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#22

Angelique hat mich nicht genug gewarnt. Sie hat zwar angekündigt, dass die Buchmesse wild werden würde, aber sie hat nicht gesagt, dass es so schlimm sein könnte. Dabei sind die ersten zwei Tage wunderbar. Die Messe ist ein schöner Ort, voller verschiedener Stände und an jeder Ecke gibt es etwas Interessantes zu sehen. Viel Zeit dafür habe ich nicht, um mir alles genau anzuschauen, aber es ging ruhig zu. Vereinzelte Blogger kommen zu unserem Stand, verbringen Zeit mit uns und gehen wieder. Ich halte jeden Tag zwei Lesungen, unterhalte mich mit Autoren aus meinem Verlag und wir alle verstehen uns prächtig.

Am Abend entführe ich einige meiner »Kollegen« in mein Lieblingsrestaurant und obwohl es meine Heimat ist, unsere Heimatstadt, nehmen Diana und ich das Angebot wahr, auch hier in einem Hotel zu nächtigen. Die Wahrheit ist, dass ich noch nicht bereit bin, wieder in meine Wohnung zurückzugehen. Ich bin noch nicht bereit, Sam wieder gegenüber zu treten.

Alles läuft okay. Bis der Samstag kommt.

Man muss sich die Buchmesse so vorstellen: Mittwoch ist die Eröffnung, an dem Tag geschieht nicht wirklich viel. Donnerstag und Freitag ist der Eintritt nur für Fachbesucher – Autoren, Verlage, Blogger, Presse allgemein. Ab Samstags ist die Messe dann endlich für alle Besucher geöffnet. Und ich meine wirklich für alle.

»Ich habe noch nie so viele Menschen in meinem Leben gesehen«, zischt Diana, die während der offiziellen Auftritte im Hintergrund bleibt und meistens selbst auf Entdeckungstour geht. Da ich gerade eine längere Pause habe, teilt sie mit mir ihren reingeschmuggelten Kaffee.

»Ich hoffe, ich werde nie wieder so viele Menschen in meinem Leben sehen«, ist meine Antwort darauf. Was nicht übertrieben ist. Ich habe das Gefühl, den gesamten Tag von einer Ameisenkolonie umgeben zu sein. Jeder will etwas, jeder weiß etwas, jeder muss etwas loswerden.

Es scheint, als würden Bienen um mich schwirren, den ganzen Tag lang. Weil diese Tier-Analogien noch nicht reichen, kommt noch eine: Es wird erst schlimmer, als ein Elefant den Raum betritt. Ein Elefant im Porzellanladen, mit scharf geschnittenen Kanten und zarter Haut, der auch aus nicht viel mehr zu bestehen scheint. Ein Elefant, der nur grau trägt, nicht rasiert ist und am Ende meines letzten Programmpunktes des Tages am Rande des Verlagsstandes wartet und dabei Raubtierartig abgefangen wird.

» … das kannst du nicht tun.«
»Bist du ihre Mutter?«
»Ich sorge mich um sie, als wäre ich es, ja!«
»Viel gebracht hat das ja nicht, was?«

Ich höre der Unterhaltung noch einige Zeit länger zu, beobachte meine besten Freunde, wie sie sich angiften, obwohl sie so viel gemeinsam haben. Eingreifen kann ich nicht. Ich weiß nicht einmal genau, was mich zurückhält, doch es ist mir nicht möglich, mich bei den beiden einzumischen. Solange sie mich noch nicht entdecken, habe ich das Gefühl einen Augenblick lang sicher zu sein.

Seltsam, dass ich seit Wochen nichts anderes wollte, als mit Sam zu sprechen und jetzt, wenn die Gelegenheit sich ergibt, habe ich Angst davor.

»Das letzte Mal, als ich dich so entgeistert sah, hast du dich an meinem Bier verschluckt. Schade dass es diese Szene nicht im Buch gibt.«

Konnte das … Ist das … Möglich?

»Jonas?«, frage ich zweifelnd und starre zu dem Riesen hoch, der mit einem schelmischen Grinsen vor mir steht, auf den Schultern ein kleines Mädchen, das mit riesigen Augen über die ganzen Menschen blickt.

»Wie er leibt und lebt und seine Prinzessin trägt und geht und … mir fallen keine Reimwörter mehr ein.« Er zuckt mit den Schultern, was schwierig sein muss, mit der rosa gekleideten Prinzessin.

Natürlich habe ich mir gewünscht, ihn wieder zu sehen, aber … ich bin sprachlos, was ihn erneut zum Lachen bringt.

»Ich hatte Angst, dich zu verpassen. Aber wie das mit Kindern so ist, haben wir es nicht früher hergeschafft.«

»Ich kann nicht fassen, dass du wirklich hier bist. Und mich gefunden hast!« Einem Impuls folgend, umarme ich ihn, was sich seltsam anfühlt.

Er ist nicht nur gewachsen – was eine Einbildung von mir ist – er sieht auch älter aus. Augenringe liegen unter seinen Augen, aber es ist Zufriedenheit in seinem Blick zu erkennen. Was wie aus einem billigen Kitschroman klingt, aber einfach nur die Wahrheit ist. Aus dem unsteten Wanderer ist ein gestandener Mann geworden. Ein Vater.

»Wie geht es Ella?«, frage ich, während seine Tochter ihm auf den Kopf klopft. Sie scheint nicht älter als vier, vielleicht fünf zu sein. Also muss sie gezeugt wurden sein, kurz nach unserer Verabschiedung. Sie sieht ihm nicht wirklich ähnlich, mit braunen Haaren, die sich um ihr Gesicht wellen. Nur die breite Nase hat sie von Jonas, das arme Mädchen.

»Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt, Wir verloren den Kontakt, nachdem dieses kleine Monster zur Welt kam.«

»Sie ist nicht –«
»Die Mutter?«, fällt er mir lachend ins Wort. »Nein, bewahre. Ella lässt keinen Menschen mehr an sich heran. Das letzte, was ich von ihr hörte, war dass sie in Schottland sitzt und Tattookünstlerin geworden ist.«

Und so ist die Märchenvorstellung dahin, dass meine Kurzzeit-Freunde ihr Leben zusammen verbringen und ein Happy End haben. Sehr passende Beschreibung für das Leben. Nie kommt etwas so, wie man es sich wünscht.

Jonas hebt seine Tochter von seinen Schultern, setzt sich vor sich ab und hält sie an ihren Schultern fest, bevor sie weglaufen kann. Es wirkt so natürlich und fast wie einstudiert. Er ist ein Vater. Er ist kaum älter als ich und schon so viel erwachsener. Wie unfair!

»Ich wollte mich für die Widmung bedanken. Meine Verlobte hat sie entdeckt und mich gefragt, ob mir die Autorin bekannt vorkommt. Da sie von unserem kleinen Abenteuer wusste, fiel es ihr nicht schwer, die Verbindung zu ziehen. Als ich dich auf dem Bild erkannte, waren wir beide erst einmal perplex.«

»Du wolltest, dass ich ein Buch schreibe«, kontere ich, noch immer lächelnd. »Das war euer Wunsch an mich.«

Jonas nickt noch einmal, breitet einen Arm aus und umarmt mich erneut. Ungewohnt, aber durchaus angenehm. »Du weißt nicht, wie glücklich ich bin, dich hier stehen zu sehen.«

Weil mir erneut Tränen in die Augen schießen, kann ich keine Antwort geben. Was vielleicht auch nicht notwendig ist. Manche Momente brauchen keine Worte. Nur Menschen, die sie verstehen.

  
   
Jonas verabschiedet sich recht schnell und weist jede Einladung, noch mit uns zu kommen, ab. Ich weiß, dass seine Tochter keine vorgeschobene Ausrede ist und er würde, wenn er könnte. Faszinierend, wie sich Menschen wandeln und doch gleich bleiben. Jonas wusste schon immer, wo seine Prioritäten liegen und beschützte sie. Das scheint sich nie geändert zu haben.

»Ist dieser alleinerziehende Vater-Typus jetzt dein Männertyp?« Sams erste Worte an mich. Feindselig und kalt.

Hervorragend. Weil ich das gerade auch so gut gebrauchen kann, vor all den Leuten, meinen Verlegern und Angelique.

»Aber mir deswegen eine Szene machen?«

Ein Schnauben entweicht mir. Unbeabsichtigt, weil ich es eigentlich besser wissen müsste. Das bringt ihn ja doch nur in Fahrt.

Sein Blick ist erstaunlich kühl, als er mir den Arm entgegenstreckt. Das letzte bisschen, was von meinem Sam übrig ist, scheint unter seiner Bitterkeit verloren gegangen zu sein. Was auch immer ihm so zugesetzt hat, was auch immer ihn dazu brachte, sich vor mir zurückzuziehen und dieses Abbild zu werden … Es muss groß sein.

Doch ich bin nicht seine Mutter und auch nicht sein Arzt. Vor einigen Monaten noch hätte ich alles daran gesetzt, ihn zu ergründen. Seine Probleme zu begreifen, ihnen einen Namen zu geben und sie zu beseitigen. Wie ich es immer tat.

Er hatte keine Bleibe, ich ließ ihn bei mir wohnen. Er hatte kein Geld, ich lieh ihm welches und erließ ihm die Miete. Er hatte keinen Job, ich ließ ihn bei Papa arbeiten.

Seitdem wir uns kannten, hatte er selten wirklich leiden müssen. Was schön ist und was ich jederzeit wiederholten würde. Aber es formt einen Menschen nicht, es hilft einer Person nicht, wenn ihr all die anstrengende Arbeit abgenommen wird. Wir wachsen durch Rückschläge. Durch die Steine, die uns in den Weg gelegt werden.
Eine Lektion, die ich Prinzesschen auch erst zu lernen hatte.

»Ich ziehe eine Zeitlang zu Daniel.« Sein irgendwie-bester-Freund ist jetzt also wieder gut genug. »Meine Sachen sind schon alle aus der Wohnung verschwunden, du brauchst dir keine Gedanken zu machen.«

Hätte ich nicht. Habe ich nicht.

»Kannst du denn gar nichts dazu sagen?« Zuckt seine Lippe? Macht er doch einen Rückzieher? Worauf soll ich hoffen, was soll ich mir wünschen? Ich bin enttäuscht von ihm, ich bin enttäuscht, dass mein engster Vertrauter nicht mit mir redet. Mir nicht seine Sorgen und Ängste anvertraut. Mir nicht zur Seite steht, obwohl ich ihn gebraucht hätte.

»Du hörst mir doch ohnehin nicht zu«, erwidere ich trotzig und reiße ihm die Schlüssel aus der Hand. »Seit Wochen scheinen meine Worte durch deinen Gehörgang zu gehen und irgendwo stecken zu bleiben, bevor dein Hirn sie verarbeiten kann.«

Jetzt zuckt seine Unterlippe tatsächlich. Vor Wut? »Du hast gut reden, von deinem hohen Ross. Miss Perfect mit ihrem perfekten Leben und ihrer perfekten Familie und ihren ganzen Erfolgen. Du hast nicht ein einziges Mal in den vergangenen Wochen nach Leo gefragt. Du hast in all deinen dummen Nachrichten nicht einmal gefragt, wie es mir geht, wie ich darüber denke, dass ich nach Schweden umziehen muss, um meine Tochter nicht zu verlieren. Weil es dir nur darum geht, dass du mich nicht verlieren willst. Aus vollkommen egoistischen Gründen.«

»Ist Liebe das? Ist Liebe egoistisch?«, keife ich, sogar leiser als beabsichtigt. Vielleicht kann ich Sam hier noch raus bekommen, bevor einer es mitbekommt. Draußen mit ihm weiter reden. Streiten. Vielleicht muss es nicht in einer Katastrophe enden.

»Deine ist es. Du willst, dass ich hierbleibe. Wenn du mich lieben würdest …« Er schüttelt den Kopf. »Ich habe schon vor Monaten realisiert, was du für mich empfindest und es hat mich glücklich gemacht, Kas. Weil ich dachte, dass du mir hilfst, mit Leo klarzukommen. Dass du an meiner Seite bist, wenn es hart auf hart kommt. Doch alles was du liebst, ist die Aufmerksamkeit, die ich dir schenken konnte, solange du wusstest, dass du die wichtigste Person in meinem Leben bist.«

Einatmen.
Ausatmen.
Ein.
Aus.
Ist ganz leicht. Wie ich es schon unzählige Male getan habe, in stressigen Situationen. Wenn die Schlange sich um meinen Körper schlingt und an meinem Hals ankommt und zudrückt und sich weiter um mich schlingt und mein Gesicht verdeckt und meine Luftröhre zuhält und ich krampfhaft nach Luft schnappe und versuche zu atmen und zu atmen und zu at-

»Wir beide sind kein gutes Paar«, beendet Sam seine Rede. »Wir waren noch nie ein gutes Team. Einer von uns musste stets zurückstecken. Das war nicht fair, für keinen von uns. Kaputt und kaputt ergibt kein gutes Ergebnis, Kas. Ich wünschte, wir hätten das schon früher gesehen, bevor …«

Bevor was?, will ich schreien, doch kein Wort verlässt meine Lippen.
Bestimmt bin ich schon blau angelaufen und meine Augäpfel fallen gleich aus ihren Höhlen. Sieht denn niemand diese riesige Boa, die sich um mich schlingt, mich aufzufressen droht? Sieht denn niemand, dass ich gerade ersticke und nach Luft ringe und nicht weiß, wie ich jemals wieder richtig atmen soll, wenn mein bester Freund mich hier einfach so stehen lässt, bevor ich ihm sagen kann, mit richtigen Worten, wie viel er mir bedeutet und dass ich daran arbeiten werde und dass wir einen Weg finden, weil wir immer einen Weg gefunden haben, miteinander klar zu kommen.

Wie kann ich weiteratmen, wenn meine Luft gestohlen wird?

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