Epilog
Die Tage vergingen, der Winter kam und der erste Schnee fiel.
Dicke Flocken, die aus den grauen Wolken herab stürzten und das ganze Land weiß färbten.
Die Kinder aus dem Dorf im Tal, spielten glücklich draußen.
Ich konnte ihre Freudenschreie durch die Wände der kleinen Holzhütte hören und musste fast darüber Lächeln.
Ein warmes Feuer knisterte in dem Kachel Kamin neben dem Bett auf dem ich saß, eingekuschelt in weiche Decken.
Den Kopf auf Jasons Schulter gelegt, starrte ich in die orange-roten Flammen und dachte wie so oft über die vergangenen Tage nach.
Arthurs Leute hatten sich ergeben, nachdem ihr Anführer tot war.
Nachdem ich ihn getötet hatte.
Ich sah diese Bilder immer und immer wieder in meinen schlimmsten Alpträumen, doch mitlerweile wusste ich, dass ich das richtige getan hatte.
Es war Blut vergossen worden, doch es hatten viele überlebt.
Wir hatten den Frieden bekommen, für den wir gekämpft hatten.
In den letzten Tagen hatten wir uns von dem Kampf erholt, unsere Wunden wurden versorgt. Die toten wurden Beerdigt und gewürdigt.
Mein Vater und Lilly waren vor zwei Tagen los gereist, um mit den Leuten aus dem Dorf am See zu sprechen.
Sie waren zu Pferd unterwegs und sollten an diesem Abend zurück kehren.
Vielleicht mit den Leuten aus meinem ehemaligen Zuhause.
Jacob, der zum neuen Anführer gewählt worden war, hatte ihnen angeboten hier bei den Bergen zu leben.
Zumindest bis der Frühling kam und sie das Dorf neu erbauen konnten.
Vielleicht würde es noch Konflikte zwischen den hier lebenden und den Leuten vom See geben, aber das konnte man ändern.
Wir mussten unsere Vergangenheit hinter uns lassen.
Ich spürte wie sich Jasons Finger mit meinen verschränkten und musste lächeln.
Als ich aufsah, merkte ich, dass er genau das selbe tat.
Er beugte sich zu mir herunter und küsste mich sanft auf die Lippen.
"Ich liebe dich", flüsterte ich.
Hand in Hand stapften wir durch den bereits dick liegenden Schnee, an dem gefrorenen See vorbei.
Sofort erinnerte ich mich an unsere Flucht aus den kargen Zellen in den Höhlen. Es erschien mir, als wäre das alles eine Ewigkeit her.
Die Höhlen an der anderen Felswand wirkten bedrohlich und verlassen.
Das waren sie auch.
Niemand wurde dort mehr eingesperrt und der Saal mit dem Thron aus Stein wurde nur noch als Lebensmittel aufbewahrungs raum verwendet.
In den Häusern um uns herum brannte wohlig warmes Licht, während hier draußen allmählich die Sonne unter ging.
Wir liefen auf eines der Holzhäuser zu, aus dem schon Stimmen zu hören waren.
Wir waren an diesem Abend zu Jacob eingeladen worden.
Mein Vater und Lilly müssten mitlerweile auch schon zurück sein und sie würden uns erzählen was mit den Leuten am See war.
Jason klopfte fest an die schwere Eichenholz Tür und Sekunden später wurde sie auch schon auf gezogen.
Jacob stand vor uns, nickte uns freundlich zu und ließ uns eintreten.
Eine angenehme Wärme empfing uns als wir in den großen Raum traten.
In der Mitte des Zimmers stand ein langer Holztisch, in einer Ecke war ein kleines Sofa, daneben Regale, voller Bücher.
Mein Vater kam mir lächelnd entgegen und ich fiel ihm in die Arme.
Er sah nicht mehr so erschöpft aus, wie in den Tagen nach dem Kampf.
Mein Vater klopfte Jason auf die Schulter und wandte sich dann dem großen Tisch zu, auf dem schon einige Leckereien standen.
Lilly kam auf mich zu und umarmte mich überraschender Weise ebenfalls.
"Es war schön wieder zuhause zu sein", murmelte sie, sodass nur ich es hören konnte und lachte kurz auf.
"Aber am Meer wäre ich trotzdem gerne."
Ich musste auch Lachen.
"Schön das du wieder da bist."
Mein Blick glitt zum Sofa.
Abygail hockte darauf, auf ihrem Schoss lag ein auf geschlagenes Buch.
Neben ihr saß Peter, die Finger mit Abygails verschränkt.
Die beiden sahen gleichzeitig von dem dicken Buch auf.
Ich lächelte und die beiden winkten mir zu.
Teller mit leckeren Speisen standen darauf und ließen mir das Wasser im Mund zusammen laufen.
"Setzt euch doch!", sagte Jacob und zeigte einladend auf die Holzstühle, die um den Tisch herum standen.
Wenig später saßen wir alle und verspeißten das Essen.
"Wie ist es gelaufen?", fragte Jacob an meinen Vater gewandt und pickte sich eine der Trauben von seinem Teller.
"Gut. Sie werden kommen. Das Dorf wurde noch nicht wirklich wieder aufgebaut und sie wären sehr dankbar wenn sie hierher kommen dürften. Zumindest fürs erste. Wenn es wieder wärmer wird, wollen wir das Dorf wieder aufbauen. Hier ist kaum genug Platz für so viele Menschen."
Jacob nickte nur.
"Ihr müsst euch mal vorstellen was die für ein Gesicht gemacht haben, als wir dort angeritten kamen!", meinte Lilly und grinste.
"Wir, die seit Jahren als verschollen galten!"
Wir alle mussten Lachen und sogar Jacob lächelte.
Doch er fühlte sich auch schuldig dafür, dass mein Vater und Lilly so lange gefangen gehalten worden waren, das wusste ich.
Mich plagten in den Nächten die Albträume, von den Menschen die ich getötet hatte.
Jeden Morgen tröstete mich Jason mit den Worten, dass ich dies nun nie wieder tun müsste.
Doch ich wusste, dass es ihm genauso ging wie mir.
Unter dem Tisch griff ich nach Jasons Hand und er lächelte mich verständnisvoll an.
"Du möchtest zum Meer?" Ich sah bei Jacobs Frage auf, merkte aber das sie nicht an mich gerichtet war.
Lilly, die sich gerade ein Stück Wildschwein fleisch in den Mund schieben wollte, hielt mitten in der Bewegung inne.
Dann nickte sie.
Jacobs Blick glitt zu mir.
"Du hast mich auch einmal gefragt ob es das Meer gibt." Ich nickte bloss.
"Es gibt es. Nicht allzu weit entfernt von hier, hinter den Bergen. Ich selbst war schon einmal da. Dort leben auch noch andere Menschen, andere die von der Erde gekommen sind.
Sie werden euch willkommen heißen, wenn ihr dorthin geht."
Lilly fiel das Stück Fleisch fast aus dem Mund und auch ich schaute ihn überrascht an.
"Ich würde euch aber raten, über winter hier zu bleiben."
"Ja! Natürlich", sagte Lilly und sah mich dann grinsend an.
"Stell dir das vor! Wir werden das Meer sehen, Evelyn!"
Ich nickte und lachte. "Das werden wir!"
Wir standen auf einem Felsplatteu, am Gipfel des Berges.
Unter uns im Tal leuchteten die Lichter des Dorfes durch die Dunkelheit.
Wir hatten ein Feuer angezündet und obwohl der Wind stark war, ließ es sich nicht beirren.
Die Flammen tanzten in der kalten Luft hinauf in den Himmel, verbreiteten ein angenehmes Licht.
Dicke Schneeflocken fielen auf uns herab, setzten sich auf den gemütlichen und wärmenden Jacken ab.
Ich wandte mich vom Feuer und somit auch von Lilly, Abygail, Peter und meinem Vater ab, die um die Flammen herum standen, sich wärmen ließen, leise miteinander redeten und lachten.
Jason stand an der Kante des Felsplatteus und starrte in die Ferne.
Ich trat zu ihm und nahm seine Hand in meine.
Vor uns erstreckte sich der Wald, bis in die Ferne, in der die Bäume den dunklen Himmel berührten.
Tausende hell leuchtende Sterne zierten den Nachthimmel, und auch der Mond prankte in voller größe dort oben und ließ sein silbriges Licht auf das Land fallen.
Es war kalt hier draußen, der Wind wehte stark um uns herum.
Doch die Jasons Hand verlieh mir die Wärme die ich brauchte.
Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen ansammelten, doch diesmal war es nicht die Trauer, sondern die Freude.
Ich war glücklich.
Ich hatte meine Freunde, meinen Vater und Jason. Es herrschte Frieden.
Es war alles gut.
Nur eine Sache noch nicht.
In einer Sache war ich mir unsicher.
Wir könnten zurück, wenn der Winter vergangen war.
Zurück nach Hause.
Zurück zu dem See.
Den Ort den ich einmal "zuhause" genannt hatte.
Doch dort hatte ich nichts mehr.
Keine Familie, keine Freunde.
Sie waren alle hier.
Ich würde nie mehr auf diesen See schauen können ohne an Alan zu denken.
Das war nicht mehr mein Zuhause
Ich sehnte mich nicht nach diesem Ort, sondern nach etwas anderem.
Nach dem Meer und nach der Freiheit.
"Gehen wir wieder zurück?", fragte ich leise. "Wenn der Winter vorbei ist. Willst du dann wieder zurück zum See?"
Jason sah mich an, drückte meine Hand.
Er verstand mich und er schenkte mir genau die Worte, die ich jetzt brauchte.
"Wir müssen nicht zurückkehren, Evelyn.
Wir sind nicht mehr gefangen, wir sind jetzt Frei."
Es ist vorbei!
Ich habe es geschafft und das nur wegen euch!
Danke für alles!
Was sagt ihr zu dem Ende?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro