23. Flieder
Anm.: Flieder bedeutet in der Blumensprache Zärtlichkeit und ist ein Symbol für eine beginnende Liebe.
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Die sanften Strahlen der Morgensonne weckten Lily auf, als sie ihre Nase kitzelten und sie die Hand vor die Augen legte, um sie vor dem Licht abzuschirmen. Das erste, was sie merkte, was, dass sie nicht in ihrem Bett lag. Das, was auch immer unter ihr lag, war warm und fühlte sich gut unter ihrer Haut an und als sie blinzelnd ihre Augen vom Schlaf befreite, blickte sie in das friedlich schlafende Gesicht von James. Seine Brille war ihm von der Nase gerutscht und seine Haare fielen ihm in die Stirn. Gleichmäßiger, warmer Atem streifte ihre Haut und ein sanftes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, als sie James, von der Sonne angestrahltes, Gesicht betrachtete. Die Ereignisse des Abends kamen ihr wieder in den Sinn und ihr Lächeln wurde eine Spur breiter wie auch sanfter. Die Zeit, die sie mit James verbracht hatte, ob auf der Tanzfläche oder in den einfachen Sesseln, erschien ihr wie die wundervollste, die sie je mit ihm hatte.
Als sie das kaum sichtbare Grübchen an seiner rechten Wange begutachtete und sein Arm sich ein Stück weiter um ihre Schulter legte, verspürte sie auch keine Angst mehr. Schon in dem Moment, in dem James sie zum Tanzen aufgefordert hatte, war ihre Angst wie weggeblasen. Sie hatte alles auf sich zukommen lassen. Sie wollte, dass es passiert. Merlin, sie wünschte sich, sich in ihn zu verlieben.
Lily schloss für einen kurzen Moment die Augen dann reckte sie ihr Gesicht um auf die Uhr an der Wand zu blicken – ihre Augen weitete sich erschrocken. Für einen Moment vergaß sie, dass sie noch auf James lag und stützte sich mit den Ellbogen auf seiner Brust auf. Er wachte mit einem Stöhnen auf. „Au!", beschwerte er sich leise grunzend. „Sirius, verschwinde." Lily ließ sich vor Schreck wieder auf ihn fallen und er stöhnte noch einmal auf.
„Oh, Merlin, James, tut mir Leid", quietschte sie leise und er öffnete blinzelnd die Augen, wobei seine haselnussbraunen Augen etwas grünlich strahlten. „Lily", flüsterte er und nach dem er sich wohl auch erinnert hatte, was passiert war, breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. „Guten Morgen." Lily verdrehte kurz die Augen, dann rollte sie sich von ihm runter. „Es ist gleich acht!", rief sie aus und warf noch einen Blick auf die Uhr. James war sofort hellwach. „Was? Oh, bei Merlin!" Er sprang von der Couch und Lilys Blick fiel auf sein Achselshirt, an dem Spuren ihres Make-Ups zu sehen waren. „Professor Kesselbrand bringt mich um, wenn ich zu spät komme!", rief er und rannte auf sein Zimmer zu. Bevor er die Tür öffnete, drehte er sich noch einmal kurz um. „Es war ein wunderbarer Abend", sagte er und sein Blick war liebevoll auf ihr Gesicht gerichtet. Lily strich sich eine dunkelrote Strähne, die sich in ihrer Augenbraue verfangen hatte, nach hinten und lächelte. „Das fand ich auch."
Sie blickten einander noch kurz an, ehe James die Klinke herunter drückte und bereits begann, sich das Shirt vom Kopf zu reißen. Lily sprang ebenfalls auf und eilte auf ihr Zimmer zu. Sie sammelte ihre Uniform und einen Umhang ein, rannte schlitternd ins Badezimmer und begann sich das viel zu eng anliegende Kleid (Marlenes Idee) vom Körper zu ziehen. Nach einigen ächzenden Minuten hatte sie es geschafft und war herausgeschlüpft. Ihr blieb keine Zeit mehr, um zu duschen, als wandte sie einen Waschzauber auf ihren Körper an und der Dreck des gestrigen Tages verschwand in hellem Seifenschaum. Mit einem Schlenker wickelte sich ein Handtuch um ihre Brust und sie entfernte über dem Waschbecken das übrige Make-Up mit der einen Hand, während sie sich mit der anderen die Zähne putzte. Eilig, aber darauf bedacht trotzdem ordentlich auszusehen, legte Lily sich Farbe auf die hellroten Wimpern und schlüpfte dann in ihre Schuhe. „Ahh, meine Haare!", rief sie erschrocken aus und bedachte den dunkelroten, zerzausten Ball auf ihrem Kopf. Mit dem Zauberstab entfernte sie die Knoten und entfesselte das Gewirr, bevor sie die Haare glatt auf ihre Schultern fallen ließ. Mit einem letzten Blick in den Spiegel öffnete sie die Tür, warf das Kleid in eine Ecke ihres Zimmers und schnappte sich ihre Tasche. „Wo bei Merlin ist mein Buch?" Ihre hellgrünen Augen suchten den Boden und den Tisch ab, bevor sie es unter den erst kürzlich ausgeliehenen Bibliotheksbüchern fand. Sie zerrte es darunter hervor und hielt die anderen Bücher mit ihrem Zauberstab im Gleichgewicht. Sollten sie Bekanntschaft mit dem Boden machen, würde Madam Pince, die Bibliothekarin schneller angerannt kommen, als Lily fluchen könnte.
An der Tür zum Flur stieß sie beinahe mit James zusammen, der seine Krawatte unachtsam um den Hals geworfen hatte und dessen Haare noch unordentlicher aussahen, als vorher. Er ließ ihr den Vortritt und gemeinsam, die Tür hinter sich zuschlagend, liefen sie den Gang entlang, auf die Große Treppe zu. Um zum Frühstück zu gehen, war es zu spät, sie hatten nur noch fünf Minuten, also trennte sich Lily am Absatz zum sechsten Stock von James, aber nicht ohne ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Er grinste ihr hinterher und stolperte eilig die Stufen hinunter. Lily flog den Gang entlang, so schnell trugen ihre Füße sie. Ein beflügeltes Gefühl hatte sich in ihrem Herzen breit gemacht. In dem Moment, als ihre Lippen James warme Haut berührt hatten, war ein Funken übergesprungen und hatte ein Lauffeuer entfacht, welches nun ihren ganzen Körper in erwärmte. Sie fühlte sich wunderbar.
Schlitternd kam sie vor der Tür zum Alte Runen Unterricht an und warf einen Blick auf ihre Uhr. Puh, sie hatte noch etwas Zeit. Sie holte tief Luft, öffnete die Tür und trat ein. Sofort wandten sich alle Köpfe ihr um, doch als sie sahen, dass es nicht Professor Campbell war, drehten sich die meisten wieder um und widmeten sich ihren Gesprächen. Lily beeilte sich auf den Platz neben Remus zu kommen, den er ihr freigehalten hatte und ließ sich seufzend fallen. Einige Augenpaare lagen dabei immer noch auf ihr. „Was starren die denn so?", fragte sie zischend an den Jungen neben ihr gewandt und kramte ihr Buch aus der Tasche. Remus zog eine Augenbraue hoch. „Vielleicht liegt es an dem dicken Grinsen in deinem Gesicht", vermutete er und behielt einen unbeeindruckten Gesichtsausdruck bei. Lily wurde es erst bewusst, als er es aussprach. Sie hatte, seit sie gemeinsam mit James losgelaufen war, ein Grinsen im Gesicht. „Oh", war ihre einfache Antwort und sie strich sich eine Strähne hinter die Ohren. Remus schüttelte leicht lächelnd den Kopf und beugte sich dann etwas näher.
„Ich vermute mal, dein Abend ist gut gelaufen", flüsterte er und Lily spürte, wie sich ihr Gesicht aufheizte. Sie konnte jedoch nicht mehr antworten, denn ein weiteres Mal wurde die Tür aufgestoßen und ihr Professor trat ein. Sein Blick war auf die Tafel am anderen Ende des Raumes gerichtet und er schwang den Zauberstab. Die verschiedensten Runen erschienen auf dem dunklen Grund und Lily versuchte sie zu entziffern, jedoch versperrte ihr Professor Campbell die Sicht, als er sich vor die Klasse stellte. Seine Augen glitten prüfend über die Klasse, wobei er bei einigen länger hängen blieb, als bei anderen. Dann trat er zur Seite und ließ den Blick wieder auf die Runen frei.
„Wer kann mir, ohne Zaubermanns Silbentabelle zu Rate zu ziehen, sagen, was ich ihnen damit sagen möchte?", fragte er mit rauchiger Stimme. Einige Hände sanken wieder nach unten, doch Remus hob seine sogleich. „Ja, Lupin", sagte Campbell beinahe gelangweilt. „Wissen ist wie ein Schatz. Erst ihn zu bergen bringt einen weiter." Der Professor nickte. „Korrekt. 5 Punkte für Gryffindor." Remus lächelte leicht.
„Nun, was bedeutet das?", fragte er in die Klasse und stützte sich an seinem Pult ab. Er blickte von einem Gesicht zum nächsten, bis er jemanden aufrief. „Adams, irgendeine Idee?" Ein Mädchen mit schulterlangen braunen Haaren sprang erschrocken auf und richtete ihren Blick an die Tafel. „D-Das man sich das Wissen aneignen muss und nicht nur wissen sollte, wo es vorhanden ist?", fragte sie schüchtern. Campbell hob den Kopf etwas. „Kein schlechter Anfang." Sie setzte sich wieder und sein Blick glitt weiter. „Was ist mit ihnen, Fitz-Gerald?" Ein Junge aus Lilys Jahrgang, dessen Gesicht die Färbung einer Tomate angenommen hatte, erhob sich langsam. „Nicht das Ende sondern der Weg ist das Ziel?" Professor Campbell seufzte und der Junge ließ sich wieder auf seinem Platz nieder.
„Versuchen wir es weiter."
Die Stunden zogen sich in die Länge. Nachdem niemand auch nach einer weiteren halben Stunde nicht auf die Lösung gekommen war, ließ er sie den Satz abschreiben und sie sollten gründlich zum nächsten Mal darüber nachdenken, ansonsten würde es Nachsitzen geben. Lily war froh endlich aus dem Klassenzimmer zu entkommen. Sie hatte Alte Runen im sechsten Schuljahr wirklich gemocht, aber Professor Campbell schien in diesem Jahr irgendwie mürrisch zu sein. Sie machte sich gemeinsam mit Remus auf den Weg zum Mittagessen in die Große Halle. Unterwegs griffen sie Peter auf, der von Muggelkunde wieder kam.
Kaum das sie sich an den Gryffindortisch gesetzt hatten, kamen auch James, Sirius, Marlene und Ellie wieder und ließen sich mit finsteren Gesichtern auf der Bank nieder. Sie alle hatten Dreck an den Sachen und auch im Gesicht waren sie davon nicht befreit.
„Was ist denn mit euch passiert?", fragte Remus und begutachtete Ellie, die sich gerade ein Stück Erde aus den Haaren zerrte. „Bellatrix ist passiert", murrte Sirius und massakrierte sein Steak. „Meine liebe Cousine fand es wohl lustig, den Demiguise auf uns loszulassen, den wir untersuchen sollten." Lily hob eine Augenbraue. „Den was?" James schüttelte seinen Ärmel und seine Augen suchten ihre. Wärme breitete ich wieder in ihre aus. „Irgend so ein magisches Tierwesen. Sieht aus wie Affe und ist auch eigentlich ganz friedlich. Aber Bellatrix ist ihm auf den Schwanz getreten und er hat sich unsichtbar gemacht. Danach hat er die halbe Klasse in den Dreck geschmissen und mit seiner -" James stockte. „Nun, er hat dann mit Schlamm geworfen", schloss er kurz darauf und biss hungrig in sein Stück Fleisch. Lily konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. James erwiderte es mit warmen Blick. Sein Gesicht hellte sich auf, als er weiter erzählte. „Nun, Bella hat es sicher bereut." Remus hob fragend die Augenbraue. „Der Demiguise hat sie nicht nur durch eine Dreckpfütze gezerrt sondern ihr auch noch seinen Salat in die Haare gerieben." James lachte schallend auf. „Die arme Bella sah aus, als wäre sie in ihr Mittagessen gefallen."
Ellie schnaubte. „Das nächste Mal sperre ich sie mit einer Chimära in einen Käfig, dann sehen wir ja, wer als letztes lacht." Sie spießte ihre Kartoffel brutal auf. Dann wandte sie sich an Sirius und ihr Blick schlug Funken. „Und du -", fing sie an, wobei ihr Messer auf sein Gesicht zeigte. Sirius schluckte. „Du wirst dich beim Kräuterkundeunterricht gefälligst benehmen, sonst ist Bellatrix nicht die einzige, die Bekanntschaft mit einem griechischen Fleischfresser macht." Sirius nickte stumm und seine Augen huschten kurz zu James, der ihn jedoch nur angrinste. Marlene hatte in der ganzen Zeit ihr Essen heruntergeschlungen und sprang nun von der Bank auf. „Wo gehst du hin?", fragte Sirius und Lily sah, wie seine Augen glänzten. „Ins Bad." Sie deutete auf sich herab. „Ich möchte nicht Punkte verlieren, weil Professor Graeham Dreck auf meiner Uniform sieht." Sie lächelte kurz, beugte sich dann runter und küsste ihn. Seine Hand wanderte automatisch zu ihren Haaren und er zog ihren Kopf näher zu sich.
Lily wandte den Blick ab und blickte stattdessen in James haselnussbraune Augen. Er musterte sie beinahe zögerlich, doch als Lily ihm ein Lächeln schenkte, erwiderte er es. Sie spürte, wie Ellie ihren Blick suchte, doch nachdem ihre beste Freundin gestern die Situation etwas ruiniert hatte, ignorierte sie es. Erst als sie mit ihr vor Kräuterkunde noch einmal ins Badezimmer verschwand, in dem Ellie sich den ganzen Dreck wegwusch, fing sie an zu erzählen. Nicht ohne Ellie noch einmal eine Entschuldigung abzuluchsen.
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