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Sonntag, 2. Dezember, 04:16 Uhr

Die Cafeteria war nach wie vor gespenstisch leer, als ich mich auf das Gepäck stürzte, das wir zuvor achtlos zwischen den Tischgruppen zurückgelassen haben.

Einer Eingebung folgend, nahm ich mir Ellies große Stofftasche als Erstes vor, darauf hoffend, nicht fündig zu werden, doch abgesehen von einem dicken Ordner mit unseren Songs, einem Notizbuch und mehreren Paaren Drumsticks war tatsächlich nichts zu entdecken.

Mit gemischten Gefühlen ließ ich die Tasche sinken, unschlüssig ob ich nun erleichtert oder eher frustriert sein sollte.

Egal. Meinen Gemütszustand konnte ich nachher noch genug analysieren.

Obwohl eigentlich von vornherein klar war, dass dieses merkwürdige Gerät unmöglich in eine der Instrumententaschen gewandert sein konnte, wühlte ich mich als Nächstes durch die von Louis und meine eigene, doch auch dort war außer seinem E-Bass und meiner Westerngitarre nichts zu finden.

Ryans große, dunkelblaue Sporttasche, aus der er ganz am Anfang diesen verdammten Schal hervorgezogen und mir angeboten hatte, blieb ebenfalls ergebnislos.

Kurz musste ich innehalten, als sich vollkommen unerwünscht die Erinnerungen an diese Szene wieder zu Wort meldeten. Jetzt, wo ich wusste, womit Liams Verhalten zu begründen war, konnte ich plötzlich nachvollziehen, warum seine Reaktion auf die scheinbare Vertrautheit zwischen Ryan und mir so heftig ausgefallen war.

Mit diesen hirnrissigen Fotos konfrontiert zu werden, war schon genug. Aber dann auch noch einen Typen zu Gesicht zu bekommen, bei dem es sich durchaus um die Person auf ebendiesen Fotos handeln könnte, und der noch dazu ganz offensichtlich darauf aus war, bei mir zu punkten, war noch einmal eine Liga höher.

Was jedoch längst keine Rechtfertigung war für all das, was er an Scheiße verzapft hatte, sowohl hier in der Uni als auch schon im Vorfeld mit seinen kontrollierenden Tendenzen.

Waren seine Verlustängste wirklich so groß, dass er keinen anderen Ausweg mehr gewusst hatte? Wenn ja, warum hatte er nie darüber gesprochen? Natürlich hatte ich gewusst, dass er den Tod seiner Mutter nie richtig verarbeitet hatte. Und dass es nur eine winzige Anzahl an Menschen gab, die er an sich heranließ, aus Vorsicht heraus, zu enge Bindungen einzugehen. Aber dass diese Angst eine solche Belastung für ihn war, das hatte er mich nie ahnen lassen. Und erkannt hatte ich es offenbar auch nicht.

Oder gab es vielleicht noch Details, die im Vorfeld gelaufen waren und von denen nicht einmal Zayn wusste?

Frustriert schob ich Ryans Sporttasche von mir.

Der war mit Sicherheit gerade damit beschäftigt, sich über unsere Verzweiflung ins Fäustchen zu lachen. Dieses Ekelpaket. Wahrscheinlich war am Ende er der Axtmörder und wir waren einfach alle zu blind, um es zu sehen.

Aber ... nein. Dafür war er ein viel zu großer Jammerlappen.

Nachdem auch die übrigen Taschen, in denen wir alle möglichen Kabel, Stecker und Ordner mit uns herumschleppten, vollkommen unproblematisch geblieben waren, erhob ich mich ächzend. Langsam machte sich die Erschöpfung scheinbar auch in den Knochen bemerkbar.

Prüfend leuchtete ich das gesamte Areal der Cafete ein weiteres Mal ab, inklusive einem Abstecher zum Chaos im Verkaufsraum, das wir vor einer gefühlten halben Ewigkeit dort hinterlassen hatten, doch auch das führte zu nichts.

Ratlos drehte ich mich einmal um die eigene Achse.

Vermutlich war es naiv gewesen, ernsthaft anzunehmen, das Gerät hier zu finden.

Wenn die betreffende Person nicht wollte, dass wir es fanden, würde sie es wohl kaum in unserem Kram verstecken – es sei denn, diese Person war tatsächlich jemand aus unserer Gruppe, der keine Zeit mehr gehabt hatte, es woanders unterzubringen.

Was auch immer. Fakt war und blieb jedenfalls, dass sich das Gerät nicht an der Cafeteria befand. Und einen anderen Anhaltspunkt hatten wir nicht, solange wir nicht wussten, wer der oder die Verantwortliche war.

Darum bemüht, die direkt unter meiner Haut brodelnde Nervosität zu ignorieren, erhob ich mich aus meiner hockenden Position, in der ich mir ein zweites Mal Ellies Sachen vorgenommen hatte. Natürlich erneut ergebnislos.

Zu wissen, dass sich genau in dieser Sekunde jemand genau in diesem Gebäude herumtrieb, der bereit dazu war, Menschen zu töten, löste ein seltsames Gefühl in mir aus, das ich nicht beschreiben konnte.

Meine Alarmbereitschaft lief durchgehend auf einem Höchstmaß, meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, all meine Sinne bis aufs letzte, noch so winzige Detail geschärft.

Seit ich den schützenden Rahmen des Gruppenraums verlassen hatte, hatte mich diese eine Empfindung nicht mehr losgelassen – dieses merkwürdige, brennende Prickeln in meinem Nacken, das sich immer dann zu Wort meldete, wenn man sich beobachtet fühlte.

Unzählige Male hatte ich Blicke über die Schulter geworfen, hatte in sämtliche dunkle Ecken, sogar an die Decke geleuchtet, aber-...

Nichts. Ich war allein.

Nicht das kleinste Geräusch war zu hören gewesen, niemand hatte mich angegriffen, nirgendwo war auch nur die Silhouette einer Person auszumachen gewesen.

Unschlüssig kam ich neben einer Tischgruppe ganz am Rand des Areals zum Stehen, um mit meinen Prioritäten zu kämpfen.

Jetzt könnte ich zu den CIP-Pools aufbrechen und mit Liam reden, immerhin wusste ich, dass er sich dort aufhielt und sich an den stromlosen PCs die Zähne ausbiss. Man konnte eben noch so ein meisterhafter Informatiker und Programmierer sein – wenn die Gerätschaften keinen Saft hatten, war man aufgeschmissen.

Aber eigentlich ... eigentlich bestand die höchste Priorität ja darin, die USV ausfindig zu machen. Das Teil war im Augenblick immerhin die Grundlage aller Hoffnungen, aus eigener Kraft aus dem Gebäude zu kommen, wenn wir uns nicht gerade bei einem Durchbrechen der Glasfront an der Cafeteria sämtliche Adern aufschlitzen oder uns im Sekretariat im dritten Stock aus dem einzigen, offenen Fenster stürzen wollten.

Meine Güte. Welch wunderbare Optionen.

Frustriert presste ich mir die Handballen auf die vor Müdigkeit brennenden Augen.

Wo sollte ich denn anfangen? Das Gebäude war riesig. Es bot unzählige Möglichkeiten, ein unscheinbares Gerät dieser einigermaßen handlichen Größe zu verstecken.

Ruckartig löste ich die Hände von den Augen, einen tiefen Atemzug nehmend.

Okay. Logik war gefragt. Und vermutlich auch ein ganzes Stück irrer Kreativität.

Man konnte annehmen, dass der Täter – oder die Täterin – das Ding irgendwo deponiert hatte, wo davon auszugehen war, dass wir uns auf keinen Fall dorthin begeben würden.

Nach allem, was scheinbar so sorgfältig geplant und gezielt geschehen war, glaubte ich nicht daran, dass der- oder diejenige einen so wichtigen, zentralen Gegenstand völlig ohne Hintergedanken irgendwo abstellte, nur damit er eben aus dem Weg war. Sicherlich war das Ding wohlbedacht an einem bestimmten Ort gelandet. Ein Ort, den wir nicht aufsuchen würden. Oder zumindest nicht freiwillig.

Automatisch begann mein Kopf damit, mir Vorschläge zu liefern.

Die Kühlkammer, wo man Ellie eingesperrt und ihrem Schicksal überlassen hatte?

Nein, das war vermutlich nicht theatralisch genug.

Das blutverschmierte Sekretariat? Aber auch da waren die Hemmungen nicht groß genug, dorthin zurückzukehren, zumindest in meinen Augen. Der Anblick des Schreibtischs war zwar schauderhaft, aber nichts, was mich ein zweites Mal in solche Panik versetzen würde.

Angestrengt kramte ich in meinen letzten verbliebenen, noch nicht komplett durchgedrehten Gehirnzellen – und prompt wurde meine Kehle eng, als mir eine dritte Alternative in den Sinn kam.

Oh nein.

Derjenige würde doch nicht etwa-...?

Nun gut, diese Frage konnte ich mir sogleich selbst beantworten.

Doch, würde er. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass diese Person das tun würde.

Diese Person würde das Gerät garantiert in der verfluchten Toilette im ersten Stock deponieren, ohne zu zögern und mit voller Absicht. Zwar vielleicht nicht direkt neben Colins Leiche, aber im unmittelbaren Umkreis.

Man konnte es nicht abstreiten: Keiner von uns wäre auf die Idee gekommen, auch nur einen einzigen Zeh erneut über die Türschwelle dieser Toilette zu setzen. Ein kaltblütig ermordeter Studienkollege, der mit durchgeschnittener Kehle in einer Lache seines eigenen Blutes lag, war nichts, was man sich ohne Grund öfter als einmal zu Gemüte führen wollte. Allein die viel zu bildliche Erinnerung daran war schon genug für meinen Magen, um sich mehrmals umzustülpen.

Das alles war allerdings Grund genug, die Suche dort fortzusetzen.

Meine Ohren rauschten, als ich mich zögerlich in Bewegung setzte.

Ich wollte dort nicht hin. Ich hatte mir geschworen, diesen Ort mein ganzes restliches Leben nicht mehr zu betreten. Nicht einmal einen einzigen Blick hatte ich mehr hineinwerfen wollen.

Sollte ich ... mir Zayn zu Hilfe holen? Nein, der war damit beschäftigt, ein Auge auf Ellie zu haben. Sollte sie wirklich hinter alldem stecken, wäre es verdammt unklug, sie unbeobachtet zu lassen.

Einen unterdrückten Fluch murmelnd, gab ich mir einen Ruck und zwang mich dazu, in schnelles Schritttempo zu verfallen. Mein Puls raste wie nie zuvor, als ich zum zigsten Mal in dieser Nacht am Haupteingang vorbei ins Treppenhaus lief und damit begann, die Stufen zu erklimmen, mühsam darauf bedacht, ja keine unnötigen Geräusche zu verursachen.

Ich wollte es um Gottes Willen nicht darauf anlegen, unserem persönlichen Axtmörder zu begegnen. Und mich von ihm abmurksen zu lassen.

Entsetzt von mir selbst, wie leichtfertig ich inzwischen von meinem eigenen Tod sprach, ballte ich die Hände zu Fäusten und vergrub die Fingernägel tief im Fleisch meiner Handinnenflächen. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir nach dieser Nacht allesamt psychologische Behandlung nötig hatten.

Kurz vor der schweren, selbstschließenden Tür, hinter der sich der Waschraum und Colin verbargen, hielt ich noch ein letztes Mal inne, um meine Rationalität zu beschwören.

Dort drin befand sich nichts, wovon eine Gefahr ausging.

Colin war zwar tot und der Anblick grauenvoll, aber letztendlich war beides vollkommen harmlos. Es war irrsinnig, sich zu fürchten.

Kurz entschlossen drückte ich die Klinke hinab. Das Knarren, das die Scharniere von sich gaben, als die Tür aufschwang, war kaum hörbar und wäre mir vermutlich entgangen, wäre meine Wahrnehmung nicht so unnatürlich geschärft gewesen.

Meine Atmung war plötzlich unfassbar laut, als ich mich langsam durch den entstandenen Spalt zwischen Tür und Türrahmen schob, mein leuchtendes Handy wie eine Waffe vor mir erhoben.

Noch ein Schritt, dann noch ein halber und dann stand ich auch schon im Waschraum der Toiletten – und obwohl ich mir, meinem Magen und meinem Erinnerungsvermögen zuliebe, ganz egoistisch vorgenommen hatte, Colin keine Beachtung zu schenken, zurrte sich mein Fokus innerhalb eines Wimpernschlags an ihm fest und wollte nicht mehr von ihm ablassen.

Mein Bandkollege lag noch immer exakt so auf dem Boden, wie wir ihn zurückgelassen hatten. Von den Teelichtern um ihn herum war ein Großteil bereits erloschen, lediglich vereinzelt glomm hier und da noch ganz schwach die ein oder andere Flamme – so schwach, dass ihr Licht nicht einmal an den weißen Fliesen reflektierte.

Die fürchterlich große Blutlache war an den Rändern inzwischen leicht angetrocknet und hatte einen bräunlichen Stich angenommen, wies ganz deutlich darauf hin, dass die Tat nun schon längere Zeit zurücklag. Colins Gesichtszüge waren inzwischen kalkweiß, seine Lippen leicht blau. Seine Augen schienen wie von einem matten Nebel überzogen, was sie noch stumpfer, noch lebloser wirken ließ, falls das denn möglich war. Und die auseinanderklaffende, an den Rändern merkwürdig glatte Wunde an seiner Kehle-...

Ruckartig wandte ich mich ab, als mein Magen zu rebellieren begann.

Ich war nicht hier, um mir die Seele aus dem Leib zu kotzen.

Meine Handinnenflächen waren kalt und klamm vor Schweiß und ich hatte das Gefühl, jeden Moment ohne jegliche Fremdeinwirkung schlichtweg an meiner zugeschnürten Kehle ersticken zu müssen.

Mit zusammengebissenen Zähnen zwang ich mich dazu, den so gut wie erloschenen Ritualkreis anzusteuern. Die Augen hielt ich verbissen auf die Waschbecken und Handtuchspender zu beiden Seiten sowie auf das Areal unter den Becken gerichtet, um dann schließlich im Flow eines besonders heftigen Adrenalinstoßes über Colins Beine hinwegzusteigen.

Der eigentliche Toilettenraum tauchte vor mir auf, an dessen Wänden sich links und rechts die Pissoirs erstreckten, um auf der linken Seite ganz hinten in drei geschlossenen Kabinen zu münden.

Unzählige Male war ich hier schon gewesen. Einmal sogar auf recht ... nun ja, unanständige Weise mit Liam, nachdem wir auf der Afterparty eines Jubiläums ein wenig zu tief ins Glas geschaut hatten.

Und jetzt wurden all diese zufälligen, mehr oder weniger alltäglichen Besuche (mal abgesehen von diesem einen besonderen Besuch) davon überschattet, dass hier drin tatsächlich jemand zu Tode gekommen war. Ermordet.

Ich würde diese verdammten Kloschüsseln nie wieder mit den gleichen Augen sehen können, ebenso wenig die Waschbecken und die weißen Fliesen. Nicht, nachdem über letztere buchstäblich Colins Blut vergossen worden war.

Colin, der noch immer hier drin lag, direkt hinter mir, während sich sein Blut in den Fliesenfugen verrann, an der glänzenden, weißen Oberfläche trocknete, um dort einen fürchterlichen Farbkontrast zu bilden, sowohl zu den Fliesen selbst als auch zu seinem leichenblassen Gesicht.

Panik stieg in mir auf.

Ich war mit einer Leiche in einem Raum.

Hinter mir lag ein Mordopfer.

Hier war-...

Stopp.

Zittrig sog ich einen Atemzug ein, stemmte mich auf die Oberschenkel, um meine Ruhe zurückzugewinnen.

Hier drohte keine Gefahr.

Die Gefahr lauerte irgendwo dort draußen. Und jetzt gerade war es mein Job, uns zu einem Ausweg aus dieser Gefahr zu verhelfen. Folglich hatte ich mich jetzt zusammenzureißen und diese Aufgabe zu erfüllen, statt mir wie der letzte Idiot in die Hose zu machen.

Ich nutzte den darauffolgenden Anfall von Pflichtbewusstsein, um den Raum unter die Lupe zu nehmen. Jede einzelne Ecke davon. Sogar in die Kloschüsseln spähte ich, um mir auch ja kein potenzielles Versteck entgehen zu lassen, obwohl in einem solchen Fall äußerst fragwürdig wäre, ob das USV dann überhaupt noch funktionstüchtig wäre.

Vermutlich nicht. Immerhin waren die Dinger nicht dafür konzipiert, im Pissoir ertränkt zu werden. Jedenfalls nicht nach meinem Informationsstand.

Als ich schließlich bei der dritten und letzten Kabine angelangt war, ohne einen Hinweis gefunden zu haben, wich die Furcht allmählich von mir, um Platz für Frustration zu machen.

Aus irgendeinem Grund war ich mir so sicher gewesen, hier fündig zu werden, auch wenn es sich eigentlich nur um eine unbegründete Vermutung gehandelt hatte. Und es war mein einziger Anhaltspunkt gewesen.

Zum wiederholten Male fanden meine Hände in meinen Quiff, während ich mich aus der Toilettenkabine schob.

Vielleicht hatte ich einfach nicht gründlich genug gesucht? Prüfend ließ ich Blick und Lichtkegel der Taschenlampe durch den Raum schweifen, bis beides schließlich an den Handtuchspendern im Toilettenvorraum hängenblieb.

Nein, ein paar bestimmte Dinge hatte ich ausgelassen.

In dieser Toilette war man mit den sanitären Einrichtungen noch nicht ganz auf dem modernsten Stand. Auf einer Seite befanden sich die, meiner Meinung nach, recht fragwürdigen, neuen Exemplare, die ein Stoffhandtuch ausspuckten, wenn man daran zog, während man sich auf der anderen Seite mit den klassischen Papiertüchern eindecken konnte.

Nachdenklich trat ich näher.

Wäre es möglich, ein doch recht handliches Gerät wie die USV in einem der alten Kästen mit den Papierhandtüchern unterzubringen?

Ein Versuch war es wert.

Demnach stieg ich, meine inneren Hemmnisse überwindend, ein zweites Mal über Colins reglosen Körper hinweg und konnte nicht verhindern, einen Schweißausbruch zu erleiden, als ich mit der Ferse des einen Fußes versehentlich in den angetrockneten Rand der Blutlache trat und dort einen Schuhabdruck hinterließ.

Meine Eingeweide verknoteten sich schmerzhaft. Diese Nacht, insbesondere diese eine Szene genau jetzt, würde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen.

Vielleicht war ich jetzt ja traumatisiert und würde nie wieder eine Toilette betreten können, ohne von unschönen Flashbacks heimgesucht zu werden.

Erneut gelang es mir verblüffend schnell, den aufkeimenden Nervenzusammenbruch zu ignorieren. Übung machte eben den Meister.

Wie ferngesteuert machten sich meine Hände an dem Papiertuchkasten zu schaffen. Der durchsichtige Spalt in der Mitte verriet, dass die Box bis oben hin mit Tüchern befüllt war – zumindest nach außen hin. Es konnte ebenso gut sein, dass jemand etwas darin versteckt und es dann mit Tüchern abgedeckt hatte, damit es von der bloßen Draufsicht aus nicht sichtbar war.

Normalerweise gab es ja niemanden, der anderweitig als auf offizielle, zivilisierte Art und Weise an den Inhalt kommen wollte.

Normalerweise.

Mich ausgenommen.

Verbissen klemmte ich meine dafür viel zu kurzen Fingernägel in einen Spalt zwischen dem klappbaren Deckel und der an den Fliesen festgebohrten Hinterwand, um daran zu ruckeln. Das einzige Resultat war, dass ich mir einen Fingernagel einriss, woraufhin ich fluchend davon abließ und ihn einer erneuten Musterung unterzog. Der Kasten verfügte über kein Schlüsselloch, also musste man ihn doch einfach so öffnen können.

Suchend ließ ich die Finger über das glatte, kühle Material gleiten.

Irgendwo musste doch-...

Ha.

In einem Anflug von Triumph betätigte ich den schmalen Knopf an der rechten Seite und gab ein zufriedenes Murmeln von mir, als sich der Kasten daraufhin problemlos noch oben aufklappen ließ. Vielleicht war ich ja doch nicht ganz so dumm, wie es mir manchmal vorkam.

Eilig wühlte ich mich durch den Inhalt, doch der bestand tatsächlich ausschließlich aus Papiertüchern. Genau das, was sich auch hineingehörte.

Ich machte mir nicht die Mühe, den Kasten wieder zu schließen, sondern beließ ihn einfach in seinem chaotischen Zustand, um mich stattdessen gleich dem nächsten zu widmen, doch der blieb ergebnislos.

Während ich mich also von einem Handtuchspender zum nächsten arbeitete, ein beachtliches Durcheinander verursachte und immer wieder unterdrückte Verwünschungen murmelte, wenn ich mir den Finger irgendwo einklemmte, warf ich immer wieder bange Blicke über die Schulter.

Doch natürlich gab Colin hinter mir keinen Mucks von sich.

Wie sollte er auch. Er war tot.

Aber meine kranke Fantasie, die schon seit einiger Zeit ganz gewaltig am Rad drehte, wurde einfach nicht müde, mir ständig schauderhafte Szenarien zuzustecken, die meine Gemütslage nicht unbedingt verbesserten. Meistens beinhalteten sie meinen toten-untoten Bandkollegen, der sich ganz lautlos aus dem See seines eigenen Blutes schälte und ebenso lautlos und im Spiegel nicht sichtbar auf mich zukam, um schließlich seine eiskalten, blutdurchtränkten Arme um mich zu schließen und mir das Genick zu brechen.

Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich prompt erneut nach hinten spähen musste, um mich im klammen Licht der Taschenlampe davon zu überzeugen, dass alles noch so war wie zuvor.

Hektisch knöpfte ich mir den vorvorletzten Kasten vor. Mein Hinterkopf kribbelte unangenehm, als starrte mich jemand an. Was ganz und gar unmöglich war, weil sich hier schlichtweg niemand aufhielt.

Niemand außer ich selbst, Colin mal ausgenommen.

Fuck.

Ich riss den Kasten so ruckartig auf, dass ich mir mit der Kante beinahe selbst ein blaues Auge verpasst hätte. Ich wollte einfach nur noch hier raus. Aber eben nicht, ohne auch wirklich jedes einzelne, verdammte, mögliche Versteck durchleuchtet zu haben.

Meine Hoffnung, tatsächlich fündig zu werden, hielt sich inzwischen so sehr in Grenzen, sodass meine Aufmerksamkeit schon längst zum nächsten Kasten abgeschweift war – als meine Finger, die achtlos in den Tüchern gewühlt hatten, plötzlich auf etwas Hartes stießen.

Ich erstarrte.

Unwillkürlich hielt ich die Luft an, als ich probeweise mit den Fingerkuppen erneut auf den Gegenstand tippte und mit einem dumpfen, massiven Klang belohnt wurde.

Das war das Teil. Es musste es sein.

In heller Aufregung riss ich die verbliebenen Papiertücher aus der Box und ließ sie achtlos hinter mir zu Boden segeln, diesmal auch gar nicht darauf achtend, ob sie nun auf Colin landeten oder nicht.

Ein schwarzer, quadratischer Gegenstand kam zum Vorschein, relativ schmal und höchstens so groß wie meine Handfläche.

Moment mal.

Irritiert runzelte ich die Stirn.

Sollte eine USV, wie Zayn sie mir gezeigt hatte, nicht ... größer sein? Dieses Ding hier war winzig. Niemals konnte es sich um einen Hochleistungsakku handeln, der dafür sorgte, dass man bei Stromausfall genug Saft hatte, um wenigstens noch für kurze Zeit etwas am PC erledigen zu können.

Prüfend wog ich das Ding ab und wollte es gerade mit meinem Smartphone in der anderen Hand Platz tauschen lassen, um es besser untersuchen zu können, als für den Bruchteil einer Sekunde etwas rot aufleuchtete.

Ich hielt in der Bewegung inne. Was zum-...

Die Vorderseite des Geräts geriet frontal in den Lichtkegel meiner Taschenlampe, offenbarte einen matten Rahmen an den Rändern und glänzendes, schwarzes Plastik, das rechteckig in der Mitte der Fläche etwas vertieft eingelassen war.

Und inmitten dieser glänzenden Fläche befanden sich zwei, übereinander angeordnete Kreise. Der Radius des unteren war minimal größer als der des darübergelegenen und verriet sich einen Wimpernschlag später als Lichtquelle, als er erneut rot aufflackerte.

Und der obere Kreis ... nun ja.

Mit schmalen Augen hob ich mir das Gerät näher vors Gesicht, ignorierte die blendenden Reflektionen meiner Taschenlampe im glänzenden Material und konnte eine weitere rundliche Form ausmachen, zusammen mit einem durchscheinenden Punkt im Herzen. Es sah aus, als handelte es sich um eine Linse.

Eine Kameralinse.

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Langsam nähert sich der Endspurt😅

Wie immer freu ich mich mega über Sternchen und Kommis aller Art😇

Liebe Grüße❤


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