Kapitel 8
Ich starrte an die Decke und versuchte mich selbst davon zu überzeugen dass ich es einfach mal geniesen sollte länger liegen bleiben zu können. Die Anweisung von meinem Dad mich auszukurrieren war klar und deutlich. Tief im Inneren, versteckt hinter dem Frust auser Gefecht gesetzt zu sein, wusste ich auch dass er recht hatte. Aber je länger ich dalag, desto unruhiger wurde ich. Die Sonne fiel durch die Vorhänge und malte helle Streifen auf die Wand, aber anstatt das eine beruhigende wirkung auf mich hatte, machte das Lichtspiel die Stille und meine Untätigkeit nur noch unerträglicher. Ich Seufzte und schielte auf meinen Wecker. Ich hatte es geradeeinmal geschafft eine Stunde länger liegen zu bleiben und schon starb ich vor Langeweile. Ich hielt es nicht länger aus und schlug die Decke zur Seite. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und wurde augenblicklich vom dumpfen Schmerz in meinem Knie begrüßt. Ich schlupfte in meine Kuschesocken und biss die zähne zusammen, bis sich das Knie an die Belastung gewöhnt hatte. Humpelnd und fluchend quälte ich mich die Treppe runter und schlurfte in die Küche. Ich lies meinen Blick durch die leere Küche wandern, irgendetwas stimmte hier nicht.
Das Haus war still. Zu still. Beinahe vermisste ich das morgendliche Chaos, den Lärmpegel gepaart aus den Diskussionen meiner Brüder, dem Klicken des Toasters und dem Ticken der Eieruhr weil bereits ein duftender Kuchen im Ofen vor sich hin backte. Ich kann mich nicht daran erinnern die Küche jemals so verlassen vorgefunden zu haben. Der Duft von Kaffee stieg mir in die Nase, ich warf einen Blick zur Kaffeemaschine und stellte fest, dass noch genug Kaffee für eine Tasse übrig war. Erst unmittelbar vor der Maschine wurde ich auf den
Zettel aufmerksam der auf dem Deckel klebte.
Guten Morgen mein Schätzchen, deine Brüder und dein Dad sind auf der Farm, falls was ist sollst du sie anfunken. Ich treffe mich mit Lorelei zum Frühstück. Küsschen, Mum!
Frustriert schenkte ich mir einen Becher Kaffee ein und sah durch das Fenster raus auf die verschneiten Bäume. Kopfschüttelnd beobachtete die grauen Wolken, die durch die Baumspitzen zogen. Der Gedanke dass jeder seiner Arbeit nachging und ich hier in meinem mit Christbäumen und Lebkuchenmänner bedruckten Schlafanzug herumlag wie ein kaputtes Werkzeug nagte an mir und ich schloss für einen Moment meine Augen um den Kloß in meiner Kehle hinunterzuschlucken. Das Knarzen der Veranda ließ mich aufhorchen. Ich drehte mich in dem Moment um, als die Haustüre geöffnet wurde und sah direkt in Ben's Gesicht, das sich zu einem breiten Grinsen verzog und mich amüsiert musterte.
»Was machst du hier?« Fragte ich.
»Ich wünsch dir auch einen schönen guten Morgen Robin« antwortete er, ohne auf meine Frage einzugehen. So sehr ich meinen Schlafanzug auch liebte, in diesem Moment bereute ich die Wahl meiner Nachtwäsche. Wobei.. seit wann interessiert es mich was Ben über mein Outfit dachte? Ich straffte meine Schultern und bemühte mich, mich nicht von seinen Blicken ablenken zu lassen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, in der Hoffnung so authentischer zu wirken, und aber auch den fehlenden BH zu vertuschen.
»Du könntest wenigstens anklopfen« sagte ich.
»Du solltest die Türe einfach abschließen« entgegnete er. Ben ließ seinen Blick langsam über mich wandern, ehe er schließlich grinsend antwortete, ohne den Blick von meinem Schlafanzug zu nehmen. »Schickes Outfit.«
Hitze stieg in meine Wangen und ich verdrehte die Augen. Natürlich konnte er sich einen Kommentar nicht verkneifen.
»Bilde dir nichts darauf ein, schließlich trage ich ihn nicht um dich zu beeindrucken!« schoss ich zurück und hob eine Augenbraue.
»Schade, genau das hast du nämlich getan.« erwiderte er grinsend, während er in die Küche trat und eine Papiertüte auf die kleine Kücheninsel zwischen uns stellte.
»Also?« bohrte ich nach, »was wird das?« fragte ich mit Blick auf die Tüte aus der es verführerisch nach Bagel duftete.
»Ich hab deine Mum auf den Weg zu Lorelei in Beth's Bakery getroffen und dachte jetzt, da du wegen mir außer Gefecht gesetzt bist, ist ein Bagel das mindeste was ich zu deiner Genesung beitragen könnte.« Auch wenn Ben schmunzelte, verriet die Falte auf seiner Stirn, dass er ich für meine Situation die Schuld gab. Und die Tatsache, dass er mir Frühstück nach Hause brachte, war der größte Beweis für sein schlechtes Gewissen. Erst wollte ich protestieren und ihm vor den Kopf werfen, dass ich kein kleines Kind mehr sei, das gefüttert werden musste, aber die Wärme, die sein Blick in meinem Brustkorb ausbreiten ließ, machte es mir unmöglich.
»Das wäre doch nicht nötig gewesen« murmelt ich schließlich und er schob die Tüte näher zu mir. Ich konnte dem Duft nicht wiederstehen und linste in die Öffnung.
»Doch, das war es,« satgte er schlicht, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Es ist meine Schuld und« er senkte den Kopf, »es tut mir so leid Robin.« Ich sah zu ihm auf, überrascht von der schärfe in seiner Stimme, mit er sich die Schuld gab. Seine sonst so selbstbewusste, lässige Haltung war verschwunden, und das Lächeln welches noch vor Kurzem sein Gesicht geschmückt hatte, mur noch eine schwache Erinnerung.
»Ben, das war ein Unfall. Ein blöder Versehen, du hast nichts-«
»Nein Robin!« schnitt er mir das Wort ab und seine Augen funkelnden mich wütend an. Ich blinzelte und stellte fest, dass die Wut nicht auf mich, sondern ihn selbst gerichtet war. »Ich war unaufmerksam, hab nicht aufgepasst und das alles nur.. weil ich mit meinen Gedanken wo anders war.« Er schüttelte den Kopf und kniff sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken.
Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen, aber sobald ich mein Gewicht versetzte, zuckte der Schmerz durch meinen Körper. Ich humpelte so nah an die Kücheninsel um nach seiner Hand zu greifen, die schwach auf der Arbeitsplatte lag, und drückte sie fest.
Als er zu mir aufsah lächelte ich ihn aufmunternd an. »Es ist blöd gelaufen, aber ich hatte Glück im Unglück,« wenig überzeugt schüttelte er den Kopf. Es war so still, dass ich die Küchenuhr Ticken hören konnte.
»Seh es doch mal so, immerhin ist nichts gebrochen und in ein Paar Tagen bin ich schon wieder die Alte!« Ich drückte seine Hand fester. Ganz langsam, fast wie in Zeitlupe, schlich sich das Lächeln zurück auf seine Wangen, was ich sehnlichst vermisst hatte.
»Alsoo.. ist der für mich wenn ich dich richtig verstanden habe?« säuselte ich und angelte nach dem weichen, warmen Bagel in der Tüte und endlich erreichte das Lächeln auch seine Augen wieder.
»Ja der ist für dich« er schüttelte den Kopf und drückte meine Hand ein letztes Mal ehe er sie los ließ und mich dabei beobachtete wie ich mit geschlossenen Augen in den Bagel biss, als hätte ich seit Tagen nichts zu Essen bekommen.
»Waf?« fragte ich mit vollem Mund als ich bemerkte wie er mich beobachtete.
»Du bist einfach zu gut zu mir«
Ich wusste nicht genau wie ich seine Worte verstehen sollte und das Herzrasen, was sie in mir ausgelöst hatten, war nicht sonderlich hilfreich dabei.
»Und du bist zu hart zu dir selbst.« erwiderte ich. Ich beäugte meinen Bagel und teilte ihn kurzerhand in zwei Hälften. »Hier« ich streckte Ben die eine Hälfte hin, während ich mir den Rest von meiner reinschob.
»Nein danke!« Ben lachte »Ich muss auf meine Figur achten.« Um seine Worte zu untermalen, zog er das Hemd aus dem Hosenbund und deutete auf die Muskeln, die zum Vorschein kamen. Ungläubig sah ich ihn mit zur Seite gelegten Kopf an und hörte auf zu kauen.
»Willft du mif verarschen« nuschelte ich und schluckte den Inhalt meines Mundes runter. Ben Lachte und zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht, ich bin im Dienst.« versuchte er es jetzt auf die Schiene und ich kniff die Augen zu schmalen Schlitzen.
»Das ist kein Bier das ist ein Bagel« erinnerte ich ihn und humpelte ein Stück weiter um die Kücheninsel, bis ich seinen Arm erneut zu packen bekam und zog daran, sodass Ben einen Schritt auf mich zu machen musste. »Und was habe ich dir gerade gesagt?« Bohrend sah ich ihm in die Augen und grinste breit.
»Dass das ein Bagel und kein Bier ist?« wiederholte Ben meine Worte, wobei er genau wusste dass das nicht die waren, auf die ich aus war.
»Nein du Idiot! Ich meinte den Teil dass du nicht so hart zu dir selbst sein sollst.« Lachend versuchte ich ihm das Stück Bagel in den Mund zu schieben, aber Ben wehrte sich. Natürlich hatte ich keine Chance gegen ihn, aber er gab mir zumindest das Gefühl nicht sofort zu versagen.
»Hör auf Robin! Bis sich wieder einer verletzt!« japste er schwer atmend von unserer kleinen Rauferei.
»Du kennst mich Sheriff, so schnell gebe ich nicht auf!« Kicherte ich und hielt eisern an seinem Arm fest.
Ben versuchte sich aus meinem klammernden Griff zu befreien. Ich ignorierte das Stecken in meinem Knie und gerade als ich so kurz davor war ihm das mittlerweile zerflatterte Stück Teig in den Mund zu schieben, ging die Türe auf und Ryan kam hereingeschlendert.
»Ryan hilf mir!« gluckste Ben und sah hilfesuchend zu meinem Bruder, der uns unbeeindruckt musterte.
»Hat sie wieder von jemanden die Kuh geklaut?« fragt Ryan und lehnt sich mit vor der Brust verschränkten Armen an die Kücheninsel, seine Augen weiterhin auf uns gerichtet.
»Nein, sie will mich nötigen den Bagel zu essen!« Rief Ben und schaffte es meinen Arm mit den Überresten des Bagels in der Hand nach oben von sich weg zu strecken. Unbeeindruckt zuckte mein Bruder mit der Braue, stieß sich von der Kücheninsel ab und nahm sich das Stück Bagel aus meiner Hand, ehe es mit einem Happen in seinem Mund verschwand.
»Was?!« Entsetzt sah ich zu meinem Bruder »Nein!« kraftlos ließ ich mich neben Ben auf den Boden Sinken und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Das war unfair« murrte ich und stieß Ben in die Seite, der lachte nur und ließ den Kopf erschöpft in den Nacken fallen.
»Alfo if kann mif nift beschweren.« Mischte Ryan sich mit vollem Mund ein und füllte seine Thermoskanne mit Kaffee auf. »Wenn du das nächste Mal einen Bagel übrig hast, frag mich einfach direkt, anstatt den Sheriff zu vermöbeln, nur damit er mit dir frühstückt.« Mit einem Wink verabschiedete Ryan sich wieder nach Draußen.
»Idiot«, nuschelte ich und ergriff Ben's Hand um mir aufzuhelfen.
»Dein Bruder oder ich?« Amüsierte er sich noch immer.
»Beide«, auch wenn ich mich noch so sehr anstrengte beleidigt zu klingen, machte mir das breite Grinsen im Gesicht einen Strich durch die Rechnung. Ben's Funkgerät rauschte und seine Miene wurde wieder ernst, ehe er mit irgend einer Anweisung aus Zahlen kombiniert antwortete. Sein daraufhin folgender Blick hatte nichts mehr von der Leichtigkeit eben übrig und er räusperte sich als er mich ansah.
»Die Pflicht ruft«, entschuldigte er sich, schnappte nach seiner Mütze am Boden, die er während unseres Gefechts verloren hatte und ging rückwärts zur Tür, wo er noch einmal stehen blieb und mich ansah. Sein Blick war so weich und freundlich, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Er brauchte nichts zu sagen. Ich verstand ihn auch so.
»Danke!« kam es über meine Lippen und er hielt inne.
»Nicht dafür Robin.« Er lächelte und verschwand genau wie mein Bruder vor wenigen Minuten zur Haustür raus.
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