Epilog
Die kalte Wintersonne schien hell auf den frischgefallenen Schnee, als sich Lea wie jeden Monat zu Indiras Todestag mit den anderen traf. Mila, Kia, Linius, Junis, Silina und Viko waren schon da, es fehlten nur noch Noctus und Silias.
Schließlich kamen die beiden dann auch am Grab an, das von einem einfachen Stein geschmückt war, Indira war nicht gläubig gewesen, also hatten sie auf ein Kreuz verzichtet.
Zum wahrscheinlich hundertsten Mal las Lea die wenigen Worte, die auf dem Stein standen:
Indira Stirak
Schwester - Freundin - Heldin
Und wahrscheinlich zum hundertsten Mal, dachte Lea über ihre gemeinsame Zeit nach, über das was sie erlebt hatten, was sie hätte besser machen können, was sie hätte bemerken können.
Doch wie die letzten neunundneunzig Male auch, wusste sie eigentlich, dass sie es nicht hätte ändern können.
Noctus löste sich von Silias, der mit ihm Händchen gehalten hatte. Die beiden waren sich nach Indiras Tod irgendwie näher gekommen und hatten sie alle überrascht, als sie zusammen gekommen waren.
Auch Indira und Viko führten ihre Beziehung weiter, und komischerweise machte das Lea überhaupt nichts mehr aus.
„Einmal hat Indira sich von ihren Geschwistern als Pegasus Zöpfchen in die Mähne flechten lassen. Dann hat sie sich zurückverwandelt und ihre Menschenhaare waren voller Knoten. Sie hat sie sich dann kinnlang geschnitten, weil sie sie einfach nicht entwirrt bekommen hat.", erzählte Noctus leise. Das taten sie immer an Indiras Grab - sie erzählten sich gegenseitig Geschichten, was sie mit Indira erlebt hatten.
„Sie hat mich einmal nach einem Date gefragt, ich habe sie nur angestarrt und irgendwas von Hausaufgaben gestammelt, weil mich noch nie ein Mädchen nach einem Date gefragt hat und ich komplett verwirrt war, was ich hätte tun sollen.", sagte Viko und lächelte bei der Erinnerung.
„Und wisst ihr noch, wie sie einmal Dr Nephesus gebeten hat, den Unterricht früher zu beenden und er so verdutzt war, dass er zugestimmt hat, obwohl wir eigentlich noch 20 Minuten gehabt hätten?", fragte Mila lächelnd in die Runde.
„Wir haben uns immer Wettkämpfe geliefert, wer schneller fliegen kann, aber Mila die Angeberin, ist als Drache neben uns hergeflogen und war natürlich viel schneller als wir.", erzählte nun Kia.
„Ich weiß noch genau, wie sie einmal Lunik Fokiv einfach so erstochen hat.", sagte jetzt Lea. Ein kurzes Lächeln huschte über die Gesichter ihrer Freunde, doch dann wurde es wieder von diesem traurigen Ausdruck abgelöst, der seit den langen Monaten von Indiras Abwesenheit, nur allzu vertraut geworden war.
Auch Indiras Geschwister wirkten oft sehr bedrückt, obwohl sie inzwischen in der Schule wohnten, und tagsüber durch den Wald stromerten.
„Sie war schon etwas Besonderes.", murmelte Silina in die Stille.
Alle anderen nickten, in Gedanken versunken.
Nach Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, brach schließlich Noctus vorsichtig das Schweigen.
„Ich glaube, sie will, dass wir weitermachen, sie will, dass wir uns nicht runterziehen lassen, sondern es gut machen, so gut, dass sie stolz auf uns sein kann. Wir sollten kein Trübsal blasen, aber wir dürfen sie nicht vergessen." Tränen schimmerten in seinen Augen und Silias nahm seine Hand, wie zur Beruhigung - ob für sich selbst oder für Noctus, wusste Lea nicht.
Und als die kleine Gruppe dem Grab den Rücken zukehrte - Lea zwischen Kia und Linius - ließ die Sonne, dieselbe die an Indiras Todestag geschienen hatte, Indiras Pyrith-Amulett an ihrem Grabstein leuchten wie pures Gold, als würde sie Noctus' Worten zustimmen.
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