Katastrophen kommen selten alleine
"Nein, so läuft das aber nicht. Man braucht die richtige Betonung, sonst können Sie so lange mit den Zauberstab rumfuchteln, wie Sie wollen", sagte Aja.
Es war ihre erste Unterrichtsstunde. Am Anfang hatte es ihr noch viel Spaß gemacht, doch mittlerweile hatte sie das Gefühl, dass sich eigentlich niemand wirklich für ihren Unterricht interessierte.
Sie wiederholten gerade doch nur die einfachsten Sachen. Was hatten die bei Professor Flitwick denn bitte alles gelernt? Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ihr Kollege so schlecht unterrichtete.
"Nochmal von vorne und laut und deutlich", wies sie an.
Solange der Schüler nicht die Grundlagen beherrschte, konnten sie darauf auch nicht aufbauen. Denn der Schwebezauber war wichtig. Ohne ihn würde das Mädchen, dass vor ihr stand, nicht mal die abschließende Prüfung bestehen.
"Der Rest übt bitte weiter den neuen Spruch. Denkt daran, es ist wichtig, dass ihr alles genauso durchführt, wie ich es gezeigt habe. Und achtet auf die Betonung", rief sie den anderen zu, die gelangweilt auf ihren Bänken saßen.
Diese machten sich daran ihren Befehl auszuführen, während sie sich um den nichts wissenden Schüler kümmerte.
"Passen Sie mal auf. Mit dem Zauberstab zu wedeln, macht sie noch lange nicht zu einem Zauberer, geschweige denn gute Erfolge zu erzielen. Konzentrieren Sie sich! Stellen Sie sich vor, wie sie diese Maus zum schweben bringen", sagte die Frau.
Am Ende der Stunde konnte der Schüler wenigstens so halbwegs das Tier in die Lüfte zaubern. Für das Erste ließ es dabei bleiben. Vielleicht war es ihr kleiner persönlicher Erfolg. Sie schickte die Schüler nach draußen und damit zur nächsten Stunde. Sie selber hatte jetzt erstmal frei. Erst in der letzten Stunde hatte sie die Ravenclaws. Hoffentlich waren diese etwas konzentrierter als die Gryffindors, die sie gerade unterrichtet hatte.
Immerhin war sie dem goldenen Trio noch nicht begegnet. Alles was sie über diese wusste, waren Erzählungen.
Die Frau machte das Zimmer wieder sauber, da einer der Schüler es geschafft hatte, etwas zu verschütten. Danach räumte sie noch auf, damit es hier nicht wie in ein Schlachtfeld aussah.
Auf den Gängen war es ruhig. Die meisten Menschen waren im Unterricht.
Aja hatte eine Mission. In der Nacht hatte sie kaum geschlafen. Nicht nur vor Aufregung sondern auch weil sie um jeden Preis den Zeitumkehrer finden wollte. Sie war schlau und wollte kein Geheimnis ungelöst lassen.
Es war ihr innerer Andrang, der sie weitertrieb. In ihren Zimmer angekommen, stellte sie ihre Sachen achtlos auf den Tisch. Albus hatte erzählt, dass er Raum, in dem sich das Gesuchte befand in der Nähe ihrer Wohnung war. Das hieß nicht unbedingt, dass er hier drinnen war. Er konnte genauso gut auf den Gang sein. Vielleicht unter einem Bild?
Jetzt wo momentan kaum Schüler unterwegs waren, könnte sie draußen alles absuchen. Sie wollte nicht schon am ersten Tag als verrückt durchgehen. So würde sie vielleicht auch voran kommen.
Sofort setzte sie den Gedanken in die Tat um.
Vorsichtig schaute sie sich auf den Gang um.
Hoffentlich ist kein Schüler da, betete sie in Gedanken.
Zu ihren Glück war der Ort menschenleer.
Erleichtert seufzte sie auf. Sie beschloss die Wand vor ihrer Tür abzusuchen. Zuerst starrte sie auf die Tapete. Vielleicht sah sie dort ein Muster, welches dort nicht hinpasste. Nach einigen Beobachtungen fiel ihr eine goldene Ranke auf, die sich quer über die Wand spannte. An sich war das nicht auffällig, aber irgendwie hatte Aja das Gefühl, es wäre fehl am Platz.
Die Tapeten waren blau, rot, gemischt mit etwas gelb. Gold kam nirgendwo vor. Aja trat an die Wand. Sie hob ihren Zeigefinger und fuhr die Linie vorsichtig nach. Es fühlte sich an, als würde sie Plastik berühren. Irgendwas passte hier so gar nicht. Doch wie fand sie heraus, was hier nicht stimmte?
Langsam drückte sie an jede Stelle des störenden Teiles. Als sie schon fast aufgeben wollte, ertönte hinter ihr ein lautes Quietschen, so als würde sich irgendetwas öffnen. Aja drehte sich um und staunte nicht schlecht. Vor ihr hatte sich die Wand aufgetan, doch statt etwas gefunden zu haben, erblickte sie nur Dunkelheit.
Die Frau blickte nach rechts und nach links.
"Hoffentlich hat das niemand gehört", flüsterte sie zu sich selber.
Der Eingang war sehr schmal, weshalb Aja diesen seitlich passieren musste. Leise flüsterte sie den Zauberspruch um Licht zu erzeugen.
"Lumos."
Die Zauberspitze fing das leuchten an. Die Lehrerin hatte keinen blassen Schimmer, wo sie sich hier befand. Es erinnerte sie an eine Tropfsteinhöhle. Solche hatte sie mit ihren Eltern in den Ferien immer besucht. Seitdem würde Aja sie überall erkennen. Doch einen großen Unterschied gab es: Man hörte Wasser, aber sah nichts.
Die Steine, über die die Frau strich waren salztrocken. Trotzdem hörte sie ganz klar das Geräusch von Wasser. Konnte es sein, dass es hier noch einen separaten Raum gab? Sie blickte um sich herum. Tatsächlich sah sie an einem Ende schwaches Licht leuchten. Vorsichtig ging sie näher, ihren Zauberstab krampfhaft umpackt.
Als sie um die Ecke bog, blendete sie nun das Licht. Es war nicht hell, wurde aber durch etwas reflektiert. Vielleicht war es eine Absicht den Besucher zu blenden. Halb blind stolperte die Frau in den Raum.
Mit ihrer rechten Hand bedeckte sie ihre Augen und versuchte sie so gut wie es ging zu schützen. Ihren Zauberstab hatte sie fallen gelassen. Ihre linke Hand tastete unbeholfen nach der Lichtquelle. Ein Klirren ertönte und das Licht erlosch.
Wie in Zeitlupe nahm Aja ihre Hand von ihren Gesicht. Es war nicht stockfinster, aber auch nicht so grell wie vorher. Ein paar Meter hinter ihr sah sie ihren schwarzen Zauberstab liegen. Sogleich hob sie ihn auf. Scherben lagen vor ihr, doch von was sie kaputt gemacht hatte, konnte sie nicht ausmachen.
Vor ihr erstreckte sich eine gewaltige Quelle. Klares Wasser floss über einen kleinen Felsvorsprung. Es sah traumhaft aus. Das strahlende Nass sammelte sich in einer kleinen goldenen Schale.
Behutsam um auf keinen Fall etwas kaputt zu machen, lehnte sie sich auf den Rand. In den aufgeschäumten Wasser konnte sie etwas glitzern sehen. So etwas hatte sie noch nie gesehen, was wahrscheinlich auch daran lag, dass sie noch nie in ihren Leben tauchen gewesen war.
Irgendwie musste sie diesen Gegenstand nach oben transportieren. Aja probierte einige Zaubersprüche aus, doch keiner schien zu wirken. Die Sache bewegte sich keinen Millimeter. Dann musste sie wohl ihre Hände benutzen um das Ding nach oben zu bekommen. Sie krempelte ihre Ärmel nach oben.
Dann griff sie konzentriert in das erstaunlich kühle Nass. Ihre Finger stießen an einem Gegenstand. Langsam schloss sie die Hand darum herum und holte es dann heraus. Auf ihrer Handfläche lag eine kleine Schatulle.
Es war eigenartig und passte mit seinen Aussehen nicht nach Hogwarts. Auf der Oberfläche war eine Seerose abgebildet, deren Blütenblätter sich über das Schloss legen zu schienen. Wie sollte Aja die nur wegbekommen?
Als sie über die Blume strich, leuchtete diese blau auf. Dann hörte sie eine Stimme aus dem inneren. Vor Schreck hätte sie beinahe den Gegenstand fallen lassen. Ihr Herz pochte gegen ihre Rippen. Das alles sah so unwirklich aus.
"Du musst Aja sein, oder? Wir wussten, du würdest uns eines Tages finden, doch bevor du uns öffnen kannst, musst du uns eine Frage beantworten. Präge dir deine Antwort gut ein, du wirst sie eines Tages brauchen. Vertrau unssss", zischte die Stimme am Ende.
Die junge Frau erinnerte das unwillkürlich an eine Schlange.
"Ich bin bereit", sagte sie leise.
Das blaue Licht wurde gleisend hell.
"Folgende Frage: Wer hört alles und sagt nichts?", fragte die Stimme erneut.
Aja schluckte. Das war wirklich eine gute Frage. Sie dachte nach. Rätsel waren ihre Lieblinge gewesen, doch im ersten Moment fiel ihr nur ein Wort ein.
"Der dunkle Lord. Er weiß alles und hört alles, aber er sagt nichts, sondern handelt", sagte sie.
Obwohl ihr einiges suspekt daran vorkam, hoffte sie, dass sie recht hatte. Der dunkle Lord gab durchaus auch Befehle, deshalb war sie sich auch nicht sofort sicher, ob ihre Lösung richtig war.
"Dasss stimmt", zischte die Stimme.
Wie durch Geisterhand zogen sie die Blüten zurück und gaben ein kleines Schloss frei, dass man einfach so ausschnappen konnte.
Der Zeitumkehrer lag tatsächlich darinnen. Sie hatte nur Gerüchte über diesen gehört, aber noch nie einen gesehen, weshalb sie jetzt mit zitternden Händen darüber strich.
"Er ist wunderschön", flüsterte sie.
Jetzt musste sie ihn nur noch gut genug verstecken, sodass ihn niemand fand. Rechts von ihr sah sie eine Felskluft. Behutsam platzierte sie den wertvollen Gegenstand darin. So als hätte jemand ihre Präsenz gespürt, spannte sich ein Schild darüber. Es glühte gelb auf, ehe es komplett unsichtbar wurde.
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