Kapitel 038
"Wer ist das?", wiederholte Louis seine Frage und sah mich mit verschränkten Armen verwirrt an. Ich wollte meine Hände auf seine Oberarme legen, doch er ging einen Schritt zurück und schüttelte seinen Kopf. "Wer zur Hölle ist das?", fragte er erneut und sah überhaupt nicht begeistert aus.
So kannte ich ihn gar nicht... Naja bis auf unsere kleine Diskussion am Anfang der Woche.
"Louis...", fing ich an und atmete doch nochmal tief durch. Wieder hob ich meine Hände und konnte sie zumindest an seine Hüfte legen. "Das ist Claire. Wir kennen uns schon seitdem ich denken kann. Sie hat mir meine Kirschblüte geschenkt", fing ich an und wollte noch etwas dazu sagen, doch Louis sah mich mit so großen Augen an, das ich stoppte.
"Lou?", fragte ich unsicher nach und glitt mit meinen Händen unter sein Shirt. Was war denn los? Gut, Claire hätte etwas freundlicher sein könnten, aber ich war das erste Mal als ich Louis gesehen hatte zusammengebrochen.... Man konnte es ihr also wirklich nicht übelnehmen.
Wer erwartet schon den Zwillingsbruder, wenn man einfach nur einen Freund besuchen wollte?
"Ist sie Sophies M-Mutter oder Leihmutter? Also... Habt ihr-"
"Leihmutter", antwortete ich direkt und hörte Louis erleichtert ausatmen. Ging es ihm darum? Ob ich mit Claire geschlafen hatte? "Damals lief das alles über eine Kinderwunsch-Klinik", fügte ich noch hinzu und seufzte als ich an den ganzen Stress zurückdachte. Was ich alles dafür geben musste bis ich meinen kleinen Engel endlich in den Armen halten konnte.
"Warte... Sie ist deine Freundin und war die Leihmutter?", fragte er überrascht und sah nachdenklich Richtung Wohnzimmer. "Geht sowas überhaupt?" Ich nickte und nahm etwas Abstand zu ihm ein. "Sei mir nicht böse, wenn ich dir das jetzt alles nicht erkläre. Dafür würde ich mich lieber mit dir hinsetzen und es in Ruhe durchgehen. Die Zeit war nicht ganz einfach und-" Ich räusperte mich kurz und sah Louis entschuldigend an.
Entgegen meiner Erwartung lächelte Louis mich an und nickte leicht. "Alles gut S-Sweetcheeks. Ich erzähle doch auch nicht direkt alles", erinnerte er mich und griff nach meiner Hand. Ich stimmte mit einem Nicken zu, schob meine Finger zwischen seine hindurch und zog ihn ins Wohnzimmer. "Lassen wir sie nicht noch länger warten", flüsterte ich ihm zu und küsste seine Schläfe.
Claire hatte die Decke beiseitegelegt und es sich auf dem Sofa bequem gemacht. "Da seid ihr ja", lächelte sie leicht und ich konnte ihr ansehen, dass sie jedes einzelne Wort mitbekommen hatte. "Tut mir leid, dass ich mich gerade einfach ohne Begrüßung an dir vorbeigequetscht habe. Ich bin Claire und eigentlich nicht so unfreundlich", stellte sie sich vor, erhob sich vom Sofa und hielt Louis ihre mit Ringen verzierte Hand hin. Sie trug ebenfalls ihre Initialen an der Hand, allerdings hatte sie meist nur silbernen Schmuck.
Louis erwiderte das alles nur zögerlich und als wir uns gemeinsam auf das Sofa setzten, zog Claire sich den Sessel heran und machte es sich im Schneidersitz darauf bequem. Ihre langen Locken band sie sich in Sekundenschnelle hoch und grinste uns beide dann an.
"Ihr seid also zusammen? Schon länger? Heilige Scheiße Harry! Eigentlich will ich dir ja keinen Vorwurf machen, eure Beziehung geht schließlich nur euch beide etwas an und niemanden sonst, aber... Meine Güte. Du hättest erwähnen konnten, dass du jemand Neues hast. Ich schreibe dir jeden Monat auch alle Veränderungen. Von dir kam ja gar nichts mehr." Während sie das alles sagte blitzen ihre grünen Augen interessiert auf und sie begann Louis zu mustern.
Auch wenn sie mir keinen Vorwurf machen wollte, klang es exakt wie einer. "Claire", fing ich an, wurde aber von Louis unterbrochen, welcher sich mit den Worten 'Ich mache Tee' in die Küche verabschiedete.
Hoffentlich war ihm das alles nicht zu unangenehm. Ich wusste das Claire sehr... aufbrausend und laut werden konnte. Irgendwoher musste Sophie das schließlich haben.
"Verdammt, er ist 1:1 William."
Scharf zog ich die Luft ein und wandte mich an meine beste Freundin. "Sag sowas nicht nochmal", fuhr ich sie harsch an und verschränkte meine Arme. "Er ist nicht im Geringsten mit William vergleichbar."
Claire sah mich entschuldigend an und biss sich auf die Lippe. "Tut mir leid, ich meinte eher vom Aussehen her. Charakterlich sind sie echt unterschiedlich. William hätte mich aus dem Haus gekickt. Also Haz, warum schreibst du mir nicht mehr?"
Sie wollte nicht mehr über Louis sprechen? Dafür war sie vorhin aber noch sehr bedacht darauf alles zu erfahren.
"Es ist momentan alles ein bisschen viel. Sehr viele Veränderungen in kurzer Zeit. Tut mir leid, wenn ich deine Nachrichten nicht mit ellenlangen Texten beantworten konnte. Entweder war etwas mit der Bäckerei, mit Sophie-"
"Oder mit Louis. Hat er sich geprügelt?"
"Lange Geschichte", erwiderte ich und schüttelte nur meinen Kopf. "Er war nicht wirklich in eine Prügelei verwickelt..." Meine beste Freundin nickte leicht und schenkte mir ihr typisches Lächeln. "Aber eine einzige SMS mit der Nachricht 'Hey Claire, ich bin wieder vergeben. Mach dir keine Sorgen, ich weiß wie sehr du dir jemanden an meiner Seite wünscht' ist doch wohl nicht zu viel verlang, oder? Es ist ja auch egal wer Louis ist, könnte ja auch ein uralter Mann sein, aber... Ich hätte schon gerne gewusst das ein neuer Mann meinen Harry glücklich macht."
Claire sprach mit so einer ruhigen und liebevollen Stimme, dass ich automatisch lächeln musste und mich etwas zu ihr lehnte. "Tut mir wirklich leid, Clee." Sie nickte und stand auf einmal auf. "Und jetzt gehe ich mal zu deiner zweiten verdammt gutaussehenden Hälfte und rede mit ihm."
"Claire... Er ist in die Küche, um seine Ruhe zu haben", murmelte ich nur und schloss meine Augen. Ich wusste das sie meist die richtigen Worte fand, aber manchmal war ihre Art einfach... Und Louis... Irgendwie hatte ich ihn immer als meine kleine schüchterne Prinzessin im Kopf...
Für einen Weile hörte ich nicht einen Ton aus der Küche bis ich plötzlich Louis' Lachen vernahm. Ich musste automatisch lächeln und legte meine Hand auf die Brust. Es war dieses warme und ehrliche Lachen, welches mein Herz höherschlagen ließ.
Da ich wissen wollte, was die zwei da trieben stand ich auf und ging in den Flur, jedoch verließ Claire bereits die Küche und legte ihre Hand auf meinen Unterarm.
"Du hast recht. Louis ist nicht so wie er. Louis ist ein wundervoller Mann. Pass bloß gut auf ihn auf, Haz. Hörst du?" Ich nickte leicht und sah zu Louis, doch er beschäftigte sich wieder mit dem Tee. Allerdings zierte ein leichtes Lächeln seine Lippen.
"Was hast du zu ihm gesagt?", fragte ich flüsternd und sah neugierig zu Claire hinab. "Das bleibt ein Geheimnis zwischen Louis und mir. Das Einzige was du wissen brauchst, ist, dass er dich mehr als alles andere in seinem Leben liebt. Werde glücklich mit ihm. Nach all den Jahren hast du es verdient mit dem richtigen Mann an deiner Seite alt zu werden."
Etwas perplex nickte ich und sah wieder zu Louis. Im gleichen Moment schaute auch er auf und als unsere Blicke sich kreuzen lief er direkt rot an und drehte sich weg.
Was hatte Claire ihm nur gesagt?
"Zerbrich dir da jetzt nicht deinen Kopf darüber, schöner Mann. Ich sehe schon an deiner Nasenspitze wie die kleinen Rädchen in deinem Hirn drehen. Ich muss jetzt leider auch los. Tanya und Charlie warten bei meinen Eltern auf mich. Und hier..." Sie ging zur Kommode und drückte mir anschließend die Papiertüte in die Hand. "Hätte ich gewusst, dass hier drei Personen leben... Dann hätte Charlie noch etwas zusätzlich gemacht, aber... Das kommt dann einfach mit der Post."
Bevor ich mich dem Inhalt der Tür widmete, verabschiedete ich mich mit einer festen Umarmung von meiner besten Freundin. Ich versprach ihr mich mehr zu melden und ihr auch ab und an ein paar Bilder von Sophie zu schicken, da dies auch sehr nachgelassen hatte. Auch wenn der Kontakt zu Claire in den letzten Monaten sehr gering ausgefallen war wusste ich, dass ich mich immer auf sie verlassen konnte. Sie war immer für mich da und umgekehrt. Wir brauchen nicht viele Worte, um zu wissen, wie bedingungslos unsere Freundschaft war.
Als ich ihr noch zum Abschied einen Kuss auf die Stirn drückte, erinnerte sie mich daran, dass sie das früher bei mir problemlos machen konnte. Jetzt erreichte sie nicht mal mehr mein Kinn. Nachdem Claire gegangen war, legte ich die Tüte doch nochmal ab und ging zu Louis.
Er lehnte am Küchentisch und hatte seinen Blick starr auf den Ofen gerichtet. "Ich musste die Zeit noch was verlängern. In 10 Minuten sollte das Essen aber fertig sein."
"Louis?" Direkt sah er zu mir auf und streckte seine gesunde Hand nach mir aus. "Ist alles in Ordnung?", fragte ich sicherheitshalber nach und betrachtete sein Gesicht. "Ja, ich denke schon", erwiderte er leise und ließ sich von mir in eine Umarmung ziehen. "Tut mir leid, dass ich sie vorher nie erwähnt habe und dich das jetzt alles so überrollt hat. Irgendwie... Irgendwie habe ich gedacht, dass du sie unter anderen Umständen kennenlernen wirst und nicht nach einem Streit mit Sophie, während wir aufs Essen warten und..."
"S-Schon gut Harry. Ich denke ich mag sie."
Überrascht blinzelte ich ihn an und drückte sein Kinn leicht hoch. "Wirklich?" Das kam jetzt doch etwas unerwartet.
"Wirklich", erwiderte er und fing an mich zu küssen. Etwas überrumpelt ließ ich meine Augen zufallen und erwiderte den sanften und gefühlvollen Kuss. "Du meinst das wirklich ernst?", fragte ich gegen seine Lippen und erhielt prompt ein leises 'Ja' bevor er den minimalen Abstand verringerte und mich wieder küsste. Währenddessen schlang ich meine Arme noch etwas mehr um Louis und lächelte leicht in den Kuss hinein als er seinen heilen Arm in meinen Nacken legte, um sich ein wenig an mir hochzuziehen.
"Ich liebe dich", sagten wir beide fast gleichzeitig und fingen an zu lachen. Glücklich betrachtete ich meinen Freund, legte meine Hand an seine Wange und küsste ihn einfach erneut. Ob ich jemals genug von ihm bekommen würde?
Vermutlich nicht.
Ich glitt mit meiner Hand in seinen Nacken und hielt ihn eng bei mir als ich ihm mit meiner Zunge über die Unterlippe fuhr. Etwas holprig erwiderte er den Zungenkuss, doch von Sekunde zu Sekunde wurde er sicherer und presste sich noch etwas näher an mich heran.
Plötzlich riss uns das Piepen des Ofens auseinander, weswegen ich leise grummelte und den Ofen abschaltete. "Gehst du..."
"Sophie holen?", antwortete er leise und fuhr sich durch die Haare. Ich sah von der Gemüselasagne, welche ich gerade herausholte, zu ihm und nickte. "Ja, sie sitzt ja jetzt schon eine ganze Weile in ihrem Zimmer. Falls sie eingeschlafen ist, kannst du... kannst du dann die Lichter ausmachen und das Fenster ein wenig öffnen?" Louis lächelte, richtete sein Oberteil und verschwand nach oben.
Währenddessen verteilte ich das Essen auf den Tellern und war gespannt, ob Louis allein oder mit Sophie zurückkehre. Tatsächlich dauerte es nur wenige Minuten, da stand er mit ihr auf dem Arm im Türrahmen, vergrub seine Nase in ihren wilden Locken und sah traurig zu mir herüber. Sophie blickte aus geröteten Augen kurz zu mir und versteckte ihr Gesicht danach in Louis' Halsbeuge.
Ich konnte einfach nicht anders, holte mein Handy hervor und machte ein Bild von den beiden.
Schnell schickte ich es an die Familiengruppe und schrieb 'Mein Zuhause' unter das Bild. Das Handy legte ich auf der Arbeitsplatte ab und ging zu ihnen. Sophie versteckte sich noch mehr bei Louis und schüttelte ihren Kopf als ich meine Hand auf ihren Rücken legte. "Komm mal her", flüsterte ich ihr zu, doch Sophie reagierte nicht und presste sich weiterhin an Louis' Oberkörper.
"Warte", wisperte Louis, drehte sich um und ich beugte mich anschließend ein wenig hinunter. "Kirschblüte?", fragte ich und strich ihr sanft durch die Locken. "Schau mich an", bat ich meine Tochter und atmete erleichtert auf als sie tatsächlich ihren Kopf hob.
Für einen Moment sahen wir uns nur an, bis sie schniefte und ihre Ärmchen nach mir ausstreckte. Direkt griff ich ihr unter die Arme und hob sie zu mir. "T-Tut mir leid Papa, hast du... hast du Aua?", fragte sie mich unter Tränen und krallte sich an meinem Oberteil fest.
"Ein bisschen", erwiderte ich und küsste ihren Kopf. "D-Darf ich... Ich hab' so Hunger Papa", schluchzte sie leise und wandte ihren Blick ab. "Wirst du mich nochmal treten?" - Sophie verneinte es und sah mich erst an. Jedoch kannte ich meine Tochter gut genug, um zu wissen, dass es in ein paar Wochen wieder ganz anders aussah. "Okay."
Ich ließ sie runter und hielt ihr ihren Teller hin. "D-Danke Papa", murmelte sie leise und sah mit großen Augen auf die Gemüselasagne. Bevor ich etwas sagen konnte hockte Louis sich zu ihr hin und nahm mir den Teller ab. Lächelnd beobachtete ich die beiden wie sie sich gegenseitig etwas ins Ohr flüsterten bis Sophie den Teller annahm und ihn ganz vorsichtig ins Wohnzimmer trug.
"Sie hat eben in ihren Kuscheltieren gelegen und geweint...", sprach Louis und nahm sich einen der übrigen Teller. "Sophie weiß genau was passiert, wenn sie mich tritt oder schlägt. Es war ja auch nicht das erste Mal und es wird gewiss nicht das letzte Mal gewesen sein." - "Tut dir das nicht weh?"
"Natürlich! Ich kann es nicht leiden, wenn sie weint oder es ihr schlecht geht. Aber sie hat sich nicht benommen, da muss sie nun mal mit Strafen rechnen."
"Ich könnte das nicht."
"Musst du auch nicht", schmunzelte ich, drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und ging mit den restlichen Sachen voran ins Wohnzimmer. Sophie saß mit der Decke über den Beinen auf dem Sofa und hatte ihren Teller auf den Oberschenkeln. Normalerweise würde sie schon längst essen, aber anscheinend wollte sie jetzt alles richtig machen.
Wir saßen nach dem Essen noch ziemlich lange auf dem Sofa. Ich hatte es mir auf Louis' Schoß bequem gemacht während Sophie auf mir lag. "Was ist eigentlich in der Papiertüte?", fragte Louis nach einer Weile und sah neugierig auf mich herab.
"Die habe ich ja ganz vergessen", stellte ich erschrocken fest und stand mit Sophie im Arm auf. Allerdings reagierte sie nicht gerade begeistert weswegen ich sie auf Louis' Schoß setzte und anschließend im Flur verschwand, um die Tüte zu holen.
Als ich saß machte ich sie auf und musste automatisch lächeln. "Was ist drin?", fragte Louis gespannt und lehnte sich etwas zu mir rüber. "Claire ist nach Sophies Geburt mit ihrer Frau und ihrem gemeinsamen Sohn nach Bristol gezogen. Zum Abschied hatte Charlie mir mit Claires Hilfe ein Armband geflochten. Das ist vor einigen Wochen gerissen und jetzt hat er eins für mich und eins für Sophie gemacht."
Ich nahm die geflochtenen Armbänder aus der Tüte und hielt sie ihm hin. "Hat sie nicht gesagt sie schickt noch etwas per Post?" Ich nickte nur und lächelte. "Heißt das, das ich auch eins bekomme?" - "So wie es aussieht, ja."
Louis betrachtete die Armbänder nachdenklich und reichte sie mir nach einem Moment. Anstatt das ich sie wegpackte legte ich eines Sophie um und das andere schloss ich um Louis' Handgelenk. "W-Was machst du denn? Das ist deins. Da ist sogar eine kleine Metallplatte mit einem H."
"Ganz genau", grinste ich und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Aber ich glaube nicht, dass es Charlies Absicht war... Harry, das ist deins."
"Lou, denk weniger nach und nimm es an", lachte ich und sah zu Sophie, welche glücklich das Armband beäugte. "Von Tante Claire?" - "Ja, mein Schatz", erwiderte ich und betrachtete den kleinen Kirschblüten-Anhänger an ihrem weißen Armband.
"Weiß sie nicht, dass-" Louis verstummte und sah zu Sophie, welche sich es mittlerweile zwischen uns bequem gemacht hatte und ihre volle Aufmerksamkeit den Barbiefilm, welcher seit dem Essen lief, widmete.
"Doch, sie weiß das Claire sie geboren hat."
Louis nickte leicht und senkte seinen Blick. "Sophie konnte Claire ja jetzt gar nicht begrüßen...", merkte er an und seufzte leise. "Sie hat auch nicht wirklich eine Bindung zu ihr... Aber Sophie scheint es nicht zu schaden und auch für Claire ist das alles in Ordnung. Normalerweise hält man ja gar keinen Kontakt zur Leihmutter, aber da sie meine beste Freundin ist... Da ist irgendwie alles ein bisschen anders."
"Wie hast du es Sophie eigentlich erklärt?"
Ich musste etwas lächeln und begann durch Sophies Locken zu streichen. "Ich habe ihr erzählt, dass ich mir ganz doll ein Kind gewünscht habe und das eines Abends eine gute Fee vorbeigekommen ist und mir meinen Herzenswunsch erfüllt hat", erzählte ich mit Tränen in den Augen und lehnte meinen Kopf an den von Sophie.
"Harry...", wisperte Louis und sah mich aus seinen blauen Augen gerührt an. Ich zog Sophies Duft ein und richtete mich danach etwas auf. "Mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Direkt beim ersten Versuch... Sie haben Claire zwei befruchtete Embryos eingesetzt. Nach 14 Tagen war der Bluttest und er war positiv", murmelte ich und sah auf meine kleine Kirschblüte hinab. "Ich konnte mein Glück kaum fassen. So lange habe ich dafür gekämpft und schließlich habe ich das bekommen, was ich immer wollte."
Louis strich sich über die Augen und nickte leicht. "Wie hast du das alles geschafft? Du meintest mal William war nicht so angetan von der Idee... Warst du nicht erst Siebzehn?" Tief atmete ich durch und nickte. "Ja, war ich. Es war hart, nicht immer einfach und es hat mir teilweise den letzten Nerv geraubt, aber ich hatte meine Eltern. Ich hatte Jay und Daniel... Wegen ihrer Unterstützung sitzt Sophie hier."
Louis hörte sich noch alle möglichen Geschehnisse an. Auch als wir uns dazu entschlossen hatten ins Bett zu gehen erzählte ich weiter. Es war früh morgens als ich verstummte und an die Decke starrte.
"Harry?", murmelte Louis müde und ließ seinen Kopf auf meine nackte Brust fallen. "Weißt du was ich nicht verstehe?", fragte er nuschelnd, richtete sich leicht auf und legte sein Kinn auf meinem Brustbein ab. "Was denn?", erwiderte ich vollkommen gerädert und rieb mir meine gereizten Augen. Hatten wir jetzt wirklich die ganze Nacht durchgemacht? Nur im Bett gelegen und gesprochen?
"Wie kannst du so stark sein? Ich wusste, dass es mit dem Tod meines Bruders nicht leicht war, aber die gesamte Geschichte dazu? Wie er sich selbst und Sophie in Gefahr gebracht hat... Wie er dich mit deinem Kinderwunsch hingehalten hat und dir ständig gesagt hat was du nicht kannst... Harry du bist der reinste Wahnsinn. Wie hast du es überhaupt überstanden, wenn er sich das Hirn weggesoffen hatte? Da fühle ich mich mit meinen Problemen einfach lächerlich."
"Nein!"
Erschrocken sah Louis mich an und schluckte hörbar. "N-Nein?"
"Deine Probleme sind nicht weniger wichtig nur weil du der Meinung bist das meine krasser sind. Das ist vollkommener Schwachsinn. Jeder hat seine Päckchen zu tragen und egal wie schwer sie sind, sag niemals, dass sie unwichtiger als andere Probleme sind. Wenn das was du durchmachen musstest für dich schwer war, dann ist es so. Miss dich nicht mit anderen." Ich konnte ein Gähnen nicht mehr unterdrücken und verstecke mein Gesicht in meinem Kissen. Tolle Geste, um meine kleine Rede zu unterstreichen...
"O-Okay", erwiderte mein Freund leise und kuschelte sich wieder mehr an mich heran. "Ich bin so unglaublich müde..."
"Dito", grummelte ich, schlang meine Arme um Louis und drehte uns auf die Seite. "Denkst du wir können noch was Schlafen?"
"Wenn wir Pech-" Bevor ich es überhaupt aussprechen konnte flog die Schlafzimmertür gegen die Wand.
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28/05/2021
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