25. Kapitel
„Ich seid unglaublich dumm, wisst ihr das?"
„Naja, laut deiner Definition sind wir natürlich dumm, aber laut meiner sogar ziemlich schlau.", behauptete Kia.
„Ich meine nicht allgemein, sondern im Bezug auf diese Fotorally.", stöhnte Mila auf.
„Wobei, wenn ich es mir recht überlege: Ihr habt das ein ganze Woche lang vorbereitet und niemandem von euch ist aufgefallen, dass ich die Fotos gar nicht sehen kann. Zufall? Ich glaube nicht! Das ist ein eindeutiges Indiz für eure Unfähigkeit.", fügte sie dann hinzu.
Die kleine Gruppe zog die Köpfe ein. Nachdem sie ein bisschen bei Milas Eltern geblieben waren, hatten sie sich aufgemacht, um die Fotorally zu machen.
Bloß, dass das offensichtliche Problem mit Fotos und Blindheit ziemlich schnell klar wurde.
„Okay, wie wäre es, wenn wir die Strecke einfach so abgehen und den Schatz am Ende einfach nehmen. Silias und ich kennen die Rally ja auch noch nicht.", schlug Indira vorsichtig vor.
„Okay", sagte Mila zögerlich, wahrscheinlich nur, um den Anderen den Spaß nicht zu verderben, doch Lea hatte trotzdem ein schlechtes Gewissen.
Also gingen sie langsam in den Wald und mit den neuen Fotos, die gegen Kias Protest jetzt doch nicht nur Bäume darstellten, konnten Indira und Silias den Weg eigentlich ganz gut finden.
Doch irgendwann meinte Indira dann: „Ich muss mal wo hin, tut mir echt leid, aber es geht nicht mehr länger."
Ein gemurmeltes „Okay" kam von der Gruppe und Indira ging nach rechts zwischen die Bäume. Die anderen liefen derweil weiter, als sie vor sich plötzlich Stimmen hörten. Viko und Silina.
Die Worte konnte man nicht verstehen, doch immer wieder drang ein Lachen zu Lea durch. Die Stimmen wurden lauter, bis die kleine Gruppe die beiden anderen vor sich erblickte.
„Hallo" sagte Silina, klang dabei aber nicht wirklich erfreut.
„Hallo", gab Kia zurück und imitierte Silinas Tonfall dabei fast perfekt.
Diese lächelte sie so eisig an, als ob sie Kias Feuer zum Gefrieren bringen wollte. Kia lächelte noch kälter zurück.
Nach einigen Sekunden des eisigen Lächelns und Starrens, brach schließlich überraschenderweise Viko das Schweigen. „Alles Gute zum Geburtstag, Mila."
Diese wandte sich ihm zu. „Wie kommst du darauf, dass ich Geburtstag habe?"
„Ich habe ein gutes Gedächtnis.", erwiderte er nur und fügte dann hinzu: „Und Kia und Lea waren schon die ganze Woche dabei, diese Party zu organisieren."
„Aha", machte Kia und wendete dafür sogar den Blick von Silina ab.
Plötzlich roch Lea Feuer.
Allerdings nicht von der freundlichen kleinen Lagerfeuer-Sorte, sondern von der Ich-fackel-gleich-den-ganzen-Wald-ab-Sorte. Sie erschrak und drehte sich einmal um die eigene Achse, um den Ursprung des Brandes heraus zu finden.
Allerdings kam das Feuer augenscheinlich von allen Seiten. Sie standen auf einem kleinen Weg, der zu allem Übel auch noch von Baumkronen überspannt war - weder Mila noch Kia konnten sie hier rausfliegen.
Und jetzt setzten auch noch üble Kopfschmerzen bei Lea ein. Sie hämmerten gegen ihren Schädel, so plötzlich wie das riesige Feuer, das immer näher auf sie zu kam.
„Wie haben wir das übersehen können?", fauchte Kia. Sie klang unglaublich angespannt.
„Ich weiß es nicht. Und es kommt von allen Seiten, das ist kein normaler Waldbrand.", kam die geschriene Antwort von Viko. Das Feuer war nicht nur sehr heiß, sondern auch noch sehr laut.
Die Jugendlichen waren längst nur noch etwa 15 Meter von den Feuerzungen entfernt.
„Das ist verdammt noch mal völlig egal. Wenn wir nichts tun, verbrennen wir hier drin!", rief Silina. Die Kopfschmerzen verboten Lea jeden Gedanken über eine Flucht oder einen Plan.
„Wenn wir Wasser hätten, könnten wir es löschen!", brüllte Mila über das Tosen der schnell herannahenden Flammen.
„Oder wir benutzen Feuer", Kia sprach so leise, dass Lea sie nur verstehen konnte, weil Kia die Worte gleichzeitig dachte.
„Was?", schrie Silias.
„Wir bekämpfen Feuer mit Feuer!", rief Kia.
„Wie bitte, du willst noch mehr Feuer? Ich finde diese Monsterflammen, die uns bald erreicht haben werden, sind genug!", brüllte Silina.
Die Beiden fingen an, sich lauter als nötig anzuschreien.
Lea hatte Angst. Sie wollte nicht sterben, doch das schien unaufhaltsam. Die Flammen waren ein bisschen langsamer geworden, doch sie walzten immer noch unaufhaltsam auf die Freunde zu.
Lea fragte sich, warum die Flammen von allen Richtungen auf sie zu kamen. Das war nicht normal. Es war zwar windstill, doch das Feuer hätte doch eigentlich in eine Richtung brennen müssen. Und es war zu schnell gekommen. Lea hatte es in einem Moment gerochen und im anderen hatte es sie umzingelt.
Das Tosen in ihrem Schädel nahm immer weiter zu. Sie fragte sich ob Wasser hier überhaupt noch etwas bringen konnte.
Es war irrsinnig und hirnlos, doch auf einmal kamen ihr ihre Träume über Wasser in den Sinn. Wenn es Menschen gab, die sich in Fabelwesen verwandeln konnten, dann würde sie doch nicht einfach umsonst Träume von Wasser haben.
Vielleicht, dachte sie. Vielleicht habe ich kein Fabilis, weil ich Magie besitze. Vielleicht kann ich Wasser kontrollieren. Irgendwie musste sie diese Kräfte doch mobilisieren können. Sie versuchte das verschwommene Gefühl ihrer Träume abzurufen. Dieses Vertrauen, dass das Wasser gut war und sie es kontrollieren konnte. Dass sie wusste, wie sie es kontrollieren konnte. Irgendetwas spürte sie. Ein Kribbeln, das sich von ihren Fußspitzen langsam durch ihren ganzen Körper bis zu ihrer Kopfhaut bewegte.
Hinter ihr stritten die anderen weiter, das Feuer prasselte immer ohrenbetäubender, doch Lea schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Kribbeln, bis es übermächtig wurde. Doch sie spürte nicht, dass sie Wasser kontrollieren konnte, sondern ihr Körper begann sich zu verformen, bis er langsam nicht mehr menschlich war. Die Geräusche um sie herum verblassten zu einem Nebel, während ihre Arme verschwanden, ihr Gesicht sich lang zog und ihr ganzer Körper sich dem einer Schlange anpasste.
Es war ein berauschendes Gefühl. Ihre Sinne waren unglaublich scharf, sie schmeckte mit ihrer gespaltenen Zunge die Luft und ihre Augen erfassten die Szene um sie herum genau: Ihr Schlangenkörper schien riesig, ihre Schuppen glänzten wie Öl; je nach dem von welcher Richtung sie schaute, hatten sie eine andere Farbe. Von hier unten erschienen die Anderen seltsam groß, doch sie verspürte ein Gefühl der Stärke.
Und sie spürte endlich das Wasser. Sie hatte ein Gefühl der Freiheit und der Kontrolle. Sie spürten den Fluss, sie spürten die Körper ihrer Freunde und - sie spürte das Wasser in sich selbst.
Allerdings spürte sie auch die Hitze des Feuers und erinerte sich daran, warum sie das Wasser hatte herausbeschwören wollen. Jetzt waren ihre Kopfschmerzen weg, also wäre sie nie dagewesen.
Sie konzentrierte sich auf das Wasser in ihrem Inneren und stellte sich vor, wie sich eine Wasserwand vor dem Feuer ausbreitete. Und tatsächlich türmte sich eine glitzernde Wand vor ihr auf. Lea ließ sie größer und größer werden und versuchte sie auf das Feuer zu ihrer Linken zu schmettern. Doch obwohl da immer noch das Gefühl der Überlegenheit war, so hatte sie das Wasser nicht ganz unter Kontrolle.
Die Unmengen an dem kühlen Nass klatschten auf den Waldboden und spritze von da aus in die Flammenwand um sie herum. Zwar wurden Leas Freunde sehr nass, doch das Feuer wurde auch getroffen. Und obwohl das Wasser sofort zischend in den Flammen verdampfte, schien es doch ein bisschen zu helfen. Die Flammen zogen sich ein winziges Stückchen zurück.
Die anderen schaute in ihre Richtung und sie sah wie sie etwas riefen, als sie ihre Kleidung entdeckten, doch Lea ließ nun Wassserwand um Wasserwand auf die Flammen niederregnen und sie zogen sich immer wieder um winzige Stückchen zurück.
Und endlich, als Lea glaubte gleich Ohnmächtig vor Erschöpfung werden zu müssen, da war die unmögliche Aufgabe geschafft - die Flammen waren gelöscht.
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