Kapitel 16
"Diana?"
Ein türkisfarbenes Paar Augen funkelte ihm entgegen. Evil versuchte sich aufzurichten, doch das Mädchen drückte ihn sanft, aber bestimmt zurück in den Schnee. "Bleib liegen! Du musst dich noch kurz ausruhen."
Meine Schmerzen... Sie sind fort!
Entgeistert strich sich Evil über den Arm, wo kein weißer Verband mehr den Basiliskenbiss verbarg. Er hatte das Gefühl lange fort gewesen zu sein. Seine Augen blinzelten hektisch umher. Sie mussten sich erst wieder an das helle Licht gewöhnen, das vom weißen Schnee nur noch verstärkt wurde.
Währenddessen lief sein Gehirn auf Hochtouren. Es dauerte eine Weile, bis er endlich die wahrlosen Gedankenfetzen und Erinnerungen in seinem Kopf zu einem vollständigen Bild zusammengesetzt hatte, wie bei einem Puzzle und er endlich begriff.
"Du warst das, oder?" "Was?" "Die Melodie. Das warst du..." Das Bambi lächelte traurig. "Ich konnte nicht weiter zu sehen, wie du leidest! Vor allem weil es immer schlimmer wurde... Du hast so laut geschrien und... gewimmert. Du... du hast dich gequält...! Kurz habe ich sogar gedacht du bist... tot." Die Kleine presste gequält die Augen zusammen und eine einzelne Träne rollte über ihre Wange. Die Träne schimmerte im Licht, wie ein kostbarer Edelstein. Erstaunt sah Evil dabei zu, wie die Perle aus Wasser von ihrem Kinn in den Schnee tropfte.
Weint sie wegen mir?! Wieso?!
Er tat so, als hätte er die Träne nicht gesehen. Stattdessen starrte er wieder auf seinen Arm. Dieser war inzwischen leuchtend violett und blau, als hätte man ihn in einen Eimer Farbe getunkt. Die Zeit ran im durch die Finger wie Sand. Das wurde ihm jetzt klar. Unaufhaltsam und immer schneller und schneller, bis das letzte Sandkorn fiel...
Evil wurde bewusst, dass ohne das Mädchen, der Tod bereits zu ihm gekommen wäre. Er hätte ihn mitgenommen und er wurde blass bei dem Gedanken, dass er sich vor ein paar Minuten genau das gewünscht hatte. Diese Schmerzen... Bei der Erinnerung zuckte er zusammen, wie ein Tier das man getreten hatte.
Du hattest Glück, dass sie hier war Evil!, sagte er sich in Gedanken. Sonst wäre dein Wunsch wahr geworden! Die Kleine erhob sich vom kalten Boden und ging auf die blauen Pilze zu, die weiterhin unter einer der Tannen wuchsen. Sie riss ein paar aus dem Boden und steckte sie in die Taschen ihres Mantels. Dann kam das Mädchen wieder zu ihm zurück. Dabei musterten sie ihn besorgt, als hätte sie Angst, dass die Schmerzen jeden Augenblick zurückkommen konnten. Sie macht sich Sorgen um mich! Er hatte das Gefühl zu träumen.
"Wann hat dich der Basilisk gebissen?", fragte das Bambi und kniete sich wieder neben ihn in den Schnee. Evil fragte sie erst gar nicht, woher sie wusste, dass es ein Basiliskenbiss war. Sie wusste schließlich auch, wie man Gold machte, mit Tieren sprach und durch eine eigentlich undurchdringliche Nebelwand gelangte. "An dem Tag, wo du zum ersten Mal vor meiner Tür standest.", antwortete er. "Dann bleiben dir nur noch zwei Wochen." Wieder fragte Evil nicht, woher sie das wusste.
Als er dieses Mal versuchte sich aufzurichten, hielt sie ihn nicht auf. Das Mädchen half ihm sogar und stützte ihn so gut sie konnte. Evil hasste es, dass er ihre Hilfe brauchte. Er wollte nicht schwach und auf Hilfe angewiesen sein! Er brauchte niemanden! Er war unsterblich!
Warum fühlt sich das wie eine Lüge an?
Doch jetzt gerade hatte er keine andere Wahl. Er musste sich helfen lassen, denn er war im Moment alles, aber sicher nicht stark. Evil war schwach, so ungern er das auch zu gab. Er hatte zwar keine Schmerzen mehr, doch er fühlte sich ausgelaugt und müde. So müde. Seine Glieder waren schwer und sein Rücken steif. Alles fühlte sich anders an. Als hätte ihn der Schmerz, wie Ton neu geformt. Ihn geschliffen. Ihn verändert. Bis er nur noch von einem sprach. Vom Leid. Vom Schmerz.
Die Beiden setzten sich langsam in Bewegung. Zurück zum Turm. Zurück nach Hause, dachte Evil. Gerne hätte er jetzt mit seiner Magie etwas heraufbeschworen, wie eine Wolke oder ein Waldwesen, das ihn trug, doch selbst dafür war er zu schwach. Evil fühlte, dass die Magie ihn verlassen hatte. Nicht für immer. Aber für diesen Moment. Denn die Energie in seinem Inneren und sein zügelloses Temperament kamen daher. Sie waren ein Zeichen von Magie. Ein Zeichen, das Magie in diesem Körper inne wohnte. Aber jetzt war es zum ersten Mal in seinem Inneren still. So furchtbar still.
"Woher kannst du das?", fragte Evil, während er versuchte sich nicht allzu sehr auf das kleine, zierliche Wesen neben ihm zu stützen. "Was meinst du?" "Das weißt du genau!" Das Mädchen blickte ihm ins Gesicht. Ihre Augen waren Spiegel. Er sah sich selbst darin und... die Erschöpfung. Sie klebte an ihm, wie eine zweite Haut. "Mein Stamm. Es ist eine seiner Gaben." Dann schwieg sie wieder. Es schien ihr unangenehm darüber zu sprechen. Du bist nicht der einzige mit Geheimnissen!, flüsterte ihm eine innere Stimme zu.
Evil hatte noch nie von so starken Heilkräften, wie von denen des Bambis gehört oder gelesen. Nur mit Hilfe einer Melodie hatte sie die Schmerzen, die das Gift eines Basilisken verursachte verschwinden lassen. Keine mächtige Zauberformel und keine extrem seltenen Zutaten, wie er sie für den Trank gegen die Schmerzen benötigte. Welcher magischer Gruppe gehörte sie bloß an? Nymphen? Feen? Kobolde? Hexen? Druiden?
Nein. Keine hatten Heilkräfte, die sich mit ihren messen konnten.
Evil wollte Antworten. Sie juckten ihn unter der Haut und wollten ihm als Fragen über die Lippen sprudeln, wie Wasser. Aber er hielt sie zurück. Das Mädchen würde nichts sagen. So viel wusste er inzwischen über die Kleine. Sie war stur und stolz. Sie war eigen, aber sie hatte ein gutes Herz. Sie war unschuldig, rein, liebenswürdig... Genau wie...
"Du hast vorhin übrigens zum ersten Mal meinen Namen gesagt", platzte es da plötzlich aus dem Bambi heraus. "So habe ich das?" "Ja, hast du!" Die Kleine lächelte glücklich. Sie schwiegen wieder, aber es war ein recht angenehmes Schweigen. Evil ertappte sich dabei, wie seine Mundwinkel leicht zuckten. Ja, er mochte Diana. Wirklich. Und dieses Mal versuchte er die Wärme in seinem Inneren nicht zu verdrängen.
Fürs Erste...
Evil dachte an das, was noch alles vor ihm lag. Er musste sich beeilen und alles, wirklich alles, von seinem Wissen und seiner Magie anwenden was er hatte, um das Gift zu ersticken und nicht nur sein, sondern auch das Leben zweier anderer zu retten. Grimma und...
(Hey!
Tut mir leid, dass vier Tage lang kein neues Kapitel mehr gekommen ist. Ich hatte irgendwie eine Schreibblockade und dann noch dieses riesige Gebirge an Hausaufgaben... Aber jetzt habe ich es endlich geschafft!
Und ich hoffe sehr, dass es euch gefällt und ich nicht irgendeinen Mist zusammen geschrieben habe.
Ich freue mich über eure Kommentare und Votes und teilt die Geschichte auch gerne mit euren Freunden, wenn ihr glaubt, dass sie ihnen gefallen könnte!
Ihr seid die Besten!
Eure Geschichtenmalerin!)
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