Kapitel 013
Kann ich nicht.
Kann ich nicht.
Kann ich nicht.
Diese drei einfachen Worte gingen mir einfach nicht aus dem Kopf. Den ganzen Sonntag und auch den Montag hatte ich mir darüber den Kopf zerbrochen. Und ich tat es auch weiterhin. Grummelnd drehte ich mich im Bett und blickte mit zusammengekniffenen Augen auf meinen Wecker.
2:49 am
In einer Stunde musste ich aufstehen und bisher hatte ich kaum ein Auge zu machen können. Ich konnte nicht einmal an Schlaf denken. Mein Verstand war einfach viel zu wach und ich dachte noch über diesen Satz von Louis nach. Ich hatte nichts darauf erwidert. Aber was hätte ich auch sagen sollen? Ich war vollkommen überrumpelt und nach dem er es gesagt hatte war er auch schnell in das Auto seiner Schwester gestiegen. Selbst wenn, dann hätte gar nichts antworten können....
Oder?
Aber wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich auch jetzt keine Antwort darauf. Warum konnte er es nicht vergessen? Was war denn so besonders an dieser Situation? Es war doch nur ein dummer und belangloser Zufall. War es denn für Louis etwas anderes? Aber warum sollte es denn für ihn in irgendeiner Form eine Bedeutung haben?
Meine Augen fielen mir mit zunehmender Zeit immer wieder zu, doch als ich sie geschlossen hielt und einen erneuten Versuch startete, um wenigstens für eine halbe Stunde zu schlafen, erinnerte ich mich an Louis' Blick. Seine roten Wangen, der schüchterne Blick und wie er nervös mit den Händen an seinem Oberteil gezupft hat.
Ruckartig setzte ich mich auf, wobei die Decke von meinem Körper rutschte. Durch die kalte Luft im Zimmer bekam ich direkt eine Gänsehaut.
Warum war es mir nicht schon vorher aufgefallen oder warum habe ich dem vorher keine Beachtung geschenkt? Warum musste mir das jetzt um drei Uhr morgens einfallen? Warum?
Über zwei Tage hatte ich mir den Kopf so sehr darüber zerbrochen und war einfach nicht dahintergekommen. Dabei war es doch so offensichtlich. Ich fuhr mir verzweifelt durch meine Haare und seufzte. Ich sollte mit ihm reden. Definitiv. Nicht das er sich irgendwie verrennt... Ich mein, dass ging nicht. Das würde überhaupt nicht funktionieren.
Verzweifelt berührte ich meinen Ehering und drehte ihn vor und zurück.
Nein, es ging nicht.
Seit längerer Zeit dachte ich wieder an William. Irgendwie hatte ich ihn in den letzten Tagen unbeabsichtigt aus meinen Gedanken verbannt. Es war komisch das ich das tat. Das war doch sonst nicht so. Ich drehte wieder an meinen Ehering und zog ihn langsam aus. Doch sie auch beim letzten Mal fühlte es sich nicht richtig an. Somit zog ich ihn wieder an und schloss meine Augen. Es war doch bestimmt normal wenn ich nicht jeden Tag an meinen Ehemann dachte.
Was allerdings nicht normal war, waren meine Gedanken an Louis.
Nun konnte ich überhaupt nicht mehr an Schlaf denken, weswegen ich aufstand und mich für meinen Arbeitstag im Bad fertig machte. Ich würde einfach etwas früher als sonst anfangen. Allerdings ist es auch besser so, denn es lag eine Menge an Arbeit an. Vor allem Bestellungen mit Sonderwünschen und die ein oder andere Hochzeitstorte.
Fertig umgezogen schlich ich leise in Sophies Zimmer und schmunzelte, als ich meine Tochter quer im Bett liegen sah. Seit dem Albtraum bei Gemma hatte sie keinen weiteren mehr gehabt. Und hoffentlich blieb es die nächste Zeit auch so. Sie sollte einen ruhigen Schlaf haben und nicht immer aufschrecken. Sanft fuhr ich ihr durch die Haare und strich ihr eine Strähne aus der Stirn, bevor ich meine Lippen kurz auf diese legte.
Jedes Mal strampelte sie die Decke von sich, weswegen ich sie wieder zudeckte und noch einen Moment betrachtete. Nach wenigen Minuten verließ ich das Kinderzimmer und ging zum Gästezimmer hinüber. Da die Tür angelegt war, öffnete ich sie ein Stückchen mehr und trat hinein. Fizzy war seit Sonntagnachmittag hier und nahm etwas Abstand von ihrer Familie. Lottie und sie hatten sich ziemlich gestritten und da Fizzy es nicht mehr aushielt, stand sie sonntags verweint vor meiner Tür.
Natürlich konnte ich ihr den Wunsch nicht abschlagen und ließ sie im Gästezimmer schlafen. Allerdings unter der Bedingung, dass sie sowohl nach der Schule als auch abends Zuhause anrief. Ich verstand das sie Abstand wollte, dennoch konnte sie nicht einfach ihre Familie ignorieren. So wie Sophie gab ich auch Fizzy einen Kuss auf die Stirn und stellte sicher, dass sie ruhig und unbeschwert schlief.
Bevor ich zur Arbeit fuhr deckte ich noch den Frühstückstisch für die beiden. So war es für die Mädchen in wenigen Stunden einfacher. Nach dem ich den Tisch vollständig gedeckt hatte, füllte ich noch für die beiden ihre Brotdosen und stellte diese in den Kühlschrank. Schnell schrieb ich noch einen Zettel für Fizzy und legte diesen auf einen der Teller. Sie würde Sophie vor der Schule zum Kindergarten bringen und anschließend bei mir in der Bäckerei absetzten. Zumindest bat ich sie in diesem Zettel darum.
Lottie hatte auch schon gesagt, dass sie nicht kommen würde. Egal über was die beiden gestritten hatten, sie sollten das bald klären... Auch wenn ich sie gern hatte und es mochte, wenn sie da war, sollte sie wieder zurück zu ihren anderen Geschwistern. Stress mit der eigenen Schwester war nie etwas tolles. Ab und an hatte ich mich auch mit Gemma zerstritten, doch ich bereute es jedes Mal aufs neue.
Nach einer kurzen Autofahrt traf ich in der Bäckerei ein und war bis zur Eröffnung mit dem Backen von Brötchen und Broten beschäftigt. Auch hatte ich eine der Torten angefangen und stellte sie zurück in den Froster, bevor ich auf den Verkauf der Backwaren konzentrierte. Wie jeden Morgen um diese Zeit kamen viele Leute, um sich ihr Frühstück für die Arbeit zu holen. Manche hatten auch noch so viel Zeit, dass sie sich für eine Tasse Kaffee hinsetzten.
Gegen Vormittag wurde es etwas ruhiger, wodurch ich die Zeit hatte etwas aufzuräumen und die Theke wieder aufzufüllen. Da jetzt auch mein Kopf wieder zur Ruhe kam und ich nicht über die Gäste und die Bestellungen nachdachte, drängte sich Louis wieder in den Vordergrund.
Wenn ich mit ihm sprach... Was sollte ich dann sagen? Wie könnte ich das Gespräch am besten anfangen?
Nachdenklich kaute ich auf meine Unterlippe herum und überlegte, was ich alles sagen könnte. Oder was ich lieber nicht ansprach. Da ich jedoch wieder einmal keine Idee hatte, versuchte ich mich abzulenken.
Um die Mittagszeit nahm die Anzahl der Kunden nochmal erheblich zu, doch zum Glück kam Philip und half mir mit den Bestellungen. Der Praktikant von letztens hatte doch nicht mehr so viel Spaß an der Sache und hatte mir heute früh noch kurzfristig abgesagt. Ansonsten hätte ich mich schon nach Ersatz erkundigt... Doch so auf die Schnelle wollte ich niemanden die Tagesplanung versauen.
Gerade war ich dabei mir die Wünsche für eine Hochzeitstorte von einem jungen Pärchen zu notieren, als mich ein lautes und lang gezogenes 'Papa' aus dem Konzept brachte. Bevor ich wirklich reagieren konnte, war Sophie schon zu den Sesseln gelaufen, auf denen wir saßen, und krabbelte neben mich. "Hallo Spätzchen", flüsterte ich und küsste ihre Wange. Ich hob sie vernünftig hoch, setze sie auf meinen Schoß und schrieb noch schnell den Satz zu Ende.
"D-Das ist ihre Tochter?" Die junge Frau, Alyssa, sah mich überrascht und auch neugierig an. Ihr Verlobter war ebenfalls ganz erstaunt. "Ja, das ist meine Tochter." Erst jetzt schien Sophie zu merken, dass sie mich bei etwas gestört hatte, denn sie versteckte ihr Gesicht schüchtern an meiner und murmelte ein leises 'Hallo'.
"Sind Sie denn nicht noch voll jung? Wie können sie da schon eine Tochter in so einem Alter haben?" - "Ally, das geht uns nichts an", murmelte ihr Freund und stieß ihr in die Seite. Ich winkte jedoch nur ab und grinste. "Alles gut, ich bin tatsächlich erst 23", erklärte ich, setzte Sophie ab und schickte sie in die Backstube. Alyssa sah mich mit großen Augen an. "Wow... das ist krass. Und dann haben Sie noch die Bäckerei?"
Ich nickte nur und besprach dann die letzten Details der Torte mit den beiden und achtete darauf, dass ich die Wünsche genauestens notiert hatte. Beide verabschiedete ich anschließend mit einer leichten Umarmung. Da Eleanor diesmal ihrem Vater half ging ich zu Sophie und lächelte als ich auch Fizzy erblickte.
Beide saßen an dem kleinen Tisch und suchten sich aus einer kleinen Metalldose ein paar Kekse aus, die sie essen wollten. Lächelnd betrachtete ich das und schmunzelte, als beide seufzten, weil die Vanillekipferl leer waren. "Wenn ihr möchtet können wir die als erstes backen. Anschließend machen wir die Cookies. Wie wäre das?" Die Mädchen waren von dem Vorschlag direkt begeistert und gemeinsam machten wir uns ans Werk.
Allerdings dauerte es keine halbe Stunde und wir drei waren vollkommen von Mehl bedeckt. Mit guter Laune schafften wir es dann doch noch die Kekse zu backen. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag damit und waren erstaunt, als Philip in der Tür stand und mich darauf hinwies, dass er gerade den letzten Kunden verabschiedet hatte.
"Was? Es ist schon so spät?" Erschrocken schaute ich auf meine Uhr. Es war tatsächlich schon nach sechs. Gemeinsam beseitigen wir das Chaos und packten die frisch gebackenen Kekse in die Dosen. Plötzlich kam mir ein Gedanke, weswegen ich nach einer der braunen Papiertüten griff und ein paar der Kekse abpackte.
Mit den Mädchen zuhause angekommen kochte ich noch etwas zu essen und parkte die zwei anschließend vor dem Fernseher. Nicht unbedingt eine wirklich gute Idee noch so spät einen Film zu starten, doch so waren sie wenigstens beschäftigt.
"Ich muss noch einmal los. Ich bin in einer Stunde wieder da, versprochen." - "Wo gehst du denn hin, Papa?", fragte Sophie neugierig und lief zu mir. Gerade schlüpfte ich in meine abgetretenen Vans und kniete mich dann zu meiner Tochter. "Du musst nicht immer alles wissen", flüsterte ich und tippte auf ihre Nase. "Aber du kommst wieder?" Schnell nickte ich. "Natürlich."
Meine Handtasche nahm ich von der Treppe und griff nach der Kekstüte auf der Kommode. Bevor ich zur Haustür hinausging und in mein Auto stieg atmete ich tief durch. Wenn ich jetzt noch weiter darüber nachdenken würde, würde ich vermutlich wieder ins Haus und dem Gespräch aus dem Weg gehen.
Bei den anderen Tomlinsons angekommen, parkte ich mein Auto und blieb trotzdem noch einem Moment setzten. Hoffentlich war Louis überhaupt schon vom Training zurück... Ich gab mir selbst einen kleinen Ruck und stieg endlich aus dem Auto aus. Bevor ich klingelte schloss ich meine Augen nochmal kurz.
Doch bevor mein Finger die Klingel berührte ging die Haustür auf. "Harry?", fragte Louis verwundert und sah mich überrascht an. "W-Was machst du denn hier?" Ich nahm die Tüte mit den Keksen aus meiner Handtasche und hielt sie ihm hin. "Du hattest keine Zeit, wegen deinem Fußballspiel und da dachte ich, dass ich dir welche vorbeibringen könnte." Louis griff mit leicht zittrigen Händen nach der Tüte und nahm sie entgegen. "Sophie und Fizzy haben sich echt Mühe gegeben."
"Das glaube ich", murmelte er mit roten Wangen und stockte kurz. "Danke für die Kekse." Erschien kurz in Gedanken zu sein, bevor er weitersprach: "Wolltest du noch etwas?" Mit einem Mal schien er ziemlich nervös zu sein und blickte immer wieder über seine Schulter in den Flur. "Eigentlich schon..." Louis nahm sich einen Hausschlüssel aus der Schale und zog die Tür hinderlich zu. "W-Wegen...", er brach ab und schaute mich nicht an.
"Wegen dem was du gesagt hast. Denn jetzt gehen mir deine Worte nicht aus dem Kopf", gestand ich und versuchte seine Mimik in irgendeiner Weise zu deuten. Nach dem ich ihn kurz gemustert hatte setzte ich fort:" Was hattest du damit gemeint, dass du es nicht vergessen kannst...?" Ich wartete auf eine Antwort, doch anstatt das Louis antwortete, färbten sich seine Wangen rot und er blickte betreten auf den Boden.
Nach mehreren Minuten des Schweigens brach er dann doch die Stille. "Was soll das schon bedeuten? Was bedeutet es denn, wenn man selbst so eine blöde Sache nicht einfach vergessen kann?" Louis schaute mich wieder an und das was ich sah brachte mich dazu ihn in meine Arme zu nehmen. Diesmal versteifte er sich nicht wie bei der letzten Umarmung. Er erwiderte sie und schmiegte sich sogar leicht an mich. Aber vielleicht war es auch nur Einbildung.
"I-Ich... Ich bin v-verliebt in dich."
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2048 Wörter 18/11/2020
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