¬I
-Chapter One
-Clay Collins
Die Sadness in Person. Das wäre wohl die perfekte Beschreibung für mich. Wie an jedem Tag trug ich einen schwarzen Hoodie, schwarze Jeans mit Rissen und weiße Sneaker. Meine dunkelbraunen Haare hatte ich mit der Kapuze versteckt und die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Mit gesenktem Kopf und einem Rucksack auf dem Rücken war ich auf den Straßen New Yorks unterwegs.
Eigentlich hätte ich jetzt Schule und müsste in einem stickigen Klassenzimmer zusammen mit siebenundzwanzig weiteren Schülern sitzen, doch, ganz ehrlich, mir fehlte einfach die Lust dazu. Was hätte ich davon? Nach zehn Jahren in denen man die Länder auswendig lernt, Englisch perfekt beherrschen sollte und selbst in der Kategorie Biologie Wissen erlangen sollte, blieben bei manchen nicht einmal die Deutschkenntnisse hängen. Das Fazit: Man blieb ein Niemand und schlug sich als Müllmann oder unwissender Barkeeper durch.
Und wozu das ganze? Ich sags euch. Damit man nach achtzig Jahren, in denen man den ›Genuss‹ des Lebens abbekommen hat -Mal mehr, Mal wurde einem das Pech quasi vor der Nase serviert-, letzten Endes das Zeitliche segnet und weiterhin ein Nichts bleibt. Wer sollte sich in Hundert Jahren an einen erinnern? Oder würde jemand euren Nachbarn fragen, der da fünf Jahre lang neben einem wohnte? Sollte man sich überhaupt je kennengelernt haben.
Komme ich wieder zu..emotional rüber? Tut mir leid...nicht. Im Prinzip spreche ich doch Themen an, die jeder ›normale‹ Mensch vermeiden würde. Richtig? Richtig. Dann verstehen wir uns ja, prima.
»Clay!« Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich ruckartig zu der Person um, die da meinen Namen rief. Mein Fehler, denn dadurch bleib ich stehen und das andere Etwas konnte nicht mehr stoppen. Als nächstes lagen wir Beide leise zischend auf dem Boden und rieben über unsere Beine, die bei dem Aufprall wohl leiden mussten.
»Was denn?«, fragte ich gereizt, ehe ich mich mühselig wieder aufrappelte, da noch immer mein Knöchel schmerzte -und wahrscheinlich rot war-, doch das sollte meine kleinste Sorge sein. »Was ist denn so wichtig, dass du mich direkt umwerfen musst?« Mein Gegenüber wollte gerade antworten, doch ich ließ ihn nicht. Eine kleine Macke von mir. »Wehe, es ist nicht wichtig. Dann lade ich dich persönlich bei Hades ab. Das verspreche ich dir.«
Es mag sich komisch anhören, doch Hades war so ziemlich der einzige Gott überhaupt, den ich leiden konnte. Vielleicht lag es daran, dass er die Unterwelt im Griff hatte und -theoretisch- Tote auferstehen lassen könnte. Sollte er jemals aus seinem Palast in den Tiefen herauskommen, versteht sich. Wobei ich auch nicht raffte, was man gegen den Armen haben konnte.
»A-Ach, lass Mal. Der hat doch sicherlich b-besseres zutun.«, kam es nur zurück, während ich Toby misstrauisch musterte. Er war das Gegenteil von mir -sowohl äußerlich, als auch vom Charakter her. Toby sah in allem das Gute, trug farbige Klamotten und wollte allen Wesen helfen..dagegen war ich, ein Pessimist mit meinen schwarzen Sachen und dem Hass auf alle Menschen, so ziemlich das Letzte, was man einen guten Freund für ihn nennen konnte. Obwohl es auch noch schlechtere Wah- Okay, nein, es gab nichts schlechteres als einen Jungen, wie mich, als Freund zu haben.
»Jetzt sag doch einfach, was du willst! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit und stehen will ich bestimmt auch nicht vierundzwanzig Stunden.«, murrte ich, ehe ein leises Seufzen über meine Lippen kam. Wieso musste man nur alles so kompliziert machen? Toby konnte doch einfach sagen, was ihn bedrückte, oder war das schon zuviel verlangt, ehrlich zu sein? Naja, ganz ehrlich war ich ja auch nie, aber das spielt keine Rolle.
»Ich wollte dir jemanden vorstellen.«
Entgeistert starrte ich den Jungen vor mir an und schüttelte kaum merklich den Kopf. »Du weißt doch, dass ich Menschen hasse, Toby.«, entgegnete ich ausweichend, da ich keine Lust hatte, mich jetzt nach einem Typen umzusehen, der eh wie das hässliche Entlein aussehen wird. Ich kenne den Geschmack meines besten Freundes da auswendig. »Also entweder du sagst mir jetzt, dass es dein Freund ist oder ich verpiss mich wieder und du kannst dir eine andere Beschäftigung suchen.«
»Nein, er ist nicht mein Freund, Clay. Aber du brauchst Mal wieder Freunde. Sonst kommst du ja nie aus deinem schwarzen Loch raus!«
»Toby, nein. Ich will keinen neuen, besten Freund mit dem ich einen auf Heile-Welt machen kann. Ich will meinen besten Freund zurück.«
»Aber der ist weg, Clay.«, erwiderte der Braunhaarige leise, »Er ist weg, und er wird auch nie wieder kommen. Komm schon, tu mir wenigstens den Gefallen und versuch ihn wenigstens zu mögen. Bei mir hat es doch auch geklappt.« Etwas zog sich um mein Herz zusammen -etwas wie ein Stahlseil-, riss rote Streifen in mein Fleiß und schien einen Stahlträger daran zu befestigen, sodass mein Herz an jeder Sehne und jedem Nerv zu ziehen schien. Ich musste den Drang unterdrücken, meine Hände an die brennende Stelle zu krallen, denn zum einen würde es nichts bringen und zum anderen wollte ich nicht schwach werden. Nicht vor Toby. Nicht hier.
»Hör auf, so über ihn zu reden.«, brachte ich gepresst heraus, »Du bist eine andere Nummer. Eine andere Nummer, als er es war, Toby.« Tief atmete ich durch, schloss die Augen und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Vergebens, wie immer eigentlich.
»Wie rede ich denn über ihn? Er ist tot, Clay, Ashton wird nicht wiederkommen, nur weil du es dir wünschst. Er ist keine Wunderlampe, wie in Aladin, die man kurz Mal sauber schrubben muss, um drei Wünsche geschenkt zu bekommen. Das ist das wahre Leben, Collins, und in diesem braucht man Freunde.«
»Ich brauche niemanden-« Kopfschüttelnd verstummte ich. Es würde eh nichts bringen, wenn wir uns jetzt so stritten, denn ich musste zugeben, dass an seinem Gesagten etwas wahres war. Ash war tot und er würde nicht wieder ins Leben kommen, nur, weil ich mickriges Lebewesen den ganzen Lebenslauf ändern wollte. »Na gut, du hast gewonnen. Stell mir deinen Typen vor und ich spiele dir einen auf Heile-Welt vor. Zufrieden?«
Toby gab ein Seufzen von sich, merklich unzufrieden, doch mir war das gerade herzlich egal. Hatte ihn jemals meine Meinung interessiert? Nein, also wieso sollte mich seine Meinung interessieren? Ich hatte eh niemanden, da machte doch ein Schauspiel mehr oder weniger auch keinen Unterschied mehr.
»Vorerst, aber du wirst ihn mögen. Ich weiß es!«
Skeptisch nickte ich nur schweigend, musste aber das Verlangen unterdrücken, die Augen zu verdrehen. Dieser Typ hatte doch echt nicht mehr alle. Doch ich hielt die Klappe, sowohl zu seinem Wohle, als auch zu meinem. Denn ich hatte mir mit meinen unpassenden Bemerkungen schon oft einen Minuspunkt eingehandelt.
»Henry!«, hörte ich nur meinen besten Freund nur noch am Rande rufen, denn das Nächste was ich sah, war definitiv kein hässliches Entlein. Er war nicht wie den Rest, den Toby mir jemals vorgestellt hatte.
Er war mein Geschmack.
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~1137 Wörter
~06. September 2018
~23:30 Uhr
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