12. Kapitel
Indira hatte Recht gehabt. Das Fliegen auf ihrem Rücken war wirklich angenehmer, als das auf Kia. Vielleicht war ihre Beobachtung aber auch dadurch getrübt, dass sie, als sie das letzte Mal auf Kia geflogen war, fast gestorben war.
Lea und Indira flogen knapp über der Baumgrenze und während Indira mit einem Auge Ausschau nach Kisten hielt, bewunderte Lea heimlich Indiras seidige Mähne und ihre schwungvolle Art zu fliegen. Indira war ein Pegasus, ein ziemlich hübsches wohlgemerkt. Sie hatte hellgraues Fell und eine stahlgraue Mähne, die seidig durch Leas Hände glitt. Etwa an den Schultern ging das weiche Fell in flaumige Federn über, die zu den Spitzen hin immer fester, härter und länger wurden.
Lea riss sich von dem Anblick los und starrte angestrengt nach unten, wo sie hoffte eine Kiste zu entdecken.
"Da!", rief sie, im gleichen Moment, in dem Indira ohne Vorwarnung mindestens drei Meter nach unten sackte. Lea drehte den Kopf und sah es. Mila in Form eines großen silbernen Drachens war ihnen dicht auf den Fersen. Ihre silbernen Schuppen glitzerten in der Morgensonne und gerade kam ein blau-silberner Feuerball aus ihrem Rachen. Indira warf sich zur Seite und Lea klammerte sich in ihrer Mähne fest, sodass sie in ihre Haut einschnitt.
Nochmal einen Sturz von einem fliegenden Pegasus/Feuereinhorn würde sie nicht ertragen.
"Wenn du landest haben wir vielleicht eine Chance. Im Wald ist Unterholz, und sie kann da nicht manövrieren.", wisperte sie in Richtung Pegasus-Ohren. Indira veränderte ihre Richtung um im Wald zu landen, als Mila den nächsten Angriff startete und Indira einen Haken nach rechts schlug.
Doch Mila hatte damit gerechnet. Sie änderte ebenso abrupt die Richtung wie Indira, und Lea musste auf etwa 5 Metern Höhe abspringen bevor Mila Indira aus der Bahn schubste. Lea überlegte sich gerade, ob Mila wirklich blind war, - denn dafür war sie doch beachtlich geschickt - als ein zielgerichteter Feuerstrahl sie um Haaresbreite verfehlte, da sie gerade noch rechtzeitig zur Seite gerollt war.
"Mensch Mila!", rief sie, als von Mila ein Brüllen kam.
"Dann eben Drache Mila!", begann sie, "Wir sind doch Freunde."
"Bei einer Übung gibt es keine Freunde, nur Verbündete!", kam es von der Kuppe eines Abhangs.
Alle Köpfe drehten sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, nur Mila schien sie irgendwie auszulachen. (Konnten Drachen überhaupt lachen?)
Silina rutschte elegant den Abhang hinunter. In der Hand hielt sie einen Dolch, der etwa 50 cm lang war. Sie lächelte ein Lächeln bei dem Lea die Galle hochkam, doch ihr Gehirn arbeite fieberhaft.
Kia!, schrie sie in Gedanken
Ja? was ist? Braucht ihr die Hilfe meiner Wenigkeit? Leas Knie wurden weich als sie die Gedanken von Kia aufschnappte.
Kia! komm sofort hierher, wir werden von Silina und Mila angegriffen.
Sorry, aber ich schlage ich grade mit Viko rum. Wenn ihr frei seid kommt zum Überhang. Du schaffst... alleine... fliehen...kannst...denk an...
Verdammt dachte Lea, diesmal ohne Kia erreichen zu wollen, Funkloch!
Dann fiel ihr ein, dass sie ja gar nicht telefonierte und sie stöhnte auf. Aber bevor die Verbindung abgebrochen war, hatte Kia etwas gesagt, was übersetzt wahrscheinlich hieß: Ich kann euch nicht helfen, also viel Spaß dir, du darfst jetzt alleine gegen zwei hervorragende Krieger kämpfen.
Lea holte den Bogen von ihrer Schulter und zielte. Getroffen! Nur leider störten drei Faktoren:
1. sie hatte nur die riesige Mila getroffen
2. Der Pfeil war einfach abgeprallt und
3. jetzt kam Silina auf sie zu
Lea nahm mit zitternden Händen einen weiteren Pfeil aus dem Köcher und legte an. Nur leider war Silina nicht so freundlich stehen zu bleiben und kam auf Lea zu. Der Dolch glitzerte in ihrer Hand und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
Lea schoss. Der Pfeil zischte an Silina vorbei, die nicht einmal ausweichen musste. ihr Lächeln wurde breiter.
Doch Lea hatte nur Augen für den Pfeil, der zwischen zwei von Milas Schuppen stecken geblieben war. Die Drachendame wandte sich kurz vor Schmerz ab, als Indira auch schon über sie hinwegzischte in Leas Richtung, die sich an deren Mähne festklammerte und hochzog. Indiras Klamotten hatten sie natürlich verloren. Na toll.
"Alles Ok?", fragte Lea als die Beiden höher gestiegen waren. Indira nickte und Lea fand zu ihrer Erleichterung keine sichtbaren Verletzungen. Plötzlich sank Indira wieder ab und ehe Lea die Frage nach dem Grund stellen konnte, landeten sie vor einer Truhe.
Lea stieg ab und öffnete sie.
"Hier sind Kleider, ein paar Pfeile und... zwei Brote und Käse drin." Sie blickte India fragend an, erntete aber nur einen Blick, der ungefähr aussagte Na und? Was ist an Käse und Brot besonders? Indira verwandelte sich und verschwand hinter dem nächsten Baum um die Kleider anzuziehen.
Als sie zurückkam, hatte Lea das Zeug inklusive Brot und Käse in einen Beutel gepackt, der praktischerweise auch in der Kiste enthalten war. Indira ging zu der Kiste und ritzte mit einem von Leas Pfeilen ein Kreuz unter den Boden der Truhe.
"So jetzt wissen wir, dass wir diese Kiste schon einmal geöffnet haben. Dann packe ich noch ein kleines Geschenk für unsere Freunde ein."
Sie nahm ein braunes stinkendes Zeug, von dem Lea lieber nicht genau wissen wollte was es war, und legte es mithilfe eines Blatts in die Kiste.
Indira lächelte teuflisch und drehte sich zu Lea um. "Du hast über Gedanken mit Kia geredet was hat sie gesagt?"
"Naja", begann Lea, dieses Naja hatte sie wohl irgendwie von Kia übernommen, "Sie wurde grade von Viko bedrängt und konnte uns deshalb nicht zu Hilfe kommen, aber sie hat gesagt, dass sie ein Versteck gefunden hat, einen gewissen 'Überhang'. Kennst du das?"
"Natürlich! Kia hatte sich schon vor der Übung vier oder fünf mögliche Verstecke herausgesucht. Jetzt hat sie anscheinend den Überhang gewählt. Komm wir fliegen hin. Nimmst du meine Sachen mit?"
Nachdem Lea aufgestiegen war und Indiras Sachen in den Beutel gestopft hatte, flog das blonde Mädchen wieder los. Dicht über den Baumwipfeln segelten sie dahin. Indira wirkte erschöpft und auch Lea bemerkte, dass sie vor lauter Kämpfen und Kistensuchen das Mittagessen vergessen hatten, und sich nun ein Loch in ihrem Bauch befand.
Die Abendröte zog blass am Horizont auf, als die Beiden den Überhang erreichten. Es war ein Felsüberhang der von halb verdeckt wurde und in einem tiefschwarzen Spalt endete. Nachdem Lea abgestiegen war (zum 10 000 Mal heute) ging sie langsam auf den Überhang zu.
Plötzlich packte sie ein Arm und sie fand sich etwa 2 Sekunden später mit einem Messer an der Kehle in der Dunkelheit wieder.
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