2. Kapitel
Lea starrte aus dem Fenster des Schulbusses, der sie zum Ziel der Klassenausflug bringen sollte und hoffte dass diese nervige Fahrt bald zu Ende gehen würde. Ihr Magen war nicht der Ruhigste und auch jetzt fühlte es sich an als ob darin eine Sturmflut stattfinden würde, die das hastige Frühstück nach draußen drängte. Neben ihrer Übelkeit in Flugzeugen und Bussen hatte sie auch noch Höhenangst. Im Schwimmbad, das sie so oft besuchte, traute sie sich nicht vom 5er oder 10er-Brett zu springen.
Gerade als ihr Essen sich endgültig bereit machte ihren Magen zu verlassen, wurde ihr eine schmutzige Hand mit einem hellorangenem Kaugummi hingestreckt. „Hilft gegen Übelkeit", sagte Kia. Gerade als Lea sich bei ihr bedanken wollte, setzte sie noch nach: „Ich will ja keine Kotze auf meinem Sitz". Danach ließ Lea lieber das mit dem Bedanken.
Sie war sich nicht sicher ob der Kaugummi helfen würde, denn die ganzen Mittel die Ärzte ihr schon verschrieben hatten, hatten meist keine Wirkung gezeigt. Doch bei dem Kaugummi war es anders: je länger sie ihn kaute, umso wärmer wurde ihr und die Wärme breitete sich in ihrem Körper aus, bis jeder Finger und selbst das Ohrläppchen erwärmt waren. Sie war jetzt entspannter und vergaß all die Streits mit ihren Pflegeeltern, die vier in Geschichte und sogar ihre Übelkeit.
„Was hast du mir gegeben", fragte sie Kia. „es hilft wunderbar. Die anderen Mittel von Ärzten haben nichts gebracht, aber das hier wirkt."
„Gut", murmelte Kia, „wenn du kein Fabilis wärst, wäre die Übelkeit 3 mal schlimmer geworden."
„Dankeschön" , zischte Lea ironisch, „Wenn die Übelkeit auch nur ein bisschen schlimmer geworden wäre, würde ich jetzt kotzen."
„Jetzt wissen wir jedenfalls, dass ich dich mit zum Wasserfall nehmen kann."
Zum zweiten Mal verwirrte dieses Mädchen sie komplett.
Am See angekommen ließ die Klasse die Verbote und Privilegien, die sie in den Dreieinhalb Stunden haben würde, in Form einer langatmigen Rede von Frau Winegarth (die nebenbei auch noch ihre Klassenlehrerin war) über sich ergehen. Nachdem sie geendet hatte, wollte Lea sich eigentlich einfach nur in die Fluten stürzen und sich abkühlen doch Kia hatte andere Pläne.
Sie zog Lea am Arm mit sich und wisperte: „Wir haben nur Dreieinhalb Stunden und wir brauchen ein bisschen bis wir ankommen. Außerdem will ich dich noch Dr. Nephesus vorstellen."
„Ok", flüsterte sie in Kias Richtung, als sie schon eine Weile gelaufen waren, „jetzt nach dem du mich hier mitgeschleift hast, kannst du mir auch erklären was Fabilis, Dr Nephesus oder der Wasserfall sind."
„So", begann Kia ohne Widerspruch, „Ich fange jetzt einfach mal an zu erklären. Unterbrich mich bitte nicht! Also... Du kennst doch die ganzen Mythen von Phönixen, Zentauren und Elfen? Nun ja, die sind wahr, denn wir sind diese Fabelwesen. Zumindest können wir uns in Fabelwesen verwandeln. Wir sind die Fabilis. Es gibt sechs Städte mit Fabilis auf der Welt. Sie haben alle einen Hüter in Form eines Drachens und eine Farbe die auch in ihrer Flagge zu finden ist.
Es gibt Lievy, die Stadt der Weisheit mit der Farbe Blau,
Nofelius, die Stadt der Freude mit der Farbe Grün,
Fukkulivo, die Stadt der Gelassenheit mit gelb,
Senevet, die Stadt der Ausdauer mit orange,
Volonia, die Stadt der Stärke nicht nur physikalisch gemeint, mit rot
und Kalifur, die Stadt der Energie mit der Farbe lila.
Dann gibt es noch Sivik, die Regierung, die nicht als Stadt zählt aber weiß im Wappen hat und für Ehrgeiz steht.
Ich bringe dich jetzt nach Lievy. Dort gehe ich zur Schule und wenn du willst kannst du auch hingehen und dein inneres Fabelwesen kennenlernen.
Um auf Dr Nephesus zurückzukommen: Er ist der Schulleiter der Lievy-school.
Und falls du in die Lievy-school gehen möchtest, muss ich dir sagen, dass sie ein Internat ist.
Vielleicht erfährst du dort aber mehr über deine Eltern sie waren bestimmt auch Fabilis.", fügte sie noch hinzu.
Lea dachte die ganze Wanderung über Kias Worte nach. Der letzte Satz hatte sie gefangen und ließ sie nun nicht mehr los. Sie dachte an ihre Eltern und die wenigen Erinnerungen, die sie von ihnen hatte. Vielleicht würde sie dort ja wirklich mehr über sie erfahren. Sie mussten sich ja schließlich in dasselbe Fabelwesen wie sie verwandelt haben.
So in ihre Gedanken vertieft bemerkte sie den Wasserfall erst, als er schon direkt vor ihnen lag und kleine Wassertröpfchen ihr Gesicht benetzten. Er war gigantisch. Silbernes Wasser fiel bestimmt 20 Meter in die Tiefe und erzeugte ein so gewaltiges Dröhnen, dass sie die leisen, unverkennbar männlichen Worte kaum vernahm. Kia zog sie ein Stück weg, sodass Lea endlich verstand was die körperlose Stimme sagte: „Hallo Lea, ich bin der Schuldirektor der Lievy-school. Ich zeige dir gerne die Schule."
Lea schien nichts besonderes daran zu finden dass eine Stimme ohne Besitzer erscholl, die noch dazu Leas Namen kannte.
Da löste sich ein Schatten aus einer Buche in der Nähe und verwandelte sich vor Leas Augen in einen Mann mit Nadelstreifenanzug, brauner Brille und braunschwarzen eleganten Schuhen.
Dr Nephesus, Schuldirektor, Brillenträger, Fabilis und Baumgeist stand vor ihr.
Das einzige was sie zustande brachte, war nach Luft zu schnappen und den fremden Mann anzustarren, der sich so mühelos von einem Geist in einen Mann verwandelt hatte, als ob er das zehnmal täglich machte. (Was im Nachhinein betrachtet, sogar sehr wahrscheinlich war).
„Hiermit lade ich dich ein, auf die Lievy- school zu gehen", sagte er förmlich. „Natürlich wirst du dann in der Schule leben und nicht nur Fächer wie Mathe und Englisch haben sondern größtenteils Mythologie, Kampf und Fabelwesen.
Lea war sprachlos. Sie konnte wirklich auf diese Schule gehen und was noch besser war: Sie konnte sich in ein Fabelwesen verwandeln! Vielleicht war sie ein Phönix oder eine Fee. Dann schauderte sie. Was wenn sie ein gruseliges Fabelwesen war, ein Vampir zum Beispiel oder ein Troll.
Doch aus ihrem Mund kamen trotz allen Bedenken die Worte:„ Ja! Ja ich will nach Lievy und dort zur Schule gehen." Das Wort Lievy fühlte sich fremd an, in ihrem Mund, doch Dr Nephesus schien nichts zu bemerken und sagte feierlich:„ Dann bist du hiermit offiziell Mitglied der Lievy-school. Deine Eltern werde wir schon noch überzeugen. Willst du dir die Schule schon mal ansehen?"
Aufregung flutete durch ihren Körper, als sie den Schritt tat und sagte: „Gerne doch! Ich bin schon total gespannt."
Dann folgte sie den Beiden, dem Direktor und der Schülerin, die auf den Wasserfall zusteuerten.
In ihre Zukunft.
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