Kapitel 27
"Diana!", hauchte Evil als er die kleine Gestalt auf dem Zinnenkranz erkannte. Ihre wilden braunen Locken peitsche der Wind in alle Richtungen und ihre Augen leuchtete ihm wie zwei türkisfarbene Edelsteine entgegen. Sie blickte ihm entgegen.
Vorsichtig setzte der Wind Evil vor Diana auf dem Boden ab. Seine dunklen schwarzen Haare waren vom starken Wind verknotetet und fielen einzelne Strähnen vielen ihm ins Gesicht. Seine Beine zitterten leicht als er vor Diana stand. Der Zauber hatte sehr an ihm gezerrt. Das Bambi ging langsam auf ihn zu. Auf ihren Augen lag noch ein Schatten von Müdigkeit.
"Evil? Wo warst du?", fragte sie und rieb sich die türkisenen Augen.
Seine Mundwinkel zuckten. "Was hattest du dir gestern denn gewünscht?", erwiderte er und strich sich die letzten widerspenstigen Strähnen aus der Stirn. Die Augen der Kleinen begannen zu strahlen. Wie zwei Seen in der Sonne, dacht er und beobachte weiter jeder ihrer Regungen.
"Hast du... Wirklich?" Aus ihrer Stimme sprach pure Freude und Unglauben. Ihr Blick huschte zur Nebelwand. Evil nickte.
"Die Wand wird immer noch niemanden hereinlassen. Aber sie wird sie nicht mehr töten. Nach einigen Stunden wird die Nebelwand alle wieder ausspucken."
Plötzlich schlangen sich zwei Arme von unten um ihn. Was...? Überrascht blickte Evil nach unten. Ihm leuchtete der dunkle Haarschopf des Bambis entgegen. Sein Herz begann auf einmal schneller zu schlagen. War das Freude? Glück? ...Liebe?
"Ich danke dir, Evil!" Die Kleine drücke ihn noch fester und sein Herz zitterte unkontrolliert in seiner Brust. Ja, es war Glück und Zuneigung. Was macht die Kleine bloß immer mit mir?
Es ist als hätte sie mein Herz in Feuer geworfen und es hat Feuer gefangen. Dank ihr, kenne ich wieder das Gefühl der Zuneigung und Liebe. Dabei dachte ich, ich kenne es nicht mehr. Es ist als hätte sie meinem Herzen wieder das Laufen beigebracht.
Zaghaft streckte er die Hand nach ihr aus, um ihr über den Schopf zu streicheln, doch kurz bevor seine Finger ihr Haar berührten, zog er sie wieder zurück.
Nein, ich kann das nicht. Das geht zu weit. Denk dran, sie wird nicht immer bleiben. Sie ist sterblich, Evil. Sterblich. In einigen Jahren wird sie tot sein, während du weiter lebst.
Evil räusperte sich. "Ich habe noch eine Überraschung für dich, Kleines!"
Verwundert löste sich Diana von ihm. "Du... du hast noch eine Überraschung für mich?" Ihre Augen wurden noch größer, als ohnehin schon. Sie nestelte an dem Schal herum den sie um ihren Hals geschlungen hatte. Er merkte ihre Neugier an und schmunzelte leicht.
"Willst du wissen, was es ist?"
"Unbedingt!" Die Kleine grinste und nickte eilig.
"Na dann!" Evil steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen lauten Pfiff aus, der wie ein Gewehrschuss durch die Luft schoss. Dianas türkisener Blick huschte über den blauen Himmel.
"Es wird dir gefallen!", meinte Evil und zog das Bambi ein Stück weiter mit sich nach hinten. Naja, zumindest hoffe ich das.
"Was ist es, Evil?", fragte Diana ungeduldig und wippte unruhig auf und ab.
"Hab Geduld, Kleines! Und... Ah, da kommen sie!"
"Wer?", rief Diana, doch im selben Moment entdeckt sie, wen Evil meinte.
Einige Meter von ihnen entfernt glitten zwei prächtige Pferde durch die Luft. Ihre Muskeln harmonierten perfekt miteinander und ihre Flügel durchschlugen die Luft wie scharfe Messerklingen. Die Pegasi waren atemberaubend: Das eine hatte ein tiefschwarzes Fell, das wie die Nacht glänzte, mit Flügeln, die aus dunklen Rabenfedern zu bestehen schienen. Das andere Pegasus strahlte in einem unschuldigen Weiß, sein Fell so rein wie der erste Schnee, und seine Flügel so grazil wie die eines Schwans. Zusammen bildeten sie das perfekte Sinnbild von Yin und Yang.
"Pegasi! Zwei echte Pegasi!", hauchte Diana ungläubig und beobachtete gebannt wie die Beiden Pferden elegant vor ihnen auf dem Steinboden landeten. Sie schnaubten. Ihr heißer Atem stieg in sanften Wolken zu Boden. Ihre dunklen Augen blickten klug und warm zu ihm und dem Bambi.
Evil ging auf das schwarze Pegasus zu und strich über das weiche, schwarze Fell. Es fühlte sich als würde seine Hand darin versinken. Der Körper des Tieres strahlte so viel Hitze aus, das Evil sich hier draußen in der Kälte gerne enger an sie gelegt hätte. doch er hatte die Beiden nicht hierher bestellt, um sie als Kuscheltiere zu missbrauchen. Nein, er wollte fliegen.
Geschickt schwang er sich auf den Rücken des schwarzen Pegasus und nahm zwischen den Flügeln Platz, während seine Hände nach der dunklen Mähne griffen, um sich daran festzuhalten. Diana starrte die beiden Tiere nur weiterhin sprachlos an.
"Willst du da weiter bloß nutzlos rumstehen oder aufsteigen?", fragte Evil und nickte in Richtung des weißen Pferdes. Ungläubig wurden die Augen des Mädchens noch größer.
Wenn sie heute so weiter macht, fallen ihr och die Augen aus dem Kopf, dachte Evil und blickte kurz in den blauen Himmel. Das Wetter war weiterhin gut und somit perfekt für einen Ausritt über den Wolken.
"Ich... ich soll wirklich aufsteigen?", vergewisserte sich das Bambi, als hätte sie Angst das Ganze sei nur ein schlechter scherz.
"Ja, doch!", meinet Evil ungeduldig. "Sie beißen nicht!", setzte er noch hinzu, als Diana sich immer noch nicht von der Stelle bewegt hatte.
"Ihr seid so wunderschön", flüsterte die Kleine und ging auf das weiße Pegasus zu. Respektvoll verneigte sie sich vor ihm. Evil lächelte. Das sah ihr ähnlich. Sie brachte einfach allem und jeden Respekt entgegen.
Das weiße Pegasi schnaubte und senkte langsam den Kopf. Es hatte Dianas Geste erwidert. Die Kleine strahlte, bevor sie vergeblich versuchte auf den Rücken des Tieres zu klettern.
"Celeste!", rief Evil. "Knien!"
Die Stute tat wie ihr geheißen und kniete sich auf den kalten Steinboden, um Diana das aufsteigen zu erleichtern. Nun kam die Kleine problemlos auf ihren Rücken. Fröhlich wiehernd richtete sich das Pegasus wieder auf.
"Dann kann es ja losgehen!", rief Evil, nachdem er sich vergewissert hatte, dass das Bambi richtig auf Celestes Rücken saß und sich schön an ihrer Mähne festhielt.
"Auf geht's Umbra!" Evils Hengst wieherte begeistert und breitete seine schwarzen Flügel aus. Mit einigen kräftigen Flügelschlägen beförderte er sich mit seinem Reiter in die Luft. Neben ihm, hatte sich auch die Stute, Celeste, erhoben. Diana quiekte vor Freude und versenkte ihre Finger in der dichten Mähne des Pegasis. Der Turm unter ihnen wurde immer kleiner und kleiner und die Wolken dafür immer größer und größer.
Evil genoss den Wind, während er über das glatte Fell seines Pferdes strich. Er war ewig nicht mehr mit ihnen geflogen und er hatte es so sehr vermisst. der Wind, die Weite, die Höhe, der warme Körper des Tieres, dieses Gefühl von Freiheit. Man konnte sich hier oben auf dem Rücken eines Pegasuses für immer verlieren. Hier gab es keine Zeit, keine Regeln, keine Gesetze. Nur ihn und die Weite.
Da erklang neben ihm ein lauter Freudenschrei. Diana. Jauchend und lachend warf sie die Arme empor, während Celeste in einer weißen Wolke abtauchte. Nur um einen Moment später neben Umbra wieder aus dem Wolkenmeer aufzutauchen. Evil lächelte und sah wie das Bambi sich an der Mähne der Stute festkrallte, ihr etwas ins Ohr zuflüsterte und dann einen Augenblick später mehrere Loopings drehte. Dabei schrie sie vor Glück und die Sonne hätte in diesem Moment nicht heller strahlen können als ihre Augen.
"Höher!", rief Diana und quietschte fröhlich, als Celeste laut wieherte und steil noch höher in dem Himmel schoss. Umbra folgte ihr sofort. Evil fühlte sich in diesem Moment wie in einem Traum. Das strahlende Blau, das ihm entgegen leuchtete, die zarten weißen Wolken, der Wind der ihn streichelte und Dianas Lachen, das von überall gleichzeitig an sein Ohr drang.
"Ich kann fliegen!", jubelte das Bambi, als es neben dem Elfen wieder auf dem Pegasus aus einer Wolke geschossen kam. Sie hatte sie Arme ausgebreitet. In diesem Moment schlug Celeste erneut einen Looping und die Kleine fiel von ihrem Rücken in die Tiefe. Evil schrie auf, doch das Mädchen blieb völlig ruhig. Es hatte die Augen geschlossen und lächelte, bevor es im nächsten Moment auch schon wieder von dem weißen Pegasus aufgefangen wurde. Diana kicherte und glitt auf ihrem Pferd wieder neben ihm.
Evil blickte sie bloß stumm böse an.
Warum muss mich die Kleine bloß so erschrecken? Sollte das ein Test sein, um zu sehen, ob ich sie rette?
Er verdreht über sich selbst und die Kleine die Augen. Gefühle. Umbra schnaubte, während sich ein paar Federn aus seinen Flügeln lösten. Sie waren zu hoch, wenn sie noch höher fliegen würden, würden die beiden Pegasis ihre ganzen Feder an den Flügeln verlieren und sie würden abstürzen. Sie mussten wieder tiefer fliegen. Kein Wunder die Wolkendecke lag inzwischen unter ihnen wie ein unendlicher Ozean, während sie in einem Meer aus Himmelblau schwammen.
Zwei Stunden später landeten Evil, Diana, Umbra und Celeste wieder auf dem Zinnenkranz. Es war inzwischen Mittag und die Sonne stand direkt über ihnen. Die beiden Pegasis wirkten von dem langen Flug nicht im geringsten Erschöpft. Im Gegenteil. Ihre Körper schienen nur so vollgepumpt von Energie und Kraft. Celeste ging wieder in die Knie, um Diana das absteigen zu erleichtern. Die Kleine verbeugte sich vor der Stute und dankte ihr. Zärtlich fuhr sie ihr über die weiche Schnauze und lobte sie ausführlich.
Währenddessen stand Evil stumm nebendran und beobachtete den kleinen Engel. Da stupste auch ihn eine sanfte Schnauze in die Seite und ihm stieg der Geruch von Tier in die Nase. Evil wandte den Kopf zur Seite und blickte in die dunklen Augen von Umbra.
"Was?", fragte er, während der Hengst in weiter in die Seite stupste.
"Schon gut"; brummte Evil schließlich und fuhr dem Pegasus durch die Mähne.
"Du bist gut geflogen. D... danke", würgte er mühsam hervor. Trotzdem klang es ehrlich und nicht erzwungen. Erfreut wieherte der Hengst. Ein letztes Mal stieß er dem Elfen in die Seite, bevor er gemeinsam mit Celeste wieder in den Himmel aufstieg und seine Freiheit genießen würde, bis Evil ihn wieder rief.
"Na, Kleine?", wandte sich Evil nun wieder an Diana. "Hunger?"
"Und wie!", antwortete sie strahlend und folgte ihm ins Innere des Turmes.
Hallo ihr Lieben!
Ich denke, dieses Kapitel verdient den Preis für das bisher längste Kapitel in diesem Buch!
Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat und würde mich über eure Rückmeldungen und Votes freuen!
Eure Geschichtenmalerin <333
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