird sie befreit,
Nach ewiger Zeit,
Es ist die Eine, die rettet,
Die Eine, die befreit.
Sie wird kommen,
Nach der Bestimmung benannt,
Durch Blut gebunden,
An Heilung und Leid.
Im Leben verwundet,
Den Tod überwunden,
Stark erwacht,
Stark gemacht.
Die Nacht,
Durch sie gebracht,
Muss sie besiegen,
Will Frieden kriegen.
Sie wird ihn bekommen,
Doch nicht sehr lang,
Denn wie auf die Nacht der Tag folgt,
Folgt auf den Tag die Nacht.
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