Prolog - Dem Tode so nah...
Eleonora hatte sich nie wirklich Gedanken darum gemacht, wie sie einmal sterben würde.
Vielleicht durch einen Autounfall, verursacht durch einen unachtsamen Raser oder eines ihrer vielen, oft zu riskanten Überholmanöver.
Denkbar wäre auch irgendeine Art von Lungenkrebs, der dank ihres permanenten Zigarettenkonsums langsam ihren Körper zerfressen hatte.
Aber bestimmt nicht durch die Hände des Mannes, von dem sie dachte, er empfände etwas für sie...
Ihre Glieder waren schwer wie Blei und bis auf ihren Kopf schien ihr restlicher Körper absolut taub zu sein.
Sie spürte keine Schmerzen mehr.
Lediglich ein seltsam warmes Kribbeln in ihrer Brust ließ sie fühlen, dass sie überhaupt noch am Leben war.
Wahrscheinlich hatte sie einen Schock.
Zumindest vermutete sie es.
Schwach schielte sie nieder auf ihre Brust, die sich schwer hob und senkte, sowie auf die darüber liegende Seidenbluse, deren dunkler Blutfleck sich mehr und mehr vergrößerte.
Schade eigentlich.
Die Bluse war eines ihrer Lieblingsstücke.
Darauf zu sehen war ein mit Goldfäden kunstvoll aufgestickter Phönix, dessen gespreizte Flügel mittlerweile ziemlich ausgefranst wirkten. Das permanente Tragen in den vergangenen Tagen hatte sichtbare Spuren auf dem ehemals so teuren Stück hinterlassen.
Erneut musste sie schlucken und würgte instinktiv, als sie den metallischen Geschmack ihres Blutes wahrnahm, der sich in ihrem Gaumen mehr und mehr bemerkbar machte.
Warum konnte sie nicht einfach das Bewusstsein verlieren, um nichts mehr von alledem hier mitzubekommen?
Ein resigniertes Aufseufzen entwich ihren Lippen.
Sie musste schon wahrlich einen erbärmlichen Anblick einer Sterbenden abgeben, wie sie so in ihrer verdreckten Kleidung und der von Laufmaschen durchzogenen Strumpfhose in der Ecke saß und damit kämpfte, nicht wie eine hingeworfene Puppe nach vorne umzukippen, während das Blut mittlerweile neben ihr auf den Boden tropfte.
Die Redakteure der gängigen Klatschzeitschriften würden sich in den kommenden Tagen bestimmt ihre raffgierigen Finger nach jedem Detail ihres Ablebens ausstrecken, nur um es in vollen Zügen auszuschmücken und gewinnbringend unter die Leute zu bringen.
Aber zumindest musste Léa selbst davon nichts mehr mitbekommen.
Schwach über derart banale Gedankengänge schmunzelnd, schloss sie ihre Augen, lehnte ihren Kopf seufzend zurück und kauerte sich noch mehr gegen die Wand hinter sich.
Die Lethargie in ihrem Inneren gewann mehr und mehr die Überhand und sie spürte, wie ihr stummer Wunsch in Erfüllung zu gehen schien.
Einschlafen...Einfach nur einschlafen und alles negative der vergangenen Wochen vergessen...
»Léa...«
Eine warme Hand legte sich sanft auf ihre Wange, während ihr eine so vertraute, allerdings leicht verschwommen klingende Stimme nahezu verzweifelt flüsterte:
»...Wach bleiben. Hörst du, Engel...Du darfst jetzt nicht einschlafen...Er kann dir nichts mehr tun! Bitte, Léa! Bleibˋ bei mir... Hilfe ist schon so gut wie Unterwegs...«
Ein schwaches Lächeln wanderte über ihre Lippen und sie schüttelte kaum merklich ihren schweren Kopf.
Sie gab sich selbst keine wirkliche Chance, diesen Raum hier je wieder lebend zu verlassen.
»Léa...Bitte!«
Erneut vernahm sie seine flehende Stimme, bevor sich Lippen zärtlich auf die ihrigen legten, und sein warmer Atem ihr heiser zuflüsterte:
»Ich brauche dich doch, mein Engel...Ohne dich ist mein Leben ohne Sinn...Bleib' bei mir und halte durch! Für mich. - Nein! Für uns...«
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